197 Anaesthesiologie und Intensivmedizin Anaesthesiology and Intensive Care Medicine vormals "Anaesthesiologie und Wiederbelebung" begIiindet von R. Frey, F. Kern und O. Mayrhofer Herausgeber: H. Bergmann· Linz (Schriftleiter) 1. B. Bruckner· Berlin M. Gemperle . Geneve W. F. Henschel . Bremen O. Mayrhofer . Wien K. MeBmer . Heidelberg K. Peter . Munchen K. Zinganell [Hrsg.] Anaesthesie - historisch gesehen Mit 47 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Dr. med. Klaus Zinganell Chefarzt der Zentralen Abteilung fUr Anasthesie und operative Intensivrnedizin der Stadtischen Kliniken Kassel M6nchebergstraBe 41-43, 0-3500 Kassel Tagung hessischer Anasthesisten am 22. November 1986 in Kassel ISBN-I3: 978-3-540-18208-5 e-ISBN-I3: 978-3-642-72915-7 DOl: 10.1007/978-3-642-72915-7 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Anaesthesie - historisch gesehen / hrsg. von K. Zinganell. - Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo: Springer, 1987 (Anaesthesiologie und Intensivmedizin; 197) NE: Zinganell, Klaus [Hrsg.] Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbeson dere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildun gen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfi1mung oder der Vervielfaltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervieWiltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland yom 9. Sep tember 1965 in der Fassung yom 24. Juni 1985 zulassig. Sie ist grundsatzlich vergiitungs pflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbedingungen des Urheberrechtsgeset zes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1987 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirfen. Produkthaftung: Fiir Angaben iiber Dosierungsanweisungen und Applikationsforrnen kann yom Verlag keine Gewahr iibemommen werden. Derartige Angaben miissen Yom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden. 2119/3140-5432\0 Inhal tsverzeichnis Einfohrung (K. Zinganell) . . . . Geschichte der Inhalationsnarkose (K. Zinganell) 4 Entwicklung der Narkosegeriite (J. Wawersik) . . . . . . .. 21 Geschichte der intravenosen Aniisthesie (M. TschOp und K. H. Weis) . . . . . . . ....... 30 Geschichte der Lokal- und Leitungsaniisthesie (F.-w. Sydow) ................. ........ 38 Geschichte der Thorax- und Kardioaniisthesie (M. Zindler) .................. .... . .. 54 NotJallmedizin im 18. lahrhundert (L. Brandt) ...... 71 Einfluj3 der Einfohrung der Narkose und der Anti bzw. Asepsis auf die Entwicklung der Chirurgie im 19. lahrhundert (H. Haferkamp) . . . . . . . . . . . .. 95 Refe rentenverzeichnis Prof. Dr. med. L. Brandt Klinik fUr Anasthesiologie der Johannes Gutenberg-Universitat, LangenbeckstraBe 1, D-6500 Mainz Dr. med. H. Haferkamp Chirurgische Abteilung des Elisabeth-Krankenhauses, WeinbergstraBe 7, D-3500 Kassel Dr. med. F.-W Sydow Zentrale Abteilung fUr Anasthesie und operative Intensivrnedizin der Stadtischen Kliniken Kassel, MonchebergstraBe 41-43, D-3500 Kassel Dr. med. M. TseMp Institut fUr Anasthesiologie der Universitat Wiirzburg, Josef-Schneider-StraBe 2, D-8700 Wiirzburg Prof. Dr. med. J. Wawersik Direktor der Zentralen Abteilung fUr Anasthesie des Klinikurns der Christian Albrecht-Universitat Kiel, Schwanenweg 21, D-2300 Kiel Prof. Dr. med. K. H. Weis Vorstand des Instituts fUr Anasthesiologie der Universitat Wurzburg, Josef-Schneider-StraBe 2, D-8700 Wurzburg Prof. Dr. med. M. Zindler Direktor des Instituts fUr Anasthesiologie der Universitat Dusseldorf, MoorenstraBe 5, D-4000 Dusseldorf Dr. med. K. Zinganell Chefarzt der Zentralen Abteilung fUr Anasthesie und operative Intensivrnedizin der Stadtischen Kliniken Kassel, MonchebergstraBe 41-43, D-3500 Kassel Einfiihrung K. Zinganell Der Beginn der modernen Anasthesie flillt in die Mitte des 19. lahrhunderts, eines Jahrhunderts, an dessen Anfang die politischen Umwalzungen Napoleons standen, an dessen Ende in Frankreich die Dritte Republik und in Deutschland ein konstitutionel les Kaiserreich bestand. Ein Jahrhundert, in dem die Damptkraft der Menschheit dienstbar gemacht wurde, als 1807 der erste Raddampfer namens "Clermont" auf dem Hudson fuhr, als 1819 die "Savannah" zum ersten Mal unter Dampf und Segel den Atlantik Oberquerte [5], als 1825 Stephenson's "Locomotion No.1" die erste Offentliche Dampfeisenbahn von Darlington nach Stockton zog und die "Ludwigsbahn" am 7. 