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Alternative Möglichkeiten für die Energiepolitik: Argumente und Kritik PDF

285 Pages·1978·5.974 MB·German
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Wolfgang Lienemann/Ulrich Ratschl Andreas Schuke/Friedhelm Solms (Hrsg.) Alternative Moglichkeiten fur die Energiepolitik Wolfgang Lienemann· Ulrich Ratsch Andreas Schuke . Friedhelm Solms (Hrsg.) Alternative Moglichkeiten fur die Energiepolitik Argumente und Kritik Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Alternative Moglichkeiten fUr die Energiepolitik: Argumente u. Kritik / Wolfgang Lienemann ... (Hrsg.). - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1978. ISBN 978-3-531-11463-7 NE: Lienemann, Wolfgang [Hrsg.] © 1978 Springer Fachmedien Wiesbaden Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Op1aden 1978 Umschlaggestaltung: Ursula und Dieter Gielnik, Wiesbaden Satz: Vieweg, Wiesbaden Alle Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfăltigung (Fotokopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. ISBN 978-3-531-11463-7 ISBN 978-3-322-83864-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-83864-3 Inhalt Vorwort cler Herausgeber ..................................... 7 THESEN Wolfgang Lienemann, Ulrich Ratsch, Andreas Schuke, Friedhelm Solms Alternative Moglichkeiten fUr die Energiepolitik .............. . 11 Einleitung 11 1. Die gegenwartige Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland 16 Die Ziele der offiziellen Energiepolitik ................ . 16 Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen .............. . 17 Szenario 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Diskussion cler gegenwartigen Energiepolitik und ihrer Konsequenzen 23 Diskussion der innen- und augenpolitischen Rahmenbedingungen der gegenwartigen Energiepolitik .......................... 31 IL Notwendigkeit und Prioritaten einer alternativen Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland ................................ 42 III. Umrisse einer alternativen Energiepolitik in der Bundesrepublik Deutschland ......... 49 Ansatze zur rationellen Energienutzung ..... 49 Szenario II ....................................... 52 Diskussion einer alternativen Energiepolitik und ihrer Konsequenzen . 54 Anhang .......................................... 64 1. Abkiirzungen uncl Erlauterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Verzeichnis der Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland 70 3. Anmerkungen .......................................... 72 ARGUMENTE Ulrich Ratsch Energieszenarien ........................................... 75 Roman Bauer Okologische Risiken durch Energieumwandlungsprozesse in Kraftwerken . . . . .. 91 Manfred Fischer Okologische Grenzen und Industriegesellschaft 105 Andreas Schuke Wirtschaftswachstum - Beschăftigung - Energieeinsparung. Bemerkungen zu einem umstrittenen Zusammenhang ..... 119 Hans-Joachim Bieber Die politische Entwicklung der friedlichen Kernenergienutzung in der Bundesrepublik Deutschland .................................. 130 Siegfried de Witt Kernenergie und Rechtsstaat ............................. 146 Wolfgang Lienemann Prognose - Planung Kontrolle. Oberlegungen zum Problem verstărkter Btirgerbeteiligung im Bereich der Energieplanung ................ 157 Friedhelm Solms Das Ende ei ner Illusion. Zur Problematik der Unterscheidung von ziviler und militărischer Nutzung der Atomenergie .......................... 