Heiner Meulemann · Klaus W. Birkelbach Jörg-Otto Hellwig Ankunft im Erwachsenenleben Lebenserfolg und Erfolgsdeutung in einer Kohorte ehemaliger Gymna- siasten zwischen 16 und 43 Ankunft im Erwachsenenleben Heiner Meulemann, Klaus Birkelbach, Jorg-Otto Hellwig (Hrsg.) Ankunft im Erwachsenenleben Lebenserfolg und Erfolgsdeutung in einer Kohorte ehemaliger Gymnasiasten zwischen 16 und 43 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2001 Gedruckt auf săurefreiem und alterungsbestăndigem Papier. Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme ISBN 978-3-8100-3286-7 ISBN 978-3-663-09269-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-09269-8 © 2001 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprlinglich erschienen bei Leske + Budrich, Opladen 2001 Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschUtzt. Jede Yerwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulăssig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfâltigungen, Dbersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Yerarbeitung in elektronischen Systemen. lnhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................... 7 Kapitel 1: Einleitung: Erwachsenwerden als Ubergang von Identitătsbildung zu Identitătswahrung ( Heiner Meulemann) .................. 11 Teil 1: Berufserfolg Kapitel 2: "Mein Auto, mein Haus, meine Bank" (Werner Hemsing und Jărg Otto Hellwig) ............................................... 35 Kapitel 3: Identităt im Berufsleben von Mănnern und Frauen (Klaus Birkelbach) ................................................................................... 63 Kapitel 4: Berufswelt und Familienbildung. Zur Abhăngigkeit privater von beruflichen Entscheidungen (Jărg Otto Hellwig) ............................... 103 Teil II: Privater Lebenserfolg Kapitel5: Zwischen Wunsch und Kind (Jărg Otto Hellwig) ................... 127 Kapitel6: Die kleine Scheidung (Jărg Otto Hellwig) .............................. 145 Teil III: Lebenslauf und Lebenszufriedenheit Kapitel 7: Das Leben ist das Privatleben. Die Zentralităt von Privatleben und Beruf im Ubergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen ( Heiner Meulemann) .......................................................... 163 Kapitel 8: Zentralităt von Lebensbereichen und Zufriedenheit mit dem Leben (Heiner Meulemann) ....................................................... 195 Kapitel 9: Lebenszufriedenheit vom Ende der Jugend bis zum mittleren Erwachsenenalter (Heiner Meulemann) ................................................... 215 6 1n haltsverzeich nis Kapitel 10: Das Doppelgesicht der Nichterwerbstătigkeit ( Heiner Meulemann und lărg Otto Hellwig) ........................................... 233 Teil IV: Lebenserfolg und Erfolgsdeutung Kapitel 11: Selbstdefinitionen und Kausalattributionen. Zwei Aspekte der Erfolgsdeutung im Lebenslauf ( Heiner Meulemann) ......................... 259 Kapitel 12: "Biografizităt" ist das Privileg der Jugend ( Heiner Meulemann und Klaus Birkelbach) ............................................. 269 Kapitel13: Elitebewusstsein (Klaus Birkelbach) ..................................... 291 Kapitel 14: Die Januskopfigkeit elterlicher Statusaspirationen fi.ir ihre Kinder ( Klaus Birkelbach) ....................................................................... 315 Teil V: Lebenslauf und religiose Einstellungen Kapitel 15: Gott stirbt-aber es gibt ein Leben nach dem Tod ( Klaus Birkelbach) ................................................................................... 351 Kapitel 16: Stabilităt und Wandel praktizierter Kirchlichkeit zwischen dem 30. und dem 43. Lebensjahr ( Klaus Birkelbach) ............. 381 Kapitel 17: Ri.ickblick: Identitătswahrung und Lebensmitte ( Heiner Meulemann) ................................................................................ 407 Literaturverzeichnis ................................................................................. 