Mathematik Kompakt Christiane Tretter Analysis II Birkhauser MathematikKompakt Herausgegebenvon: MartinBrokate Karl-HeinzHoffmann GötzKersting OtmarScherzer GernotStroth EmoWelzl Die neu konzipierte Lehrbuchreihe Mathematik KompaktisteineReaktionaufdieUmstellungder Diplomstudiengänge in Mathematik zu Bachelor- und Masterabschlüssen. Ähnlich wie die neu- en Studiengänge selbst ist die Reihe modular aufgebaut und als Unterstützung der Dozieren- den sowie als Material zum Selbststudium für Studierende gedacht. Der Umfang eines Bandes orientiert sich an der möglichen Stofffülle einer Vorlesung von zwei Semesterwochenstunden. Der Inhalt greift neue Entwicklungen des Faches auf und bezieht auch die Möglichkeiten der neu- en Medien mit ein. Viele anwendungsrelevante Beispiele geben den Benutzern Übungsmöglich- keiten. Zusätzlich betont die Reihe Bezüge der Einzeldisziplinenuntereinander. MitMathematikKompaktentstehteineReihe,die die neuen Studienstrukturen berücksichtigt und fürDozierendeundStudierendeeinbreitesSpek- trumanWahlmöglichkeitenbereitstellt. Analysis II ChristianeTretter Birkhauser ChristianeTretter UniversitätBern MathematischesInstitut Bern,Schweiz ISBN978-3-0348-0475-2 ISBN978-3-0348-0476-9 (eBook) DOI10.1007/978-3-0348-0476-9 BibliografischeInformationderDeutschenBibliothek DieDeutscheBibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüber<http://dnb.ddb.de>abrufbar. 2010MathematicalSubjectClassification:97Ixx ©SpringerBaselAG2013 DasWerkisturheberrechtlichgeschützt.DiedadurchbegründetenRechte,insbesonderedie desNachdrucks,desVortrags,derEntnahmevonAbbildungenundTabellen,der Funksendung,derMikroverfilmungoderderVervielfältigungaufanderenWegenundder SpeicherunginDatenverarbeitungsanlagen,bleiben,auchbeinurauszugsweiserVerwertung, vorbehalten.EineVervielfältigungdiesesWerkesodervonTeilendiesesWerkesistauchim EinzelfallnurindenGrenzendergesetzlichenBestimmungendesUrheberrechtsgesetzesin derjeweilsgeltendenFassungzulässig.Sieistgrundsätzlichvergütungspflichtig. ZuwiderhandlungenunterliegendenStrafbestimmungendesUrheberrechts. SatzundLayout:Protago-TEX-ProductionGmbH,Berlin,www.ptp-berlin.eu Einbandentwurf:deblik,Berlin GedrucktaufsäurefreiemPapier. SpringerBaselAGistTeilderFachverlagsgruppeSpringerScience+BusinessMedia www.birkhauser-science.com Vorwort ManmussdasUnmöglicheversuchen, umdasMöglichezuerreichen. H.Hesse Dieses Buch ist der zweite Band einer Einführung in die Analysis,die ein möglichst breites,aber dennoch kompaktes Fundament für weiterführendeVorlesungen bieten soll und den kanonischen Stoff einer zweisemestrigen Analysis-Vorlesung abdeckt. Den erstenundschwierigstenSchritt beim Bau diesesFundaments haben Siebereits geschafft,alsSiesichinder„AnalysisI“indiezuAnfangungewohntemathematische Denk-undSprechweiseeingearbeitethaben! Indiesem zweitenBandbauen wirnunauf dasFundament des erstenSemesters auf und festigen dieses gleichzeitig. Viele Definitionen und Sätze aus „Analysis II“ haben wir in Spezialfällen schon in„Analysis I“ [32] kennengelernt. Das Buch gibt jeweilsHinweiseaufdieseZusammenhänge,diezurRückschaueinladenundzueinem besserenVerständnisauchdesStoffsder„AnalysisI“helfen. WieschonderersteBand,sollauchdasvorliegendeBuchStudierendenundDozie- rendenunterdenverändertenStudienbedingungendesBachelorsystems einedirekte VorlesungsvorlagezurVerfügungstellen.Soumfasstauchdie„AnalysisII“nichtmehr undnichtwenigeralsdenStoff,derineinervierstündigenVorlesungbeieinerSeme- sterdauer von 14 Wochen an der Tafel vorgetragen werden kann. Praktisch erprobt wurde diesin insgesamt vierVorlesungen„AnalysisII“ (mit doppelt so vielen Klau- suren) innerhalb von zehn Jahren, davon eine an der Universität Bremen und drei an der Universität Bern, mit Hörern aus Mathematik (mit den unterschiedlichsten Nebenfächern),PhysikundInformatik. NeuindiesemzweitenBandisteinkurzerAbschnittmitTippszurPrüfungsvor- bereitung,dieichauf derGrundlage meinerlangjährigen Erfahrung