Anleitung zur Darstellung organischer Präparate mit kleinen Substanzmengen Von Dr. Hans Lieb o. Professor, Vorstand des Medizinism=memismen Institutes u. Pregl=Laboratoriums der Universität Graz und Dr. Wolfgang Sdtöniger Dip1.=!ng., Assistent am gleichen Institut Mit 52 Textabbildungen Springer-Verlag Wien GmbH ISBN 978-3-7091-3633-1 ISBN 978-3-7091-3632-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-7091-3632-4 Alle Rechte, insbesondere das der übersetzung In fremde Sprachen vorbehaJten Copyright 1950 by Springer-Verlag Wien Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag in Wien 1950 Vorwort Den Anlaß zur Ausarbeitung von Methoden zur Darstellung organischer Präparate unter Verwendung geringer Substanz mengen gaben die Beobachtungen, die im organisch-präparativen Praktikum bei dem seit mehreren Jahren bestehenden Mangel an Chemikalien und an Material jeder Art gemacht wurden. Es zeigte sich nämlich, daß einerseits viele Präparate wegen des Fehlens der notwendigen Chemikalien überhaupt nicht darge stellt werden konnten, andererseits infolge der großen Zahl von Studierenden die vorhandenen gewöhnlichen Chemikalien oft nicht ausreichten, um die in den gebräuchlichen Praktikums büchern vorgesehenen Mengen CY2 bis 1 Mol und darüber) zur Verfügung zu stellen. Außerdem sind die Anschaffungskosten der notwendigen Glasgeräte derzeit so hoch, daß viele Studenten sie nicht aufbringen können. Es wurde daher der Versuch unter nommen, die Mengen der Ausgangsmaterialien auf etwa den vierzigsten Teil derjenigen herabzusetzen, die in dem Praktikums hilfsbuch von GATTERMANN-WIELAND "Die Praxis des organischen Chemikers" angegeben sind. Die meisten der darin beschriebenen Präparate lassen sich mit einfachen Glasapparaten darstellen, die sich der Student bei ganz geringer Fertigkeit im Glasblasen selbst herstellen kann. Dadurch konnte gleichzeitig auch der Aufwand an Glasgeräten wesentlich verringert werden. Das Arbeiten mit kleinen Substanzmengen bringt aber auch noch den Vorteil, daß der Zeitaufwand für die Darstellung eines Präparates meistens viel geringer ist und daher in der gleichen Zeit wesentlich mehr organische Verbindungen hergestellt werden können als mit größeren Mengen. Und dies liegt jedenfalls im Sinne einer gründlichen Ausbildung. Die Verwendung geringer Substanzmengen zwingt ferner den Praktikanten zu einem be sonders sorgfältigen und sauberen Arbeiten, da er docIuannähernd ' prozentuell die gleiche Ausbeute erreichen kann und soll· als mit größeren Ansätzen. Mit der in dieser Anleitung geschilderten Arbeitstechnik sollen die bisher üblichen Methoden keineswegs ausgeschaltet werden. Es soll im Gegenteil in entsprechend sinnvoller Aus- IV Vorwort wahl ein Teil des organisch-präparativen Programms mit den bisher gebräuchlichen grölleren Ansätzen, ein Teil mit geringen Mengen an Ausgangsstoffen durchgeführt werden. Auf diese Weise lernt der Anfänger am besten die vieliachen Vorteile des Arbeitens mit kleinen Substanzmengen kennen. Gleichzeitig lernt er aber auch die in den chemischen Laboratorien üblichen und für viele Zwecke unentbehrlichen Geräte und Glasapparate kennen. Die Auf teilung des Stoffes wird sich dabei nach dem jeweiligen Chemikalienbestand und den vorhandenen Geräten richten. Bei schwer zu beschaffenden Ausgangsstoffen wird man jedenfalls die kleinen Mengen wählen. In solchen Fällen, wo das erhaltene Reaktionsprodukt zur Darstellung weiterer Prä parate dienen soll, wird man selbstverständlich zur Gewinnung des ersten Präparates einen etwas größeren Ansatz wählen. Wie sehr an Material gespart werden kann, ergibt sich, um nur ein