12. 1835 ihren Verkehr von NOrnberg nach FOrth aufnahm [2]. In diesem 19. Jahrhundert kam sich die Menschheit auch naher durch die Erfindung des ersten brauchbaren Schreibtelegrafen durch Samuel F. B. Morse 1837, der 1843 die erste Telegrafenlinie von Washington nach Baltimore einrichtete und durch die Inbe triebnahme des ersten transatlantischen Kabels 1866 [14]. Dazu trug auch die Erfindung des Telefons durch Reis 1861 bei sowie die weiterge henden Erfindungen des elektromagnetischen Telefons durch Bell 1876, des Kohlen mikrofons durch Edison 1877 und Hughes 1878 [3]. Als Morton mit seiner Athernarkose am 16. 10. 1846 in Boston den AnstoB zur welt weiten Verbreitung der Narkose gab, war die Verbreitung der Nachricht also noch im wesentlichen auf Schiffe und Postkutschen sowie einige schon bestehende Eisenbahn tinien angewiesen. So ist es aus heutiger Sicht umso erstaunlicher, daB es nur etwa 8 Monate dauerte, bis sich die Narkose urn die ganze Welt verbreitet hatte. Am 15. De zember 1846 wurde die erste Athernarkose in Paris [13], am 19. Dezember 1846 in London [6, 7], am 24. Januar 1847 in Erlangen [10] und am 13. Marz 1847 in Finnland [12] gemacht. 1m Juni 1847 hatte sie Kapstadt [8] und auch Australien [9, 11, 15, 17] erreicht. Auch in China wurde schon 1847 Ather zur Narkose verwandt [19]. Ather wurde 1847 im Kaukasus-Krieg [16] und im amerikanisch-mexikanischen Krieg [1, 16] verwendet. Am langsten dauerte es wohl in Japan, wo erst 1855 die erste Athernarkose angewendet wurde [18]. Nachdem das Konzept der Schmerzfreiheit bei chirurgischen Operationen sich so schn~ll verbreitet hatte, begann die Suche nach weiteren, vielleicht besser geeigneten Substanzen und Methoden zur Erzeugung dieser Schmerzfreiheit. Diese anfangs noch ungerichtete und planlose, spater immer gezieltere Suche nach neuen Anasthetika und neuen Methoden hat die Anasthesie innerhalb von 140 Jahren zu dem gemacht, was sie heute ist, ein wissenschaftlich anerkanntes, selbstandiges medizinisches Fachge biet. 2 K. Zinganell Zu den sich zahlreich vermehrenden Inhalationsanasthetika kam die Lokal- und Leitungsanasthesie, kamen die intravenose Narkose sowie die Muskelrelaxanzien. Zu dem ersten Atherapparat Mortons kamen leistungsfahige Narkoseapparate und Nar kosetechniken wie beispielsweise die Intubation und die kunstliche Beatmung, die die Sicherheit der Narkose fur den Patienten immens erhoht haben. Davon profitierte auch die Wiederbelebung im Rahmen der Notfallmedizin. Nach Abkehr von der Natur-Philosophie Mitte des 19. Jahrhunderts hin zur exak ten, beobachtenden, messenden, experimentierenden Naturwissenschaft, hin zur Vir chow'schen Zellularpathologie, zur pathologischen Anatomie und nach Befreiung von den Fesseln des Operationsschmerzes und des Wundbrandes, nahm die Chirurgie in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts einen enormen Aufschwung und kannte bald keine Organtabus mehr, als es in unserem Jahrhundert gelang, auch im Thorax und selbst am Herzen zu operieren. Wie es zu alledem kam, solI hier von Anasthesisten dargestellt werden. Dabei erhe ben diese Beitrage nicht den Anspruch aufVollstandigkeit, dazu ist die Geschichte der Anasthesie zu umfangreich. Mit den vorwiegend pharmakologisch, methodisch und apparativ-technisch ausgerichteten Beitragen hoffe ich, daB der Leser einen guten Ein blick in die interessante Geschichte unseres Faches bekommt. Soweit wie moglich, wurde dabei Wert gelegt auf die Darstellung der deutschen Entwicklung. Zum SchluB wird von einem Chirurgen auf die Bedeutung eingegangen, die die Ein fiihrung der Anasthesie und der Antisepsis - Asepsis auf die Entwicklung der Chirur gie gehabt hat. So moge denn die