179 Bernhard Moltmann Internationale Nuklearpolitik unter dem Vorzeichen traditioneller Machtpolitik 204 Gerhard Liedke Kernenergie und Schopfungsauftrag 215 KRITlKEN Friedrich-Karl Boese / Hermann Henssen Kommentare zur Studie "Alternative Moglichkeiten ftir die Energiepolitik" der Forschungsstătte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FESt). . . . . . 227 Wolf Hafele Stellungnahme zu der von der Forschungsstătte der Evangelischen Studien gemeinschaft vorgelegten Schrift: "Alternative Moglichkeiten fUr die Energiepolitik" ....................................... 239 Otto Kimminich Stellungnahme zur Studie "Alternative Moglichkeiten ftir die Energiepolitik" 243 Heinz-Jiirgen Schiirmann Grundlagen einer marktwirtschaftlich orientierten Energiepolitik als Kontrastprogramm ................................ . .. 256 Dieter Smidt Stellungnahme zur Studie "Alternative Moglichkeiten ftir die Energiepolitik" der Forschungsstătte der Evangelischen Studiengemeinschaft ........... 276 Autorenverzeichnis 285 Vorwort Seit der Debatte iiber die Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik Deutschland und den Auseinandersetzungen iiber die Notstandsgesetze hat es in diesem Lande kein Thema gegeben, iiber das so erbittert gestritten worden ist und weiter gestritten wird wie iiber das Problem der langfristigen Energieversorgung. Der Dissens iiber die Rolle, die der Kernenergie in diesem Zusammenhang zukommt, geht quer durch alle Parteien und gesellschaftlichen Gruppen. Er hat auch die Wissenschaften nicht unangetastet ge lassen. Sie haben nicht verhindern k6nnen, daG beide Seiten unter oft bedenkenloser Verwendung wissenschaftlicher Argumente ihre jeweiligen Positionen vertreten; denn Befiirworter wie Gegner der Kernenergie finden sich heute in jeder Fachwissenschaft. Das gilt selbst fUr die Naturwissenschaften. Friiher als andere gesellschaftliche Gruppen sind die Kirchen, ob sie es nun wollten oder nicht, in diese Auseinandersetzung hinein gezogen worden. Viele Gemeindemitglieder und auch pfarrer haben sich auf die Seite von Biirgerinitiativen gestellt, die sich gegen den Bau weiterer Kernkraftwerke wenden. In dieser Situation, die geprăgt war von einer kaum zu iiberbriickenden Polarisierung der Gesellschaft, wachsendem Zweifel an der Unabhăngigkeit wissenschaftlichen Sach verstandes und einem unausweichlich gewordenen politischen Entscheidungsdruck wandte sich Ende 1975 die Evangelische Landeskirche in Baden an die Forschungs stătte der Evangelischen Studiengemeinschaft (F.E.St.) mit der Bitte um ein wissen schaftliches Gutachten zur Energieproblematik. Entsprechend der satzungsgemăGen Aufgabe des Instituts haben daraufhin Vorstand, wissenschaftliches Kuratorium und Kollegium der FEST gemeinsam beschlossen, dieser Anfrage zu entsprechen und ein Projekt durchzufUhren, das die wissenschaftlichen Grundlagen fiir ein solches Gutach ten erarbeiten sollte. Trăger der mehr als fiinfzehnmonatigen Forschungsarbeit war ein interdisziplinăr zusammengesetzter Kreis von 25 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Fachrichtungen. Dazu geh6rten neben den beteiligten Mitgliedern des Kollegiums der F .E.St. 12 Mitarbeiter aus Instituten und Institutionen, zu denen die F.E.St. seit langem stăndige Arbeitskontakte unterhălt und die fachwissenschaftlich auf dem Energiesektor tătig sind. Ohne deren umfassende Sachkompetenz und spon tane Bereitschaft, fiir die Laufzeit des Projekts zum Teil unentgeltlich feste Arbeits verpflichtungen zu iibernehmen, hătte das