Jürgen Thomas · Thomas Gemming Analytische Transmissions- elektronenmikroskopie Eine Einführung für den Praktiker 123 Analytische Transmissionselektronenmikroskopie (cid:2) Jürgen Thomas Thomas Gemming Analytische Transmissions- elektronenmikroskopie Eine Einführung für den Praktiker JürgenThomas ThomasGemming Mikro-undNanostrukturen Mikro-undNanostrukturen IFWDresden IFWDresden Dresden,Deutschland Dresden,Deutschland ISBN978-3-7091-1439-1 ISBN978-3-7091-1440-7(eBook) DOI10.1007/978-3-7091-1440-7 Springer Wien Heidelberg New York Dordrecht London DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. ©Springer-VerlagWien2013 DiesesWerkeinschließlichallerseinerTeileisturheberrechtlichgeschützt.JedeVerwertung,dienicht ausdrücklichvomUrheberrechtsgesetzzugelassenist,bedarfdervorherigenZustimmungdesVerlags. DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen,Bearbeitungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungenund dieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen. DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesemWerkbe- rechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,dasssolcheNamenimSinneder Warenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenunddahervonjedermann benutztwerdendürften. GedrucktaufsäurefreiemundchlorfreigebleichtemPapier. SpringeristTeilderFachverlagsgruppeSpringerScience+BusinessMedia www.springer.com Vorwort Wozu brauchen wir eigentlich ein Durchstrahlungselektronenmikroskop (englisch: Transmission Electron Microscope, „eingedeutscht“: Transmissionselektronenmi- kroskop)? Es ist teuer in der Anschaffung, verursacht hohe Betriebskosten, liefert teilweise schwer verständliche Daten, die auch noch falsch gedeutet werden kön- nen, und erfordert womöglich Spezialisten und - damit verbunden - zusätzliche Lohnkosten. Andererseits ist es ein Mikroskop, d.h. es liefert als Ergebnis vergrößerte Bil- der, und Bilder braucht man nur anzusehen, da gibt es doch scheinbar keine Ver- ständnisprobleme. Wozu also auch noch ein neues Buch zu diesem Thema? Goethe: „Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn.“ [0.1] Die analytische Transmissionselektronenmikroskopie umfasst aber nicht allein die mikroskopische Abbildung. Elektronenbeugung und chemische Analyse mit speziellen Spektrometern für Röntgenstrahlung und Energieverluste der Elektro- nen gehören ebenfalls dazu. Das analytische Transmissionselektronenmikroskop vereint vier anspruchsvolle Methoden: Elektronenmikroskopische Abbildung, Elektronenbeugung, Analyse charakteristischer Röntgenstrahlung und Elektronen- energieverlust-Analyse. Für jede dieser Methoden gibt es Spezialisten, trotzdem sollte der Experimentator einen Überblick über alle Möglichkeiten der analyti- schen Transmissionselektronenmikroskopie haben. Er sollte sie sowohl hinsicht- lich der Gerätebedienung beherrschen als auch mit den Grundsätzen der Inter- pretation der Messergebnisse vertraut sein. Diesen Überblick soll dieses Buch verschaffen. Die Idee dazu ist uns während der Arbeit in unserem elektronenmikroskopischen Labor des Leibniz-Institutes für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden gekommen. Bei der Unter- richtung von Studenten der Werkstoffwissenschaft sowohl in Vorlesungen als auch in Praktika zur analytischen Transmissionselektronenmikroskopie sowie beim Anlernen von Diplomanden, Doktoranden und Technikern am Elektronen- mikroskop haben