Ingo M. Schmidt Ansätze für eine umfassende Rechnungslegung zur Zahlungsbemessung und Informationsvermittlung GABLER EDITION WISSENSCHAFT Unternehmensrechnung & Steuern Uni Bayreuth e.V., Band 4 Herausgegeben von Professor Dr. Jochen Sigloch o. Professor der Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung, Universität Bayreuth Der Verein „Unternehmensrechnung & Steuern Uni Bayreuth e.V.“, eine Vereinigung vornehmlich aus Absolventen des Schwerpunkt- fachs Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung an der Universität Bayreuth, Unternehmen und Angehörigen der rechts-, steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe, verfolgt u.a. das Ziel, als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis zu fungieren. In der Schriftenreihe des Vereins werden Monographien und Sammelbände zu aktuellen Problemfeldern im Bereich der Betriebs- wirtschaftlichen Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung veröffentlicht, die im Rahmen der Forschung am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung, Universität Bayreuth, oder dessen Umfeld bearbeitet wurden. Ingo M. Schmidt Ansätze für eine umfassende Rechnungslegung zur Zahlungsbemessung und Informationsvermittlung Eine Analyse am Beispiel der Goodwill-Bilanzierung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Jochen Sigloch Deutscher Universitäts-Verlag Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. Dissertation Universität Bayreuth, 2007 1. Auflage September 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWVFachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler /Sabine Schöller Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe- sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. indiesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0816-8 Geleitwort Die Rechnungslegung von Unternehmen ist derzeit im Umbruch: Liegt der Fokus des Jahresabschlusses in Deutschland aufgrund seiner historischen Wurzeln (noch) auf der Zahlungsbemessungsfunktion, während die Informationsfunktion vielen eher als lästiges Beiwerk gilt, erfolgt unter dem Einfluss der Globalisierung der Kapitalmärkte und der Internationalisierung der (angelsächsischen) Rechnungslegung zunehmend ein Paradigmenwechsel in Richtung eines Primats der Informationsfunktion mit nur angehängter oder gar abgekoppelter Zahlungsbemessungsfunktion. Traditionelle Bas- tionen der deutschen Rechnungslegung – wie das Vorsichtsprinzip sowie das Anschaffungswert- und Realisationsprinzip – geraten auf diese Weise verstärkt in die Kritik und werden teilweise gänzlich in Frage gestellt. An ihrer Stelle werden viel- mehr ein weit ausgelegter True-and-fair-view-Grundsatz und das Prinzip einer „Full Fair Value“-Bewertung mit sofortiger Erfassung auch unrealisierter Gewinne pro- klamiert. Die damit einhergehende „Entobjektivierung“ der Rechenwerke Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird dabei nicht selten als notwendiger „Preis für eine höhere Entscheidungsrelevanz der Rechnungslegung“ angesehen. Das hier angesprochene Spannungsfeld einer jeden Rechnungslegung zwischen um- fassender Abbildung (Vollständigkeit) einerseits und Objektivierung (Nachprüfbar- keit) andererseits zeigt sich in eindrucksvoller Weise am Beispiel immaterieller Ver- mögenswerte. Dabei kommt dem Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) eine herausgehobene Bedeutung zu, gilt seine bilanzielle Behandlung doch seit jeher als Streitfrage der (inter-)nationalen Rechnungslegung, deren Relevanz im Zuge der aktuellen Entwicklungen in Theorie und Praxis noch zugenommen hat. Vor diesem Hintergrund verfolgt die von Herrn Schmidt vorgelegte Dissertation das Ziel, Ansätze für eine umfassende Rechnungslegung zur Zahlungsbemessung und In- formationsvermittlung zu analysieren und de lege ferenda einen eigenen Reform- vorschlag für das deutsche Bilanzrecht zu unterbreiten. Dabei wird die Goodwill- Bilanzierung als spezielles Untersuchungsgebiet gewählt. Auf Basis eines Referenzrahmens, der als übergeordnetes Ziel einer umfassenden Rechnungslegung eine stärker unternehmenswertorientierte Abbildung formuliert, führt Herr Schmidt im Zweiten Teil der Arbeit zunächst eine kritische Bestandsauf- nahme der deutschen, britischen und internationalen Rechnungslegung am Beispiel der Goodwill-Bilanzierung durch. Da sich in den untersuchten Rechnungslegungs- systemen einerseits zahlreiche Inkonsistenzen und Mängel nachweisen lassen und dort andererseits eine umfassende Rechnungslegung im obigen Sinne nicht umgesetzt