ARBEITEN AUS DEM PHARMAZEUTISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT BERLIN. HERAUSGEGEBEN VON DR. H. THOMS, PROFESSOR UND LEITER DES PHARMAZEUTISCHEN INSTITUTS DER UNIVERSITÄT BERLlN. ERSTER BAND UMFASSEND DIE ARBEITEN DE.S JAHRES 1903. BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1904. ISBN 978-3-642-51212-4 ISBN 978-3-642-51331-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-51331-2 Alle Rechte, insbesonrlere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Vorwort. In Gegenwart des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal Angelegenheiten Seiner Exzellenz des Herrn Staatsministers Dr. S t u d t und einer größeren Zahl geladener Gäste ist am 27. Oktober 1902 das Pharmazeutische Institut der Universität Berlin eröffnet und der Leitung des Herausgebers dieses ersten Jahresberichtes unterstellt worden. Im Winter-Semester 1902/03 wurde das Institut von 101, im Sommer Semester 1903 von 109, im Winter-Semester 1903/04 von 118 Praktikanten besucht. Als Ober -Assistent gehört dem Institute der Privatdozent Professor Dr. W. Traube an, welcher die Arbeiten in der qualitativen chemischen Analyse und Maßanalyse leitet. Ihm zur Seite standen in dem Berichtsjahre der Assistent Dr. C. Mannich und der Hilfsassistent Diesfeld, später Dr. A. Biltz. Die besondere Beaufsichtigung der organisch-chemischen, der toxiko logisch-chemischen und präparativen Arbeiten, sowie derjenigen der quanti tativen chemischen Analyse hat sich der Leiter des Instituts vorbehalten. Er wurde hierbei unterstützt von den Assistenten Dr. A. Hugershoff und Dr. R. Beckstroem, von den Hilfsassistenten Dr. Molle, Segelitz, später von den Hilfsassistenten Schönewald, Vogelsang, Ludus. Als Vor lesungsassistenten wirkten die Hilfsassistenten O. Weinhagen und Ludus. Zum Oktober 1903 schied Dr. Hugershoff als Assistent aus, und Dr. J. Herzog wurde als solcher neu eingestellt. Die Leitung der mit dem kolonial-chemischen Laboratorium verbundenen nahrungsmittelchemischen Abteilung ist dem geprüften Nahrungsmittel chemiker Dr. G. Fendler übertragen. In seiner Abteilung wirkten als Volontärassistenten Dr. Ditthorn und Dr. Sasserath. Mit elektrochemischen Arbeiten war als Volontärassistent Dr. Gu th beschäftigt. IV Vorwort. Mit der Ausführung physiologischer, pharmakotherapeutischer und bakteriologischer Arbeiten wurde als Privatassistent Dr. med. H. Kleist Ende des Jahres 1903 betraut. Als Unterbeamte sind in das Institut eingestellt der Hausinspektor Eichen topf, der Maschinist Ostrowski, der Heizer Winzer, die Diener Mon tiage, Weinhold, R ahn und der Hilfsdiener Reimann. In dem großen Hörsaal des Instituts hielt der Leiter desselben Experimental-Vorlesungen über Pharmazeutische Chemie: im Winter über den anorganischen, im Sommer über den organischen Teil, ferner über Nahrungsmittelchemie, Harnanalyse und toxikologische Chemie. In dem kleinen Hörsaal lasen Professor Dr. Traube über qualitative und quantitative Analyse, Professor Dr. E. Gilg über Anatomie der Drogen, Professor Dr. K. Schumann über kommerzielle Pharmakognosie. Ein Repetitorium über pharmazeutische Chemie hielt Dr. Beckstroem ab. Während des Semesters fand an einem jeden Freitag in dem Konferenz zimmer eine Zusammenkunft statt, an welcher die sämtlichen Assistenten und Doktoranden des Instituts teilnahmen, um über die Erscheinungen der chemischen, pharmazeutischen und medizinischen Literatur Bericht zu erstatten und zu diskutieren. Das Institut erhielt während des Jahres 1903 außer von zahlreir.hen !