Beschaftigung mit unserer Geschichte dazu beitragen, zu einem vertieften Selbstverstandnis in beruflicher wie wissenschaftlich-klinischer Hinsicht zu finden. Literatur 1. Aldrete JA, Marron GM, Wright AJ (1984) The first administration of anesthesia in military surge· ry: On occasion of the Mexican-American War. Anesthesiology 61 :585-588 2. Brockhaus Enzyklopiidie (1968) Bd 5, S 341-345. Wiesbaden 3. Brockhaus Enzyklopiidie (1968) Bd 6, S 173. Wiesbaden 4. Brockhaus Enzyklopiidie (1971) Bd 12, S 810. Wiesbaden 5. Brockhaus Enzyklopiidie (1973) Bd 5, S 636. Wiesbaden 6. Ellis RH (1976) The introduction of ether anaesthesia to Great Britain. Anaesthesia 31: 766-777 7. Ellis RH (1977) The introduction of ether anaesthesia to Great Britain. Anaesthesia 32: 197-208 8. 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Tverskoy M (1986) From the history of anesthesia in military surgery. Anesthesiology 64:661 17. Wilson G (1979) The first anaesthetics in New South Wales. Anaesth Intensive Care 7:278-280 18. Yamamura H (1985) History of modern anesthesia in Japan. In: Rupreht J, Lieburg MJ van, Lee JA, Erdmann W (eds) Anaesthesia. Essays on its history. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, pp 217-219 19. Yung S (1985) History of modern Anesthesia in China. In: Rupreht J, Lieburg MJ van, Lee JA, Erdmann W (eds) Anaesthesia. Essays on its history. Springer, Berlin Heidelberg New York To kyo, pp 224-227 Geschichte der Inhalationsnarkose K. Zinganell Unter Inhalationsnarkose verstehen wir die Erzeugung eines Zustandes von Schmerz und BewuBtlosigkeit durch die Inhalation von Gasen oder Dampfen mit entsprechen der anasthetischer Wirkung. Was fUr uns heute selbstverstandlich ist, war Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts neu. Neu war die Inhalation als Weg zur Verabrei chung von Substanzen in den menschlichen Korper. Neu war die Entdeckung der schmerzaufhebenden Wirkung bestimmter Gase und Dampfe und neu war auch, daB jener Zustand der Schmerz- und BewuBtlosigkeit, den Henry Hill Hickman "suspen ded animation" nannte, ein reversibler Zustand ist. Und letztlich waren aBe Gase und Dampfe mit anasthetischer Eigenschaft neu entdeckte Substanzen. Einzige Ausnahme bildet der Schwefelather, den Valerius Cordus als "sfiBes Vitriol" bereits im 16. Jahr hundert synthetisiert und dessen hypnotische und schmerzlindernde Eigenschaft Para celsus, ein Zeitgenosse von Valerius Cordus, beschrieben hatte [56]. Von diesen Neuerungen, die zum Konzept der Inhalationsnarkose gehoren, verdan ken wir Joseph Priestley (1733-1804) gleich zwei. Bei seinen Experimenten und Beob achtungen an verschiedenen Arten von Luft entdeckte er erstens Lachgas und Sauer stoff und empfahl zweitens die Inhalation von Sauerstoff [71, 84]. Aus den Erkenntnissen der Chemiker, wie Priestley, Scheele und Lavoisier, fiber die Verbrennung und die Atmung ausgangs des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die pneumatische Medizin. Sie versuchte mit Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff, spater auch Schwefelather, Erkrankungen der Lunge wie Asthma, Katarrh und Schwindsucht zu behandeln [37, 40]. Ein herausragender Vertreter dieser pneumatischen Medizin war Thomas Beddoes (1760-1808). Er erhielt sein medizinisches Doktor-Diplom in Ox ford, wechselte dann aber von der Medizin in die Chemie. Von 1788-1792 hielt er Vorlesungen fiber Chemie in Oxford. Aber seine radikalen und liberalen Ansichten waren nicht gem gesehen, daher verlieB er Oxford 1793, nachdem er sich fUr die Ideen der franzosischen Revolution in aller Offentlichkeit ausgesprochen hatte. In Clifton bei Bristol erOffnete er 1793 ein pneumatisches Institut mit dem Ziel, die Verwen dungsmoglichkeiten von Gasen in der Medizin naher zu untersuchen [84]. Als Leiter dieses Institutes bestellte er im Marz 1799 den damals 20jahrigen Humphrey Davy (1778-1829). Dieser wahlte als ersten Untersuchungsgegenstand das Lachgas. Inner halb von einem Jahr faBte er seine Untersuchungsergebnisse zusammmen in dem Werk mit dem Titel "Researches, Chemical and Philosophical; chiefly concerning ni trous oxide, or dephlogisticated nitrous air, and its respiration". Von besonderem In teresse ist aus dieser VerOffentlichung der beriihmte Satz - in deutscher Obersetzung -: "Weil das Lachgas bei groBeren Operationen den physischen Schmerz anscheinend vertreibt, kann es wohl mit Vorteil bei chirurgischen Eingriffen ohne groBen Blut verlust benutzt werden" [72]. Geschichte der Inhalationsnarkose 5 Dieser im Jahre 1800 verOffentlichte Vorschlag Davy's blieb auf chirurgischer Seite jedoch unbeachtet. 