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ARI-DOKU 25. Auflage - 1993-2017 Korrektur 31. Mai 17 PDF

1012 Pages·2017·17.92 MB·German
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Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen Dokumentation 1993 bis 2017 Heft I + II + III Dokumentationsstelle der Antirassistischen Initiative Berlin - 3 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Erstellt und herausgegeben von: ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE E.V. DOKUMENTATIONSSTELLE Haus Bethanien – Südflügel Mariannenplatz 2 A 10997 Berlin FON 030 – 617 40 440 FAX 030 – 617 40 101 [email protected] www.ari-dok.org Spendet ! Bank für Sozialwirtschaft BLZ 100 205 00 Konto-Nr. 303 96 03 siehe letzte Seite (cid:1)(cid:1) Danke ! Diese Dokumentation kommt mit der Hilfe von vielen Gruppen und Einzelpersonen zustande, die uns Zeitungsartikel, Berichte, eigene Dokumentationen etc. zur Verfügung stellen. Wir danken ihnen und allen, die uns bei den Recherchen geholfen haben, und bitten, uns auch in Zukunft die Informationen zukommen zu lassen. Titelbild: Sitz des Innensenators von Berlin -- Fehrbelliner Platz am 18.5.1995 in der Zeit zur Innenministerkonferenz in Berlin - 4 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Der Inhalt Die Dokumentation ist eine chronologische Sammlung von Einzelschicksalen, in denen Menschen körperlich zu Schaden gekommen sind. Diese Menschen sind Flüchtlinge, also Menschen im oder nach einem Asylverfahren oder Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere für die BRD. Menschen, die sich im Lande aufhalten oder aufgehalten haben. Auch Menschen, die abgeschoben wurden, dann mißhandelt, gefoltert oder getötet wurden oder spurlos verschwanden. Es sind Menschen, die zu Schaden kamen durch staatliche Maßnahmen. Mit staatlichen Maßnahmen meinen wir die Umsetzung der Asylgesetze gegen die Betroffenen. • Eine staatliche Maßnahme ist die angekündigte und durchgesetzte Abschiebung. • Staatliche Maßnahmen sind auch die geschlossenen Grenzen, die Grenzüberwachung durch staatliche Organe. • Staatliche Maßnahmen sind Menschenjagden durch Bundes- und Landespolizei, um Flüchtlinge einzufangen. • Und eine staatliche Maßnahme ist auch der Abschiebeknast, der Menschen dazu bringt, sich selbst zu verletzen oder sich zu töten. Zudem beinhaltet das Heft rassistische Angriffe von seiten der Bevölkerung auf Flüchtlinge. Die Zusammenstellung umfaßt Todesfälle und Verletzungen bei Grenzüberquerungen; Selbsttötungen, Selbst- tötungsversuche und Verletzungen von Flüchtlingen aus Angst und auf der Flucht vor Abschiebungen; Todesfälle und Verletzungen vor, während und nach Abschiebungen. Sie umfaßt auch Berichte über Fluchtversuche, die deutlich machen, welche lebensbedrohlichen Bedingungen Flüchtlinge auf sich nehmen müssen, um heute in die BRD zu gelangen. Fluchtversuche, die oft nur durch Zufall nicht tödlich für die Flüchtlinge endeten. Diese Zusammenstellung umfaßt Brände in Flüchtlingsunterkünften und Anschläge auf Flüchtlingssammellager sowie rassistische Angriffe auf öffentlichem Gebiet. Die Zahlen Wir haben uns bei dieser Chronologie um Vollständigkeit bemüht - wohlwissend, daß wir sie nicht erreichen können. Aus vielen zufälligen Begebenheiten haben wir erfahren müssen, daß die Dunkelziffer zu den in der Dokumentation beschriebenen Ereignissen generell sehr hoch ist. Das hängt zum Teil von der unterschiedlich intensiven Zuarbeit durch Organisationen und Einzelpersonen und auch von den Recherche-Möglichkeiten vor Ort ab. Oft ist es aber auch die Angst und das Mißtrauen der Betroffenen selbst, die – aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen und aufgrund ihres unsicheren Aufenthaltsstatus – keine weiteren Schwierigkeiten haben möchten. Viele Textblöcke sind aus diesem Grunde anonymisiert. Die auffällige Differenz der Zahlen bei rassistischen Angriffen zwischen Ost- und West-Bundesländern erklärt sich auch daraus, daß es in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen staatlich finanzierte Beratungsstellen für Opfer rassistischer Gewalt gibt bzw. gab. Derartige Hilfsangebote und Dokumentationsstellen existieren in den West-Bundesländern mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen und Bayern (antifaschistische, infomations-, dokumentations- und archivstelle – a.i.d.a.) nicht. Aus diesem Grunde ist die Dunkelziffer in den westlichen Bundesländern mit Sicherheit noch höher. Da die Angaben zu den toten und verletzten Flüchtlingen an den deutschen Grenzen - entsprechend der Informations- quellen (Bundesgrenzschutz und Bundespolizei u.a.) - sich nur auf die deutsche Seite beziehen, ist die Gesamtzahl sehr viel höher. Es gibt in der Dokumentation Geschehnisse, bei denen Flüchtlinge zu Schaden kamen, die gezielt "auf dem Weg nach Deutschland" waren. Aber angesichts Tausender toter Menschen an den Außengrenzen Europas ist die tatsächliche Anzahl – bezogen auf Deutschland – nicht festzustellen. Auch die von uns ermittelte Zahl der nach der Abschiebung verletzten, verschwundenen oder getöteten Flüchtlinge ist nur die Spitze des