ist, unternimmt Herr Schmidt im Dritten Teil eine breiter angelegte Suche nach theo- retischen Lösungsalternativen. Der Fokus der weiteren Untersuchung liegt dabei auf Ansätzen einer zahlungsbemessungsbasierten Bilanz mit innerbilanzieller Informa- tionserweiterung. Im Einzelnen werden mit dem Konzept einer (gemeinsamen) multi- VI funktionalen Fair-Value-Bilanz und dem Konzept monofunktionaler Bilanzen für Zahlungsbemessungs- und Informationszwecke zwei innerbilanzielle Reformansätze ausgearbeitet und anhand von Zahlenbeispielen illustriert. Dabei erweist sich letzteres Konzept, das eine funktionale Zweiteilung der Rechnungslegung vorsieht, als Kö- nigsweg einer umfassenden Rechnungslegung, ermöglicht es neben einer optimalen Berücksichtigung beider Kernfunktionen doch in nahezu idealer Weise eine zwei- stufige Umsetzung nach der Kapitalmarktorientierung von Unternehmen. Diesem Re- formkonzept folgend, entwickelt Herr Schmidt im Vierten Teil seiner Arbeit konse- quent einen allgemeinen Reformvorschlag zur Einführung einer umfassenden und funktional zweigeteilten Rechnungslegung in Deutschland, bestehend aus allgemei- nen Grundsätzen sowie speziellen Regeln zum Bilanzinhalt und zur Bilanzbewertung für die Zahlungsbemessung und Informationsvermittlung. Der stärker objektivierte Zahlungsbemessungsabschluss bündelt hiernach die Ausschüttungs- und Steuer- bemessungsfunktion und dient als Basisrechenwerk für alle Unternehmen, während der Informationsabschluss im Sinne einer umfassenden Fair-Value-Bilanz als Erwei- terungsrechenwerk lediglich für kapitalmarktorientierte Unternehmen vorgeschrieben wird. Hierauf aufbauend gibt Herr Schmidt im Fünften Teil der Arbeit konkrete Re- formempfehlungen für eine umfassende, zweistufige Bilanzierung des Goodwill im Zahlungsbemessungs- und Informationsabschluss und zeigt anhand von modellhaften Zahlenbeispielen, dass ein solcher Reformvorschlag sowohl umsetzbar ist als auch im Informationsabschluss zu einer ökonomisch gleichmäßigeren bilanziellen Abbildung von internem und externem Unternehmenswachstum führt. Mit der eingehenden Analyse des Zusammenspiels der Funktionen der Rechnungs- legung sowie der Bilanzierung des Goodwills greift Herr Schmidt ein zugleich hoch- aktuelles wie relevantes Thema der Rechnungslegung auf. Die vorliegende Unter- suchung überzeugt sowohl durch ihren logischen Aufbau, der einem betriebswirt- schaftlichen Entscheidungsprozess folgt, als auch durch die tiefgründige und differen- zierte Argumentation und Aufbereitung des Themas. Beachtenswert ist insbesondere der von Herrn Schmidt entwickelte Reformvorschlag zur Einführung einer umfassen- den, funktional zweigeteilten Rechnungslegung im deutschen Bilanzrecht, dessen hohe Qualität und bemerkenswerte Originalität im deutlichen Kontrast zu den weit verbreiteten Vorschlägen einer notwendigen Abkopplung der Handelsbilanz von der Steuerbilanz stehen. Wenngleich dieser „Kampf gegen die Windmühlen“ für das deutsche Bilanzrecht bereits weitgehend verloren zu sein scheint, zeigt die Arbeit von Herrn Schmidt eine bedenkenswerte Reformalternative auf, der eine vorurteilslose Aufnahme und breite Leserschaft in der Rechnungslegungstheorie, der nationalen und internationalen Standard-Setzung und nicht zuletzt der Unternehmenspraxis zu wün- schen ist. Prof. Dr. Jochen Sigloch Vorwort Die Rechnungslegung als Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre offenbart ihren Reiz nicht auf den ersten Blick. Es bedarf einer genaueren Betrachtung, eingängigen Studierens und fähiger Lehrer, um ihre interessanten wie herausfordernden Fragestel- lungen zu erkennen und Freude daran zu haben. Den Anstoß zur Beschäftigung mit dem Themenkomplex der internationalen Rech- nungslegung lieferte ein Studienaufenthalt an der Warwick Business School im Jahre 2000. Im Rahmen eines Seminars wurde dort mein Interesse an der bilanziellen Ab- bildung immaterieller Werte nachhaltig geweckt. Nach meiner Rückkehr an die Uni- versität Bayreuth hatte ich dann das Glück, mit einer kritischen Analyse der Bilanzie- rung des Goodwills im internationalen Vergleich ein hochaktuelles wie zukunftswei- sendes Diplomarbeitsthema aufgreifen zu können, dessen Ergebnisse 2002 in eine Publikation im Deutschen Universitäts-Verlag mündeten. Während meiner Diplom- arbeit wurde auch die Idee geboren, die Streitfrage der Goodwill-Bilanzierung einmal in einem größeren Zusammenhang zu betrachten und über eine Neugestaltung der Funktionen und Instrumente der (inter-)nationalen Rechnungslegung