Wissenschaftstheorie 22 Wissenschaft und Philosophie Peter Finke Siegfried J. Schmidt Analytische Literaturwissenschaft Peter Finke/Siegfried J. Schmidt (Hrsg.) Analytische literaturwissenschaft Wissenschaftstheorie Wissenschaft und Philosophie Gegründet von Prof. Dr. Simon Moser, Karlsruhe Herausgegeben von Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt, Siegen Dr. Peter Finke, Bielefeld H. Reichenbach, Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie (lieferbar als Band 1 der Hans Reichenbach Gesammelte Werke) 2 R. Wohlgenannt, Was ist Wissenschaft? (vergriffen) 3 S. J. Schmidt, Bedeutung und Begriff (vergriffen) 4 A.-J. Greimas, Strukturale Semantik (vergriffen) 5 B. G. Kusznecov, Von Galilei bis Einstein 6 B. d'Espagnat, Grundprobleme der gegenwärtigen Physik (vergriffen) 7 H. J. Hummel/K. D. Opp, Die Reduzierbarkeit von Soziologie auf Psychologie 8 H. Lenk, Hrsg., Neue Aspekte der Wissenschaftstheorie 9 I. Lakatos/A. Musgrave, Hrsg., Kritik und Erkenntnisfortschritt 10 R. Haller/J. Götschl, Hrsg., Philosophie und Physik' 11 A. Schreiber, Theorie und Rechtfertigung 12 H. F. Spinner, Begründung, Kritik und Rationalität, Band 1 13 P. K. Feyerabend, Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften 14 I. Lakatos, Beweise und Widerlegungen 15 P. Finke, Grundlagen einer linguistischen Theorie 16 W. Balzer/A. Kamlah, Hrsg., Aspekte der physikalischen Begriffsbildung (Skriptum) 17 P. K. Feyerabend, Probleme des Empirismus 18 W. Diederich, Strukturalistische Rekonstruktionen (Skriptum) 19 H. R. Maturana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit 20 W. Balzer, Empirische Theorien: Modelle - Strukturen - Beispiele (Skriptum) 21 H. v. Foerster, Läßt sich Verstehen verstehen? 22 P. Finke/S. J. Schmidt, Analytische Literaturwissenschaft (Skriptum) Peter Finke/Siegfried J. Schmidt (Hrsg.) Analytische Literaturwissenschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Analytische Literaturwissenschaft / Peter Finke; J. Schmidt (Hrsg.). - Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg, 1984. (Wissenschaftstheorie, Wissenschaft und Philosophie; 22) NE: Finke, Peter [Hrsg.]; GT Alle Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 1984 Ursprünglich erschienen bei Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1984. Die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch für Zwecke der Unterrichtsgestaltung, gestattet das Urheberrecht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vereinbart wurden. Im Einzelfall muß über die Zahlung einer Gebühr für die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt für die Vervielfältigung durch alle Verfahren einschließlich Speicherung und jede Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien. ISBN 978-3-528-08571-1 ISBN 978-3-663-14241-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-14241-6 VORWORT Im Spektrum literaturwissenschaftlicher Forschungsansätze erscheinen seit einigen Jahren Konzepte, die sich nicht an hermeneutischen, sondern an ana lytischen Philosophien orientieren, Konzepte, die in einen sich langsam ab zeichnenden Rahmen einer "Analytischen Literaturwissenschaft" geordnet wer den können. Was eine solche "Analytische Literaturwissenschaft" ist, was sie leisten kann und sollte, ist das Thema dcr Beiträge dieses Bandes. An dieser Stelle möchten wir all denen danken, die am Zustandekommen dieses Bandes