Projekt schon wegen der komplexen Pro blemlage und der Heterogenităt der zu beriicksichtigenden Forschungsergebnisse nicht durchgefiihrt werden k6nnen. Es erwies sich als sachlich notwendig, dariiber hinaus zu thematisch zentralen Fragestellungen der Energieproblematik Konsultationen durch zufUhren, zu denen aus dem In- und Ausland jeweils Experten aus Wissenschaft, Wirt schaft und Verwaltung mit m6glichst unterschiedlichen Standpunkten eingeladen wurden. Diese Kosultationen hatten in der Regel die Form eines Hearings und dienten 8 Vorwort der Herausgeber vor allem der kritischen Prlifung dessen, was in der energiepolitischen Diskussion wis senschaftlich gesichert und was offen oder kontrovers ist. Daneben gab es zahlreiche Einzelgesprăche mit Fachleuten liber Detailfragen. Das Ergebnis dieser Arbeit war ein Gutachten, das im Mai 1977 in den "Texten und Materialien der Forschungsstătte der Evangelischen Studiengemeinschaft, Reihe A, Nr. 1" der bffentlichkeit vorgelegt wurde. Seit dem Frlihjahr 1977 lassen sich indes Korrekturen an der bisher verfolgten Ener giepolitik beobachten. Die noch Mitte der 70er Jahre vorgelegten Prognosen liber die mutma~liche Entwicklung des Energiebedarfs der Bundesrepublik Deutschland sind alle erheblich nach unten korrigiert worden. Dazu haben gewi~ auch die bescheidene ren Erwartungen hinsichtlich des klinftigen Wirtschaftswachstums beigetragen. Ebenso aber spiegelt sich darin die wachsende Einsicht, da~ die Anstrengungen zur Ausschopfung aller Potentiale des Energiesparens Priorităt verdienen. Die Bundesre gierung legt zwar ihrer Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms vom 14.12.1977 nach wie vor die quantitativen Abschătzungen ihrer "Grundlinien und Eckwerte" vom 23.3.1977 zugrunde, aber sie bekennt sich in der Formulierung ihrer Priorităten zu der Aufgabe, "den langfristigen Zuwachs der Energienachfrage zu verringern" (Tz. 4). Dieser Kurs wurde wohl nicht zuletzt unter dem Eindruck der Fachkonferenz der SPD im April 1977 zum Thema "Energie ~ Beschăftigung ~ Lebensqualităt" einge schlagen. Man kann beobachten, da~ die Einsicht in die Notwendigkeit langfristigen Energie Nullwachstums und "stabiler" Energieszenarien allmăhlich wăchst. Nahezu unvermit telt steht daneben aber die Unfăhigkeit der Wirtschaftspolitik, den konjunkturellen Krisenerscheinungen anders zu begegnen als mit den alten Rezepten der Politik des Wirtschaftswachstums. Eine Energiepolitik, die vor allem den kurzfristigen Zielen des wirtschaftspolitischen Krisenmanagement dient, mu~ aber angesichts der von ihr not wendig erzeugten Folgeprobleme als hochst fragwiirdig gelten. Es wird in der năchsten Zeit viei davon abhăngen, ob es gelingt, da~ die Gegner im Streit um die klinftige Ener gieversorgung sich dieser Verantwortung nicht entziehen. Weil in dem Gutachten der F .E.St. gerade diese langfristigen Probleme dargestellt und zur Diskussion gestellt wer den soli ten, verdienen die einzelnen Argumente auch heute noch unverminderte Beach tung. Eine liberarbeitete Fassung der Einleitung und der Teile I~III dieses Textes, die kritische Anmerkungen und Anregungen wăhrend der ersten Diskussionsphase berlick sichtigt, bildet den ersten Teil dieses Buches. Diese Studie ist mit dem Gutachten der F. E. St. also nicht identisch. Flir sie tragen die Herausgeber, die das Projekt als Team geleitet und koordiniert haben, die alleinige Verantwortung. Der zweite Teil enthălt Einzelstudien zu wichtigen Argumentationen. Die Beitrăge sind in ihren