alsPrüferin mit ganz verschiedenen Studierenden sowie meiner eigenen Erfahrungen als Studentin zusammengestellt habe. Unabhängig davon ist auch das Buch von E.Emmrich und C. Trunk [9] mit dem Titel„Gut vorbereitet in die erste Mathematikklausur“ sehr zu empfehlen, das viele Beispiele von typischenKlausuraufgaben und Musterklausuren mitLösungenenthält. Eswürdemichfreuen,wenndiesesBuchIhnennichtnurhelfenwürde,daszweite Semester und die anstehendenPrüfungen erfolgreich zu bestehen,sondern auch Ihr InteressefürmehrAnalysisweckenwürde.SowieichalsAutorinkönnenauchSievon dervielfältigenAuswahlanAnalysis-BüchernunddenfastunbegrenztenSuchmöglich- keiten im Internetprofitieren.Aneinigen Stellen werdenkonkrete Literaturhinweise gegeben, ansonstenfindensich,wie bei einem Lehrbuch hoffentlich erlaubt, alle be- vi Vorwort nutzten Materialien global im Literaturverzeichnis. Die historischen Fußnoten sind, wie schon im ersten Band, mit Informationen aus der Online-Datenbank [24] und demBuchvonT.Sonar[30]entstanden. Parallel und weiterführend zu diesem Buch sinddie Bücher von O.Forster [13], K.Königsberger [23],H.AmannundJ.Escher [2],H.Heuser [16],W.Kaballo [20], W.Walter[34]undD.Werner[35]zuempfehlen;einzelneThemenwiez.B.Fourier- reihen finden sich auch in den ersten Bänden von O. Forster [12], W. Kaballo [19] undK.Königsberger [22].FürStudierende,diesichschwermitdemAbstraktentun, hatsichdasBuchvonH.Neunzertetal.[27]bewährt.FürNeugierige oderfürspäter eignetsich,außerdenschonimerstenBandempfohlenen fortgeschrittenenBüchern vonW.Rudin[28]undG.Shilov[29],auchdasvonE.HewittundK.Stromberg[18]. Für Studierende der Physik sind die Bücher H.Fischer und H.Kaul [11] sowie von K.MeybergundP.Vachenauer [25,26]eineguteErgänzung,dasieverschiedene Ge- biete der Mathematik gleichzeitig präsentieren und auch fortgeschrittenere Themen wiepartielleDifferentialgleichungenoderFouriertransformationbehandeln. ErwähnenmöchteichauchdasmitneunBänden[8]wohlumfassendsteWerküber AnalysisvonJ.Dieudonne´1,überdasJ.Kellyschrieb„Inbrief,itisabeautifultext“. Auch dieser zweite Band hätte nicht entstehen können ohne die großartige und fortwährende Unterstützung meiner jeweiligen Mitarbeiter und Studenten: Parallel zur Vorlesung in Bremen hat Dr. Dipl.Psych. Ingo Fründ (damals Hörer der Vorle- sung) dieVorlesungsaufzeichnungen in Latex gesetzt.Mein damaliger Doktorand in Bremen,Dr.MarkusWagenhofer,hatdasSkriptredigiertundweiterausgefeilt.InBern hat meine Postdoktorandin Dr.Monika Winklmeier das Skript stetig in eine immer endgültigereFormgebracht.BeidendankeichnebenihremgroßenEngagementauch fürvieleprofessionelleAbbildungen,diedenStoffhoffentlichverständlichermachen. FürdieMithilfebeiKapitel11überDifferentialgleichungengehtmeinDankanmeinen damaligenDoktorandenDr.ChristianWyss.Darüber hinaushabendieStudierenden ausBremenundBernmitdiversenListenvonTippfehlerngeholfen,selbigeaufeinhof- fentlich kleines Maßzureduzieren(ganzwirdeswohlniegelingen!).Schließlich hat meinederzeitigePostdoktorandinDr.AgnesRadldiesesBuchmanuskriptmitgroßem SachverstandKorrekturgelesen.BeiallenBeteiligtenbedankeichmichauchfürwert- volleinhaltlicheDiskussionen! MeinganzbesondererDankgiltauchdemHerausgebergremiumderReihe„Mathe- matikKompakt“undBirkhäuser/SpringerBasel,vorallemFrauDr.BarbaraHellriegel undHerrnDr.ThomasHempfling,fürdasVertrauen,dasSiealleinmichgesetzthaben, undfürdieprofessionelle verlegerische Unterstützung! Bern,07.Juni2012 ChristianeTretter 1JeanDieudonne´,∗1.Juli1906inLille,†29.November1992inParis,französischerMathematiker, deraußerinAnalysisauchinAlgebraischerGeometrie,TopologieundGruppentheoriearbeiteteunddie GruppeBourbakimitbegründete. Inhaltsverzeichnis I TopologischeGrundbegriffe 1 1 Topologie metrischerRäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 3 Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II DifferentialrechnunginRn 25 4 StetigelineareAbbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5 Differenzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 6 PartielleAbleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 7 Rechenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 8 MittelwertsatzundSatzvonTaylor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 9 LokaleExtrema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 III DerSatzüberimpliziteFunktionen 65 10 DieAbleitungderUmkehrfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 11 DerSatzüberimpliziteFunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 12 ParameterabhängigeIntegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 IV GewöhnlicheDifferentialgleichungen 89 13 BeispieleundEinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 14 Existenz-undEindeutigkeitssätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 15 ElementareLösungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 16 LineareDifferentialgleichungssystememitkonstantenKoeffizienten . 111 17 LineareDifferentialgleichungenzweiterOrdnung mitkonstantenKoeffizienten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 18 Fourierreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 19 AnwendungaufdieWellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 V TippszurPrüfungsvorbereitung 137 Literaturverzeichnis 141 Index 145 I Topologische Grundbegriffe Die Konvergenz von Folgen und die Stetigkeit von Funktionen benutzt man zuerst meistnurinRoderCmitdemAbsolutbetrag alsAbstand.Tatsächlichkönnensiein sehr allgemeinen, sog.topologischen Räumen definiertwerden.Indiesem Abschnitt beschränkenwirunsaufRäume,derenTopologie durcheineMetrikerzeugtwird. (cid:2) 1 Topologie metrischer Räume Metrische Räume, die wir bereits in Analysis I kennengelernt haben, sind Mengen miteinerAbstandsfunktion.DerVollständigkeitwegenwiederholenwirdieDefinition (vgl.[32,DefinitionIV.1]). EsseiX einenichtleereMenge.EineMetrikaufX isteineAbbildungd:X×X → DefinitionI.1 [0,∞)mitfolgendenEigenschaften: (i) d(x,y)=0 ⇐⇒ x =y, x,y ∈X, (ii) d(x,y)=d(y,x), x,y ∈X, (Symmetrie) (iii) d(x,y)≤d(x,z)+d(z,y), x,y,z ∈X; (Dreiecksungleichung) (X,d)heißtmetrischerRaumundd(x,y)Abstandvonxundybzgl.derMetrikd. Aus AnalysisI und Linearer Algebra 1 sind uns die Räume R oder C mit der durch denAbsolutbetrag induziertenMetrikd(x,y) = |x−y|oderRn mitdereuklidischen Metrik vertraut.Auf Rn gibt esaber nochandereArten,Abständezumessen,undes gibtauchganzandersartigemetrischeRäume: (i) Rn :=R×R×···×R(n-mal)mitdereuklidischenMetrik: BeispieleI.2 (cid:2)n d(x,y):= (x −y)2, x =(x)n , y =(y)n ∈Rn; i i i i=1 i i=1 i=1 2 I TopologischeGrundbegriffe (ii) Rn :=R×R×···×R(n-mal)mitder„Manhattan“-Metrik: (cid:2)n d(x,y):= |x −y|, x =(x)n , y =(y)n ∈Rn; i i i i=1 i i=1 i=1 (cid:3) 0, x =y, (iii) eineMengeX mitderdiskretenMetrik d(x,y):= 1, x (cid:9)=y. InverschiedenenSituationenkönnenunterschiedlicheMetrikenpraktischsein.Stellen Siesichvor,SiebewegensichinderEbene,einmalauffreiemFeldundeinmalineiner Stadt mit rechwinklig angelegten Straßen. Im ersten Fall können Sie die euklidische Metrik(„Luftlinie“)verwenden,imzweitenFallistsievölligungeeignet! VonunsererVorstellunginR2oderR3geleitetdenkenwirunsKugelnautomatisch rund.Kugelnkannmanauchinallgemeinen metrischenRäumendefinieren,abersie könnendannganzandereFormenhaben: Bezeichnung. Sind(X,d)einmetrischerRaum,x ∈X undr >0,sodefiniere 0 B (x ):={x ∈X: d(x,a)<r}, r 0 K (x ):={x ∈X: d(x,a)≤r}. r 0 ÜberlegenSiesich,wiedieMengenB (x )undK (x )fürdieverschiedenenMetriken r 0 r 0 inBeispielI.2aussehen,undzeichnenSiesieauf(AufgabeI.1)! ImWeiterenseinunimmer(X,d)einmetrischer Raum.Dergrundlegendste Be- griff inderTopologieistdereineroffenenTeilmenge: DefinitionI.3 Sind(X,d)metrischerRaum,A,U ⊂X unda∈X,soheißt (i) U UmgebungvonainX :⇐⇒ ∃" >0: B"(a)⊂U, (ii) ainnererPunktvonAinX :⇐⇒ ∃ UmgebungU vonainX: U ⊂A, (iii) AoffeninX :⇐⇒ jedesa∈AistinnererPunktvonAinX. a a B" (a) B" (a) A U U Abb.1.1: UmgebungeinesPunktesundinnererPunkteinerMenge