mitgewirkt haben. Wir danken dem Bielefelder Zentrum für interdiszi plinäre Forschung (ZiF) und seinen Mitarbeitern für die Ausrichtung eines Symposions "Analytische Literaturwissenschaft" vom 1. bis 3.12.1980, das zum Ausgangspunkt dieses Bandes wurde. Wir danken allen Teilnehmern dieses Symposions, insbesondere jenen, deren dortiger Beitrag nicht in diesen Band aufgenommen werden konnte, unter ihnen besonders Jens Ihwe (Amsterdam). Den Beiträgern dieses Bandes danken wir für ihre bereitwillige und konstruktive Mitarbeit, auch dafür, daß alle die Verzögerungen bei der Gesamtherstellung mit Geduld ertragen haben. Sämtliche Beiträge werden hier zum ersten Mal veröffentlicht. Dank für ihre Hilfe schulden wir auch Monika Rieboldt (Bielefeld) und vor allem Monika Traut (Siegen), die die Druckvorlagen dieses Buches mit be währter Zuverlässigkeit geschrieben hat. Dem Verlag Vieweg schließlich dan ken wir für die verständnisvolle Zusammenarbeit. Bielefeld/Siegen, im August 1983 Peter Finke Siegfried J. Schmidt VI INHALTSVERZEICHNIS Vorwort .............•...•..................•..................•..•...•..• V Einleitung .............................•.......•.•......................• 1 Peter Finke KONSTRUKTIVE SELBSTTHEMATISIERUNG Eine metatheoretische Studie zur Linguistik und Literatur- wissenschaft ................•.........•..•......•........................ 9 Harald Fricke ANALYTISCHE LITERATURWISSENSCHAFT UND TRADITIONELLE LITERATURGESCHICHTE ..•.........•...........•.........•..•.••.•.......•.. 41 Achim Barsch EINIGE ÜBERLEGUNGEN ZUM VERHÄLTNIS VON THEORIEN-KONSTRUKTION UND THEORIEN-REKONSTRUKTION IN EINER EMPIRISCH-ANALYTISCHEN LITERATURWISSENSCHAFT .................••..........•......•.............. 56 Oliver R. Scholz FIKTIONALE WELTEN, MÖGLICHE WELTEN UND WEGE DER REFERENZ ................ 70 Manfred Beetz / Gerd Antos DIE NACHGESPIELTE PARTIE. Vorschläge zu einer Theorie der literarischen Produktion . ............... 90 Gerhard Pasternack / Claudia Thom~ ZUM PROBLEM DER LITERARISCHEN SEMANTIK ........................•......•. 142 Cees J. van Rees WIE AUS EINEM LITERARISCHEN WERK EIN MEISTERWERK WIRD. ÜBER DIE DREIFACHE SELEKTION DER LITERATURKRITIK ..•.•...............••. 175 Edmund Nierlich WISSENSCHAFTSTHEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN ZU EINER PRAXISENTFAL- TENDEN EMPIRISCHEN LITERATURWISSENSCHAFT ............••...........••.•.. 203 Siegfried J. Schmidt WERTURTEILE IN DER EMPIRISCHEN LITERATURWISSENSCHAFT: THESEN UND KOMMENTARE ...•.••......•.•••..••.•.•.••.•...•.•............. 240 - 1 - EINLEITUNG Peter Finke und Siegfried J. Schmidt Der Begriff 'Analytische Literaturwissenschaft', der heute noch venig ge bräuchlich ist, soll die Begegnung zweier Disziplinen andeuten: der analy tischen Philosophie und der Literaturwissenschaft. Diese Begegnung ist noch jung und daher kann noch keineswegs abschließend gesagt werden, wie frucht bar sie ist oder langfristig gemacht werden kann. Fruchtbar verspricht diese Begegnung u.E. deshalb zu werden, weil beide, Literaturwissenschaft und analytische Philosophie, sich in Bewegung befin den und ihr Selbstverständnis, ihre Aufgabensteilung und ihre Vorgehensvei sen neu zu konzipieren beginnen. Diese Ansicht mag für manchen Literaturwissenschaftler überraschend klin gen, der zwar die erhebliche innere Diversität seiner Disziplin kennt, oft aber "die analytische