Beispiel anzuführen, daraus, daß die für die Darstellung von Anilin in der Vorschrift von GATTERMANN angegebene Menge ausreicht, um 40 Studenten das gleiche Präparat herstellen zu lassen. Im ersten Teil der Anleitung werden die wichtigsten allge meinen Arbeitsmethoden zur Darstellung, Isolierung, Reinigung und Identifizierung organischer Präparate sowie die für das Arbeiten mit kleinen Substanzmengen erforderlichen Geräte beschrieben. Abbildungen der notwendigen Glasgeräte mit Angaben der Maße sollen zur Selbstherstellung einzelner Teile anregen und den Aufbau der Appa.raturen erleichtern. Im spe ziellen Teil werden genaue Arbeitsvorschriften zur Darstellung von etwa 100 organischen Präparaten gegeben. Sie sind zum größeren Teil dem im deutschen Sprachgebiet verbreitetsten Praktikumshilfsbuch von GATTERMANN-WIELAND, zum Teil den "Organic Syntheses", zum Teil auch der Originalliteratur ent nommen. Dabei erfreuten wir uns der Unterstützung durch Herrn Dozenten Dr. KRATZL vom 1. Chemischen Universitäts-Labo ratorium in Wien, indem er durch seine Mitarbeiter eine größere Zahl von Literaturpräparaten mit den von uns angegebenen Geräten darstellen ließ. Bei den meisten Präparaten haben wir, einer Anregung Prof. FEIGLS (Rio de Janeiro) entsprechend, auch die Methoden zu deren Identifizierung durch Nachweis charakteristischer Gruppen mittels der Tüpfelanalyse angegeben und uns dabei der Monographie von F. FEIGL "Qualitative Ana lysis by Spot Tests", 3. Aufl. (1947), bedient. Dadurch soll der Anfänger mit einer Arbeitsmethodik vertraut werden, die bereits zum unentbehrlichen Rüstzeug des Chemikers gehört. Vorwort V Wir sind uns bewußt, daß der allgemeine Teil noch ausführ licher hätte gestaltet werden können. Wir mußten uns aber, um den Rahmen des Büchleins, das in erster Linie als Praktikums hilfsbuch für Hochschullaboratorien gedacht ist, nicht zu über schreiten, auf die Beschreibung der wichtigsten und einfachsten Methoden und der leicht beschaffbaren Geräte beschränken. Da darin jedoch die Arbeitstechnik sowie zahlreiche einfache Geräte und erprobte Apparate beschrieben sind, wie sie bei organisch-präparativen Arbeiten mit kleinen Substanz mengen überall gebraucht werden, dürfen wir erwarten, daß die "An leitung" auch bei den in Forschungs- und Industrielaboratorien tätigen organischen Chemikern Anklang und Verwendung finden wird. Bevor wir an die Veröffentlichung unserer Anleitung schritten, überzeugten wir uns von der Brauchbarkeit der Methodik, in dem wir Anfänger im organisch-präparativen Praktikum zur Herstellung der Präparate heranzogen. Wir konnten feststellen, daß die Scheu vor dem Arbeiten mit geringen Substanzmengen und kleinen Geräten rasch überwunden wird und nach kurzer Übung auch die vorgeschriebenen Ausbeuten bei den Synthesen erreicht werden. Die gleichen Erfahrungen machte auch Doz. Dr. :K:BATZL am 1. Chemischen Institut in Wien, wo ein Teil des Übungsprogramms bereits nach unserem Verfahren durchge führt wird. Wir danken ihm an dieser Stelle für seine Mitarbeit und für die Förderung, die unsere Arbeiten durch ihn erfahren haben, sowie auch für die Durchsicht des speziellen Teiles. Dem Springer-Verlag in Wien danken wir für das verständnis volle Entgegenkommen in jeder Hinsicht. Graz, im Januar 1950. H. Lieb und W. Sch6niger Inhaltsverzeichnis A. Allgemeiner Teil Seite I. Einleitung . . . 1 II. Allgemeine Arbeitsmethoden . . . . . . . . . . . . • 3 1. Trennung fester Stoffe von Flüssigkeiten (Dekantieren, Abhebern, Filtrieren, Zentrifugieren) . . . .... 3 2. Trocknungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . 5 a) Feste Stoffe 5. - b) Das Trocknen von Flüssig keiten und Lösungen 7. - c) Trocknen von Gasen 8 3. Kristallisieren und Umkristallisieren . . . . . . . 8 4. Ausschütteln und Extrahieren . . . . . . . . . . 11 a) Ausschütteln 11. - b) Extrahieren 13. - c) Dialyse 14 5. Destillation ................. . 15 a) Einfache Destillationsgeräte 15. - b) Fraktio nierte und Vakuumdestillation 16. - c) Wasser dampfdestillation 21 6. Sublimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 7. Adsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Entfärben und Klären 24. - b) Chromato graphie 24 8. Arbeiten unter höherem Druck .. 26 9. Kühlungsmethoden . . . . . . . . 27 10. Rühr- und Schüttelvorrichtungen 27 III. Charakterisierung und Identifizierung organischer Ver- bindungen .................... . 29 1. Schmelzpunktbestimmung 29 2_ Siedepunktbestimmung 32 3. Tüpfelanalyse 33 IV. Geräte ..... . 35 V. Lösungsmitteltabelle 38 B. Spezieller Teil I. Aliphatische und aromatische Halogenverbindungen 40 1. Äthylbromid 40 2. Äthyljodid . 41 3. Benzylchlorid. . 42 4. Brombenzol. . . 42 5. Pentachloräthan . 43 VIII Inhaltsverzeichnis Seite II. Carbonsäuren und deren Derivate 44 1. Acetylchlorid . . . . . . . . 44 2. Benzoylchlorid . . . . . . . . . . . . . 45 3. Essigsäureanhydrid . . . . . . . . . . . 45 Nachweis von Carbonsäureanhydriden 46 4. Acetamid . . . . . . . . . . . . . . . 46 5. Harnstoff. . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Kaliumcyanat 48. - b) Harnstoff 48 6. Acetonsemicarbazon . . . . . . . . . 49 7. Acetonitril . . . . . . . . . . . . . 49 8. Benzylcyanid. . . . . . . . . . . . 50 9. Essigsäureäthylester . . . . . . . . . 51 Nachweis von Carbonsäureestern 52 10. Benzoesäureäthylester . . . . . . . . . . . . . . 53 11. Fettverseifung . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Nachweis von Carbonsäuren und Derivaten 54.- b) Nachweis mehrwertiger Alkohole 55 12. Methylamin ...... , . . . . . . . . . . . . 55 a) Nachweis primärer und sekundärer aliphatischer Amine 57. - b) Nachweis von NH!"> NH- oder N (CH )-Gruppen 57 3 13. Barbitursäure ...... 57 14. Malonsäure. . . . . . . . 58 Nachweis von Dicarbonsäuren 59 15. Brommalonsäure-diäthylester. . . . 60 16. Hippursäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 17. Methyl-chlormethyläther. . . . . . . . . . . . . 62 a) Ammoniumdithiocarbamat 63. - b) Rhodamin 63 18. Rhodamin . . . . . . . 62 19. Phthalimid. . . . . . . 63 20. t!.-Brom-äthylphthalimid . 64 21. Athylphenylacetat ... 65 22. Glycerin-monochlorhydrin 66 23. p-Brombenzoesäure . . . 66 III. Nitroverbindungen und deren Reduktionsprodukte 67 1. Nitromethan . . . . . . . . . . . . 67 Nachweis von Nitroverbindungen 68 2. Nitrobenzol ............ 68 3. m-Dinitrobenzol ............ 69 Nachweis von m-Dinitroverbindungen 70 4. Anilin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Nachweis von primären aromatischen Aminen 71. - b) Nachweis reaktionsfähiger CHs- und NHs- Gruppen 72 5. Diphenylthioharnstoff . . . . . . . . . . . .. 72 Nachweis von Thioketonen und Mercaptanen 73 6. Phenylhydroxylamin .. . . . . . . . 73 7. Nitrosobenzol. . . . . . . . . . . . . 74 Nachweis von Nitrosoverbindungen 75 8. Hydrazobenzol . 76 9. Benzidin . . . . 77 10. Tetranitromethan 78 11. p-Dinitrobenzol . 79 Inhaltsverzeichnis IX Seite IV. Sulfonsäuren. . . . . . . . . . . 80 1. Sulfanilsäure . . . . . . . . . 80 Nachweis von Sulfonsäuren 80 2. Benzolmonosulfonsaures Natrium . 81 3. ß-Naphthalinsulfonsaures Natrium . . . . . . 82 4. 2, 4-Dinitro-l-naphthol-7 -sulfonsäure (N aphthol- gelb S) . . . . . . . . • . . . . 83 5. Phenylhydrazin-p-sulfonsäure. . . 