<'achgenossen und Baubeamten, we}(,he zwecks Informationen eingehende Be sichtigungen der Einrichtungen des Instituts vornahmen, von den nach folgend verzeichneten größeren Vereinigungen Besuch: 1. Am 29. Januar 1903 von dem Gymnasium Steglitz unter Leitung seines Direktors Herrn Dr. Lück. Den Besuchern hatten sich die Angehörigen der Schule angeschlossen, vor welchen der Leiter des Instituts in einem ExperimentalvortraK,über "flüssige Luft" sprach. Den gleichen Vortrag hielt der Institutsleiter 2. am 31. Januar 1903 vor dem Verein der Apotheker Berlins. 3. Am 7. Februar !!l03 tagte im großen ~örsaal die deutsche Pharma zeutische Gesellschaft. Bei dieser Gelegenheit hielt Herr Professor Dr. Willstätter aus München- einen Vortrag "über die Methodik zur Ermittelung der chemischen Konstitution der Alkaloide". 4. Am 18. April 1903 besichtigte die "Gesellschaft für volkstümliche Naturkunde" mit ihrem Vorsitzenden, Herrn Geheimen Regierungs rat Prof. Dr. Kny, an der Spitze das Institut. Der Leiter desselben hielt im großen Hörsaale einen durch Lichtbilder unterstützten Vor- Vorwort. v trag über die Einrichtungen moderner chemischer Institute im all gemeinen und des Pharmazeutischen Instituts im besonderen. Uber das gleiche Thema sprach der Herausgeber dieses Berichtes 5. am 6. Juni 1903 vor der Sektion VIII "Nahrungsmittelchemie, medizinische und pharmazeutische Chemie" des 5. Internationalen Kongresses für an gewandte Chemie in dem großen Hörsaale des Instituts. 6. Am 16., 17. und 18. September 1903 tagte "die Vereinigung für systematische Botanik und Pflanzengeographie" unter Vorsitz des Direktors des Königlichen Botanischen Gartens Herrn Geheimen Regierungsrats Prof. Dr. A. Engler im großen Hörsaal. 7. Am 16. Oktober 1903 erschienen unter Leitung des Provinzialschul rats Herrn Geheimen Regierungsrats Prof. Dr. Vogel die Teilnehmer an dem naturwissenschaftlichen Ferien -Kursus für Lehrer höherer Schulen im Institut, nahmen eine Besichtigung dieses und einen Vortrag des Institutsleiters entgegen "über Alkohol und Tabak in chemischer, physiologischer und hygienischer Beziehung". - Die während des Berichtsjahres im Institute ausgeführten wissenschaft lichen Arbeiten sind zum größten Teile bereits in chemischen bezw. pharma zeutischen Zeitschriften veröffentlicht worden. Um diese und die noch nicht publizierten, im Jahre 1903 ausgeführten Arbeiten zu vereinigen, ist im Folgenden ein Gesamt-Abdruck derselben erfolgt. Steglitz-Dahlem, im April 1904. Thoms. Inhalt. Seite I. Organisch-Chemische Arbeiten . 1 Studien über die Pbenolätber (7 Mitteilungen). Von H. Thoms. (Teils gemeinsam mit J. Herzog, Fr. Zernik, A. Biltz.) 3 Der Aufbau der Xanthinbasen aus der Cyanessigsäure, Synthese des Hypoxanthins und Adenins. Von W. T rau b e . . . . 40 Bildungs- und Zersetzungs-Erscheinungen bei Thioharnstoffen. Von A. Hugershoff . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Einwirkung von Brom auf aromatische Thioharnstoffe. Derselbe 61 Über die Identität der Tbiocarbizine mit den Thia~olen. Derselbe 73 Über die Richtung der Wasserabspaltung aus hochmolekularen sekundären Alkoholen. Von H. Thoms und C. Mannich . . 78 Überführung des Nonylmetbylketons in das isomere Octyläthylketon. Von C. Mannich . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Über 2-Aminoundekan und 2-Aminononan. Von H. Thoms und C. Mannich 87 Über die Kondensation hochmolekularer aliphatischer Ketone zu Verbindungen vom Typus des Mesityloxyds. Die seI ben . . 