18 Jahre spater erschien in der Zeitschrift "Quaterly Journal of Science and the Arts" ein Artikel tiber die Wirkung der eingeatmeten Schwefelather dampfe mit der Bemerkung: "Wenn mit Luft gemischter Atherdampf eingeatmet wird, ahnelt die Wirkung sehr der des Lachgases" [40]. Auch dieser Hinweis auf die Anas thesie fand auf chirurgischer Seite keinen Widerhall. Ahnlich erging es auch Henry Hill Hickman (1800-1830), Allgemeinarzt und Chir urg aus Ludlow in England [73]. Er bewies 1824 an Tieren, die er mit Kohlensaure in einen Zustand versetzte, den er "suspended animation" nannte, daB er an dies en Tie ren schmerzlos operieren konnte und diese Tiere aus der Kohlensaurenarkose wieder erwachten. Seine Arbeit fand weder bei der Royal Society in London, deren Prasident inzwischen Humphrey Davy geworden war, noch bei der Franzosischen Akademie der Kunst und Wissenschaft in Paris Interesse. Wenn auch aus heutiger Sicht das verwen dete Gas untauglich war fUr die Anasthesie am Menschen, so war hier doch erstmals das ganze Konzept der Inhalationsnarkose im Tierexperiment erfolgreich demonstriert worden [73]. Statt fUr die Erzeugung von chirurgischer Schmerzfreiheit wurde Lachgas und Ather von Studenten der Chemie zur Gestaltung von Lachgas- und Atherparties verwendet. Aber auch Gegenstand wissenschaftlicher Arbeit war Lachgas weiterhin. 1808 verOf fentlichte W. P. C. Barton, damals Student der Chemie in Philadelphia, eine "Disser tation on the Chymical Properties and Exhilerating Effects of Nitrous Oxide Gas". Darin schreibt er: "Ich bin entschieden der gleichen Meinung wie Mr. Davy, daB dieses Gas die Ei genschaft hat, intensiven physischen Schmerz zu beseitigen" [17]. Lachgas diente auch zur Offentlichen Unterhaltung des Publikums bei Showvorstellun gen. Und es dtirfte wohl bekannt sein, daB bei einer so1chen Offentlichen Vorftihrung von Lachgas durch Gardner Quincey Colton (1814-1898) in Hartford/Connecticut am 10. Dezember 1844 der Zahnarzt Horace Wells (1815-1848) auf die Idee kam, Lachgas konne sich zur Schmerzausschaltung beim Zahneziehen eignen. Denn er beobachtete, wie sich einer der Probanden unter dem EinfluB des Lachgases am Bein verletzte, ohne es zu bemerken oder Schmerzen zu empfinden. Tags darauf lieB sich Wells von Colton Lachgas verabreichen und von seinem Kollegen Riggs schmerzlos einen Weis heitszahn ziehen. Wells fUhrte daraufhin dieses Verfahren in die eigene Praxis ein. Nach vielfacher Erprobung scheiterte er aber bei der Offentlichen Demonstration einer schmerzlosen Zahnextraktion vor den Professoren und Studenten der Harvard Univer sitat in Boston Ende Januar 1845. Vermutlich enthielt sein Beutel zu wenig Lachgas und die Narkose mul3te deshalb zu fruh unterbrochen werden. Jedenfalls schrie der Student auf, dem der Zahn gezogen wurde, Wells wurde ausgelacht und die Lachgas narkose wurde von dem Chirurgen Warren als Humbug deklariert und muBte darauf weitere 18 Jahre auf ihre EinfUhrung warten [40]. Wells se1bst fuhr zunachst fort, Lachgas in seiner Praxis zu verwenden [40]. Nach Garrison soli er nach einem Todesfall seine Praxis aufgegeben haben [22]. Jedenfalls war Wells im Januar 1848 in New York, wo er kostenlos Unterricht fUr Arzte in der Anwendung von Chloroform, Lachgas und Ather zur Betaubung bei Operationen er teilte. Am 24. Januar 1848 nahm er sich das Leben, nachdem er in einem letzten Brief an seine Frau schrieb: "Ich fUhle, daB ich schnell einer geistigen ZerruUung entgegen-