84 6. p-Sulfophenyl-3-methyl-5-pyrazolon 85 7. Echtlichtgelb G. . 86 8. p-Toluolsulfonsäure 87 V. Aldehyde und Ketone 87 1. Formaldehyd. . . . . . . . 87 Nachweis von Aldehyden 88 2. Benzylalkohol und Benzoesäure aus Benzaldehyd 89 3. Benzoin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4. Benzil . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 92 Nachweis: aromatischer 1, 2-Dioxoverbindungen 92 5. Mandelsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 6. Zimtsäure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 7. Salicylaldehyd . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Nachweis von a-, ß-ungesattigten und aromati schen Aldehyden 96. - b) Nachweis von Carbonyl verbindungen 97 8. Acetaldehyd-diacetal . 97 9. Dibenzalaceton . . . . 98 10. Dibenzylaceton . . . . 98 11. 4,5-Diphenylglyoxalon . 99 VI. Phenole . . . . . . . . . 100 1. Anisol ....... . 100 2. 0- und p-Nitrophenol •. 101 Nachweis von Phenolen 102 3. Pikrinsäure. . . 103 4. 2,4-Dinitrophenol 104 5. 3,5-Dinitrophenol 105 VII. Diazo-Reaktionen 106 1. p-Tolunitril .. 106 2. Phenylhydrazin . . . . . . 107 Nachweis von Hydrazinen 108 3. Helianthin . . 109 4. m-Nitrophenol 110 5. Diphensäure 111 6. p-Bromtoluol . 112 7. Dithizon . . . 113 VIII. Chinoide Verbindungen 114 1. p-Nitrosodimethylanilin 114 2. p-Amino-dimethylanilin 116 3. Methylenblau . 117 4. Fluorescein. . 118 5. Eosin .... 119 x Inhaltsverzeichnis Seite 6. Phthalocyanin . . 120 7. Alizarin . . . . . 121 8. Fluoresceinchlorid . 122 9. Chinon ..... 123 IX. GRIGNARD-Reaktionen 124 1. Benzhydrol. . . . 124 2. Triphenylcarbinol . . 126 3. Methylphenylcarbinol 127 X. FRIEDEL-CRAFTSche Reaktionen 127 1. Benzophenon . . . .'. . . 127 2. Benzophenonoxim. . . . . . . . . . . . .. 129 Nachweis von Oximen und Hydroxamsäuren 129 3. Benzanilid . . . .. ..... 130 4. Triphenylchlormethan .'. . . . . . 130 5. Chinizarin . . . . . . . . . . . . 131 6. 2,4-Dioxyacetophenon . . . . . . . 132 Nachweis von Methylketonen 133 7. Acetovanillon. . . 134 8. Guajacolacetat . . 135 9. p-Bromacetophenon 135 XI. Heterocyclen. . . . . 136 1. Collidin . . . . . 136 2. Chinolin . . . . . . . . . . . . 138 Nachweis tertiärer Ringbasen 139 3. Indigo. 140 4. Isatin . 141 XII. Naturstoffe . 142 1. Coffein ................. 142 2. Blattfarbstoffe, chromatographische Trennung 143 a) Isonitrosoacetanilid 141. - b) Isatin 142 XIII. Einige Literaturpräparate 144 1. Bornylamin 144 2. Vanillinnatrium. . . 145 3. Veratrumaldehyd . . . . . . . . . . 146 4. Methoxy-methylo-vanillin . . . . . . . 147 5. 3-Methoxy-4-oxy-3',4'-dimethoxychalkon ... 148 6. (J-Vanilloyl-3', 4'- dimethoxy- phenyl-äthyl-a-sulfon- säure. . . . . . . . . . . . . . 148 7. 4-0xy-3-methoxychalkon .... 149 8. (J-(Vanilloyl-) Phenyl-a-sulfonsäure 149 9. Tetraphenylhydrazin .. . . . . 150 10. p-Brom-phenacyl-bromid. . . . . 151 11. Dibenzyl aus Benzoin . . . . . . . . . 152 12. Reduktionen mit Lithiumaluminiumhydrid .... 152 a) Benzylalkohol aus Benzoylchlorid 153. - b) 0- Oxybenzylalkohol aus Salicylsäure 153. - c) Azo benzol aus Nitrobenzol 154 13. Natriumpentacyano-ammin-ferroat . . . . . . . . 154 Inhaltsverzeichnis XI Seite Anhang Nachweis einzelner Elemente ..... 155 1. Stickstoff. . . . . . . . . . . . . . 155 a) LASSAIGNESche Probe 155. - b) Probe nach F. FEIGL 155 2. Schwefel. . . . . . . . . . . . . . 156 3. Halogen . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Sauerstoff . . . . . . . . . . . . . . 157 5. Phosphor, Arsen, Alkali- und Erdalkalimetalle. . . 158 6. Freie organische Basen und deren Salze mit schwachen Säuren 158 Sachverzeichnis .......•........• 159