415 Vorwort Das vorliegende Buch ist die geki.irzte Fassung des Endberichts des For schungsprojekts ,,Lebenserfolg und Erfolgsdeutung im fri.ihen Erwachsenenal ter" (Birkelbach et al. 1998; 2000), das eine Kohorte ehemaliger Gymnasias ten vom 16. bis zum 43. Lebensjahr verfolgt. Der Ubergang von der Jugend zum Erwachsenenleben wird an Entschei dungen in Beruf und Familie und ihrer Deutung als Erfolg oder Misserfolg empirisch fassbar; und er lăsst sich als Dbergang von der Identitătsbildung zur Identitătswahrung verstehen. Dieses Buch will einerseits eine Bestandsauf nahme der Ubergănge des berutlichen und privaten Lebens und ihrer Deutung als Lebenserfolg bieten, anderseits die Analysen des Untersuchungsberichts auswăhlen, die in Lebenserfolg und Erfolgsdeutung zwischen Jugend und Le bensmitte den Ubergang von der Identitătsbildung zur Identitătswahrung sichtbar machen. Deshalb wurden alle Darstellungen des Lebenserfolgs und der Erfolgsdeutung, die auf das Begriffspaar Identitătsbildung und Identi tătswahrung ausdri.icklich Bezug nehmen, in das Buch aufgenommen; aber nicht alle Kapitel des Buches sprechen direkt zu diesem Begriffspaar. Einige Kapitel sind teilweise schon in sozialwissenschaftlichen Zeitschriften verăf fentlicht worden; das gilt fi.ir die Kapitel 4 und 6 (Hellwig 2001b, 2001c), 11 (Meulemann 2001b) und 15 (Birkelbach 2001). Auf der anderen Seite finden sich Analysen zu weiteren Themen in den Ergebnisberichten zur ersten (Bir kelbach et al. 1998) und zweiten Projektphase (Birkelbach et al. 2000), in zwei Dissertationen (Hellwig 2001a; Hemsing 2001) oder sind in sozialwis senschaftlichen Zeitschriften publiziert (Birkelbach 1999; Meulemann!Birkel bach 2001; Meulemann 2001a). Die Daten des Projekts sowie alle Projektbe richte sind am Zentralarchiv fi.ir Empirische Sozialforschung erhăltlich. Ein Projekt, das den Lebenslauf einer Kohorte liber fast drei Jahrzehnte verfolgt, hat seine eigene Geschichte. Zeiten der Planung und der Auswertung 8 Vorwort inbegriffen, ist die Laufzeit des Projekts lănger als der untersuchte Lebens lauf. Die Erstbefragung wurde 1968 geplant und 196911970 mit Forderung des Landes Nordrhein-Westfalen unter Leitung von Rene Konig von Michael Klein, Hans-Joachim Hummell, Maria Wieken-Mayser und Rolf Ziegler durchgefiihrt. Die Wiederbefragungen wăren nicht moglich gewesen ohne die Voraussicht von Rolf Ziegler, der die Adressen der Eltern der Gymnasiasten aufbewahrt hatte. Die erste Wiederbefragung wurde von der Deutschen For schungsgemeinschaft drei Jahre gefordert. Projektleiter waren Hans-Joachim Hummell, Heiner Meulemann, Maria Wieken-Mayser und Rolf Ziegler; Pro jektmitarbeiter war Wilhelm Wiese. Zusătzlich zur Erhebung hat die Deut sche Forschungsgemeinschaft eine zweijăhrige Auswertungsphase finanziert, die von Heiner Meulemann geleitet wurde und in der Stefan Blaneck und Klaus Birkelbach gearbeitet haben. Das Projekt wurde vom Zentralarchiv fi.ir Empirische Sozialforschung der Universităt zu Koln institutionell getragen. Die Feldarbeit wurde von GET AS-Institut Bremen durchgefi.ihrt. Die zweite Wiederbefragung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft drei Jah re gefordert. Sie wurde von Heiner Meulemann beantragt und gemeinsam mit Klaus Birkelbach und Jorg-Otto Hellwig als Projektmitarbeiter und Werner Hemsing als Mitarbeiter des Instituts fi.ir Angewandte Sozialforschung durch gefi.ihrt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat das CAT I-Labor fiir die Compu tergesti.itzten Telefonbefragungen finanziert. Das Projekt wurde vom Institut fiir Angewandte Sozialforschung der Universităt zu Koln institutionell getra gen. Die Feldarbeit wurde vom Projektteam geleitet und von Studenten der Universităt zu Koln durchgefi.ihrt. Die Projektgeschichte ist also zugleich eine Geschichte der Projektfărde rung durch Institutionen und Personen, denen wir sehr herzlich danken. Wir danken den Autoren der Primărerhebung, die uns den Datensatz zur Verfi.i gung gestellt und wăhrend der weiteren Projektlaufzeit mit Rat und Tat unter sti.itzt haben. Wir danken dem Land Nordrhein-Westfalen, das die Primărer hebung und das Labor fi.ir die telefonische Befragung finanziert hat. Wir dan ken der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die den Lowenanteil der Perso nal- und Sachkosten des Projekts liber insgesamt neun Jahre finanziert hat, und Dipl.-Soz. Helga Hoppe, die das Projekt mit Engagement betreut hat. Wir danken dem Zentralarchiv fi.ir Empirische Sozialforschung, an dem die erste Wiederbefragung lange Jahre beheimatet war und von dem das gesamte Pro jekt viei personliche und sachliche Untersti.itzung erfahren hat; insbesondere gilt unser Dank dem fri.iheren Direktor, Prof. Dr. Erwin K. Scheuch, und dem Geschăftsfi.ihrer, Dipl.