wir Erfahrungen gesammelt, einerseits hinsichtlich häufig ge- stellter Fragen und besonderer Probleme des Anfängers, andererseits aber auch hinsichtlich der didaktischen Vorgehensweise beim Erklären der Funktionsweise des Transmissionselektronenmikroskops und der praktischen Arbeit daran. Diese Erfahrungen sollen in dieses Buch einfließen. Es wendet sich insbeson- dere an Personen, die an einem Transmissionselektronenmikroskop arbeiten wol- len oder müssen, aber noch keine ausgebildeten Elektronenmikroskopiker sind. Servicetechnikern soll es helfen, den Überblick über die Grundlagen der von ihnen gewarteten Geräte zu behalten. Das Buch soll aber auch unterhaltsam sein, um möglicherweise auch bei Außenstehenden das Interesse an der Elektronenmikro- skopie zu wecken. 2 Vorwort Schwerpunkte werden Erklärungen anhand einfacher Modellvorstellungen und Hinweise zur praktischen elektronenmikroskopischen Arbeit sein. Bereits die Ka- pitelüberschriften deuten auf dieses Anliegen hin. Dies unterscheidet dieses Buch von anderen Einführungen in die Elektronenmikroskopie. Wir versuchen, auf Er- klärungen, die allein auf mathematischen Formalismen beruhen, weitgehend zu verzichten. In diesem Zusammenhang sei eine allgemeine Bemerkung zu Modellvorstel- lungen gestattet: Im Buch sprechen wir manchmal von Elektronen als Teilchen, manchmal als Wellen. Oder die Position der Probe im Elektronenmikroskop: Manchmal zeichnen wir die Probe außerhalb des Objektivs, manchmal inmitten des magnetischen Feldes des Objektivs. Der eine oder andere Leser wird darin einen Widerspruch sehen. Es ist aber kein Widerspruch sondern die Eigenart von Modellen, die dazu dienen, spezielle Sachverhalte zu erklären. Je nach experimen- teller Anordnung beobachten wir einerseits den Teilchen- und andererseits den Wellencharakter der Elektronen. Oder: Zur Erklärung der mehrstufigen Abbildung im Elektronenmikroskop zeichnen wir die Probe außerhalb des Magnetfeldes, weil die genaue Elektronenbahn innerhalb der Linse in diesem Fall keine Rolle spielt. Es ist nur wichtig, wie die Bahn außerhalb der Linse verläuft. Wenn wir aber dis- kutieren, welche Probleme magnetische Proben bereiten, spielt natürlich die di- rekte Wechselwirkung mit dem Magnetfeld des Objektivs eine Rolle, und unser Modell muss anders angelegt sein. Die Modelle sollen so einfach wie möglich und nur so kompliziert wie unbedingt nötig sein. Ungeachtet des Versuchs plausibler Erklärungen lassen sich manche Zusam- menhänge mit Hilfe der Mathematik besser verstehen. Für quantitative Angaben werden Formeln benötigt. Besonders das letzte Kapitel 10 nimmt darauf Rück- sicht. Dort sind einige Grundlagen noch einmal näher erklärt, gegebenenfalls wird im laufenden Text auf solche vertiefenden Abschnitte hingewiesen. Vereinzelt tauchen auch in den vorhergehenden Kapiteln bereits Gleichungen auf, die beispielsweise Elemente der Infinitesimalrechnung, wie Differentiale und Integra- le, enthalten. Bei Definitionen und physikalischen Grundlagen ist dies mitunter notwendig. Dies sollte den Leser nicht davon abhalten weiterzulesen, selbst wenn ihm die eine oder andere Gleichung unverständlich erscheint. Für den Spezialisten kann das Kapitel 10 den Griff zu einem Fachbuch über die Spezialgebiete der Elektronenmikroskopie allerdings nicht ersetzen. Einige Vor- schläge für solche Bücher haben wir in den Literaturhinweisen am Ende dieses Buches