Grundzligen wăhrend der Projektarbeit entstanden. Zusammen mit weiteren Studien, die in drei Bănden ebenfalls in den "Texten und Materialien der Evangelischen Studiengemein schaft" erschienen sind, dienen sie der Begrlindung fUr die einzelnen Aussagen des ersten Teils. Den dritten Teil schlie~lich bilden Kritiken von prominenten Energie experten, die auf Bitten der Herausgeber eigens fUr dieses Buch geschrieben worden sind. Sie sind vor Drucklegung zwischen den Autoren und den Herausgebern nicht dis- VOI'Wort der Herausgeber 9 kutiert worden und erscheinen hier in ihrer authentischen Fassung. Darauf im Rahmen dieses Buches noch einmal einzugehen, hielten die Herausgeber aus Griinden der Fair neg und um der Offenheit der Kontroverse willen fUr unangemessen. Allen, die an diesem Projekt und insbesondere an diesem Auswahlband mitgearbei tet, seinen Fortgang durch Anregungen und Kritik gefordert und damit die Veroffent lichung in dieser Form ermoglicht haben, danken die Herausgeber auch an dieser Stelle. Wolfgang Lienemann Ulrich Ratsch Andreas Schuke Friedhelm Solms THESEN Wolfgang Lienemann, Ulrich Ratsch, Andreas Schuke, Friedhelm Solms Alternative Moglichkeiten fur die Energiepolitik Einleitung (1) Die Energieversorgung ist eines der entscheidenden Strukturprobleme aller Staaten wăhrend der letzten J ahrzehnte dieses J ahrhunderts. Ihr kommt zugleich eine zentrale Bedeutung fUr das Verhăltnis zwischen den hochindustrialisierten Lăn­ dern und den Lăndern der Dritten und Vierten Welt zu. Erst in den vergangenen J ahren ist der bffentlichkeit bewugt geworden, dag die Reserven der Erde an fossilen Energietrăgern (Kohle, Erdăl, Erdgas) begrenzt sind. Man hat angefangen zu begrei fen, dag eine bkonomie, die auf einer stăndig wachsenden Ausbeutung dieser Energie trăger beruht, sich selbst zum Kollaps verurteilt. Vor dem blschock des Jahres 1973 hatten die Vălker, die Trăger der wirtschaftlichen Entscheidungen und die Regierun gen diesen einfachen Zusammenhang nahezu vollstăndig verdrăngt. Allmăhlich aber kann man sich nicht mehr der Erkenntnis verschliegen, dag einige privilegierte Lăn­ der natiirliche Ressourcen, die in J ahrmillionen der Erdgeschichte entstanden sind, innerhalb von rund 150 J ahren so schnell verbrauchen, dag die Erschăpfung dieser Vorrăte absehbar ist. Die zunehmende Verknappung von Bodenschătzen, vor allem aber die Begrenztheit der Reserven an fossilen Energietrăgern, treibt die Preise in die Hăhe. Lebensnotwendige Energie wird damit ftir viele Lănder der Dritten und Vier ten Welt unbezahlbar. (2) Die Energiepreissteigerungen der letzten J ahre waren ein verstărkender Faktor in einer weltweiten Wirtschaftskrise, von der auch die Volkswirtschaft der Bundes republik Deutschland aufgrund ihrer starken internationalen Verflechtung und ihrer hohen Abhăngigkeit von Rohstoffimporten betroffen ist. Die mittelbaren Folgen dieser Weltwirtschaftskrise zeigen sich an der erheblich gestiegenen Arbeitslosen quote der vergangenen J ahre, von der niemand weig, ob und wann sie sich verringern Iăgt. Manche erklăren, dag ein kontinuierliches Wachstum des Energieeinsatzes zur Senkung der Arbeitslosigkeit unbedingt erforderlich sei. Diese Behauptung, die in energiepolitischen Diskussionen gerne und hăufig wiederholt wird, ist jedoch keines wegs so stichhaltig, wie sie klingt. In den letzten J ahren jedenfalls hat das Dberange bot an Energie zu einem nennenswerten Abbau der hohen strukturellen Arbeitslosig keit nicht beigetragen. 