Philosophie" für einen monolithischen Block hält: Das aber ist keineswegs der Fall, wenn auch nicht übersehen werden kann, daß die philosophische Orientierung in den verschiedenen Richtungen analyti schen Philosophierens insgesamt sicher einheitlicher ist als in den Rich tungen der Literaturwissenschaft. Was denjenigen Teilbereich analytischen Philosophierens, der sich - qua Wissenschaftstheorie die Analyse der Wissenschaften vorgenommen hat, in besonderer Weise eint, kommt in Deutschland vor allem in den Arbeiten I'on Wolfgang Stegmüller und seinen Schülern zum Ausdruck. Dieses einigende Ho ment ist neben der Aufmerksamkeit für die logischen Strukturen der Wissen schaft die Überzeugung, daß Wissenschaftstheorie weder rein deskriptiv noch rein normativ, aber keineswegs konstruktiv betrieben werden soll, sondern rekonstruktiv. Im strengen Sinne also muß ein analytischer Wissenschafts theoretiker fordern, daß die Wissenschaft, der er sich mit einem logisch metatheoretischen Interesse zuwenden soll oder will, in einem hinreichend entwickelten (Teil-) Zustand vorliegt, um mit der Arbeit beginnen zu kön nen. Wie einige der Beiträge in diesem Band aber zeigen, kann die Begegnung mit der Literaturwissenschaft diese wissenschaftstheoretische Orthodoxie gerade in Frage stellen. Zur Konzeption dieses Bandes In den Gesprächen während des ZiF-Kolloquiums zur Analytischen Literatur wissenschaft ist zweierlei offenkundig geworden: Die aus der hermeneutisch- - 2 - geistesvissenschaftlichen Tradition stammenden Grundlagenpositionen stellen in der gegenwärtigen Literaturwissenschaft zwar noch die Mehrheit, sie be kommen aber zunehmend Konkurrenz durch neue Positionen, die eine andere philosophische Basis akzeptieren. Diese Konkurrenz sollte nach Ansicht der Kolloquiumsteilnehmer nicht in einer militant-monolithischen Kritik an der vergleichsveise traditionellen Mehrheit ausgetragen werden, sondern im Rah men einer offenen Argumentation. Da Ideen und Theorien aus dem Kontext analytischen Philosophierens nicht zum traditionell für angemessen gehaltenen philosophischen Hintergrund der meisten Literaturwissenschaftler gehören, erscheint es uns wichtig, solchen Ansätzen, die im weitesten Sinne unter das Stichwort "Analytische Litera turvissenschaft" subsumiert werden können, im vielstimmigen Konzert der heutigen literaturwissenschaftlichen Grundlagenpositionen mehr als bisher Gehör zu verschaffen. Eine öffentliche Diskussion der Konsequenzen, die sich aus der Hinwendung der Literaturwissenschaft zu analytischen Philoso phien ergeben, ist die notvendige Voraussetzung für die Überprüfung des An spruchs, daß aus dieser Hinwendung ein Gewinn für die Literaturwissenschaft resultieren kann. Gegenüber dieser innovativen Perspektive ist u.E. der Ge sichtspunkt einer abschließenden Ausgereiftheit solcher Neuansätze vorerst noch zveitrangig. Es scheint uns aber wichtig zu betonen, daß diese Neuansätze nicht uniform und nicht singulär sind. Die Bezeichnung "Analytische Literaturwissen schaft" umschließt - ebenso wie die pauschale Redeweise von "Analytischer \Jissenscha ftstheor ie" tatsächlich recht verschiedene Einzelpositionen. \Jir haben darum Wert darauf gelegt, daß dieser Sammelband nicht von einer dieser Positionen allein geprägt wird, sondern gerade diese Diversität zum Ausdruck bringt, damit deutlich wird, daß solche Literaturwissenschaftler, die