Eisberges. Wenige Nichtregierungsorganisationen (Flüchtlingsrat Niedersachsen für die Türkei, Aktion Abschiebestop für afrikanische Länder, amnesty international) haben zeitweise zu diesem Thema gearbeitet. Sie haben Einzelschicksale verfolgt und dokumentiert. Die Recherche in den Herkunftsländern ist äußerst schwierig, weil die Flüchtlinge aufgrund ihrer politischen Verfolgung untertauchen oder weiter fliehen müssen oder weil sie in den Gefängnissen "verschwinden". Berichte über Folter und Mißhandlungen können demzufolge auch nur von Menschen gegeben werden, die irgendwie aus den Händen der Verfolger entkommen sind und die noch die Kraft, das Geld und die Möglichkeit haben, sich in Deutschland oder bei ihren Angehörigen zu melden. Nicht mit aufgeführt sind die Menschen, die durch Arbeitsverbot, durch Beendigung der Aufenthaltsgenehmigung oder durch Fluchthilfeschulden in sogenannte nicht legale Arbeit gedrängt wurden und dabei zu Tode kamen oder verletzt wurden. (Von 1993 bis1998 wurden mindestens 50 Menschen bei Verteilungskämpfen im Zigarettenhandel getötet, laut Tagesspiegel vom 24.4.99.) - 5 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Die Zählung Aufgrund der Individualität eines jeden Menschen ist es oft schwierig, die hier dokumentierten Einzelschicksale in eine Statistik einzupassen. Finden z.B. Selbstverletzungen in Abschiebehaft aus Protest, aus Verzweiflung oder aus Selbst- tötungsabsicht statt? Passiert ein Fenstersprung aufgrund einer Panik in Selbsttötungsabsicht oder auf der Flucht, um der Festnahme zu entgehen, wenn Polizeibeamte in die Wohnung eindringen? Die Dokumentation enthält viele Geschehnisse, die sich in den Zählungen nicht wiederfinden, weil sie nicht in die Statistik passen, z.B. lebenslange Invalidität durch unterlassene Hilfeleistung. Die Dokumentation umfaßt drei Hefte mit folgenden Zeiträumen: 1. Januar 1993 bis 31. Dezember 2004 – Heft I 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2013 – Heft II 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017 – Heft III In dem gesamten Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis Ende Dezember 2017 starben mindestens 213 Menschen auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen. Allein 131 Personen starben an den deutschen Ost-Grenzen – drei Personen werden seit ihren Grenzübertrittsversuchen an der Neiße vermißt. 714 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt zum Teil erhebliche Verletzungen, davon 352 an den deutschen Ost-Grenzen. Von den 102 Flüchtlingen, die in den Jahren von 1997 bis 2001 beim Grenzübertritt in die BRD durch Maßnahmen der Bundesgrenzschutzbeamten verletzt wurden, geschah das bei 84 Personen durch Bisse von Zoll- und Diensthunden. 261 Menschen töteten sich selbst angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben beim Versuch, vor der Abschie- bung zu fliehen. Allein 79 Flüchtlinge starben in Abschiebehaft. Mindestens 2528 Flüchtlinge haben sich aus Verzweiflung oder Panik vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung und die Aufenthaltssituation selbst verletzt (auch Risiko-Hungerstreiks) oder versuchten sich umzubringen und überlebten z.T. schwer verletzt. Davon befanden sich 743 Menschen in Abschiebehaft. Während der Abschiebungen starben 5 Flüchtlinge; 540 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt. Abgeschoben in ihre Herkunftsländer kamen 37 Flüchtlinge zu Tode, mindestens 617 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert oder kamen anderweitig zu Schaden (z.B.: Abschiebung schwerkranker Menschen ohne medizinische Versorgung im Herkunftsland). Mindestens 74 Menschen verschwanden nach der Abschiebung spurlos. Durch direkte Gewalteinwirkung von Polizei oder Bewachungspersonal oder indirekte Gewalt von seiten Verantwortlicher starben 24 Flüchtlinge entweder in Haft, in Gewahrsam, bei Festnahmen, bei Abschiebungen, auf der Straße oder in Behörden – mindestens 1102 wurden dort verletzt. Bei Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Bränden in Flüchtlingsheimen, aber auch bei Unglücken auf dem Gelände starben nach unseren Recherchen mindestens 86 Menschen; mindestens 1612 BewohnerInnen wurden zum Teil erheblich verletzt oder erkrankten ernsthaft. Durch Angriffe auf der Straße starben 26 Flüchtlinge; mindestens 2465 Menschen wurden körperlich angegriffen und ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet. 23 Flüchtlinge starben durch unterlassene Hilfeleistung von Betreuungs- oder Bewachungspersonal (PolizistInnen, ÄrztInnen, Security, SachbearbeiterInnen u.a.) Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 563 Flüchtlinge ums Leben – durch Angriffe und Brände in Flüchtlingsunterkünften kamen 112 Menschen zu Tode. Die Dokumentation ist der Versuch – anhand von vielen Einzelbeispielen und in ihrer Gesamtheit – Beweise für den institutionellen Rassismus vorzulegen. Sie ist der Versuch, die schlimmsten Auswirkungen des rassistischen Systems dieses Staates auf Flüchtlinge und Menschen ohne Papiere für die Leserinnen und Leser deutlich zu machen. Die Dokumentation untermauert in ihrer Gesamtheit unsere Forderungen: Offene Grenzen! Bleiberecht für alle! Gleiche Rechte für alle! Antirassistische Initiative Berlin im Mai 2018 - 6 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen 1993 1. Januar 93 Das zynische Verhalten der Münchner Behörden geht nach seinem Tod weiter. Die Ghana Community in München Brand in einer Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Altona. Vier plant eine große Trauerfeier für den Verstorbenen und ver- Menschen werden verletzt. Konkret 2/93, S. 17 sucht täglich, den Beerdigungstermin zu erfahren. Noch am Nachmittag des 14. Januar 94 bekommt sie eine negative 3. Januar 93 Antwort und wird auf den nächsten Tag vertröstet. Am Abend erfahren die Ghanaer, daß Kwaku Agyei am Nachmittag Vor einem Flüchtlingsheim in Berlin-Hohenschönhausen wird beerdigt worden ist. der 29-jährige Manuel T., Flüchtling aus Mosambik, von taz 15.1.93; taz 6.2.93; sechs Deutschen mit Baseballschlägern angegriffen und Pro Asyl*; Spiegel 27.6.94; SZ 9.9.95; mißhandelt. Der Mann muß mit zahlreichen Verletzungen ins IMEDANA 26.10.00 ; Krankenhaus eingeliefert werden. Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben" taz 4.1.93; Konkret 2/93, S. 17 5. Januar 93 Im rheinländischen Mettmann brennt eine Notunterkunft für 3. Januar 93 Flüchtlinge ab. Alle 45 Menschen können das Zelt rechtzeitig Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in der Kleinstadt Mal- und unverletzt verlassen. chow in Mecklenburg-Vorpommern. Das Feuer, das durch ei- ND 6.1.93 ne Brandflasche entstanden ist, kann frühzeitig gelöscht werden. 5. Januar 93 taz 5.1.93; Konkret 2/93, S. 17 Im bayerischen Neustadt wird ein Flüchtlingsheim von deutschen Jugendlichen überfallen. Sie brechen die Türen auf 3. Januar 93 und brüllen faschistische Parolen. Den bedrohten Flüchtlingen Bei einem Brand in einem Flüchtlingsheim in Bietigheim- gelingt es, die Angreifer mit Knüppeln in die Flucht zu schla- Bissingen in Baden-Württemberg sterben ein 25 Jahre alter gen. rumänischer Flüchtling und eine 18-jährige Rumänin. Ein Pressespiegel 1/93 (FR 6.1.93); Konkret 2/93, S. 17 24-jähriger Rumäne wird schwer verletzt, und ein albanischer Flüchtling kommt mit leichteren Verletzungen ins Kranken- 7. Januar 93 haus. Schwalm-Eder-Kreis in Nordhessen. Mindestens fünf deut- Obwohl einige Stunden nach dem Brand Bekennerschrei- sche Männer dringen in das Flüchtlingsheim in Borken ein ben bei der Polizei und bei einem Stuttgarter Radiosender und schlagen auf vier Heimbewohner und einen Betreuer ein. eingehen, wird ein 19-jähriger jugoslawischer Flüchtling, Pressespiegel 1/93 (FR 8.1.93); Konkret 3/93, S. 25 selbst Bewohner der Flüchtlingsunterkunft, als mutmaßlicher Brandstifter festgenommen. 7. Januar 93 StN 4.1.93; taz 5.1.93; In Frankfurt am Main wird ein Asylbewerber aus dem ehe- Konkret 2/93, S. 17; Pressespiegel 1/93 (taz 4.1.93) maligen Jugoslawien auf offener Straße erschossen. Die Hin- 4. Januar 93 tergründe sind unklar; ZeugInnen gibt es nicht. Konkret 3/93, S. 25 Der 35-jährige Seelsorger Kwaku Agyei erhängt sich in seiner Unterkunft in Moosach bei München. Er ist Vater zweier 8. Januar 93 Kinder, die in Ghana leben. Auf der Bundesstraße 85 bei Rudolstadt in Thüringen werden Kwaku Agyei verließ im August 1992 Ghana, erreichte vier vietnamesische Flüchtlinge, die mit einer Autopanne Mitte Oktober München und stellte einen Asylantrag, dessen liegengeblieben sind, von acht bis zehn deutschen Männern negativer Bescheid ihm und gleichzeitig der Ausländer- überfallen und mit Fußtritten und Fäusten mißhandelt. behörde am 9. Dezember vom Bundesamt zugestellt wurde. taz 11.1.93; Konkret 3/93, S. 25 Sein Rechtsanwalt reichte daraufhin Klage beim Verwal- tungsgericht Ansbach ein. 9. Januar 93 Zwei Wochen später erhielt Kwaku Agyei von der Aus- länderbehörde die "Information", daß seine Aufenthalts- Zwei Männer werfen selbstgebaute Brandsätze gegen das gestattung "mit dem Datum der unanfechtbaren Ablehnung" Flüchtlingsheim in Klosterfelde bei Bernau in Brandenburg. seines Asylantrages erlischt und daß er für seine Ausreise Es wird niemand verletzt. einen Paß benötige, den er "rechtzeitig vor Ablauf der Aus- taz 11.1.93; Konkret 3/93, S. 25; Pressespiegel 1/93 (FR 11.1.93) reisefrist" zu beschaffen habe, und daß er, sollte er sich nach "Ablauf der Ausreisefrist noch im Bundesgebiet aufhalten 10. Januar 93 (…), festgenommen und abgeschoben" werde. Ein Flüchtlingsberater, dem Kwaku Agyei dieses Schrei- Im bayerischen Haidhausen sticht ein Unbekannter hinter- ben zeigte, spricht von einem "Paradebeispiel ‚behördlicher rücks auf einen 26-jährigen albanischen Flüchtling ein. Der Verfolgung’" und urteilt: "Meiner Meinung nach hat er sich Albaner erleidet schwere Verletzungen. umgebracht, weil er keine Hoffnung mehr hatte. Es geht Pressespiegel 1/93 (SZ 11.1.93); Konkret 3/93, S. 25 zurück auf diesen Brief vom Ausländeramt." - 3 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik 10. Januar 93 16. November 1992 als "offensichtlich unbegründet" abge- lehnt worden. Brandenburg. In Mühlberg im Kreis Bad Liebenwerda greifen Robert Karandja-Kouria brachte sich an dem Tag um, an jugendliche Deutsche ein Flüchtlingsheim an und zerstören dem er sich um eine Arbeitserlaubnis bemühen wollte, die er Fensterscheiben und die Eingangstür. nicht bekommen hätte. Es liegt die Vermutung nahe, daß er Konkret 3/93, S. 25 hierüber an diesem Tag aufgeklärt wurde. Damit war ihm die 11. Januar 93 Möglichkeit genommen, wenigstens noch bis zur Ausreise oder Abschiebung etwas Geld für seine Familie zu verdienen. Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Aschaffen- SZ 23.1.93 ; burg in Bayern. Die Bewohnerinnen und Bewohner können Herzog/Wälde: "Sie suchten das Leben" das Feuer löschen. Pressespiegel 1/93 (SZ 13.1.93); 21. Januar 93 Konkret 3/93, S. 25 Brandanschlag auf ein Flüchtlingswohnheim in Zielitz in 11. Januar 93 Sachsen-Anhalt. Die Bewohnerinnen und Bewohner können einen der Täter stellen, der eine Brandflasche geworfen hatte. Limburg in Nordrhein-Westfalen. Vor dem Flüchtlingsheim Konkret 3/93, S. 25 im Stadtteil Eschhofen zündet ein Rassist zwei Personenwa- gen an. 22. Januar 93 Pressespiegel 1/93 (FR 15.1.93) In Staßfurt in Sachsen-Anhalt wird der 21 Jahre alte rumäni- 11. Januar 93 sche Asylbewerber Lorin Radu im Hof des Polizeireviers vom beaufsichtigenden Polizeibeamten rücklings erschossen. Lorin Berlin-Hohenschönhausen in der Ferdinand-Schultze-Straße: R. war zusammen mit einem Freund zur Personalienüberprü- Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber. Als der 19 Jahre alte fung auf die Wache mitgenommen worden, weil sie sich beide Afonso Bunga P. auf die Wartehalle zugeht, wird er von – entsprechend dem Asylverfahrensgesetz – in Sachsen- einem Polizisten von hinten geschubst. Er dreht sich daraufhin Anhalt nicht hätten aufhalten dürfen. um und fragt, was das solle, und erhält jetzt Schläge mit dem Die Staatsanwaltschaft ermittelt und verurteilt den Beam- Gummiknüppel. In seiner Angst hält er den Schlagstock fest, ten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe. woraufhin der Beamte drei Kollegen zu Hilfe ruft. Gemein- taz 26.1.93; SZ 10.2.93; BeZ 16.2.93; sam schlagen diese jetzt auf Afonso Bunga P. ein, bis er am taz 12.2.93; Konkret 3/93, S. 26; Boden liegt. Als er um Hilfe schreit, wird ihm ein Stock auf taz 26.1.94; taz 17.2.94; jW 21.6.94; den Mund gehalten. Dann legen die Beamten ihm Hand- Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993; schellen an und überprüfen die Papiere. Polizeiübergriffe 1994 Ein Arzt attestiert Afonso Bunga P. nach dem Zwischen- 24. Januar 93 fall Prellungen und Bewegungseinschränkungen auch am Hals. Die Polizei erstattet Strafanzeige wegen Körperverlet- Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Immen- zung gegen Afonso Bunga P. – dieser andererseits gegen die hausen bei Kassel. Drei Marokkaner finden zufällig vor dem Polizei. Eingang einen Fünf-Liter-Kanister mit einer brennbaren taz 23.1.93; taz 22.2.93; Flüssigkeit und eine bereits brennende Lunte. Es gelingt Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993 ihnen, das Feuer zu löschen. Pressespiegel 1/93 (FR 25.1.93); Konkret 3/93, S. 26 14. Januar 93 In Bad Schwalbach in Hessen brennt der als Flüchtlingsunter- 25. Januar 93 kunft genutzte "Quellenhof" ab. Die 39 BewohnerInnen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Speyer im Bundes- können sich rechtzeitig ins Freie retten. land Rheinland-Pfalz. Konkret 3/93, S. 25 Konkret 3/93, S. 26 16. Januar 93 26. Januar 93 Brandanschlag durch sechs Unbekannte auf ein Flüchtlings- Bei einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in heim in Garbsen bei Hannover. Duisburg-Hamborn werden von den 113 BewohnerInnen fünf taz 18.1.93; Pressespiegel 1/93 (SZ 18.1.93); Personen verletzt. Konkret 3/93, S. 25 Pressespiegel 1/93 (SZ 27.1.93); taz 27.1.93; Konkret 3/93, S. 26 17. Januar 93 27. Januar 93 Speyer in Rheinland-Pfalz. Auf einen von Flüchtlingen Ein Flüchtlingsheim in Plau, Mecklenburg, brennt bis auf die bewohnten Wohncontainer wird ein Brandanschlag verübt. Grundmauern nieder. Der einzige Bewohner, der sich zu Pressespiegel 1/93 (FR 20.1.93) diesem Zeitpunkt im Heim befindet, kann sich retten. Ein Brandanschlag wird nicht ausgeschlossen. 20. Januar 93 taz 29.1.93; Konkret 3/93, S. 26 Kurz nach Mitternacht springt der Kenianer Robert Karandja- Kouria unter der Donnersberger Brücke auf die Gleisschwel- Ende Januar 93 len einer auswärts fahrenden Münchener S-Bahn. Er wird Die Kölner Ratsfraktion der "Deutschen Liga" (Nachfolge- erfaßt und schwer verletzt. Vier Stunden später stirbt er im organisation der Republikaner) eröffnet eine Treibjagd auf Operationssaal der Chirurgischen Klinik an der Nußbaum- Nidar Pampurovas, ihren Mann, ihren Sohn und ihre Tochter. straße. Er wurde 39 Jahre alt. "Die Fraktion der deutschen Liga hat für Hinweise, die zur Robert Karandja-Kouria hatte lange Zeit in Bulgarien Ergreifung der Landfahrerin Nidar Pampurova führen, eine gelebt, bevor er im Oktober 1992 in die BRD einreiste Belohnung in Höhe von 1000 DM ausgesetzt ..... Ihre Tage in und Asyl beantragte. Dieser Antrag war mit Datum vom - 4 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik Köln sind gezählt." Am nächsten Tag erfolgt die Ankündi- 15. Februar 93 gung, 50.000 Steckbriefe und 3.000 Plakate zu verbreiten. Bei einem Feuer in einem Flüchtlingsheim in Essen brennen Die Roma-Familie Pampurovas wird aufgrund der mehrere Räume aus. Die 81 meist libanesischen Flüchtlinge drohenden Abschiebung von FreundInnen versteckt gehalten. bleiben unverletzt. Ihr Asylantrag ist abgelehnt worden; die Tatsache, daß ihre ND 16.2.93; FR 16.2.93 Vorfahren unter der deutsch-bulgarischen Besetzung Maze- doniens während des Hitlerfaschismus verschleppt und 17. Februar 93 ermordet wurden und daß Mazedonien heute kurz vor Bür- In Freiburg in Baden-Württemberg überfallen zwei Mofa- gerkriegsauseinandersetzungen steht, zogen weder das Bun- fahrer zwei algerische Flüchtlinge und schlagen mit einem desamt noch das Verwaltungsgericht Köln in Betracht. Knüppel und mit einem scharfkantigen Werkzeug auf sie ein. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen den Unter- Während einer der Angegriffenen mit leichteren Verletzungen zeichner der Hetzpamphlete der "Deutschen Liga" wegen davon kommt, finden Passanten den zweiten Flüchtling mit Amtsanmaßung. schweren Verletzungen auf der Straße. ATZE Nr. 18 April/Juni 1993 Pressespiegel 1/93 (FR 18.2.93); taz 19.2.93; Konkret 4/93, S. 28 Anfang Februar 93 Eine Gruppe Menschen aus Rumänien versucht, in einem 20. Februar 93 Güterwagen in die BRD einzureisen, als sie in Frankfurt Im thüringischen Apolda werden Flüchtlinge von Deutschen (Oder) vom Bundesgrenzschutz entdeckt wird. BGS-Beamte – mit Eisenstangen überfallen. Es kommt zu einer Massen- mit Maschinenpistolen bewaffnet – holen sie aus dem Zug schlägerei. Ein Flüchtling wird verletzt. und fordern sie auf, sich auf den Bahnsteig zu legen. Es taz 22.2.93; Konkret 4/93, S. 28 herrschen Minusgrade. Dann werden sie zu einer Wache gebracht und fünf Stunden lang verhört. In dieser Zeit 22. Februar 93 bekommen sie weder zu trinken noch zu essen. Der 30-jährige Asylbewerber Mabiala Mavinga aus Zaire Unter den Flüchtlingen befinden sich eine im neunten wird an der Bahnstrecke Fürstenwalde-Erkner bei Hangels- Monat schwangere Frau, ihr Mann und ihr Kleinkind. Die berg in Brandenburg tot aufgefunden. Die Todesursache ist Frau versichert immer wieder, daß sie einen Asylantrag stel- unklar. len will. Sie wird zu einer Kaiserschnitt-Entbindung in ein taz 2.3.93; Hinter den Kulissen – Update 99 Krankenhaus gebracht; ihr Mann und das kleine Kind werden nach Polen zurückgeschoben. 25. Februar 93 Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993 Zwei Männer versuchen das Flüchtlingsheim in Taunusstein- 3. Februar 93 Hahn in Hessen in Brand zu stecken. Die BewohnerInnen können das Feuer löschen. Berlin. Ein 27-jähriger Rumäne fügt sich mit einem unbe- Pressespiegel 1/93 (SZ 26.2.93); kannten Werkzeug Schnittverletzungen am linken Oberarm taz 26.2.93; Konkret 4/93, S. 29 zu. Durch sofortiges Einschreiten des Wachpersonals werden schlimmere Verletzungen verhindert. Dem Rumänen stand die 27. Februar 93 Abschiebung unmittelbar bevor. Das Flüchtlingsheim in Kirchheim – Hessen – wird aus einer BT DS 13/3567 Farbmarkierungswaffe beschossen. Konkret 7/93, S. 29 3. Februar 93 In Drüsewitz bei Rostock in Mecklenburg-Vorpommern 27. Februar 93 greifen zehn Deutsche ein Flüchtlingsheim mit Steinen an und Bundesland Sachsen-Anhalt. In Halle skandieren rechte brüllen rassistische Parolen. Jugendliche vor dem Flüchtlingsheim rassistische Parolen und Konkret 3/93, S. 27 werfen Steine gegen das Gebäude. Mit der Festnahme von zwölf Personen kann ein Überfall auf das Haus verhindert 7. Februar 93 werden. Ein Flüchtlingsheim in Oebisfelde, Sachsen-Anhalt, wird bei Konkret 7/93, S. 29 einem Brand vollständig zerstört. Die vier Personen, die sich zum Zeitpunkt des Brandes in 3. März 93 der Baracke aufhalten, können sich in Sicherheit bringen. Ein Ein türkischer Mann nimmt sich in der Justizvollzugsanstalt Anschlag wird nicht ausgeschlossen. Dinslaken in Nordrhein-Westfalen das Leben. taz 9.2.93; Konkret 3/93, S. 27 BT DS 12/8583; wib 17.11.94; FRat NieSa, Rundbrief 30, Nov. 95 11. Februar 93 Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Wrangelsburg – 4. März 93 Kreis Greifswald – in Mecklenburg-Vorpommern. Die Obersendlingen in Bayern. In den Bet-Raum des Flüchtlings- BewohnerInnen können das Feuer löschen. heimes gießen Brandstifter Benzin aus und zünden es an. Die taz 12.2.93; Konkret 4/93, S. 28 453 Flüchtlinge aus 36 Nationen, die in dem Heim unterge- bracht sind, bleiben unverletzt. 