12 Wolfgang Lienemann u. a. (3) Die Notwendigkeit, in verstarktem MaB Kernenergie einzusetzen, wird von de ren Befiirwortern aus den erwahnten krisenhaften Entwicklungen hergeleitet. Die Begrenztheit an fossilen Energietragern, so wird argumentiert, n6tigt dazu, in gr6Berem Umfang zu Kernenergie als alternativer EnergiequelIe tiberzugehen. Gerade gegen den forcierten Ausbau der Kernenergie aber richtet sich der zum Teil massive Widerstand von Btirgerinitiativen. Ftir sie symbolisiert die Kernenergie die verhangnisvolIen Konse quenzen ei nes ausbeuterischen Umgangs mit der Natur, der sich in der neuzeitlichen Technik ausgebildet hat. In dem verbreiteten Protest gegen den Bau von Kernkraft werken kommt also ein KrisenbewuBtsein zum Ausdruck, das nicht leichthin tiber gangen werden darf. Das Unbehagen vieler Btirger erwachst zum einen aus dem MiB trauen gegentiber einer neuen Energieform, deren m6gliche weitreichenden Folgen ftir die Zukunft der Menschheit ihnen nicht hinreichend durchdacht erscheinen. Diese Energieform stelIt das herausragende Beispiel ftir groBtechnische Systeme dar, die von immer mehr Menschen zunehmend als inhuman erfahren werden. Zum anderen zeigt sich am Protest gegen den Bau weiterer Kernkraftwerke der Unmut an einer Verwal tungspraxis, die dem Anspruch der Btirger auf Mitsprache nicht gerecht wird. Dadurch wachsen Zweifei an der Funktionsfahigkeit des Rechtsstaates. Es wachst eine Staats verdrossenheit, die ftir ein demokratisches Gemeinwesen auf Dauer unertriiglich sein muB. (4) Die Kernenergie unterscheidet sich von anderen GroMormen der Technik dadurch, daB sich bei ihr langfristige Probleme mit besonderer Intensitat stelIen. Dazu geh6ren die Endlagerung der radioaktiven AbfalIe, die besondere GefahrIichkeit des Plutoniums, dessen Radioaktivitat erst nach mehr als 100000 Jahren auf unbe denkliche Werte abklingt, und die Erh6hung der Wahrscheinlichkeit genetischer Scha den, die sich erst nach Generationen zeigen. Man hatte deshalb erwarten mtissen, daB einer Entscheidung ftir den Einsatz dieser EnergiequelIe besonders grtindliche Unter suchungen tiber m6gliche Auswirkungen auf die nattiriiche Umwelt wie auf die GeselI schaft vorausgehen. Dies ist in einem gewissen Umfang in Fachkreisen wohl auch ge schehen. Doch die politischen Entscheidungen kamen keineswegs auf der Basis ein deutiger und einhelIiger wissenschaftlicher Einsichten zustande. Und es wurde ver saumt, die bffentlichkeit tiber den Stand der wissenschaftlichen Kontroverse ange messen zu informieren. Der "Dialog mit den Btirgern" tiber Kernenergie wurde erst gesucht, als diese sich dagegen wehrten, fortwahrend vor volIendete Tatsachen gestelIt zu werden. Kennzeichnend fUr die gegenwartige Situation ist, daB die Auswirkungen der Kernenergie von verschiedenen Wissenschaftlern h6chst unterschiediich beurteilt werden. In jeder Fachwissenschaft finden sich sowohl Befiirworter als auch Gegner der Kernenergie. Beide Gruppen versichern, daB sie tiber fundierte Argumente ftir ihre Beurteilung verfUgen. Dabei tibersehen sie leicht, daB auch jedes wissenschaftliche Urteil von geschichtlichen, sozialen und biographischen Voraussetzungen mitgepragt ist. Eine abstrakte Objektivitat, die unabhangig von den historischen Prozessen und losgeI6st von der Dynamik der GeselIschaft in einem geschichtslosen Vakuum ange siedeit ist, gibt es nicht. Deshalb geh6rt zu jedem Urteil tiber Kernenergie eine Analyse des Standorts, von dem aus gesprochen wird.

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