FORSCH U NGSBE RICHTE DES WIRTSCHAFTS- UND VERKEHRSMINISTERIUMS NORDRH EIN-WESTFALEN Herausgegeben von Staatssekretär Prof. Leo Brandt Nr.170 Prof. Dr. phil. F. Wever Dr. phi I. A. Rose Dipl.-Ing. L. Rademacher Anwendung der Umwandlungsschaubilder auf Fragen der Werkstoffauswahl beim Schweißen und Flammhärten aus dem Max -Planck -Institut für Eisenforschung Düsseldorf t Als Manuskript gedruckt WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN 1955 ISBN 978-3-663-03208-3 ISBN 978-3-663-04397-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-04397-3 Forsohungsberiohte des Wirtsohafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen G 1 i e der u n g I. Vorwort . S. 5 11. Anwendung von ZTU-Schaubildern auf besondere Fragen bei der Herstellung hochbeanspruchter, geschweißter Bauteile S. 7 1. Anforderungen an die Schweißwerkstoffe ••. S. 7 2. Aussagefähigkeit der ZTU-Schaubilder zu den Fragen der Schweißtechnik • S. 7 3. Erhitzungs- und Abkühlungsvorgänge beim Schweißen S. 8 4. Abkühlungsvorgänge beim Schweißen und bei der Wärme behandlung in Beziehung zu den kontinuierlichen Schaubildern einiger Schweißstähle • S. 12 5. Festigkeitseigenschaften hochfester, schweißbarer Baustähle in Beziehung zu ihrem Umwandlungsverhalten S. 23 111. Der Vorgang des Flammhärtens, dargestellt im ZTU-Schaubild für kontinuierliche Abkühlung S. 26 1. Das Verfahren des Flammhärtens. S. 26 2. Umwandlungsverhalten der Versuchswerkstoffe S. 27 3. Stirnabschreckhärtekurven S. 30 4. Versuchsanordnung S. 32 5. Erwärmungsvorgänge .. s. 34 6. Abkühlungsvorgänge in Beziehung zum kontinuierlichen ZTU-Schaubild des Stahles VM 175 .... S. 38 7. Temperaturverteilung, Abkühlungsvorgänge und Einhärtung beim Stahl VM 175 S. 41 8. Abkühlungsvorgänge in Beziehung zum kontinuierlichen ZTU-Schaubild des Stahles Ck 45 S. 41 9. Temperaturverteilung, Abkühlungsvorgänge und Einhärtung beim Stahl Ck 45 . . . . . . . . . . . . S. 46 10. Schlußfolgerungen aus den Versuchsergebnissen S. 47 IV. Zusammenfassung •..• S. 49 V. Literaturverzeichnis S. 51 Seite 3 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen I. Vorwort Die Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Schaubilder haben zunehmend an Bedeutung gewonnen als Mittel zur Beschreibung der Umwandlungen unterkühlten Auste nits, die bei den Vorgängen der Wärmebehandlung eintreten und deren prak tischen Erfolg bestimmen. Wir unterscheiden heute zwei grundsätzlich ver schiedene Formen von ZTU-Bildern: 1. das ZTU-Bild für isothermische Versuchsführung, 2. das ZTU-Bild für kontinuierliche Abkühlung. Eine Beschreibung dieser bei den Schaubildarten und ihrer Anwendungsmög lichkeiten für die Wärmebehandlungspraxis wurde in dem Forschungsbericht Nr. 75 "Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Schaubilder als Grundlage der wärme behandlung der Stähle" 1) gegeben (vgl. auch die Arbeit von F. "rEVER und A. ROSE2)). Danach ist das isothermische Umwandlungs schaubild in den Fällen anwend bar, wo ein austenitisches Ausgangsgefüge isothermisch umgewandelt wird. Wärmebehandlungen dieser Art sind beispielsweise das Perlitglühen, einige Anwendungen der Zwischenstufenumwandlung und die Warmbadhärtung. Demgegenüber ist eine Anwendung des Umwandlungschaubildes für kontinuier liche Abkühlu,ng überall da gegeben, wo die Abkühlung bei der Wärmebe handlung stetig erfolgt. Hierbei ist jedoch die Einschränkung zu machen, daß die in Frage stehenden Abkühlungen dem Zeitgesetz der Abkühlungsvor gänge des Schaubildes entsprechen