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Allergiebehandlung mit chinesischer Medizin PDF

363 Pages·2015·3.094 MB·German
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Michael Wullinger Agnes Fatrai Allergiebehandlung mit chinesischer Medizin 2. Auflage Mit Geleitworten von: Prof. Dr. med. Carl-Hermann Hempen, München, und Univ.-Prof. Dr. med. Benno Brinkhaus, Berlin Zuschriften an: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Lektorat Komplementäre und Integrative Medizin, Hackerbrücke 6, 80335 München Wichtiger Hinweis für den Benutzer Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. Die Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wis- sensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abwei- chen, und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen. Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warenna- men handelt. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 2. Auflage 2015 © Elsevier GmbH, München Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 15 16 17 18 19 5 4 3 2 1 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesonde- re für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektro- nischen Systemen. Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint. Planung: Marko Schweizer, München Projektmanagement: Anke Drescher, München Redaktion: Barbara Buchter, Freiburg Herstellung: Marion Kraus, München Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien Druck und Bindung: Dimograf, Bielsko-Biała/Polen Zeichnungen: Henriette Rintelen, Velbert Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Titelfotografie: © drubig-photo – Fotolia.com ISBN Print 978-3-437-57441-2 ISBN e-Book 978-3-437-29899-8 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com Geleitwort zur 2. Auflage Es ist für mich eine ganz besondere Freude, ein Geleitwort für dieses wegweisende Werk eines ehemaligen Schülers zu schreiben. Aus dem Schüler ist längst ein Freund und geschätzter und kompetenter Kollege geworden. Inzwischen ist er nicht nur ein hervorragender Arzt für chinesische Medizin, sondern ein ebenso erfolgreicher Dozent für dieses Fachgebiet – auf universitärem Niveau – geworden. Auf einen Blick sieht man in diesem Buch und insbesondere in dieser 2. Auflage das gewachsene Wissen, welches es inzwischen zu diesem Thema gibt und das Dr. Michael Wullinger in so hervorragender Weise in diesem Werk dargestellt hat. Das Thema „Allergie“ war vor einigen Jahrzehnten noch gar nicht richtig wahrgenommen, geschweige denn praktisch, wissenschaftlich und didaktisch strukturiert. Somit ist insbesondere die 2. Auflage des Buches „Allergiebehandlung mit chinesischer Medizin“ mit sei- ner methodischen Klarheit, seiner sprachlichen Präzision, der Konzentration auf die klinische Relevanz eine unglaubliche Bereicherung – mit all diesem wird es zu einem besonderen Buch. 1984 kam ich nach einem ersten Studienaufenthalt aus China zurück und es entstand ein erster Kontakt mit Michael Wullinger. Seine Liebe zur TCM war entfacht und bald verbrachte er ein halbes Jahr an der Uni- versität Chengdu zum unmittelbaren Studium, zur damaligen Zeit unter sehr schweren Bedingungen. Es folgte die Sammlung klinischer Erfahrungen, begleitet von einem intensiven Literaturstudium, und ge- krönt wurde es mit der eigenen Erfahrung als tätiger Arzt für traditionelle chinesische Medizin und den Er- fahrungen als Dozent für dieses Fachgebiet. Diese Beschäftigung kommt im vorliegenden Buch zusammen, sie wird hier gesammelt, konzentriert, ge- ordnet – auf den Punkt gebracht. Diskussionen und Austausch mit ärztlichen Kollegen und Praktikern der chinesischen Medizin verdichte- ten dieses Wissen und die Ergebnisse wurden in die pädagogische und klinische Praxis von Dr. Michael Wullinger umgesetzt. Jetzt liegen die Arbeiten in schriftlicher Form vor uns. Eine beeindruckende Systematik überzeugt als erster Gesamteindruck dieser Neuauflage. Die einzelnen klinisch relevanten Krankheitsbilder werden in großer Differenziertheit dargestellt. Schließlich wurde in diesem neuen Buch der Umfang der geschilderten Fälle deutlich erweitert. Hervorra- gende Kasuistiken zusammengetragen zu haben, stellt einen Schwerpunkt der Arbeit von Dr. Michael Wullinger dar. In der heutigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird der Ruf nach beweiskräftigen Studien immer lauter. Deshalb wurde das Kapitel der Studien komplett überarbeitet und durch neue, beweiskräftige Studien wie beispielsweise die umfangreiche ACUSAR-Studie erweitert. Was bleibt, ist ein Glückwunsch an den Autor Dr. Michael Wullinger und die Aufforderung an alle, die sich mit der chinesischen Medizin beschäftigen, dieses hervorragende, praxisnahe, bereichernde Werk unbedingt zu studieren. Die klinischen Erfolge werden es dem Leser danken. München, im August 2014 Prof. Dr. med. Carl-Hermann Hempen Facharzt für innere Medizin – Naturheilverfahren, Medizinische Informatik, Chinesische Medizin, Aku- punktur Professor für Chinesische Medizin an der TU München Geleitwort zur 2. Auflage Allergische Krankheiten werden häufig mit Verfahren der Komplementärmedizin behandelt. Dr. Michael Wullinger hat im Vorwort zur 1. Auflage des Buches „Allergiebehandlung mit chinesischer Medizin“ hervor- gehoben, dass Allergien zu den wichtigsten Indikationen für die Anwendung der chinesischen Medizin zäh- len. Diese Aussage gründete sich auf seinen eigenen klinischen Erfahrungen, aber auch auf das Wissen zahl- reicher Kollegen in China und im Westen. In den vergangenen Jahren sind neue Erkenntnisse hinzugekom- men, die seine Auffassung bekräftigen. Akupunktur spielt eine zunehmend bedeutsame Rolle als evidenzbasierte (evidence based therapy) Therapie bei allergischen Krankheiten. Die Behandlung von Allergien mit Methoden der Komplementärmedizin gerät zunehmend auch in den Fokus wissenschaftlicher und universitärer Einrichtungen. Das Institut für Sozialmedi- zin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Berliner Charité – Universitätsmedizin hat in Kooperation mit Experten von zwei großen Akupunkturgesellschaften (SMS und DÄGfA) die ACUSAR-Studie – Akupunk- tur bei Patienten mit saisonaler allergischer Rhinitis (SAR) – geplant und durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine randomisierte, kontrollierte, multizentrische Studie mit 422 Patienten. Die Ergebnisse wurden 2013 im renommierten amerikanischen Medizinjournal „Annals of Internal Medicine“ publiziert. In Verbindung mit den Ergebnissen anderer wissenschaftlicher klinischer Studien liegen nun deutliche Hinweise auf die Wirksam- keit der Akupunktur vor, sodass sie als begleitende Therapie bei allergischer Rhinitis empfohlen werden kann. Erste wissenschaftliche Hinweise liegen auch für die Wirkung der Akupunktur bei der atopischen Dermatitis vor. Mehrere kleinere RCTs zeigten eine juckreizberuhigende Wirkung spezifischer Akupunkturpunkte. Die 2. Auflage des vorliegenden Buches „Allergiebehandlung mit chinesischer Medizin“ ist Ausdruck für die Tatsache, dass sich dieses wichtige Grundlagenbuch zur chinesischen Medizin bei atopischen Erkrankun- gen bewährt und am Markt etabliert hat. Dieses Buch wendet sich in erster Linie an ärztliche und nichtärztli- che Therapeuten, die allergische Erkrankungen mit Verfahren der chinesischen Medizin behandeln möchten. Dabei werden die wichtigsten allergischen Krankheitsbilder übersichtlich und praxisnah dargestellt. Das Werk spiegelt die langjährige und umfangreiche Erfahrung von Dr. Wullinger in diesem Bereich der chinesi- schen Medizin wieder. Dies wird besonders an den zahlreichen Fallbeispielen deutlich, die in der 2. Auflage neu hinzugekommen sind und den Hauptteil des Buches anschaulich ergänzen. Hervorzuheben ist zudem das umfangreiche Kapitel über Studien zu den wichtigsten allergischen Erkran- kungen, vor allem der allergischen Rhinitis, dem allergischen Asthma und der atopischen Dermatitis. Dabei liegt der Schwerpunkt der Darstellung neben einer deutschen Übersetzung des Abstracts in der Aufarbeitung der für den Kliniker relevanten therapeutischen Intervention. Das Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Forschung und klinischer Praxis erzeugt wichtige Impulse für eine moderne evidenzbasierte Anwendung der chinesischen Medizin. Auf der anderen Seite sind Wissen- schaftler bei der Konzeption von Studien auf die Erfahrungen kompetenter klinisch tätiger Therapeuten ange- wiesen. Im Rahmen der ACUSAR-Studie haben wir uns für ein semi-standardisiertes Vorgehen entschlossen, das dem Therapeuten ermöglichte, die Patienten auch individuell zu behandeln. Das Behandlungsschema und die obligatorischen und fakultativen Akupunkturpunkte wurden durch ein Expertengremium im Rahmen ei- nes Consensus-Prozesses festgelegt. In den vergangenen Jahren hat sich zwischen beiden Seiten eine fruchtba- re Zusammenarbeit entwickelt. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass sich die konventionelle und chinesische Medizin bei der Behandlung der wichtigsten atopischen Erkrankungen im Sinne einer integrati- ven Medizin sinnvoll ergänzen können. Hierzu liefert dieses Buch einen wichtigen und gelungenen Beitrag. Berlin, im Juni 2014 Univ.-Prof. Dr. med. Benno Brinkhaus Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, Charité – Universitätsmedizin Berlin Vorwort zur 1. Auflage Die zunehmende Häufigkeit allergischer Erkrankungen ist eine der großen Herausforderungen der täglichen Praxis. Obwohl die allergologische Forschung in den vergangenen Jahren große Fortschritte erzielen konnte, bleiben die Erfolge in der Therapie häufig hinter den Erwartungen zurück. Dies ist einer der Gründe, warum viele Patienten sich für Behandlungsmöglichkeiten der Komplementär- medizin interessieren. Neben der Homöopathie besteht eine große Nachfrage für die Therapiemethoden der chinesischen Medizin. Die wichtigste Motivation, dieses Buch zu schreiben, bestand aus den guten Erfahrungen bei der Behand- lung allergischer Erkrankungen mit der chinesischen Medizin in der Praxis. Dabei kommen vor allem die Akupunktur, die chinesische Arzneimitteltherapie und die Diätetik, in geringerem Umfang auch die Tuina- Therapie sowie Qigong zum Einsatz. Darüber hinaus konnten die guten klinischen Erfahrungen in einer gan- zen Reihe von Studien bestätigt werden. Dies gilt insbesondere für die allergische Rhinitis, den Heuschnup- fen, aber auch für das allergische Asthma und das atopische Ekzem. Zu einer Zeit, in der die Indikationen der Akupunktur durch die Krankenkassen in Deutschland auf weni- ge Schmerzdiagnosen eingeschränkt werden, will dieses Buch das Bewusstsein für die Behandlungsmöglich- keiten der chinesischen Medizin erweitern. Es beschreibt die Diagnose und Therapie der häufigsten allergi- schen Erkrankungen aus Sicht der chinesischen Medizin. Zur Diagnose der verschiedenen Krankheitsbilder findet die ganze Bandbreite der chinesischen Diagnostik Anwendung. In der Therapie liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf der Akupunktur und der chinesi- schen Arzneimitteltherapie. Unser Ziel war es, die Behandlung übersichtlich und zugleich praxisrelevant dar- zustellen. Damit wendet sich das vorliegende Buch an alle Therapeuten, die sich mit Akupunktur oder chine- sischer Medizin beschäftigen, sowie medizinisch Interessierte und Studenten. Nach unseren Recherchen handelt es sich bei diesem Buch um die erste Darstellung des Themas Allergien aus der Perspektive der chinesischen Medizin in einer westlichen Sprache. Die Inhalte des Buches basieren vor allem auf chinesischen, aber auch westlichen Quellen sowie auf eigener klinischer Erfahrung. Da der Be- griff „Allergie“ erst im Jahre 1906 vom Wiener Pädiater Clemens von Pirquet begründet wurde, gibt es zu diesem Thema auch nur wenige klassische Aussagen der chinesischen Medizin. In der chinesischen Literatur werden allergische Erkrankungen in der Inneren Medizin, Dermatologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde so- wie der Augenheilkunde abgehandelt. Die Darstellung stützt sich daher auf eine große Zahl von Quellentex- ten, gleichzeitig wurden jedoch eigene klinische Erfahrungen berücksichtigt. So zeigen sich beispielsweise bei der Differenzierung der allergischen Rhinitis im Westen andere Schwerpunkte als in der Mehrzahl der chine- sischen Texte. Das Kapitel Nahrungsmittelallergien basiert ebenfalls auf eigenen Erfahrungen. Am Ende der Beschreibung der einzelnen Krankheitsbilder findet sich eine kurze Zusammenfassung sowie Bewertungen zum Behandlungsverlauf und der Prognose. Abgerundet wird die klinische Darstellung durch Fallbeispiele aus der Praxis, eine zusammenfassende Beschreibung der wichtigsten Studien sowie ein Kapitel zu westli- chen Erklärungsmodellen. Danken wollen wir an erster Stelle Dr. med. Carl-Hermann Hempen, unserem Lehrer, der die Begeisterung für die chinesische Medizin durch seine eigene stets aufs Neue entfachte. Ohne die grundlegenden Arbeiten von Prof. Manfred Porkert wäre dieses Buch nicht möglich gewesen. Dr. phil. Ute Engelhardt hat uns nicht nur an ihrem umfangreichen Wissen auf dem Gebiet der chinesischen Sprache und der chinesischen Medizin teilhaben lassen, sondern sie hat uns auch von Anfang an zur Durchführung des Werkes ermutigt und uns als Mitautorin des Kapitels Qigong unterstützt. Unseren Freunden und Kollegen Dr. med. Rainer Nögel, Dr. med. Josef Hummelsberger und Dr. med. Stefan Uhrig möchten wir für zahlreiche inhaltliche und konzept io- nelle Anregungen danken. Besonders wollen wir unsere chinesischen Lehrer am College für TCM in Chengdu erwähnen, die unser Verständnis für die chinesische Medizin entscheidend geprägt haben. Angelika Huber VIII Vorwort zur 1. Auflage danken wir für die Bearbeitung der Texte und Ekkehard Gross für die anschauliche Darstellung der Selbstbe- handlung in der Tuina. Ohne die Unterstützung durch den Elsevier-Verlag und insbesondere Christl Kiener und Petra Münzel-Kaiser wäre dieses Buch nicht entstanden. Unseren Lebenspartnern und Familienangehö- rigen möchten wir von Herzen danken für die Geduld, die sie uns gegenüber aufgebracht haben. Im Frühjahr 2007, Rosenheim und München Michael Wullinger, Agnes Fatrai Benutzerhinweise TH ERAPEU TI SCHE S V ORG EHEN In Kapitel 1 wird hier die Diagnose nach der chinesischen Medizin aufgeführt, die die Grundlage für den Therapieansatz darstellt. VIII Vorwort zur 1. Auflage danken wir für die Bearbeitung der Texte und Ekkehard Gross für die anschauliche Darstellung der Selbstbe- handlung in der Tuina. Ohne die Unterstützung durch den Elsevier-Verlag und insbesondere Christl Kiener und Petra Münzel-Kaiser wäre dieses Buch nicht entstanden. Unseren Lebenspartnern und Familienangehö- rigen möchten wir von Herzen danken für die Geduld, die sie uns gegenüber aufgebracht haben. Im Frühjahr 2007, Rosenheim und München Michael Wullinger, Agnes Fatrai Benutzerhinweise TH ERAPEU TI SCHE S V ORG EHEN In Kapitel 1 wird hier die Diagnose nach der chinesischen Medizin aufgeführt, die die Grundlage für den Therapieansatz darstellt. Allgemeine Hinweise zu diesem Buch Zur Terminologie Wie alle Autoren, die Texte zur chinesischen Medizin veröffentlichen, standen auch wir beim Verfassen dieses Buches vor der großen Schwierigkeit der Terminologie. Im deutschsprachigen Raum existiert in der chinesi- schen Medizin keine einheitlich verwendete Terminologie, was sich zum Teil mit den nur schwer übersetzba- ren chinesischen Begriffen erklären lässt. Zum einen hat ein chinesisches Zeichen in der Regel mehrere Bedeu- tungen, sodass auch mehrere Übersetzungen mehr oder weniger „korrekt“ sein können. Zum anderen sind viele Fachbegriffe der chinesischen Alltagssprache entnommen und bei den Chinesen mit vielen Assoziationen verknüpft. Diese Assoziationen in eine westliche, in diesem Fall in die deutsche Sprache zu transportieren, ist eine schwierige Aufgabe, denn man müsste idealerweise den gesamten kulturellen Hintergrund mit erfassen. Um diese Schwierigkeit auch nur ansatzweise zu meistern, erscheint es uns am sinnvollsten, keine rein deutschen Begriffe zu verwenden, denn mit den Begriffen, die man bei einer wörtlichen Übersetzung benut- zen müsste, sind häufig schon Begriffe aus der westlichen Medizin belegt. So versteht man im Allgemeinen unter „Leber“ das schulmedizinisch definierte Organ Leber – der chinesische Begriff gan bezeichnet dagegen den abstrakten Begriff „Leber“, also einerseits ein stofflich und räumlich umrissenes körperliches Substrat und andererseits zeitlich und qualitativ begrenzte Funktionen dieses Substrats. In diesem speziellen Fall ent- spricht die „chinesische Leber“ zum Teil der „westlichen Leber“, geht darüber aber noch weit hinaus. Manfred Porkert hat einen aus unserer Sicht sehr guten Lösungsansatz aufgezeigt: Er verwendet für die wichtigsten chinesischen Fachbegriffe lateinische Bezeichnungen, mit denen ein Deutschsprechender noch keine konkreten Vorstellungen verknüpft. Der Lernende muss zwar einige lateinische Ausdrücke beherr- schen, dabei handelt es sich jedoch um eine überschaubare Anzahl von Begriffen. Auf diese Weise übersetzt er gan nun mit „orbis hepaticus“ (abgekürzt o. hepaticus), sodass jedem, der sich mit der Terminologie be- schäftigt hat, sofort klar ist, was gemeint ist. Uns ist allerdings bewusst, dass diese Terminologie keine weite Verbreitung gefunden hat. Um allen Le- sern gerecht zu werden und Missverständnisse möglichst auszuschließen, haben wir uns dazu entschlossen, sowohl die gebräuchliche, aus unserer Sicht „korrekteste“ deutsche Bezeichnung als auch den lateinischen Begriff zu verwenden. Außerdem geben wir die chinesische Pinyin-Umschrift an. Eine Übersicht der wich- tigsten Bezeichnungen liefert das Glossar im Anhang. Für zahlreiche Begriffe aus der chinesischen Medizin, vor allem für Begriffe aus der chinesischen Anatomie und für Krankheitsbezeichnungen, existieren bisher – soweit uns bekannt – noch keine deutschen Überset- zungen. In diesen Fällen haben wir eine möglichst wörtliche Übersetzung angestrebt, um die Bedeutung die- ser Ausdrücke weitestgehend zu erhalten – auch wenn diese Übersetzungen teilweise etwas holprig und un- gewohnt klingen. Auch bei den Arzneimittel-Bezeichnungen herrscht nicht immer Einigkeit. Wir haben uns dafür entschie- den, sowohl das „Arzneibuch der Chinesischen Medizin“ von Erich A. Stöger (2001) als auch den „Leitfaden Phytotherapie“ von Carl-Hermann Hempen und Toni Fischer (2006) als Grundlage für unsere Ausführungen zu verwenden. Weiterhin wurden auch die Abhandlungen aus „Chinese Herbal Medicine: Materia Medica“ (2004) von Dan Bensky, Steven Clavey und Erich Stöger berücksichtigt. Zum Inhalt und Gebrauch des Buches Kapitel 1 stellt eine umfangreiche Abhandlung verschiedener allergischer Krankheitsbilder dar, die nach westlichen Diagnosen geordnet sind. Am Anfang dieses Kapitels findet sich eine Einführung, in der prakti- X Allgemeine Hinweise zu diesem Buch sche Hinweise für die Anwendung der einzelnen, dort aufgeführten chinesischen Therapieverfahren (vor al- lem Arzneimitteltherapie und Akupunktur) gegeben werden. Bei den einzelnen Krankheitsbildern wird ein- leitend zunächst ein Überblick über wichtige westliche Gesichtspunkte und Therapieverfahren gegeben. Die darauf folgende chinesische Differenzierung ermöglicht es, sich einen Eindruck über mögliche Differenzialdi- agnosen und Therapiemöglichkeiten aus Sicht der chinesischen Medizin zu verschaffen. Mit deren Hilfe kann der Therapeut ein Behandlungskonzept erstellen. Es folgt die Beschreibung der differenzierten chinesischen Therapie – geordnet nach den jeweiligen Differenzialdiagnosen – in Form einer Basisrezeptur (Arzneimittel- therapie) bzw. einer Auflistung von Basispunkten (Akupunktur). Zu beiden Therapieformen sind je nach vorliegendem Befund mehrere Modifikationen bzw. Ergänzungspunkte angegeben. Zu jedem Krankheitsbild werden Empfehlungen zur diätetischen Behandlung sowie eine Auswahl relevanter Ohrakupunkturpunkte aufgeführt. Am