aufgeschrieben. Schließlich möchten wir uns bedanken: Bei unseren Lehrern, Freunden und Kollegen, die uns an die Elektronenmikroskopie herangeführt oder später die Ar- beit an modernen Geräten ermöglicht haben. Einige Namen möchten wir nennen: Prof. Alfred Recknagel, Dr. Hans-Dietrich Bauer und Prof. Klaus Wetzig in Dresden sowie Prof. Manfred Rühle, Prof. Frank Ernst, Dr. Günter Möbus und Prof. Joachim Mayer, die zur fraglichen Zeit am Max-Planck-Institut für Metall- forschung in Stuttgart tätig waren. Vorwort 3 Elektronenmikroskopische Untersuchungen sind nur möglich mit geeignet prä- parierten dünnen Proben. Viele der im Buch gezeigten elektronenmikroskopischen Bilder wären deshalb ohne die sorgfältige Präparation durch Dipl.-Ing. (FH) Birgit Arnold und Dina Lohse nicht vorhanden gewesen. Mit Prof. Josef Zweck aus Regensburg und Prof. Klaus Wetzig aus Dresden ha- ben wir bereits in einem frühen Stadium über unser Buchprojekt gesprochen. Sie haben uns in unserem Vorhaben bestärkt und durch ihre Fürsprache beim Sprin- ger-Verlag maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses Buch, insbesondere auch in deutscher Sprache, herausgegeben wurde. Dr. Alois Sillaber und B.S. Stephen Soehnlen waren unsere Verhandlungspart- ner beim Springer-Verlag in Wien. Ohne ihr Wohlwollen wäre dieses Buch nicht erschienen. M.A. Nora Thomas hat mit ihren Kenntnissen bei der Auswahl von Zitaten ge- holfen. Bei allen genannten Personen sowie bei denjenigen Dresdner Elektronenmikro- skopikern, die das Buchmanuskript oder Teile davon gelesen und hilfreiche Kor- rekturhinweise gegeben haben, aber auch bei Freunden, Kollegen und Studenten, die uns durch Fragen und Kommentare zum Nachdenken über Sachverhalte anreg- ten, die eigentlich „vollkommen klar“ sind, bedanken wir uns. Goethe: „Alles Gescheite ist schon mal gedacht worden, man muß nur versuchen, es noch einmal zu denken.“ [0.2] Inhalt Vorwort 1 Inhalt 5 1 Wozu dieser Aufwand? 9 1.1 Das Problem mit der Vergrößerung 9 1.2 Das Auflösungsvermögen 10 1.3 Elektronenwellen 14 1.4 Die Bedeutung der Vergrößerung 16 2 Was wir über Elektronenoptik und den Aufbau eines Elektronenmikroskops wissen sollten 19 2.1 Das Prinzip der mehrstufigen Abbildung 19 2.2 Rotationssymmetrische magnetische Felder als Elektronenlinsen 20 2.3 Abbildungsfehler 24 2.4 Auflösungsvermögen mit Berücksichtigung des Öffnungsfehlers 28 2.5 Die Elektronenkanone 29 2.6 Der Richtstrahlwert 33 2.7 Wir bauen ein Elektronenmikroskop 36 2.7.1 Das Beleuchtungssystem 37 2.7.2 Das Abbildungssystem 38 2.7.3 Die Probenbühne 39 2.7.4 Die Registrierung des Bildes 41 2.7.5 Das Vakuumsystem 43 2.7.6 Sonstiges 47 3 Wir präparieren elektronentransparente Proben 49 3.1 Wo liegt das Problem? 49 3.2 „Klassische“ Methoden 51 3.3 Schneiden, Schleifen und Ionendünnen 55 3.4 Focused Ion Beam („FIB“) Techniken 60 4 Wir beginnen mit der praktischen Arbeit 65 4.1 Was wir „am Rande“ benötigen 66 4.2 Wir bauen die Probe in den Halter und schleusen diesen ins Mikroskop 67 4.3 Wir überprüfen den (Justage)-Zustand des Mikroskops 69 4.4 Scharfstellen des Bildes – Schärfe und Kontrast 77 4.5 Kontamination und Objektschädigung 78 6 Inhalt 5 Wir schalten um auf Elektronenbeugung 83 5.1 Wieso Beugungsreflexe? 83 5.2 Kristallgitter und Netzebenen 86 5.3 Feinbereichs- und Feinstrahlbeugung 94 5.4 Was können wir aus Feinbereichs-Beugungsmustern lernen? 