89 Über Derivate des Asarons. Von R. Be c k s t r ö m. . . . . . 92 Über dic Zusammensetzung des ätherischen Lorbeeröles aus Blättern. Von H. Thoms und B. Molle . . . . 97 Über die Reduktion des Cineols. Die seI ben 117 II. Prüfung und Wertbestimmung von Arzneimitteln 129 Wertbestimmung der narkotischen Extrakte in chemischer und pharmakologischer Hinsicht. Von H. Thoms . . . . 131 Über die Wertbestimmung des Nelkenöles. Der seI b e 140 Über den Extraktgehalt der Rhizome von in Deutschland kulti viertem Rheum palmatum tanguticum. Von O. Weinhagen . 151 Irr. Arbeiten aus dem Gebiete der Nahrungs- und GenuJ3mittel 153 Allgemeine Übersicht über die analytische Tätigkeit. Von G. Fendler 155 Erdnu.l3öl und Sesamöl. Derselbe. . . . . . . . . . . . 161 Nachweis von Eigelb in Margarine. Derselbe . . . . . . . 163 Über die Bestimmung von Eiweiflstoffen, Milchzucker und Salzen in Butter und Margarine. Derselbe . . . . . ., 172 Versuche zur Entgiftung des Tabakrauches. Von H. Thoms . . 174 vrn Inhalt. Seite IV. lioloilial-Chemisehe Arbeiten 183 Zur Kenntnis der Früchte von Elaeis guineensis und der daraus gewonnenen Öle, des Palmöles undPalmkernöles. Von G. Fendler 185 Bericht über die Untersuchung von Palmöl und PalmHeischprefl- kuchen. Derselbe . .. .....• ....•. 198 Zur Kenntnis einiger fetthaltigen Früchte bez. Samen. Derselbe 200 Wachs aus Deutsch-Ostafrika. Derselbe . . . . 203 Natürliche Soda aus Togo. Derselbe 205 Über das ätherische Öl einer Andropogon-Art aus Kamerun. Von C. Mannich .... 207 Über die Bestandteile der Samen von Monodora' Myristica Dunal aus Kamerun. Von H. Thoms. 211 Über die Untersuchung einer farbstoffhaItigen Droge aus Togo. Von G. Fendler . 215 Über Telfairia-Samen aus Wilhelmsthal. Derselbe 218 V. A.pparate 219 Über einen neuen Schüttelschieflofen. Von H. Thoms 221 VI. Anhang 223 Untersuchung iiber die Ausströmgeschwindigkeit des Leuchtgases zu verschiedenen Tageszeiten, in den verschiedenen Geschossen des Pharmazeut. Instituts unter Benutzung verschiedener Brenner und gleichzeitiger Berücksichtigung, wann ein Liter Wasser im Becherglase zum Sieden gelangt. Von O. Weinhagen . 225 I. Organisch-Chemische Arbeiten. Studien iibel' (He Phenoläthel'. Von H. Thoms. I. Mitteilung'). Über die Einwirkuug der Salpetersäure auf das Dibydroasaron und Dibydro-metbyleugenol. Die Einwirkung der Salpetersäure auf Phenoläther ist wiederholt Gegen stand der Untersuchung gewesen. Von besonderem Interesse sind die von verschiedenen Forschern hierbei beobachteten Chinonbildungen. Nach A. W. von Hofmann2) wird (1)-Propyl-(2.3)-DimethoxY-(4)-Oxy henzol beim Kochen mit Salpetersäure derart zersetzt, daß an Stelle der Propylgruppe und der freien Hydroxylgruppe die Chinongruppe tritt: o ()"OCHs. " OCHs o Eine Chinonbilrlung in der Gruppe der Phenoläther hei der Einwirkung von Salpetersäure ist dann später von W. W il J8) festgestellt worden. Als dieser auf das Trimethylpyrogallol Salpetersäure vom spez. Gewicht 1.205 einwirken ließ, erhielt er neben einem Chinon eines dimethoxylierten Benzols einen Mononitropyrogalloltrimethyläther: C6 H2 ~",(,0O2C H8)2 un d C6 H2 <N(OOC,H S)Sl.2.S. Auch auf die Trimethyläther des Phloroglucins und Oxyhydrochinons hat Will Salpetersäure einwirken lassen und beschreibt die dabei erhaltenen Produkte. Im Anschluß an diese Arbeiten berichtet Will auch über die Konstitution des A s ar 0 n s, welches er für ein Derivat des Trimethyläthers des Oxyhydrochinons