Ende jedes Kapitels finden sich eine kurze Zusammenfassung sowie Hinweise zum Behand- lungsverlauf und der Prognose. Außerdem ist eine begleitende Therapie mit Tuina oder Qigong möglich, die unter Berücksichtigung der vorliegenden chinesischen Diagnose eingesetzt werden sollten. Voraussetzung für die Anwendung der im Buch aufgeführten Behandlungsmethoden ist selbstverständ- lich, dass der Therapeut über eine Ausbildung und Erfahrung in chinesischer Medizin verfügt. Neben den hier beschriebenen Behandlungsmethoden ist unter Umständen eine westliche, allergologische Abklärung bzw. Betreuung sinnvoll oder gar notwendig. In Kapitel 2 werden Besonderheiten bei der Behandlung von Allergien im Kindesalter beschrieben. Die hier aufgeführten Therapieempfehlungen sollen die Darstellung im Hauptteil des Buches, die für Erwachsene und Kinder gelten, ergänzen. Das Kapitel 3 enthält Empfehlungen zur Vorbeugung von allergischen Erkrankungen aus Sicht der chi- nesischen Medizin. Neben allgemeinen Hinweisen zur Lebensführung werden Behandlungsmöglichkeiten mit chinesischen Arzneimitteln, Akupunktur und Moxibustion, Diätetik, Qigong und Tuina aufgezeigt, die prophylaktisch sinnvoll sind. Es folgt in Kapitel 4 die Darstellung von Fallbeispielen aus der Praxis des Autors (Dr. med. Michael Wullinger). Die Fälle wurden nach westlichen Diagnosen geordnet, wobei sich hier zahlreiche Überschnei- dungen zwischen den einzelnen Krankheitsbildern ergeben. Neben dem Ineinandergreifen der verschiede- nen Therapiemethoden werden Behandlungsverläufe authentisch und exemplarisch dargestellt. Das Kapitel 5 beschreibt 36 Studien zu allergischen Krankheitsbildern mit Behandlungsverfahren der chinesischen Medizin. Zu jeder Studie werden die Zusammenfassung im Original, die Art der Intervention sowie eine Erläuterung der Ergebnisse wiedergegeben. Die Studien werden nach westlicher Diagnose geord- net. Am Ende jedes Abschnitts findet sich eine tabellarische Übersicht sowie eine zusammenfassende Wer- tung der Studien. Daran anschließend werden in Kapitel 6 westliche Erklärungsmodelle zu Wirkmechanismen der Aku- punktur sowie pharmakologische Wirkungen chinesischer Arzneimittel dargestellt. Dabei sind vor allem im- munologische Wirkungen sowie andere im Hinblick auf allergische Erkrankungen relevante Aspekte berück- sichtigt. Am Ende des Buches ist das bereits erwähnte Glossar zu finden, in dem sowohl die wichtigsten Grundbe- griffe der chinesischen Medizin als auch für allergische Erkrankungen relevante Begriffe aufgeführt und kurz erklärt sind. In diesen Teil des Buches wurden auch ein zusammenfassendes, umfangreiches Literaturver- zeichnis, das über die am Ende der jeweiligen Kapitel angegebene Literatur hinausgeht, sowie Ausbildungs- adressen aufgenommen. Autorenverzeichnis Dr. med. Michael Wullinger, Rathausstr. 10, 83022 Rosenheim Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und Akupunktur. Dozent für Chinesische Medizin der TU München sowie der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin e. V. (Societas Medicinae Sinensis, SMS) und Mitglied des Vorstands. Autor von Allergien behandeln mit der Traditionellen Chinesischen Medi- zin (Irisiana 2009), Co-Autor Leitfaden Chinesische Rezepturen (Elsevier 2005) und Leitfaden Chinesische Me- dizin (Elsevier 2010). Mitglied des Expertengremiums der 2013 veröffentlichten ACUSAR-Studie. Ausbil- dung in chinesischer Medizin in Deutschland, England und China. Seit 1995 eigene TCM-Praxis in Rosen- heim. Agnes Fatrai, Lena-Christ-Str. 5, 82152 Planegg Staatlich geprüfte, öffentlich bestellte und beeidigte Übersetzerin für Chinesisch mit Schwerpunkt Medizin, Tiermedizin und Pharmazie. Übersetzungen in der Fachzeitschrift Chinesische Medizin (Urban & Vogel), Mit-Herausgeberin Chinesische Medizin in der Augenheilkunde (Tipani-Verlag 2012), Chinesische Medizin in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Elsevier 2011) und anderer Fachbücher.

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