oder diesem in dem entscheidenden Tem peraturbereich des Ablaufs der Umwandlungsvorgänge mit ausreichender Ge nauigkeit angenähert sind. Für die kontinuierliche Abkühlung von Rundquerschnitten konnte durch eingehende Untersuchungen von A. ROSE und W. STRASSBURG3) sowie von A. ROSE und D. WILD4) festgestellt werden, daß in diesem Fall die Ähn lichkeit mit dem Schaubild weitgehend gegeben ist. Es ist somit möglich, das Ergebnis einer durchgeführten Wärmebehandlung hinsichtlich Gefüge zusammensetzung und Härte aus dem kontinuierlichen ZTU-Schaubild des be treffenden Stahles vorauszubestimmen. Auch bei Anwendung des Schaubildes auf Wärmebehandlungen an anderen Querschnittsformen sind grundsätzliche Schwierigkeiten nicht zu erwarten. Sei te 5 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen UntersuChungen3) an der Stirnabschreckprobe zeigten, daß auch in diesem Falle der Zusammenhang mit dem kontinuierlichen Schaubild in befriedigen dem Maße gegeben ist, wenn auch mit etwas geringerer Genauigkeit als bei den Rundproben. Für den praktischen Betrieb ist von noch größerem Interesse die Frage, inwieweit sich auch schwerer übersehbare Abkühlungsvorgänge mit den Aus sagen des kontinuierlichen Schaubildes in Zusammenhang bringen lassen. Diese Frage, die aus der Praxis immer häufiger gestellt wird, bezieht sich meistens auf Vorgänge, bei denen weder eine gleichmäßige Austeniti sierungstemperatur im ~erkstück vorliegt noch die Erwärmung und Abkühlung als voneinander getrennte Behandlungsgänge durchgeführt werden. Hierzu gehört beispielsweise das Schweißen und das Flammhärten. In dieser Hinsicht gibt also die Anwendung des kontinuierlichen Schaubil des auf diese beiden Verfahren die gleichen Probleme auf. Um den Zusammen hang zwischen dem Schaubild und den beiden Verfahren herzustellen, ist es notwendig, zunächst die Austenitisierungsbedingungen und Abkühlungsvorgänge aufzunehmen. Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind dann zu den kontinuier lichen ZTU-Schaubildern derjenigen Stähle in Beziehung zu setzen, die für die beiden Verfahren in Frage kommen. Hier bewegen sich aber die Anforderungen an das Umwandlungsverhalten in entgegengesetzter Richtung. Während man beim Schweißen aus noch näher zu erläuternden Gründen in der Übergangs zone zwischen Schweißnaht und Grund werkstoff eine Härtung vermeiden muß, ist es das Ziel des Flammhärtens, in einer bestimmten Oberflächenschicht eines Werkstückes eine Härtung herbeizuführen. Die jeweils vorliegenden Abkühlungsvorgänge müssen also im ersten Falle im Bereich unterkritischer und im zweiten Falle im Bereich überkritischer Abkühlungsgeschwindigkeiten des betreffenden Stahles liegen. Im folgenden soll über das Ergebnis der im vorstehenden gekennzeichneten Untersuchungen berichtet werden. Es wird gezeigt, welche Bedeutung dem ZTU-Schaubild für kontinuierliche Abkühlung in diesem Zusammenhang, vor allen Dingen in bezug auf die Auswahl geeigneter Werkstoffe, in dem oben beschriebenen Sinne zukommt. Der Inhalt des vorliegenden Berichtes ist zum Teil bereits veröffentlicht in den Arbeiten von F" NEHL und A. ROSE5) und A. ROSE und L. RADEMACHER6). Seite 6 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen 11. Anwendung von ZTU-Schaubildern auf besondere Fragen bei der Herstellung hochbeanspTIlchter geschweißter Bauteile 1. Anforderungen an die Schweißwerkstoffe Für die Entwicklung der Schweißtechnik, die in den letzten Jahrzehnten durch Erschließung immer neuer Anwendungsgebiete einen stürmischen