11. Februar 93 Pressespiegel 1/93 (SZ 6.3.93); Brandstiftung in einer Flüchtlingsunterkunft in Schwerte im Konkret 4/93, S. 29 Kreis Unna in Nordrhein-Westfalen. Von den 50 Bewohne- rInnen wird niemand verletzt. Pressespiegel 1/93 (FR 12.2.93; ND 12.2.93); taz 12.2.93; Konkret 4/93, S. 28 - 5 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik 7. März 93 26. März 93 Ein 30-jähriger Flüchtling aus dem ehemaligen Jugoslawien Rassistischer Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in wird in Essen von mehreren Deutschen überfallen. Einer der Erzhausen im Landkreis Darmstadt-Dieburg in Hessen. Ver- Täter zerschlägt eine Dachlatte auf dem Kopf des Jugoslawen, letzt wird niemand. zwei andere traktieren ihn mit Schlägen und Tritten. Er wird Pressespiegel 1/93 (FR 30.3.93) in die Intensivstation des Krankenhauses eingeliefert. taz 9.3.93; Konkret 7/93, S. 29; März 93 Pressespiegel 1/93 (FR 9.3.93) Der abgelehnte Asylbewerber B. Z. wird nach Algerien abge- schoben. Auf dem Flughafen in Algier wird er verhaftet und 8. März 93 kommt in die Kaserne von Bab Ezzouar, einem Ort, an dem In Norderstedt bei Hamburg brennt der "Regenbogenkinder- viele abgeschobene Flüchtlinge festgehalten werden. garten" aus, in dem auch Flüchtlingskinder untergebracht Drei Tage lang ist B. Z. in einer acht Quadratmeter großen sind. Es gibt Hinweise auf Brandstiftung. Zelle mit 12 Männern eingepfercht. In dieser Zeit sterben drei taz 10.3.93; Pressespiegel 1/93 (FR 31.3.93); Gefangene unter der Folter. taz 1.4.93; Konkret 4/93, S. 29 Auch B. Z. wird gefoltert, und die Verhöre drehen sich um seinen Asylantrag und um andere Algerier, die in der 9. März 93 BRD leben. Brand in einem Flüchtlingsheim in Gladenbach in Mittel- B. Z. wird verlegt ins Gefängnis El Harrach. Die Gefange- hessen. nen sind dort in Sälen untergebracht, in denen 200 Menschen Konkret 4/93, S. 29 Platz finden müssen. Etwa 60 bis 70 der Gefangenen in die- sem Gefängnis sind Abgeschobene aus der BRD. 9. März 93 B. Z. wird nach drei Monaten entlassen. Im Oktober wird Friedrichsdorf in Hessen. Drei Neonazis überfallen die er in seinem Elternhaus erneut festgenommen. Mit einem Flüchtlingsunterkunft im Pettenweiler Holzweg zwischen Sack über dem Kopf landet er in einem Folterzentrum. In den Friedrichsdorf und Köppern und feuern Schüsse aus einer folgenden 25 Tagen wird er täglich z.T. mehrmals für eine Gaspistole ab. Sechs kurdischen Bewohnern gelingt es oder eineinhalb Stunden mißhandelt. Bei B. Z. wurde unter schließlich, die Angreifer in die Flucht zu schlagen. Dabei anderem die Chiffon-Methode angewandt: das Opfer wird auf wird ein Kurde durch ein Geschoß getroffen. eine Bank gebunden, in den Mund wird ein Lappen gesteckt, Pressespiegel 1/93 (Info-Bulletin, Nr. 3 Frankfurt/Main) dann Flüssigkeit eingeflößt bis Erstickungsanfälle aufkom- men. Oft werden Schmutzwasser oder Chemikalien verwen- 14. März 93 det. Wenn der Bauch prall ist, springen die Folterer darauf, so Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Ein 25 Jahre alter daß sich das Opfer übergeben muß. Über andere Foltermetho- türkischer Asylbewerber wird von sechs jungen Deutschen den kann B. Z. nicht sprechen. angegriffen und zusammengeschlagen. Polizisten gelingt es, Mitte Januar 94 wird B. Z. in ein Gefängnis verlegt; im den Angriff zu beenden. August erhält er das Urteil von zwei Jahren Haft. Ende Der Flüchtling kommt mit einem gebrochenen Hand- November 94 wird er ohne Begründung entlassen. Er wird gelenk ins Krankenhaus. weiter bedroht und verfolgt und beschließt ein Jahr später, taz 16.3.93 wieder in die BRD zu fliehen. Der Schlepper Nr. 2, 5/98 19. März 93 1. April 93 Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Mölln in Schleswig-Holstein. Die Täter werfen Molotow-Cocktails auf Der 29-jährige nigerianische Flüchtling befindet sich um 5.45 die aus zehn Wohncontainern bestehende Wohnanlage, in der Uhr auf dem Weg zur Arbeit, als neben ihm ein Polizeiwagen vorwiegend rumänische Flüchtlinge untergebracht sind. Es hält. Zwei Polizisten springen heraus, greifen ihn und drücken gibt keine Verletzten. seinen Oberkörper auf die Kühlerhaube, reißen ihm die Arme taz 20.3.93; Konkret 5/93, S. 18; auf den Rücken und legen ihm Handschellen an. Dies alles Pressespiegel 1/93 (FR 20.3.93; SZ 22.3.93) ohne Erklärungen. Ein Beamter schlägt den Kopf des Flüchtlings so heftig auf die Kühlerhaube, daß ein Schneide- 19. März 93 zahn abbricht. Bombenanschlag auf ein Flüchtlingsheim im niedersächsi- Erst auf dem Polizeirevier stellt sich heraus, daß der schen Sarstedt im Landkreis Hildesheim. Es wird niemand Festgenommene Opfer einer Verwechslung geworden ist. verletzt. Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993 Pressespiegel 1/93 (FR 20.3.93; SZ 22.3.93); Konkret 5/93, S. 18 3. April 93 Brandanschlag auf ein Flüchtlingswohnheim im Kreis Grim- 23. März 93 men in Mecklenburg-Vorpommern. Ein 27-jähriger Flüchtling aus Afghanistan schließt sich in ein Konkret 5/93, S. 19 Zimmer ein und stürzt kurze Zeit später aus dem Fenster seines Wohnheimes. Er erleidet tödliche Verletzungen. 