nachzudenken. Nach meinem Studium nahm ich daher gerne die Gelegenheit wahr, dieser Aufgabe im Rahmen einer Promotion als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Be- triebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung der Universität Bayreuth nachzugehen. Die vorliegende Arbeit stellt das Ergebnis meines Forschungsvorha- bens dar; sie wurde am 16. März 2007 von der Rechts- und Wirtschaftswissen- schaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Eine solche Arbeit entsteht bekanntlich nicht über Nacht, sondern in der Regel in einem mehrjährigen Prozess mit zahlreichen Irrungen und Wendungen. All denjeni- gen, die mich bei diesem Prozess auf unterschiedliche Weise begleitet und unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jochen Sigloch, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprü- fung der Universität Bayreuth, für die Betreuung dieser Arbeit, für zahlreiche wert- volle Hinweise zu ihrer Entstehung und Vollendung sowie für die Möglichkeit zur Veröffentlichung im Rahmen dieser Schriftenreihe. Dank gebührt ferner Herrn Pro- fessor Dr. Heymo Böhler und Herrn Professor Dr. Klaus Schäfer, beide Universität Bayreuth, für die Übernahme des Zweitgutachtens respektive des Prüfungsvorsitzes. Für viele inspirierende Fachgespräche und aufschlussreiche Diskussionen danke ich meinem Freund Herrn Professor Robert A. Bryer, University of Warwick. Weiterhin danken möchte ich meinen früheren Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl sowie den Studierenden, durch die ich die Universität Bayreuth in guter Erinnerung be- halten werde. VIII Meiner geliebten Frau Annelie danke ich für ihre Unterstützung, Fürsorge und ihr Verständnis während des Verfassens dieser Arbeit, vor allem für die Kraft und Zuver- sicht, die mir auch schwierige Entscheidungsfindungen ermöglicht haben. Dank ge- bührt ferner meinem Bruder Stefan, der mir bei der Endkorrektur der Arbeit sehr be- hilflich war. Abschließend danke ich aus tiefstem Herzen meinen Eltern, die mir auf meinem bisherigen Lebensweg stets zur Seite gestanden haben; ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Ingo M. Schmidt Inhaltsübersicht Einführung 1 I. Problemstellung 1 II. Zielsetzung und Gang der Untersuchung 6 Erster Teil: Grundlagen 11 I. Referenzrahmen zur Beurteilung und Reform von Rechnungslegungs- regeln 11 II. Bilanzierung des Goodwills als spezieller Untersuchungsgegenstand 46 III. Zusammenfassung 63 Zweiter Teil: Analyse der Bilanzierung des Goodwills vor dem Hintergrund verschiedener Rechnungs- legungskonzeptionen 65 I. Bilanzierung des Goodwills in der deutschen Rechnungslegung 65 II. Bilanzierung des Goodwills in der britischen Rechnungslegung 82 III. Bilanzierung des Goodwills in der Rechnungslegung nach IFRS 106 IV. Vergleichende Beurteilung 121 V. Zwischenergebnis: Keine umfassende Rechnungslegung infolge systembedingter Mängel bei der bilanziellen Behandlung des Goodwills 127 Dritter Teil: Analyse möglicher Reformkonzepte für eine umfassende Rechnungslegung 130 I. Überblick über das Spektrum möglicher Reformkonzepte 130 II. Konzept einer multifunktionalen Fair-Value-Bilanz 133 III. Konzept monofunktionaler Bilanzen für Zahlungsbemessungs- und Informationszwecke 158 X IV. Gesamtbeurteilung 184 V. Zwischenergebnis: Konzept monofunktionaler Bilanzen als favorisierter Reformansatz für eine umfassende Rechnungslegung in Deutschland 188 Vierter Teil: Umsetzung des Reformkonzepts monofunktionaler Bilanzen zur Einführung einer umfassenden Rechnungslegung in Deutschland 190 I. Ausgangsüberlegungen 190 II. Ausgestaltung eines einheitlichen Zahlungsbemessungsabschlusses für die Ausschüttungs- und Steuerbemessung 198 III. Ausgestaltung eines umfassenden Informationsabschlusses 220 IV. Zwischenergebnis: Bessere Funktionserfüllung durch funktionale Zweiteilung der deutschen Rechnungslegung in einen Zahlungs- bemessungs- und Informationsabschluss 247 Fünfter Teil: Spezielle Reformempfehlungen für eine umfassende, funktionsspezifische Bilanzierung des Goodwills in Deutschland 249 I. Ausgangsüberlegungen 249 II. Reformempfehlungen zur Bilanzierung des Goodwills im Zahlungsbemessungsabschluss 256 III. Reformempfehlungen zur Bilanzierung des Goodwills im umfassenden Informationsabschluss 275 IV. Vergleichendes Zahlenbeispiel zur Bilanzierung des Goodwills 279 V. Sonderprobleme 301 VI. Zwischenergebnis: Umfassende, funktionsspezifische Bilanzierung des Goodwills als geeignete und umsetzbare Lösung für die deutsche Rechnungslegung 323 Ergebnisse und Ausblick 327