Karl Wittrock Als kontrolliert wurcle, was tnit clem Taler geschah Unbekanntes aus preuflischer Geschichte von 1713-1866 Westdeutscher Verlag Alle Rechte vorbehalten © 1997 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags un zulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfal tigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Umschlagbild: William Hogarth, Hubridas And The Lawyer Satz: ITS Text und Satz GmbH, Herford Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem Papier ISBN-13: 978-3-531-12660-9 e-JSBN-13: 978-3-322-86873-2 DOl: 10.1007/978-3-322-86873-2 Karl Wittrock Als kontrolliert wurde, was mit dem Taler geschah Teil 1 Finanzkontrolle als Herrschaftsinstrument in der Zeit des Absolutismus Ihre Entwicklung in PreufSen von 1714 -1848 Einleitung .............................................. 11 I. Die Zeit der Griindung und der Konsolidierung der Generalrechenkammer ............................... 13 1. Die Griindung der Generalrechenkammer und ihre Aufgaben ............................................. 13 2. Die Zeit der ersten Bewiihrung ........................ 20 3. Die Fortfiihrung der Reform .......................... 23 4. Von der Generalrechenkammer zur Oberrechenkammer. 25 II. Die Zeit Friedrichs II. ............................... 30 1. Das Selbstverstandnis des Monarchen .................. 30 2. Uber die positiven Entscheidungen Friedrichs II. ....... 34 3. Die Oberrechenkammer - Arbeit und Arbeitsbedingungen ................................... 44 4. Der erste offentliche Streit tiber die Oberrechenkammer 56 III. Die Oberrechenkammer in der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. (1786 -1797) ............................ 60 1. Die Oberrechenkammer als Instrument der Politik ...... 60 2. Die Instruktionen fur die Oberrechenkammer .......... 65 IV, Die vorkonstitutionelle Epoche ...................... 70 1. Uberforderung und Abstieg ........................... 70 2. Die Oberrechnungskammer - neuer Name, Neubeginn. 79 3. Das Intermezzo der Generalkontrolle .................. 84 5 4. Die Instruktion vom 18. Dezember 1824 - Fortschritt mit Folgen ........................................... 88 5. Schulden und Schuldenverwaltung ..................... 94 Teil 2 Finanzkontrolle im entstehenden Verfassungsstaat Parlamentarisches Budgetrecht und Oberrechnungskammer I. Der Weg in den Verfassungsstaat .................... 103 1. Interessenlage und Verfassungen ....................... 103 2. Die Entwicklung in PreuBen .......................... 110 3. Die Entstehung des Verfassungstextes .................. 114 II. Die Jahre des unerfiillten Verfassungsauftrages ....... 127 1. Die ersten Budgetberatungen in PreuBen ............... 127 2. Uber die Schritte zur Ordnung des Budgets ........... 133 3. Uber damalige Methoden der Mehrheitssicherung ...... 136 III. Aus der Praxis der Budgetpriifung .................. 139 1. Budgetprlifung in der Wahlperiode 1855-1858 .......... 139 2. Beispiele der Verwaltungskontrolle ..................... 142 3. Aus den Beratungen des Etats des AuBenministeriums. 147 4. Grenzen und Grundsatze der Budgetkontrolle .......... 149 5. Die Auseinandersetzungen liber die Geheimfonds ...... 157 6. Aus den Beratungen des Militarhaushaltes ............. 165 IV. Parlament und Oberrechnungskammer ............... 172 1. Die Priifung des Spezialetats der Oberrechnungskammer 172 2. Die Zeit parlamentarischer Ungeduld .................. 179 6 3. Der Gesetzentwurf und sein Scheitem ................. 187 4. Die Regierung gibt nach: Erste Bemerkungen .......... 192 5. Die Spezialisierung des Etats - ein Schritt nach yom ... 196 6. 1866 - das Ende einer Epoche ........................ 200 Literaturverzeichnis 209 Personenregister ........................................ 212 Anlage 1: Regierungsentwurf eines Oberrechnungs kammer-Gesetzes mit Begriindung (Motive), dem Abgeordnetenhaus vorgelegt am 22. Januar 1862 .......... 217 Anlage 2: Kommissionsbericht yom 7. Marz 1862 iiber die Beratung dieses Entwurfes .............................. . Anlage 3: Neufassung des Gesetzentwurfes .............. . 7 Teil 1 Finanzkontrolle als Herrschaftsinstrument in der Zeit des Absolutismus Ihre Entwicklung in PreuBen von 1714 -1848 Einleitung Wenn sich der Historiker mit dem wechselnden Schicksal der Volker im Ablauf der Zeiten auseinandersetzt, gilt seine Aufmerksamkeit vor allem den tragenden politischen Kraften, ihrem Wirken und dessen Folgen. Nur gering ist sein Interesse an der Qualitat und an der Entwicklung der Finanzordnung, obgleich sie in aller Regel fiir den Erfolg oder MHserfolg politischer oder gar militarischer Aktionen entscheidend ist. Vollig ignoriert wird die Existenz der staatlichen Finanzkontrolle. Es ist ein bleibendes Verdienst Theo Pirkers und seiner Mitarbeiter, daB durch Projekte des Zentralinstituts fUr sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universitat Berlin wenigstens fUr einen Teil der historischen Entwicklung, namlich fUr die Zeit vor und nach 1945, Licht in das bisherige Dunkel gebracht worden ist. Hier