6. April 93 taz 25.3.93 Täter werfen Brandflaschen gegen ein Flüchtlingsheim in Bretwisch bei Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern. Der 25. März 93 Wachdienst kann den Brand löschen. Berlin-Reinickendorf. Drei Skinheads überfallen einen taz 8.4.93; Konkret 7/93, S. 18 angolanischen Flüchtling, werfen ihn zu Boden und versetzen ihm Stichwunden in den Rücken. taz 27.3.93 - 6 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik 11. April 93 26. April 93 Grünberg bei Gießen in Hessen. Acht Flüchtlinge springen in In Hamburg brennt ein Flüchtlingsheim vollständig nieder. Panik aus dem Fenster ihrer Unterkunft. Nachdem der Strom Die BewohnerInnen können sich in Sicherheit bringen. Es im Hause aus ungeklärter Ursache ausgefallen und kurz entsteht Schaden in Millionenhöhe. vorher eine Gruppe Skinheads am Hause vorbeigefahren war, Konkret 7/93, S. 19 rechneten die BewohnerInnen mit einem Überfall. Vier von ihnen werden mit Knochenbrüchen in die Klinik 26. April 93 eingeliefert. Eine Familie aus dem Libanon lebt seit einiger Zeit in Berlin. taz 13.4.93; Konkret 7/93, S. 18 Der Vater und zwei erwachsene Söhne sind im Libanon schwer gefoltert worden. Ein Sohn ist wegen der schweren 12. April 93 Traumatisierung in der Klinik, die beiden anderen Männer zur In Lotte in Westfalen wird ein Flüchtlingsheim mit sieben Zeit in Therapie im Behandlungszentrum für Folteropfer. Der Molotow-Cocktails in Brand gesetzt. Im September 93 in der Klinik stationär untergebrachte Sohn ist aus der Klinik werden die Täter wegen gemeinschaftlichen versuchten weggelaufen und befindet sich zur Zeit in der Wohnung der Mordes und schwerer Brandstiftung verurteilt. Eltern. Diese bitten die Polizei, ihn wieder zurückzubringen. taz 14.9.93; Konkret 11/93, S. 24 Gegen Mitternacht erscheinen zwanzig Beamte, über- wältigen den Kranken und legen ihm Handschellen an. Zehn 14. April 93 (!) Polizisten setzen sich auf ihn drauf. Nachbarn und Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im bayerischen Freunde, die um Einhalt bitten, werden von der Polizei aus Thannhausen im Landkreis Günzburg. Auf die Außenmauer der Wohnung gewiesen. unterhalb des Brandherdes wird ein Hakenkreuz gesprüht. Es Der Vater muß gegen 2.00 Uhr selbst in eine Klinik, weil entsteht Sachschaden von 30.000 DM; verletzt wird niemand. er die Brutalität der Beamten nicht ertragen kann. taz 15.4.93; BeZ 15.4.93; Konkret 7/93, S. 19 Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993 14. April 93 1. Mai 93 Im hessischen Seligenstadt wird ein algerischer Flüchtling Der 31-jährige Äthiopier Yilma Wondwossen B. wird tot aus von zwei etwa 18-jährigen Deutschen durch den Ort bis zu dem Teltowkanal in Berlin geborgen. Er hatte einen Asylan- seiner Unterkunft verfolgt und dort mißhandelt und mit einer trag gestellt, der nach 28 Minuten Verhandlungsdauer in Schreckschußpistole bedroht. seiner Abwesenheit als "offensichtlich unbegründet" abge- Konkret 7/93, S. 19 lehnt worden war. Die Abschiebung war wegen seiner festge- stellten "hochgradigen Selbstmordgefahr" öfter verschoben 17. April 93 worden. Kommentar der Mordkommission über den Nicht- schwimmer: "Er wollte wohl schwimmen und ist untergegan- Brandstiftung in einem Flüchtlingsheim im Münchener gen". Stadtteil Obersending. Drei Männer, die in Panik aus Fenstern taz 10.8.93; springen, müssen mit Knochenbrüchen, acht weitere Personen Menschenrechtsverletzungen in Deutschland 1993 mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus. Konkret 7/93, S. 19 5. Mai 93 17. April 93 Ein 24-jähriger äthiopischer Flüchtling wird von vier deut- schen Männern überfallen, geschlagen und mit einem Messer Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in der und einer Schußwaffe bedroht. Der Äthiopier muß mit einer Gemeinde Kirkel-Limbach im Saarland. Die Täter werfen Kopfplatzwunde im Krankenhaus behandelt werden. Brandsätze in das von fünf Flüchtlingen aus Sri Lanka Konkret 7/93, S. 20 bewohnte Haus. Es wird niemand verletzt. Konkret 7/93, S. 19 6. Mai 93 20. April 93 In einer Zelle des Bundesgrenzschutzes auf dem Gelände des Rhein-Main-Flughafens Frankfurt stirbt die 59 Jahre alte Im hessischen Hochheim wird ein 24-jähriger Flüchtling aus Polin Miroslawa Kolodziejska durch Ersticken. Offiziell soll Algerien vor seiner Unterkunft von einem Unbekannten die "verwirrte Frau" sich selbst getötet haben. beschossen und verletzt. Aus ihrem Rachen entfernt der Notarzt drei blaue Stoff- Konkret 7/93, S. 19 stücke (2 cm x 5 cm) und ein 40 cm langes Textilband. In der Speiseröhre und im Magen finden die Pathologen später 22. April 93 Bruchstücke ihres Gebisses. Ihr Körper weist Blutergüsse und Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Bramsche in ihr Mund Verletzungen auf. Niedersachsen. Verletzt wird niemand. Die blauen Stoffstücke aus dem Rachen der Toten werden taz 23.4.93; Konkret 7/93, S. 19 in den folgenden Untersuchungen und auch in den Äußerun- gen der Staatsanwaltschaft nicht mehr erwähnt. Stattdessen 23. April 93 wird die These verkündet, daß Miroslawa Kolodziejska in Ein 25-jähriger Mann aus dem Senegal erhängt sich mit einer "religiösem Wahn" ein Schmuckband mit Heiligenbildern Legginghose am Fenstergitter der Polizeizelle in Eislingen in verschluckt hätte. Baden-Württemberg. Er war per Haftbefehl gesucht worden, Ursprünglich war die strenggläubige Polin, Mutter dreier weil er für die BRD keine Aufenthaltserlaubnis hatte. Kinder, auf dem Weg zu einer Papst-Audienz nach Rom. Bei taz 24.4.93; UNITED (IRR, CARF) dem Zwischenstop in Frankfurt war ihr wahrscheinlich ihr Gepäck gestohlen worden, denn sie hatte nichts bei sich – weder Papiere noch Geld. In aufgeregtem Zustand war sie von - 7 - Tödliche Folgen bundesdeutscher Flüchtlingspolitik der Polizei festgenommen worden und offensichtlich als gefesselt. So liegt er bis zum nächsten Morgen. Zweimal in vermeintliche Asylbewerberin zur Polizeiwache in den Tran- der Nacht kommen Beamte in die Zelle und schlagen ihn mit sitbereich des Flughafens gebracht worden, wo sie in eine Gummiknüppeln. Als er am Morgen bittet, ihn auf die Toilette Gewahrsamszelle eingeschlossen wurde. gehen zu lassen, werden zunächst seine Handfesseln gelöst, Zwei Beamtinnen hatten sie später gegen ihren dann wird er mit einer Hand wieder am Fußende fixiert und Willen entkleidet und sie nach der Durchsuchung nackt in der muß in dieser Stellung die Toilette benutzen. Zelle zurückgelassen. taz 13.7.93; links 1.1.95 Noch viereinhalb Jahre nach ihrem Tod fordern Men- schenrechtsvereine den Einsatz einer internationalen 20. Mai 93 Untersuchungskommission, um die Geschehnisse zu über- "Himmelfahrtstag". Während sie rassistische Parolen grölen, prüfen. schlagen einige Deutsche mit Knüppeln auf Autos ein, die vor Claus Metz – AK Flüchtlinge Frankfurt; der Flüchtlingsunterkunft im brandenburgischen Fürstenwalde wib 17.11.94; wib 5.5.95; stehen. BT DS 12/8583; Die im Hause wohnenden Flüchtlinge bewaffnen sich FRat NieSa, Rundbrief 30, Nov. 95; FR 27.3.96; FR 21.11.97; daraufhin mit Äxten, Eisenstangen und Knüppeln und wehren IPNW, Pro Asyl, Antifa Offenbach, Zivile Oppositions Politik sich gegen die Angriffe. Bei der anschließenden Massen- Verein demokratischer Ärtzinnen und Ärzte, 19.11.97; schlägerei werden zwei Asylbewerber verletzt. UNBEQUEM 3/98; Betrifft JUSTIZ Nr. 58 – Juni 1999 taz 22.5.93; Konkret 7/93, S. 21 8. Mai 93 Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Remlin im Kreis 20. Mai 93 Teterow in Mecklenburg-Vorpommern. Gießen in Hessen. Ein 17-jähriger algerischer Flüchtling wird taz 10.5.93; Konkret 7/93, S. 20 auf einer Polizeistation von einem Beamten während eines Verhörs mit einer ein Kilogramm schweren Taschenlampe 9. Mai 93 und einem Sprechfunkgerät direkt auf die Stirn geschlagen. Bremen. Brandanschlag auf einen Bunker, in dem Flüchtlinge Der Flüchtling kommt ins Krankenhaus. untergebracht sind. GA 20.4.94; FR 20.4.94; taz 11.5.93 Polizeiübergriffe 1994 10. Mai 93 21. Mai 93 Hamburg. Offenbar aus Angst, von seinen Mitbewohnern Weißwasser in Sachsen. Nach einer Auseinandersetzung gelyncht zu werden, springt ein 34-jähriger rumänischer zwischen zwanzig Kleingärtnern und etwa sechzig Asylbe- Flüchtling in die Elbe und ertrinkt. Der Mann hatte einem werbern fliegt abends um 11.00 Uhr ein Molotow-Cocktail Jungen eine Platzwunde am Kopf zugefügt, was zu Auseinan- auf das Gelände des Containerdorfes, in dem die Flüchtlinge dersetzungen auf einem der Hamburger Asyl-Schiffe führte. untergebracht sind. "Das war kein ernster Anschlag, das war Die Grün-Alternative Liste fordert zum wiederholten eine Drohung," kommentiert die Görlitzer Polizeidirektion Male, die Flüchtlingsheime im Hamburger Hafen endlich den Anschlag. aufzulösen, denn in den "schwimmenden Massenlagern" seien taz 26.5.93 dramatische Konflikte vorprogrammiert. 25. Mai 93 taz 12.5.93 Auf ein Flüchtlingsheim in Sigmaringen-Laiz in Baden- 19. Mai 93 Württemberg geben drei Deutsche – im Alter von 16 bis 18 Herne in Nordrhein-Westfalen. Sieben hungerstreikende Jahren – aus einem Kleinkalibergewehr drei Schüsse ab. Ein Gefangene aus Algerien, Marokko, Albanien, Libanon und Flüchtling aus Ex-Jugoslawien wird verletzt. dem Sudan werden abgeschoben, nachdem sie von Wärtern taz 26.5.93; Konkret 7/93, S. 21; geschlagen wurden. Die Ermittlungsverfahren gegen die Konkret 7/93, S. 22 Beamten werden eingestellt. Off limits Nr. 3 April/Mai 1994* 26. Mai 93 19. Mai 93 Drei kleine Kinder aus Eritrea im Alter von ein, zwei und vier Jahren verbrennen in Heppenheim in Hessen. Es wird gezielte In Weißwasser in Sachsen werden drei Flüchtlinge von Brandstiftung vermutet. jungen Deutschen geschlagen und getreten. UNITED (CARF) taz 26.5.93 Konkret 7/93, S. 21 28. Mai 93 20. Mai 93 Ein 15-jähriger Deutscher beschießt ein neu bezogenes Flüchtlingsheim in Fuldatal-Ihringshausen im Kreis Kassel. Abschiebegefängnis in Herne – Nordrhein-Westfalen. Aus Verletzt wird niemand. Protest gegen ihre Gefangenschaft verbarrikadieren vier taz 29.5.93; Gefangene der Zelle Nr. 21 die Zellentür und rufen: "Freiheit, Konkret 7/93, S 22 und 8/93, S. 28 Freiheit!" Nachdem sie die Barrikade selber weggeräumt haben, stürmen Polizei- und Justizbeamte die Zelle und 29. Mai 93 schlagen mit Knüppeln auf die Gefangenen ein. Dann werden In Isernhagen bei Hannover werfen Unbekannte zwei Fenster- diese auf vier Einzelzellen verlegt. scheiben einer Flüchtlingsunterkunft ein. Einer von ihnen, der Albaner Kemal Myshku, muß sich Konkret 7/93, S. 22 dann auf das Bett legen und wird mit Handschellen ans Bett - 8 -

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Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Nach mehrtägigem bis der Ambulanzwagen kommt, atmet Herr Findik "noch nicht einmal". Am 2.
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