Allgemeine Literaturwissenschaft Rüdiger Zymner (Hg.) Allgemeine Literaturwissenschaft Grundfragen einer besonderen Disziplin ERICH SCHMIDT VERLAG Digitized by the Internet Archive in 2019 with funding from Kahle/Austin Foundation https://archive.org/details/allgemeineliteraOOOOunse 75 1924 - 1999 JAHRE ERICH SCHMIDT VERLAG Allgemeine Literaturwissenschaft - Wuppertaler Schriften Herausgegeben von Ulrich Ernst, Dietrich Weber und Rüdiger Zymner Band 1 Allgemeine Literaturwissenschaft - Grundfragen einer besonderen Diszipl Herausgegeben von Rüdiger Zymner ERICH SCHMIDT VERLAG Tn,®!s 1 tela Ubrary iRtNs UNIVERSITY PElfcRßOROUGH, ONTARIO Pfi 4£ ML<\ '99 <( Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Allgemeine Literaturwissenschaft - Grundfragen einer besonderen Disziplin / Rüdiger Zymner (Hg.). - Berlin . Erich Schmidt, 1999 (Allgemeine Literaturwissenschaft - Wuppertaler Schriften ; Bd. 1) ISBN 3-503-04935-5 Gedruckt mit Hilfe der Freunde und Förderer der Bergischen Universität Wuppertal sowie der Deutschen Bank ISBN 3 503 04935 5 ISSN 1438-5104 Alle Rechte Vorbehalten © Erich Schmidt Verlag GmbH & Co., Berlin 1999 www.erich-schmidt-verlag.de Dieses Papier erfüllt die Frankfurter Forderungen der Deutschen Bibliothek mul der Gesellschaft für das Buch bezüglich der Alterungsbeständigkcil und entspricht sowohl den strengen Bestimmungen der US Norm Ansi/Niso Z 39.48-1992 als auch der ISO-Norm 9706 Herstellung: difo-druck, Bamberg Inhaltsverzeichnis Rüdiger Zymner (Wuppertal): Zu diesem Band.7 A) Wie entsteht Literatur? Monika Schmitz-Emans (Bochum): Operation Münchhausen oder: Wie entsteht Literatur?.11 Peter Stöcker (Bem/Zürich): Erstes und fremdes Wort. Historische Spekulationen zum poetologischen Verhältnis von Intertextualität und Inspiration.23 B) Woran erkennt man Literatur? Stefan Matuschek (Jena): Parmenides und Gilberte. Über philosophische und literarische Namen und Rortys Poetisierung der Kultur.41 Ulrich Emst (Wuppertal): Der Dichter als ‘Zifferant’. Zu Schnittstellen zwischen Lyrik und Kryptographie.56 Stefan Hohmann (Wuppertal): Pegasus im Cyberspace - Kinetische Poesie im Internet.72 C) Was macht Literatur mit dem Leser, was der Leser mit ihr? Wolfgang Braungart (Bielefeld): Vom Sinn der Literatur und ihrer Wissenschaft.93 Bernhard F. Scholz (Groningen): ‘Das Bild wird für den Leib, die Schrifft für die Seele eines Sinn-Bildes geachtet’. Zur Rekonstruktion einer frühmodemen poetologischen Metapher.106 5 Inhaltsverzeichnis Achim Hölter (Münster): Bibliomorphie und Anthropomorphie. Ein Doppelmotiv des literarischen Selbstbezugs.121 Harald FrickeAVillie van Peer (Fribourg/München): How Scientific Can Literary Evaluation Be? Arguments and Experiments.140 D) Wie wird Literatur geordnet? Holger Korthals (Wuppertal): Spekulation mit historischem Material. Überlegungen zur altemate history.157 Dietrich Weber (Wuppertal): Neues vom Geschichtenerzählspieler.170 Urs Meyer (Fribourg): Vom konstruktivistischen Aufflug ins Abstrakte. Zur impliziten Teleologie der systemtheoretischen Literaturgeschichtsschreibung.180 E) Wie wird Literatur tradiert? Meinolf Schumacher (Wuppertal): Auf dem Weg zur Europäischen Literaturwissenschaft.197 Rüdiger Zymner (Wuppertal): Lesen hören. Das Hörbuch.208 Die Autoren.217 6 Rüdiger Zymner (Wuppertal): Zu diesem Band Was die Allgemeine Literaturwissenschaft ist und was sie will, darüber bestehen unter Literaturwissenschaftlem und erst recht in einer breiteren Öffentlichkeit eher undeutliche Vorstellungen - trotz eines unverkennbar wachsenden Interesses an der Allgemeinen Literaturwissenschaft als Studienfach wie auch als er¬ wünschte Erst- oder Zweitqualifikation bei der Besetzung von Professuren. Bei¬ des, wachsendes Interesse bei gleichzeitig unbestimmten Vorstellungen über das Fach, hängt unter anderem mit der großen interdisziplinären Bindungsfreude und Geselligkeit der Allgemeinen Literaturwissenschaft zusammen. Nicht nur an al¬ len Literaturen interessiert (statt an einer einzigen), sondern auch an allen Vor¬ aussetzungen, Wirkungsmöglichkeiten und Folgen von Literatur einschließlich ihrer Verbindung mit anderen Künsten, zählt die Allgemeine Literaturwissen¬ schaft institutionell nach wie vor freilich zu den kleinen Fächern und konzeptio¬ nell zu den buntschillernden. Am ehesten dürfte aber vielleicht noch eine Be¬ schreibung wie die folgende auf einen breiteren Konsens stoßen: Die Allgemeine Literaturwissenschaft ist eine komparatistisch angelegte