sind die von Pirker herausgegebenen Biicher "RechnungshOfe als Gegenstand zeitgeschichtlicher For schung" und "Die bizonalen Sparkommissare" sowie das Buch von Rainer Weinert iiber "Sauberkeit in der Verwaltung im Krieg" zu nennen. Wichtig ist auch "Die verkannte Macht" von Franz O. Gilles sowie das Buch "Von Potsdam nach Frankfurt" von Hermann A. Dommach iiber das Ende des Reichsrechnungshofes, der in Potsdam residierte, und iiber den Weg zum Bundesrechnungshofes mit dem Sitz in Frankfurt/M. Angeregt durch alle diese Arbeiten ist es zu dem hiermit vor gelegten Buch gekommen. Gustav Heinemann sagte einmal in seiner Zeit als Bundesprasident, es sei die Aufgabe des Historikers, Spuren zu sichem. Der Verfasser betrachtet sich zwar nicht als Historiker. Es solI aber im Sinne dieses Heinemann-Wortes durch die Auswer tung langst vergessener und oft schwer zuganglicher Publikationen dazu beigetragen werden, den Gang einer Entwicklung sichtbar zu machen, die seit Anfang des 18. Jahrhunderts Bestandteil unserer Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte ist. Dabei wird im zweiten Teil dieses Buches auf die ersten Schritte der parlamentarischen Budgetkontrolle in PreuBen nach 1848 bis zum Jahr 1866 einzugehen 11 sein. Das waren die Jahre, in denen das Ringen urn den Inhalt des Budgetrechts zum Verfassungskonflikt fiihrte. Wechselnd war im Wandel der Zeiten die Bedeutung der Rech nungskontrolle, die zunachst als Generalrechenkammer, dann als Oberrechenkammer, schliefSlich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts als Oberrechnungskammer auftrat. Fur Friedrich Wilhelm I., ihrem Grunder, war sie als "rechte Hand des Monarchen" Instrument eigener Machtausubung. Friedrich II. sah in ihr ein Organ der Ordnung des Kassen- und Rechnungswesens. Friedrich Wilhelm II. gebrauchte sie zeitweilig sogar als ein Instrument der Politik. Zu allen Zeiten hatte sie eine besondere Stellung im System der Staats organe. Ais PreufSen Verfassungsstaat wurde, erhielt sie sogar Ver fassungsrang. Gleichzeitig wurde parlamentarische Budgetkontrolle moglich. Es war nun ein Ziel der gewiihlten Vertreter des steuerzahlenden Burgertums, die Arbeitsergebnisse der Oberrechnungskammer par lamentarisch zu nutzen. Was fruher "Hand des Konigs" war, sollte "Auge des Landtages" sein, urn so die Stellung des Parlamentes im Verhaltnis zur Exekutive starken. Das Ringen urn dieses Ziel gehort zu den Hohepunkten deutscher Parlamentsgeschichte. Es endete 1866 mit der politischen Kapitulation der Mehrheit des liberalen Burgertums. Nie wieder, auch nicht in unserer Zeit, wurde uber den verfassungspolitischen Rang des Budgetrechtes und uber die Stellung der Oberrechnungskammer so leidenschaftlich debattiert wie in der letzten Phase der hier dargestellten historischen Ent wicklung. Dieser Hohepunkt war ein AbschlufS. Der erste Teil dieses Buches schildert einiges uber den konkreten Inhalt der Arbeit der Oberrechnungskammer, vor allem in der fri derizianischen Zeit. Dies ist im wesentlichen der Sammlung "Acta Borussica" zu verdanken. 1m zweiten Teil ist die Oberrechnungs kammer Gegenstand der Hoffnungen und Erwartungen der politi schen Vertreter des liberalen Burgertums. Auf ihre konkrete Arbeit wird kaum eingegangen, weil die Quellen nicht erschlossen sind. Es ware zu begrufSen, wenn hiermit ein AnstofS gegeben wird, diese Lucke zu schliefSen. 12 I. Die Zeit der Griindung und der Konsolidierung der Generalrechenkammer 1. Die Grundung der Generalrechenkammer und ihre Aufgaben Bereits im Jahre 1709 setzte sich der preuiSische Konig Friedrich 1., dessen Regierungszeit sein Enkel Friedrich II in seinen Lebenser innerungen als eine Zeit der Verschwendungssucht bezeichnete, mit dem Vorschlag auseiJ.1ander, nach sachsischem Vorbild eine Pru fungsbehorde zu schaffen. Bis zu seinem Tod Anfang 1713 kam er jedoch zu keinem EntschlulS. Die Entscheidung traf dann erst sein Sohn Friedrich Wilhelm, der als Kronprinz neben seiner Vorliebe fur Militar und Soldaten sein Interesse fur alles entwickeln konnte, was mit Finanzen, Wirtschaft und Verwaltung zusammenhing. Be reits dem erst 10jahrigen Knaben hatte sein Vater die Verantwortung fur das SchloiS und das Landgut Wusterhausen nebst einigen da zugehorenden Dorfern in der Mark Brandenburg ubertragen. Dies entsprach der damaligen Vorstellung, ein Kronprinz sei nicht ein Kind wie andere Kinder. Konigskinder galten als kleine Erwachsene.1 Wusterhausen bot dem Erzieher des Kronprinzen viele Moglich keiten, den theoretischen Unterricht in der Praxis zu erproben. So entwickelte Friedrich Wilhelm eine wirtschaftliche Denkweise, die in dem kleinen Verantwortungsbereich des Landgutes in konkreten Anordnungen zum Ausdruck kam. Der spatere Regierungsstil des kiinftigen Monarchen wurde schon friihzeitig deutlich erkennbar. Wichtig fur die Entwicklung des Kronprinzen war auch, daiS er seit seinem 15. Lebensjahr an den Sitzungen der obersten Staats organe, namlich des Geheimen Staatsrates und des Geheimen Kriegs rates, teilnehmen konnte. Da er dieses Recht voll ausschopfte, ge- 1 Oestreich, S. 26ff. 13