sich von analytischen Konzepten für ihre eigene literaturwissenschaft liehe Forschung anregen lassen, keineswegs einen festgefügten Block theore tischer Dogmatiker bilden. Aus den Beiträgen wird deutlich werden, daß die Abgrenzungen der verschiedenartigen analytischen Ansätze zur Mehrheitstra dition der Literaturwissenschaft durchaus unscharf sind. Immerhin aber hebt sich - um Wittgensteins Bild noch einmal zu benutzen - aus der gemeinsamen Großfamilie ein durch verwandtschaftliche Ähnlichkeit einigermaßen gut ldentifizierbarer Familienteil heraus. Aus diesen Überlegungen haben wir für die Konzeption dieses Bandes die For derung abgeleitet, daß er vor allem theoretisch orientierte Beiträge ent halten sollte, die dokumentieren, welche Möglichkeiten einzelne - auch und gerade jüngere Forscher heute für eine neue literaturwissenschaftliehe - 3 - Theorie und Praxis sehen, die sich durch Entwicklungen im Bereich der ana lytischen Philosophien anregen läßt. In diesem Rahmen sollte sowohl Platz für generelle grundlagentheoretische Arbeiten als auch für spezielle Un tersuchungen sein, die verschiedene Aspekte an einem Beispiel oder Teil problem demonstrieren. Es ist uns sehr wohl bewußt, daß die Zeitläufte - nicht nur aus wirtschaft lichen, sondern gerade auch aus Gründen einer allgemeinen Theoriemüdigkeit und Neigung zu politischen wie wissenschaftlichen Irrationalismen - für theoretische Grundlagenstudien nicht günstig sind. Wir bedauern diese Theo riemüdigkeit, da sie leicht zu Erstarrung und Nostalgie auch in der Wissen schaft führt. Wir nehmen deshalb bewußt keine Rücksicht auf sie und stellen hierm.it einen Band zur theoretischen Literaturwissenschaft vor. Dies ist, wie gesagt, nicht gleichbedeutend damit, daß in diesem Band ausschließlich auf einem sehr generellen Niveau mit hoher Abstraktheit argumentiert würde. Immerhin sollte aber auch dies möglich sein, da es nach unserer Meinung in der deutschen Literaturwissenschaft ohnehin selten genug praktiziert wird. Zu den einzelnen Beiträgen Die im folgenden wiedergegebenen Beiträge repräsentieren einen wichtigen Teil des Spektrums der Fragen, die gegenwärtig zwischen Literaturwissen schaftlern und analytischen Philosophen zur Debatte stehen: Soll eine Wis senschaftstheorie fachspezifisch oder kann sie nur allgemein sein? Soll eine Wissenschaftstheorie konstruktiv oder rekonstruktiv sein? Wie frucht bar ist eine analytische Orientierung der Literaturwissenschaft im Ver gleich mit ihren hermeneutisch-dialektischen Varianten? Wie kann das Ver hältnis einer analytischen Literaturwissenschaft zur philosophischen wie literaturwissenschaftlichen Tradition bestimmt werden? Gibt es neue Mög lichkeiten, sich im Rahmen analytischer Literaturwissenschaftsansätze mit Wertungen und Relevanzproblemen auseinanderzusetzen? Bei aller Diversität der Ansätze und bei aller Kritik, die die verschiede nen Ansätze - dankenswerterweise schon in den hier vorgelegten Beiträgen - aneinander üben, wird doch eine gemeinsame philosophische Grundorientierung deutlich, die sich zumindest in gemeinsamen philosophischen Vorlieben äußert (wie sie H. Fricke zu Beginn seines Beitrags humorvoll darstellt). Im Eröffnungsbeitrag von P. Finke wird ein grundlegendes Problem behandelt, das in vielen anderen Beiträgen des Bandes wieder aufgegriffen wird: Wie
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