Grund¬ lagenwissenschaft. Sie bemüht sich um Erkenntnis der Literatur an und für sich und als solcher und ist im Unterschied zu den Nationalphilologien grundsätzlich nicht auf eine einzige Literatur gerichtet. Der Allgemeinen Literaturwissenschaft geht es um Prinzipienwissen und nicht so sehr um Einzelfallkenntnisse; die Er¬ gebnisse der Allgemeinen Literaturwissenschaft sind deshalb vornehmlich daran zu messen, ob und wie weit ihre einzelnen Theorien, welchen speziellen Gebieten immer sie sich widmen und an welchen speziellen Textbeispielen immer sie de¬ monstriert sein mögen, Geltung über die Zahl der jeweils behandelten Beispiele hinaus beanspruchen können. Kriterium allgemein-literaturwissenschaftlicher Theorie ist nicht Vollständigkeit des explizit erfaßten Materials, sondern An¬ wendbarkeit auf möglichst viel Material. Die Allgemeine Literaturwissenschaft ist eine philosophische Disziplin, wenn denn .philosophisch4 das Fragen nach Gründen und Prinzipien als methodische Leitlinie und die Frage, wie es denn wä¬ re, wenn es anders wäre, als methodische Leitmaxime meint. Als eine Grundla¬ genwissenschaft und als eine auf die theoretische Reflexion von literaturwissen¬ schaftlichen Problemen ausgerichtete Disziplin bildet die Allgemeine Literatur¬ wissenschaft ein geistiges Band zwischen den Literaturwissenschaften - ebenso wie sie selbst von den Ergebnissen der einzelnen Literaturwissenschaften profi¬ tiert. Der vorliegende Band ist nun sicher auch eine Art Probe auf diese versuchsweise Bestimmung der Allgemeinen Literaturwissenschaft. Er beansprucht, gewisser¬ maßen eine Momentaufnahme oder einen .Schnappschuß4 dieser besonderen 7 Rüdiger Zymner Disziplin mit stets prekärem fachlichem Status zu bieten, um dadurch nicht zu¬ letzt auch einen nötigen Prozeß der disziplinären Selbstverständigung anzuregen. Die Beiträger des Bandes wurden gebeten, ein Thema aus einem Spektrum von fünf .Grundfragen der Allgemeinen Literaturwissenschaft* zu bearbeiten. Dabei wurde die Entscheidung des Herausgebers, daß diese Fragen tatsächlich Grund¬ fragen der Allgemeinen Literaturwissenschaft seien, von keinem der Beteiligten bezweifelt. In der Themenwahl bestand also größte Freiheit, die einzige Auflage war jedoch die, das jeweils gewählte Thema in einer - nach Meinung der Beiträ¬ ger - für die Allgemeine Literaturwissenschaft exemplarischen Weise zu behan¬ deln. So interessant (und in vielen Fällen auch innovativ) die einzelnen Beiträge ihrem Inhalt nach sein mögen, so überraschend breit auch das Spektrum der be¬ handelten Themen ist, wichtiger ist doch für das Ziel der gesamten Unterneh¬ mung die Art und Weise, wie die jeweiligen Themen behandelt wurden. Hieran zeigt sich am deutlichsten, inwiefern es über den Anspruch hinaus, eine kompa- ratistisch verfahrende Grundlagenwissenschaft zu sein, auch tatsächlich so etwas wie fachspezifisch methodische Standards gibt. Übergreifendes Kennzeichen al¬ ler Beiträge (bei zahlreichen verfahrenstechnischen Unterschieden im Detail) sind dabei insbesondere die theoretische Reflexion und die problemorientierte Argumentation bei gleichzeitiger empirischer Überprüfung der Behauptungen und Vermutungen; hieran darf man also einen charakteristischen Zentralaspekt der Allgemeinen Literaturwissenschaft auch in der Praxis sehen, andere mögen (und sollen) zudem erschlossen werden können. Gewiß ist das gewählte Verfah¬ ren, eine Momentaufnahme der allgemein-literaturwissenschaftlichen Praxis zu bieten, in viellerlei Hinsicht problematisch (nicht zuletzt deshalb, weil eine Mo¬ mentaufnahme eben weder Vollständigkeit noch Repräsentativität in einem an¬ spruchsvolleren Sinn beanspruchen kann); und gewiß kann man derartige Bemü¬ hungen auch schnell als bloße Nabelschau abtun. Man sollte jedoch nicht verken¬ nen, daß Funktion und Wertschätzung gerade der Literaturwissenschaften im all¬ gemeinen (und also auch der Allgemeinen Literaturwissenschaft im besonderen) in einer vielfach von vordergründiger Standortrhetorik beeinflußten Öffentlich¬ keit auch von der Ernsthaftigkeit abhängen, mit der man sich um eine fachliche Selbstbestimmung, um die Bestimmung von Aufgaben des Faches und fachliche Standards bemüht. In diesem Sinn kann und soll der Band, der auf einen kriti¬ schen Dialog mit dem prüfenden und erörternden Leser setzt, zu weiterer Diskus¬ sion anregen - und zwar eben nicht durch explizite programmatische Stellung¬ nahmen, sondern durch praktische und exemplarische Studien. 8