erklärt. Diese Arbeiten Wills haben dann später Ciamieian nnd Silber<) zum Ausgangspunkt weiterer Untersuchungen genommen, und zwar ge legentlich der von ihnen versuchten Konstitutionsermittelung des A pi 0 I s. Bei der Reduktion des Isapiols mit Natrium in alkoholischer Lösung entsteht neben Dihydroapiol ein 3-wertiges Phenol. Wenn man annimmt, daß Isapiol in diesem Falle einer analogen Umwandlung, wie das Isosafrol, unterliegt, in welchem der zur Allylgruppe in p-Stellung befindliche Sauer- ') Ber. d. d. ehern. Ges. 36, 854 [1903). 2) Ber. d. d. ehern. Ges. 8, 67 [1871)]. 3) Ber. d. d. ehern. Ges. 21, 602 [1888]. 4) Ber. d. d. ehern. Ges. 23,2283 [18901. 1 !' 4 H. Thoms, stoff heransgeht, so würde man für die aus dem Isapiol entstehende Phenol verbindung zu folgenden Formeln gelangen: CHi . CHI' CHs CH°I' C Hi . CHs ('" OCHs oder /'" CHa OH",)OCHs CHaOVOH Der dazu gehörige Trimethyläther müßte dann (1) -Propyl-(2.3.5) Trimethoxybenzol sein. Ci ami c i a n und S il bel' hielten es für wichtig festzustellen, daß das aus dem Asaron durch Reduktion mit Natrium in alkoholischer Lösung erhaltene Produkt, das Dihydroasaron, von dem ihm isomeren methylierten Reduktionsprodukt aus dem Isapiol verschieden ist. Diese Verschiedenheit zeigte sich besonders in dem Verhalten gegen Sal petersäure. Während nämlich das (1)-Propyl-(2.3.5)-'l'rimethoxybenzol bei der Oxy dation mit Salpetersäure nur "unerquickliche, ölige Schmieren" liefert, gelingt es, aus dem Dihyrlroasaron leicht einen kristallinischen, stickstofffreien und alle Kennzeichen eines Chinons zeigenden Körper zu erhalten. »Gießt man die eisessigsaure Lösung des oben erwähnten, zwischen 260 --2740 siedenden Produktes in konzentrierte Salpetersäure (spez. Gewicht 1.52), die auf -180 abgekühlt ist, so erhält man eine rotbraune Lösung, die, in Wasser eingetragen, einen kristallinischen Niederschlag fallen läßt. Er entspricht wahr scheinlich der Formel C H.(: 02)··5(OsH )'(O OHs)', also einern Methoxylpropyl 6 7 chinon. Die heiße wässerige Lösung wird durch schweflige Säure sofort entfärbt; beim Eindampfen erhält man dann farblose Nadeln." Eine eingehendere Untersuchung hat dieser Körper seitens Ci am i ei ans und Si I bel' s nicht gefunden. Für die Pharmazie und Medizin besitzen die Nitroprodukte der Phenol äther, bez\\". die tlm'aus erhältlichen Amidophenoläther sowohl in physio logischer wie pharmakologisdH'r Hin:,;icht erhebliches Interesse. Es 'erscheint aussiehtsreich , an dip:oer Kürperldasst' Studien über den Zusammenhang zwischen chemischer Konstitution untl phyc;iologi:ocher \Virkung am:ustellen. ~Iit einigen meiner Sdüi!er hahe ich das Verhalten der Salpetersäure gegen die PlwnolätlH'r geneJ'(~1l zu untel'suchen begonnen, um tlie Gesetzmäfligkeiten aufzufinden, nach welehen Hich die Healdionen in dipser Grupp<' volh:iehen. \Vir knüpften an die letztgcnanntt' .\l'buitvon Ciamit:ian und Silber an. Gemeinsam mit lIm. J. Herzog' prüfte ich da~ \'Pl'halten dpr Sal]letcr ~äUl'e gegen das llihydroasaron. \yit' konntc'n die _\ngaben yon Ci a tll i ci an und Si I bur l>estätigen, tlaß unter den von ihnen gewähltpn Bedingungen ('in Chinon gebiltlet wird. Dip ZUSatlllllensl'tzung (les.-;(~lhen \Yl1l"de \'on ihnen ril'htig erIlli ttelt. Wir fandt\n nbt:r, daß die EimYirkllng dt'], Sal]letersiiuJ"(' auf da~ Dihydro ;l~a ron llot'h nach Hnde],pr Hiehtllng yel'liiuft. .\I'bpitct man. wie Ci a 1lI i (' i a n und Si I b l: r, Illit starkt:r Salpl'l,'rsHun' in dpl' Kälte, 5'J \\"inl neben dt'm