Auf schwung erfahren hat, bedeutet es ein schwerwiegendes Hindernis, daß für geschweißte Bauteile nur solche Werkstoffe verwendet werden können, die unter den üblichen Bedingungen schweißbar sind und keine Neigung zu Ris sen auf Grund von Martensitbildung zeigen. Das waren bisher im wesent lichen Stähle mit niedrigem Kohlenstoffgehalt, deren Zugfestigkeit durch Zulegieren von Mangan und Silizium bis auf rund 60 kg/mm2 erhöht werden konnte. Das Anwendungsgebiet der Schweißtechnik könnte wesentlich erweitert wer den, wenn es gelänge, schweißbare Stähle zu finden, die hinsichtlich ihrer Festigkeitseigenschaften den hochwertigen Vergütungsstählen entsprechen, wobei Voraussetzung ist, daß diese Eigenschaften nicht durch eine Ab schreckbehandlung erzielt werden müssen. Die Lösung dieser Aufgabe ist äußerst schwierig, da die Forderung nach guter Schweißbarkeit und vor allem nach Vermeidung der zu Rißbildung führenden Aufhärtung, d.h. Martensit bildung in der Schweißzone, die Verwendung der meisten hochwertigen le gierten Stähle ausschließt. 2. Aussagefähigkeit der ZTU-Schaubilder zu den Fragen der Schweißtechnik In dieser Zwangslage haben sich die ZTU-Schaubilder für kontinuierliche Abkühlung als bedeutendes Hilfsmittel erwiesen. In Verbindung mit den Abkühlungsvorgängen, wie sie beim Schweißen auftreten, gestatten sie in zweifacher Hinsicht wesentliche Aussagen, nämlich 1. in welchen Fällen Martensit in so großen Mengen gebildet wird, daß Härterrisse auftreten können; 2. welche Stähle die Aussicht bieten, ohne eine Abschreckbehandlung Festigkeitseigenschaften zu erzielen, die in der Größenordnung von hochwertigen Vergütungsstählen liegen. Eine vergleichende Betrachtung der Umwandlungs schaubilder bietet außerdem die Möglichkeit, Aussagen über den Einfluß bestimmter Legierungselemente auf das Umwandlungsverhalten und die dadurch bedingten Eigenschaften eines Sei te 7 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen stahles zu machen. Die ZTU-Schaubilder sind damit ganz allgemein ein wert volles Hilfsmittel bei der Entwicklung neuer Stähle mit dem Ziel, die Stahleigenschaften auf den jeweiligen Verwendungszweck abzustimmen. Im besonderen leisten sie also auch bei der Entwicklung neuer Schweißstähle, die der Schweißtechnik neue Anwendungsgebiete erschließen können, wert volle Dienste. 3. Erhitzungs- und Abkühlungsvorgänge beim Schweißen Im folgenden soll über die Ermittlung der Abkühlungsvorgänge in der Schweiß zone berichtet werden sowie über die Umwandlungen, die hierbei zu erwarten sind. Letztere Aussagen sollen aus den kontinuierlichen ZTU Schaubildern derjenigen Stahlsorten abgeleitet werden, die für die Ent wicklung der Schweiß technik grundsätzliche Bedeutung haben. Temperatur-Zeit-Messungen beim Schweißvorgang lassen sich bei Einlagen Lichtbogen-Schweißungen an dicken Blechen ohne allzu große Schwierigkeit mit Thermoelementen durchführen. Die Schwierigkeiten nehmen erheblich zu bei dünneren Blechen und bei der Mehrlagen-Handschweißung. In diesen Fäl len macht man zweckmäßiger von dem von A. ROSE und W. STRASSBURG3) ange gebenen Verfahren Gebrauch, die Abkühlungsgeschwindigkeit aus Gefüge und Härte mit Hilfe des Umwandlungsschaubildes zu bestimmen. Eine Nachprüfung ergab, daß auf diesem Wege auch die Abkühlungsgeschwindigkeit beim Schwei ßen mit ausreichender Genauigkeit abgeschätzt werden kann. Abbildung 1 stellt die Erhitzungs- und Abkühlungsvorgänge an verschiede nen Meßstellen in der tlbergangszone beim Schweißen eines 82 mm starken Bleches bei verdeckter Lichtbogen-Schmelzschweißung mit einfachem Kopf dar. Die aufgeschmolzene und die über A3 erwärmte Übergangszone sowie die Lage der einzelnen Meßstellen sind in der eingefügten Skizze zu erkennen. Die Abkühlungsvorgänge unterscheiden sich hinsichtlich der interessieren den Abkühlungsgeschwindigkeit unterhalb A3 bzw. der Abkühlungszeit in dem Temperaturbereich von A3 bis 5000 , der für den Ablauf der Umwandlungen entscheidende Bedeutung hat, nicht wesentlich.