Aktueller Stand der Thrombolysetherapie Herausgegeben von J. van de Loo und F. Asbeck Mit Beiträgen von H. Arnesen, F. Asbeck, F. Bachmann, D. Collen, K.-D. Grosser, R. Schröder, W. Theiss Mit 6 Abbildungen und 16 Tabellen Springer- Verlag Berlin Heidelberg N ew York Tokyo Professor Dr. J. van de Loo Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Albert-Schweitzer-Str. 33 4400 Münster Professor Dr. F. Asbeck 1. Medizinische Klinik des Städtischen Krankenhauses Metzstr. 53-57 2300 Kiel CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Aktueller Stand der Thrombolysetherapie / hrsg. von J. van de Loo u. F. Asbeck. - Berlin ; Heidelberg ; New York ; Tokyo : Springer, 1985. ISBN-13: 978-3-540-15076-3 e-ISBN-13: 978-3-642-70206-8 DOI: 10.1007/978-3-642-70206-8 NE: Loo, Jürgen van de [Hrsg.] Das Werk ist urheberrechtlieh geschützt. Die dadurch begründeten Rech te, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe aufphotomechani schem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbei tungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehal ten. Die Vergütungsansprüche des § 54, Abs. 2 UrhG werden durch die "Ver wertungsgesellschaft Wort", München, wahrgenommen. © Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 1985 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1985 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeich nungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeich nung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzei chen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Appli kationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall an hand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Fotosatz: Graphischer Betrieb Konrad Triltsch, Würzburg 2127/3020-543210 Vorwort Die Entwicklung neuer thrombolytisch wirksamer Medikamente einer seits und ein rascher, auch technologisch bedingter Fortschritt moderner Gefäßchirurgie andererseits sind notwendige Gründe, um den Wert der medikamentösen Thrombolyse erneut abzufragen. Der potentielle Nut zen der Wiedereröffnung eines thrombotisch verschlossenen Gefäßes muß in einem vertretbaren Verhältnis zu den potentiellen Gefahren des Verfahrens stehen. Dabei hat sich gezeigt, daß die angiographisch erwie sene Wiedereröffnung eines Gefäßes u.V. nur ein vorübergehender Teil erfolg ist und in die Beurteilung des Verfahrens unbedingt der langfristi ge Nutzen, etwa die Häufigkeit postthrombotischer Syndrome oder die Letalität nach Herzinfarkt, mit einbezogen werden müssen. Vnerläßlich ist darüber hinaus die Analyse der Komplikationen. Dieser Aufgabe hat sich eine Gruppe der auf diesem Gebiete erfah rensten europäischen Kliniker gestellt und beim Deutschen Hämatolo gen-Kongreß 1983 in Münster in Vorträgen und einem langfristig vorbe reiteten Tischgespräch eine kritische Analyse der derzeitigen Situation gegeben. Vielleicht stellt dieses Buch eine Art abschließender Wertung der ersten Generation von Thrombolytika - Streptokinase, Vrokinase - dar, wo die zweite Generation - Gewebe-Aktivatoren des fibrinolyti schen Systems - eben in die klinische Erprobung eingeführt werden. Die Herausgeber sind den Autoren für die konzise und kritische Dar stellung ihrer Themen zu Dank verpflichtet. J. van de Loo und F. Asbeck v Liste der Beitragsautoren H. Arnesen Department ofInternal Medicine, Red Cross Hospital, Frederick Stangs Gate 11-13, Oslo 2, Norway F. Asbeck 1. Medizinische Klinik des Städtischen Krankenhauses, Metzstr. 53-57, D-2300 Kiel, FRG F. Bachmann Laboratoire Central d'Hematologie, Centre Universitaire Vaudois, CH-IOll Lausanne, Switzerland D. Collen Center for Thrombosis and Vascular Research, Department ofMedical Research, K. U. Leuven - Campus Gasthuisberg, Herestraat 49, B-3000 Leuven, Belgium K.-D. Grosser Städtische Krankenanstalten Krefeld, D-4150 Krefeld, FRG B. Kirchhof Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Münster, Albert-Schweitzer-Str. 33, D-4400 Münster, FRG K. Knoch Städtische Krankenanstalten Krefeld, D-4150 Krefeld, FRG M. Martin Geriatrische Klinik der Städtischen Kliniken Duisburg, Zu den Rehwiesen 9, D-4100 Duisburg, FRG H. Niessner I. Medizinische Universitätsklinik, Lazarettgasse 14, A-1090 Wien, Austria VII R. Schröder Klinikum Steglitz der PU Berlin,Kardiologische Abteilung, Hindenburgdamm 30, D-lOOO Berlin 45, FRG W Theiss 1. Medizinische Klinik und Poliklinik rechts der Isar der Technischen Universität München, Ismaninger Str. 22, D-8000 München 80, FRG R. Zimmermann Medizinische Klinik der Universität Heidelberg, Bergheimer Str. 58, D-6900 Heidelberg, FRG VIII Inhaltsverzeichnis Pathophysiologie des fibrinolytischen Systems F. Bachmann Biological and Thrombolytic Properties ofNatural and Recombinant Human Tissue-Type Plasminogen Activator (t-PA) 17 D. Collen Thrombolytic Treatment ofPeripheral Venous OccIusion. Critical Analysis of Benefit and Risk ....... . 