-Kfm. Ekkehard Mochmann, die die Wiederbefragung von Anfang an mit Sympathie begleitet und untersti.itzt haben. Wir danken dem Geschăftsfi.ihrer des Instituts fi.ir Angewandte Sozialforschung, Dipl. Vw. Karl-Wilhelm Gri.imer, der uns viele Arbeiten der Projektverwaltung ab genommen hat, die- angefangen von der Einrichtung des CATI-Labors bis zur Personalverwaltung der studentischen Interviewer - i.iber den i.iblichen Vorwort 9 Rahmen hinausgingen, und Lorenz Grăf, der uns bei der Planung und Ein richtung des CAT I-Labors seine auBerordentliche Expertise zur Verfligung gestellt hat. Nicht zuletzt danken wir den studentischen Hilfskrăften Dina Bartel, Jochen Hirschle, Christian Loschelder, Dagmar MeiBner und Arne Uhlendorff, die uns bei den umfangreichen Arbeiten der Datei-, Text- und Tabellenerstellung geholfen haben. Wir wlirden uns freuen, wenn dieses Buch auch bei einigen der Befragten ankommt, ohne deren kontinuierliche Mitarbeit das Projekt ja nicht hătte durchgeflihrt werden konnen. Wir waren mit ihnen seit 1984 in Distanz ver traut; wir haben Lebensgeschichten verfolgt, ohne Personen kennen zu lernen. Wie flir jede Sozialforschung sind und bleiben auch flir uns Zusammenhănge in Gruppen der alleinige Gegenstand. Aber wenn man die Lebenslăufe einer Kohorte liber mehr als zwei Jahrzehnte verfolgt, muss man oft Entwicklungen und Konfigurationen in kleinen Untergruppen, ja ftir einzelne Fălle betrachten - sei es um fehlerhafte Verschllisselungen der Daten zu korrigieren, sei es um bestimmte Zusammenhănge zu verstehen. Aus der Konfiguration von Daten taucht so das Profil von Personen auf. Selbstverstăndlich bleiben die Personen auch dann anonym. Die Distanz zwischen Daten und Forschern kann und soli nicht aufgehoben werden. Aber liber sie lăsst sich von unserer Seite wenig stens insoweit eine Brlicke schlagen, als wir allen Befragten, die auf diese Zeilen stoBen, daftir danken wollen, dass sie uns mit ihrer Auskunftsbereit schaft in der ersten und zweiten Wiederbefragung unterstlitzt haben. Kăln, Februar 2001 Kapitel 1: Einleitung: Erwachsenwerden als Obergang von ldentitatsbildung zu ldentitatswahrung Heiner Meulemann Der Lebenslauf in modernen Gesellschaften folgt den Linien des Berufs und der Familie und wechselt zwischen den Ebenen des Handelns und Reflektie rens. Und er durchschreitet sozial und kulturell definierte Lebensphasen: Am Anfang stehen Kindheit und Jugend, am Ende das Alter. Dazwischen steht das Erwachsenenleben. Aber das Erwachsenenleben ist keine Lebensphase wie Kindheit ader Jugend. Es ist .,das Leben" jenseits des Schutz- und Schon raums ,.der Schule"; nachdem die identitătsprăgenden Institutionen durchlau fen sind, muss die Individualităt hervortreten, sich vor sich selber bewăhren und vor anderen profilieren. Die Grenze zwischen der Jugend und "dem Le ben" ist tlie13end, aber nicht unbegrenzt dehnbar. Der Schutz- und Schonraum von Jugend und Schule kann schon im zweiten Lebensjahrzehnt verlassen werden, aber spătestens im vierten muss man im Leben angekommen sein. Welche Entscheidungen werden vom Ende der Jugend bis zum mittleren Er wachsenenalter getroffen, um auf den vorgezeichneten Bahnen von Ausbil dung und Beruf, Partnerschaft und Elternschaft zum "eigenen Leben" zu kommen? Wie werden solche Entscheidungen verarbeitet und interpretiert? Beide Fragen untersucht dieses Buch. Es bezieht sich auf eine Kohorte ehemaliger Gymnasiasten, deren Lebens geschichte im 16., 30. und 43. Lebensjahr 1969, 1984 und 1997 erfragt wurde. Es schliel3t an bereits erschienene Publikationen an, die den Ubergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen bis ins 30. Lebensjahr verfolgt haben (Meu lemann 1995; Birkelbach 1998a), und setzt sie bis zum 43. Lebensjahr fort. Im Allgemeinen gilt das 30. Lebensjahr als eine konventionelle Obergrenze der Jugendzeit, es ist ein letzter Aufruf ftir den Zug ins Erwachsenenleben. Aber eine durch Schule und Studium privilegierte Kohorte hatte sowohl die Chancen wie die Mittel, die Jugend bis ins dritte Lebensjahrzehnt und dartiber hinaus auszudehnen. Viele der ehemaligen Gymnasiasten haben im 30. Le-