(Diese Abkühlungszeiten können aus den kontinuierlichen ZTU-Schaubildern unmittelbar abgelesen werden). Die Abkühlungszeit nimmt zur Schmelze hin zu und erreicht zum Grundwerkstoff hin etwa bei der Meßstelle 2 ein Minimum mit 16 min. Aus Gefüge und Härte läßt sich bestimmen, daß die Abkühlungszeit in der Mitte der aufgeschmolzenen Zone wieder ein Maximum erreicht, welches bei etwa Seite 8 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen ____________________________________________________________ __________________ _______________ 2000~ ~ ~ ~ a auf geschmolzene Zone 1800 f-_b ____ü_ b_e_r_A3 erwärm t e....:z:..:o:.:n:.e=-___ ~~~~~~~~~ t?;.~~T"""------~---" 1600~----------_b----__ Schweiße \ 1400 Meßstel e 1 \ 0 1200 0 ~ •. -1 1000 H ;:::! -+" ro H A 800 Q) ~ 8Q ) A1 600 _____ ______ -+_ _______________ ____________+ -____________ r-__________ 200~ ~ ~ ~ o 20 30 40 50 Zeit in min A b b i 1 dun g 1 Temperaturverlauf bei verdeckter Lichtbogenschweißung an 82-mm-Blech (einfacher Kopf) 40 min liegt. Dieses Bild ändert sich nur unwesentlich, wenn das gleiche Blech im Doppelkopfverfahren geschweißt wird (Abb. 2). Das Einbringen der größeren Wärmemenge zeigt sich in der Vergrößerung des aufgeschmolzenen Bereiches. Die Abkühlungszeit entsprechender Meßpunkte ist etwas größer; sie beträgt für den Meßpunkt 2 etwa 21 mine Die Abkühlung des Meßpunktes 1 ist mit 25 min verhältnismäßig schnell, weil die Schlacke entfernt wurde und die Meßstelle nahe der Oberfläche liegt. Mit abnehmender Blechdicke bis auf 50 mm fällt die Abkühlungszeit an der am schnellsten abkühlenden Stelle bereits bis auf weniger als 100 s. Die Auswertung erfolgte aus Gefüge und Härte. Seite 9 Forschungsberichte des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums Nordrhein-Westfalen 2000 a=aufgeschmolzene Zone, b=über A3 erwärmte Zone Meßstelle 1800 1600 1400 0 0 ~ 'M 1200 H ~ ~m H 1000 m S~ ~ 8 800 1 600 400 200 o 10 20 30 40 50 Zeit in min A b b i 1 dun g 2 Temperaturverlauf bei verdeckter Lichtbogenschweißung an 85-mrn-B~ech (Doppelkopf) An einem Blech von 12,5 mm Dicke liegen Messungen bei Lichtbogen-Schmelz schweißungen von E.F. NIPPES und W.F. SAVAGE7) vor (Abb. 3). Die kürze sten Abkühlungszeiten in der Übergangszone betragen hier etwa 50 s. Bei Mehrlagen-Handschweißungen, die an Blechen von 10 mm Dicke durchge führt wurden, waren die Übergangszonen außerordentlich schmal. Sie umfaß ten einen Bereich von etwa 1 mm Dicke. Die Abkühlungszeiten von A bis 3 0 500 lagen nach der Gefügeauswertung und Härte in der gleichen Größen ordnung wie beim 12,5 mm-Blech. Diese wenn auch lückenhaften Ergebnisse der Bestimmung yon Abkühlungsvor gängen in der Übergangs zone einer Schweißnaht zeigen, daß die auftretenden Seite 10 I:j o 11 CIl o § CIl 0' <D 11 1-'. o P' c+ <D Po <D CIl =t 1-'. 11 c+ CIl o t:s' ID I-!) c+ CIl I § Po <: <D 11 :>;' <D P' 11 CIl Ei 1-'. 1:1 1-'. CIl c+ <D 11 1-'. ~ CIl !21 o 11 Po 11 t:s' <D 1-'. 1:1 I =t <D CIl c+ I-!) 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