99 5.4.1 Radien in Ringdiagrammen 100 5.4.2 Auslöschungsregeln 102 5.4.3 Intensitäten der Beugungsreflexe 107 5.4.4 Positionen der Beugungsreflexe in Punktdiagrammen 108 5.4.5 Indizierung der Beugungsreflexe 110 5.5 Kikuchi- und HOLZ-Linien 114 5.6 Amorphe Proben 118 6 Warum sehen wir Kontraste im Bild? 121 6.1 Elastische Streuung der Elektronen in der Probe 121 6.2 Streuabsorptions- und Beugungskontrast 123 6.3 Hell- und Dunkelfeldabbildung 126 6.4 Biegekonturen, Versetzungen und semikohärente Ausscheidungen 129 6.5 Dickenkonturen, Stapelfehler und Zwillinge 135 6.6 Moiré-Muster 139 6.7 Magnetische Domänen: Lorentzmikroskopie 140 7 Wir erhöhen die Vergrößerung 145 7.1 Abbildung von Atomsäulen in Kristallgittern: Phasenkontrast 145 7.2 Kontrastübertragung durch die Objektivlinse 150 7.3 Wellenoptische Deutung des Auflösungsvermögens 153 7.4 Periodische Helligkeitsverteilung in Bildern: Fourieranalyse 155 7.5 Streuabsorptions- und Phasenkontrast 158 7.6 Kontrast bei amorphen Proben 160 7.7 Korrektur des Astigmatismus 163 7.8 Messung des Auflösungsvermögens 164 7.9 Korrektur von Öffnungs- und Farbfehler 166 7.10 Interpretation hochaufgelöster Bilder 169 8 Wir schalten um auf Rastertransmissionselektronenmikroskopie 171 8.1 Was ändert sich elektronenoptisch? 171 8.2 Auflösungsvermögen oder: Wie klein kann die Elektronensonde werden? 173 8.3 Kontrast im rastertransmissionselektronenmikroskopischen Bild 178 8.4 Spezialfall: Weitwinkel-Dunkelfeld-Ringdetektor 181 Inhalt 7 9 Wir nutzen die analytischen Möglichkeiten 183 9.1 Analytische Signale als Folge inelastischer Wechselwirkung 183 9.1.1 Emission von Röntgenstrahlung 183 9.1.2 Energieverluste der Primärelektronen 188 9.2 Energiedispersive Spektroskopie charakteristischer Röntgenstrah- lung („EDXS“) 192 9.2.1 Röntgenspektrometer und Röntgenspektren 192 9.2.2 Qualitative Interpretation der Röntgenspektren 197 9.2.3 Quantifizierung von Röntgenspektren 201 9.2.4 Linienprofile und Elementverteilungsbilder 209 9.3 Elektronenenergieverlust-Spektroskopie („EELS“) 211 9.3.1 Elektronenenergie-Spektrometer 211 9.3.2 Low-Loss und Core-Loss Bereich der Spektren 212 9.3.3 Qualitative Elementanalyse 215 9.3.4 Untergrund und Vielfachstreuung: Anforderungen an die Probe 217 9.3.5 Messung der Probendicke 219 9.3.6 Kantenfeinstruktur: Bindungsanalyse 222 9.3.7 Quantifizierung von Energieverlust-Spektren 225 9.4 Energiegefilterte Abbildung 227 9.5 Vergleich zwischen EDXS und EELS 231 10 Grundlagen genauer erklärt (etwas mehr Mathematik) 233 10.1 Beugung an einer Kante (Huygenssches Prinzip) 233 10.2 Wellenfunktion für Elektronen 234 10.3 Elektronenwellenlänge relativistisch berechnet 239 10.4 Elektronenbahnen in rotationssymmetrischen magnetischen Feldern 241 10.5 Auflösungsvermögen mit Berücksichtigung des Öffnungsfehlers 251 10.6 Schottky-Effekt 252 10.7 Elektrisches Potential in rotationssymmetrischen Elektrodenanordnungen 254 10.8 Laue-Gleichungen und reziprokes Gitter, Ewald-Konstruktion 258 10.9 Kinematisches Modell: Gitterfaktor und Strukturfaktor 270 10.10 Debye-Streuung 278 10.11 Elektronen im Feld einer Zentralkraft 282 10.12 Mittlere freie Weglänge für elastische Streuung 288 10.13 Abstände in Moiré-Mustern 290 10.14 Kontrastübertragungsfunktion 293 10.15 Scherzer-Fokus 302 10.16 Delokalisation 306 10.17 Potential in elektrostatischen Multipolen 310 10.18 Elektronensonde und Abbildungsfehler 313 10.19 Klassischer inelastischer Stoß 319
Description: