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Algebraische Strukturen [Lecture notes] PDF

129 Pages·2014·0.556 MB·German
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Peter Hellekalek Algebraische Strukturen Skriptum 28. J¨anner 2014 Inhaltsverzeichnis 1 Gruppen.................................................. 5 1.1 Definitionen ........................................... 6 1.2 Normalteiler und Faktorgruppen ......................... 25 1.3 Homomorphismen ...................................... 32 1.4 Die Struktur der primen Restklassengruppe: noch einarbeiten! 46 1.5 Der Diffie-Hellman Schlu¨sselaustausch: noch einarbeiten! .... 49 2 Ringe, Schiefk¨orper und K¨orper .......................... 53 2.1 Definitionen ........................................... 54 2.2 Idealtheorie............................................ 62 2.3 Polynomringe .......................................... 71 2.4 Der Hauptidealring K[X]................................ 83 2.5 Der Fundamentalsatz der Algebra ........................ 89 2.6 Erweiterungsk¨orper, algebraische Erweiterungen und Minimalpolynom ....................................... 91 2.7 Endliche K¨orpererweiterungen ........................... 95 2.8 Zerf¨allungsk¨orper....................................... 101 3 Endliche K¨orper.......................................... 103 3.1 Einleitung ............................................. 104 3.2 Existenz und Eindeutigkeit .............................. 107 3.3 F∗ ist zyklisch.......................................... 113 q 3.4 Konjugierte Elemente und Nullstellen irreduzibler Polynome . 115 3.5 Darstellungsvarianten ................................... 119 3.6 Quadratische Reste ..................................... 122 4 Inhaltsverzeichnis 3.7 Zusammenfassung ...................................... 123 4 Literaturempfehlungen ................................... 127 Literatur ..................................................... 129 1 Gruppen (cid:3) Inhalt DerBegriffderGruppeisteingrundlegendesKonzeptdermodernenAlgebra. Er tritt in vielen anderen mathematischen Disziplinen auf. (cid:3) Ziel Wir lernen zentrale Konzepte der Algebra kennen, auf denen alles Weitere aufbaut. (cid:3) Stichw¨orter Die Stichw¨orter zu diesem Kapitel lauten • Halbgruppe, Monoid, Gruppe • Untergruppen und Normalteiler • Faktorgruppen • (Gruppen-)Homomorphismen und Isomorphismen • Hauptsatz u¨ber endliche abelsche Gruppen (cid:3) Literatur R. Lidl und G. Pilz. Angewandte abstrakte Algebra I. Bibliographisches Institut, Mannheim, 1982. (Vergriffen) R. Lidl and G. Pilz. Applied Abstract Algebra. 2nd Edition. Springer Verlag, Berlin 1998. 6 1 Gruppen 1.1 Definitionen Beispiel 1.1 Fu¨r das Rechnen mit ganzen Zahlen gilt: (G1) ∀a,b∈Z: a+b∈Z (G2) Es gilt das sogenannte Assoziativgesetz, ∀a,b,c∈Z: a+(b+c) = (a+b)+c. (G3) Es existiert ein sogenanntes neutrales Element in Z, ∀a∈Z ∃e∈Z: a+e=e+a=a. Dies ist natu¨rlich die Zahl 0. (G4) Zu jedem a∈Z existiert ein sogenanntes inverses Element −a in Z, ∀a∈Z ∃−a∈Z: a+(−a)=(−a)+a=e. (G5) Es gilt das sogenannte Kommutativgesetz, ∀a,b∈Z: a+b=b+a. Beispiel 1.2 Wenn wir die Menge Z = (cid:8)0,1,...,m−1(cid:9) der Restklassen m modulo m betrachten (m∈Z, m≥2), dann gilt: (G1) ∀ a,b∈Z : a+b∈Z m m (G2) Es gilt das Assoziativgesetz, ∀a, b, c ∈ Z : a+(b+c) = (a+b)+c. m (G3) Es existiert ein neutrales Element in Z , m ∀a ∈ Z ∃e∈Z : a+e = e+a = a. m m Dies ist natu¨rlich die Restklasse 0. (G4) Zu jedem a∈Z existiert ein inverses Element −a in Z , m m ∀a ∈ Z ∃ −a∈Z : a+(−a) = (−a)+a = e. m m (G5) Es gilt das Kommutativgesetz, ∀a, b ∈ Z : a + b = b+ a. m Beachten Sie: jede Restklasse a ist eine Menge mit unendlich vielen Elemen- ten. Es ist erstaunlich, daß man mit solchen Mengen wie mit ganzen Zahlen rechnen kann, siehe die Eigenschaften (G1) bis (G5). 1.1 Definitionen 7 Beispiel 1.3 Wenn wir die Menge der stetigen, reellwertigen Funktionen vomIntervall[0,1]indiereellenZahlenmitdemSymbolC([0,1])bezeichnen unddie“Summe”f+gzweierFunktionenf,g ∈C([0,1])durchdieDefinition (f +g)(x):=f(x)+g(x), x∈[0,1] festlegen, dann gilt: (G1) ∀f,g ∈C([0,1]): f +g ∈C([0,1]). (G2) Es gilt das Assoziativgesetz: ∀f,g,h∈C([0,1]): f +(g+h)=(f +g)+h. (G3) Es existiert ein neutrales Element in C([0,1]), ∀f ∈ C([0,1]) ∃e∈C([0,1]): f +e=e+f =f. Die Funktion e ist die Nullfunktion, e(x)=0 ∀x∈[0,1]. (G4) Zu jedem f ∈C([0,1]) existiert ein inverses Element −f in C([0,1]), ∀f ∈C([0,1]) ∃−f ∈C([0,1]): f +(−f)=(−f)+f =e. (G5) Es gilt das Kommutativgesetz, ∀f,g ∈C([0,1]): f +g =g+f. Beispiel 1.4 Wenn wir die Menge der regul¨aren 2×2-Matrizen u¨ber R mit GL(2,R) bezeichnen und auf der Menge GL(2,R) das Produkt zweier Ma- trizen betrachten, dann gilt: (G1) ∀ A,B ∈GL(2,R): A·B ∈GL(2,R). (G2) Es gilt das Assoziativgesetz, A·(B·C) = (A·B)·C ∀A,B,C ∈ GL(2,R). (G3) Es existiert ein neutrales Element E in GL(2,R), ∃E ∈GL(2,R): A·E = E·A = A ∀A ∈ GL(2,R). (cid:18) (cid:19) 10 E ist die Einheitsmatrix E = . 01 (G4) ZujedemA∈GL(2,R)existierteininversesElementA−1 inGL(2,R), ∀A∈GL(2,R) ∃A−1 ∈GL(2,R): A·A−1 = A−1·A = E. 8 1 Gruppen (G5) Das Kommutativgesetz gilt allerdings nicht: ∃ A, B ∈ GL(2,R): A · B (cid:54)= B· A. Bemerkung 1.5 Wir haben in Beispiel 1.1 mit ganzen Zahlen gerechnet und die Eigenschaften (G1) bis (G5) festgestellt. In Beispiel 1.2 haben wir mit Mengen (Restklassen sind ja Mengen!) und in Beispiel 1.3 mit Funktio- nen gerechnet, wie wenn es sich um Zahlen handeln wu¨rde. In Beispiel 1.4 haben wir als Grundmenge die Menge GL(2,R) gew¨ahlt und ebenfalls einen GroßteildieserEigenschaftenwiedergefunden,allerdingswarinGegensatzzu den anderen Beispielen die Eigenschaft (G5) nicht erfu¨llt. Die Vorgangsweise war in all diesen Beispielen die gleiche: wir haben zwei beliebige Elemente a,b einer Grundmenge G genommen und diesen beiden Elementen ein drittes Element mit Namen a+b (siehe die ersten Beispiele) oder mit Namen a·b (siehe Beispiel 1.4) zugeordnet. Das neue Element lag wieder in der Grundmenge G, siehe dazu jeweils die Eigenschaft (G1). Man sagtdazu:dieElementeaundbwurdenmiteinanderverknu¨pftundnenntdie Operation(beiuns“+”beziehungsweise“·”)dieVerknu¨pfungsvorschrift.Wir konntendannmitdiesenElementen(Zahlen,Mengen,Funktionen,Matrizen) im Wesentlichen wie mit ganzen Zahlen “rechnen”. Menge Z Z C([0,1]) GL(2,R) m (cid:18) (cid:19) 10 Neutrales Element 0 0 Nullfunktion E = 01 Inverses Element −a−a=−a −f A−1 inverse Matrix Kommutativ ja ja ja nein Tabelle 1.1. Beispiele von Mengen DiesesallgemeinePrinzip,einemPaar(a,b)vonzweiElementeneinerGrund- menge G ein Element von G zuzuordnen, fu¨hrt uns zu folgenden abstrakten Begriffen. Definition 1.6 (Halbgruppe, Monoid, Gruppe) Sei G (cid:54)= ∅. Unter einer inneren Verknu¨pfung (manchmal auch: bin¨are Ope- ration) auf G verstehen wir eine Abbildung von G×G in G, (a, b) (cid:55)→ a·b, a,b∈G. Fu¨r das Paar (G, ·) k¨onnen verschiedene Eigenschaften erfu¨llt sein: (G1) ”·” ist eine innere Verknu¨pfung auf G. (G2) Es gilt das Assoziativgesetz, ∀a,b,c∈G: a·(b·c)=(a·b)·c. 1.1 Definitionen 9 (G3) Es existiert ein neutrales Element in G, ∃e∈G: ∀a∈G:a·e = e·a=a. (G4) Zu jedem a∈G existiert ein inverses Element a−1 in G, ∀a∈G: ∃a−1 ∈G: a·a−1 =a−1·a=e. (G5) Es gilt das Kommutativgesetz, ∀a, b ∈ G: a·b=b·a Das Paar (G,·) heißt • eine Halbgruppe, wenn (G1) und (G2) erfu¨llt sind. • ein Monoid, wenn (G1), (G2) und (G3) erfu¨llt sind. • eine Gruppe, wenn (G1), (G2), (G3) und (G4) erfu¨llt sind. • eine abelsche oder kommutative Gruppe, wenn (G1) bis (G5) erfu¨llt sind. Definition 1.7 (Ordnung einer Gruppe) Die Ordnung der Gruppe (G,·) ist definiert als die Anzahl der Elemente in der Menge G. Wir bezeichnen diese Zahl mit dem Symbol |G|. Eine Gruppe (G, ·) heißt endlich, wenn |G|<∞ sonst heißt sie unendlich. Beispiel 1.8 Die folgenden Paare (H, ·) sind Halbgruppen: (N, +), (N, ·), (R, max), wobei xmaxy :=max{x, y}. SeiM (cid:54)=∅undseiP(M)diePotenzmengevonM.Dannsind(P(M),∩)und (P(M),∪) Halbgruppen. Beispiel 1.9 Wichtige Beispiele fu¨r Gruppen sind: abz¨ahlbar unendliche abelsche Gruppen: (Z,+), (Q,+) u¨berabz¨ahlbar unendliche abelsche Gruppen: (R,+), (C,+) endliche abelsche Gruppen: (Z ,+) m u¨berabz¨ahlbar unendliche nichtabelsche Gruppen: Wir w¨ahlen als Beispiel GL(n,R). Abz¨ahlbare oder endliche nichtabelsche Gruppen sind ebenfalls leicht anzugeben: GL(2,Q) oder GL(2,Z ), m≥2. m Bemerkung 1.10 Es existiert also zu jeder gegebenen natu¨rlichen Zahl m eine abelsche Gruppe mit m Elementen, n¨amlich die Gruppe (Z ,+), die m additive Gruppe der Restklassen modulo m. K¨onnen Sie zu jedem m auch eine nichtabelsche Gruppe mit m Elementen angeben? Antwort: Nein, jede Gruppe der Ordnung m prim ist abelsch. Dies folgt aus dem Umstand, dass jede solche Gruppe zyklisch ist und daher abelsch. 10 1 Gruppen Fu¨r die Bezeichnung der inneren Verknu¨pfung einer Gruppe k¨onnen wir natu¨rlich ein beliebiges Symbol w¨ahlen. Wir k¨onnten also schreiben (G,♣), oder (G,(cid:51)), oder (G,(cid:49)), ...(usw.) Da man aber stillschweigend an Rechen- operationendenkt,wiewirsievomRechnenmitZahlengewohntsind,werden meist die Bezeichnungen (G,+) und (G,·) verwendet. Genauso willku¨rlich ist die Bezeichnung des inverses Elementes. Wenn wir die Gruppe in der Form (G,+) schreiben, dann wird traditionell das inver- se Element zu a mit −a bezeichnet. Man spricht dann von einer additiven Gruppe. (Man hat stillschweigend an Gruppen wie (Z,+) gedacht) Wenn wir die Gruppe in der Form (G,·) schreiben, dann wird das inverse Elementzuamita−1 bezeichnet.Mansprichtdannvoneinermultiplikativen Gruppe. (Man hat stillschweigend an Gruppen wie (R\{0},·) gedacht) Es stellen sich einige Fragen: • Gibt es unter Umst¨anden mehrere neutrale Elemente in einer Gruppe? • Gibt es Gruppen, in denen manche Elemente mehrere inverse Elemente besitzen? Die Antwort ist einfach, wie das folgende Lemma zeigt. Lemma 1.11 Fu¨r jede Gruppe (G, ·) gilt 1. Das neutrale Element e von (G, ·) ist eindeutig. 2. ∀a∈G: das Inverse a−1 zu a ist eindeutig. 3. ∀a∈G: (cid:0)a−1(cid:1)−1 =a. 4. ∀a, b∈G: (a · b)−1 =b−1· a−1. 5. ∀a, b∈G: die Gleichungen a · x = b y · a = b besitzen eindeutige L¨osungen x und y in G. Korollar 1.12 Es gilt die Ku¨rzungsregel. a · g = a · h ⇒ g = h g · a = h · a ⇒ g = h Beweis. (zu Lemma 1.11) Zu 1. Seien e und e(cid:48) zwei neutrale Elemente in G. Da e neutral ist, gilt e·e(cid:48) = e(cid:48). Da e(cid:48) neutral ist gilt auch e·e(cid:48) = e. Somit folgt die Gleichheit e=e(cid:48) was ein Widerspruch zur Annahme ist, dass e und e(cid:48) verschieden sind.

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