25 H. Arnesen Thromboembolie der Lunge 33 K-D. Grosser, K Knoch Intravenöse Streptokinase-Kurzzeitinfusion bei akutem Myokardinfarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 R. Schröder Das hämostatische System während intrakoronarer und intravenöser Fibrinolysetherapie des Herzinfarktes 55 W Theiss Aktuelle Konzepte der Thrombolyse-Therapie . . . . . . .. 65 F. Asbeck, H. Arnesen, F. Bachmann, K -D. Grosser, B. Kirchhof, M. Martin, H. Niessner, R. Schröder, W Theiss, R. Zimmermann (Zusammenfassung eines Rundtischgespräches unter Leitung von F. Asbeck) Sachverzeichnis . . . . . . 81 IX Pathophysiologie des fibrinolytischen Systems F. Bachmann Als Hämato1ogen wissen Sie ja alle, daß intravaskuläre Fibrinablagerun gen durch das Enzym P1asmin abgebaut werden können, und daß das Blutplasma ein Proenzym, das P1asminogen enthält. Im Plasma kann das P1asminogen durch verschiedene P1asminogenaktivatoren in P1asmin umgewandelt werden (Abb. 1). Zwei dieser Aktivatoren sind gut charak terisiert, der Gewebeaktivator, auch vaskulärer Aktivator genannt und die Urokinase. Die Plasminogenaktivatoren im menschlichen Blut Der Gewebeaktivator hat ein Molekulargewicht von 68 000. Es ist nicht klar, ob er in Form einer inaktiven Vorstufe existiert. Die Urokinase kommt im Plasma in Form einer inaktiven Vorstufe, der Prourokinase vor. Sowohl der Gewebeaktivator wie die Urokinase bestehen aus einer A-Kette und einer B-Kette. Letztere enthält das aktive Zentrum. Dank den Arbeiten von Pennica et al. (1982) und Wallen et al. (1982) ist die Aminosäurensequenz des Gewebeaktivators bekannt. Die A-Kette hat ein Molekulargewicht von ca. 36 000 und besteht aus 278 Aminosäuren (Abb.2). Sie enthält 2 Kringels (95-176 und 183-264), aufgeknäuelte Strukturen, die wahrscheinlich rur die Bindung des Gewebeaktivators ans Fibrin verantwortlich sind. Diese zwei Kringels weisen eine hohe Aminosäuren-Homologie mit dem einzigen Kringel auf, der sich in der A-Kette von Urokinase befindet (49%) und mit dem vierten (37%) und runften (45%) P1asminogenkringel. Durch limitierte Proteo1yse des Ein ketten-Gewebeaktivators kann die Peptidbindung Arg27s-Ile279 gespalten werden, wobei die Zweikettenform entsteht, die nur noch durch eine Disulfidbrücke zusammengehalten wird. Die B-Kette hat ein Molekular gewicht von ca. 32000 und enthält 252 Aminosäuren, darunter die drei rur das aktive Zentrum verantwortlichen typischen Aminosäuren, die sich bei allen trypsinähnlichen Serinproteasen finden: Histidin in Posi tion 325, Spargelsäure in Stellung 374 und Serin in Position 481. Die B-Kette weist denn auch beträchtliche Aminosäuren-Homologien mit den B-Ketten anderer Serinproteasen auf, wie zum Beispiel mit Kalli- Endothelzelle ~ Faktor XII, Hochmolekulares Kininogen, Prökallikrein, \ Faktor Xl ----- C;-Inhibitor 1 Einketten - Gewebeaktivator Prourokinase ( 68000) (54000) Pro aktivator ? I /////' spezi - spezi- ./ \ fischer </,' '- fischer Anti- Plasmin Anti aktivator ' "- aktivato (40000) " Zweiketten _ Zweiketten - / (40000) Gewebeaktivator Urokinase (68000) Aktivator? (54000) \ / Plasminogen Plasmin ---- ocl Antiplosmin Abb. 1. Die wichtigsten Aktivatoren und Inhibitoren des fibrinolytischen Sy stems Aktivation -->; Inhibition ----> krein (34%), Urokinase (45%) und mit Plasmin (39%) (Bachmann und Kruithof, 1984). Hochgereinigter Gewebeaktivator enthält ca. 7% Koh lenhydrate, jedoch ist es möglich, ihn mittels Gel-Elektrophorese in zwei Varianten aufzutrennen, die einen unterschiedlichen Gehalt an Kohlen hydrat haben. Variante I ist am Asn 120, 187 und 451 glykosyliert, die Variante 11, die ein um 3000 kleineres Molekulargewicht hat, nur am Asn 120 und 45l. Dank der Arbeiten von Günzler et al. (1982) und von Steffens et al. (1982) ist auch die Primärstruktur der Prourokinase bekannt. Die A-Ket te hat ein Molekulargewicht von ca. 22000 und besteht aus 158 Amino säuren. Die Prourokinase enthält nur einen Kringel (50-131) und die Af finität von Prourokinase zum Fibrin ist demzufolge viel schwächer als die des Gewebeaktivators. Der Urokinasekringel hat viele Aminosäuren homologien mit dem zweiten Gewebeaktivatorkringel (49%) und dem fünften Kringel des Plasminogens (39%). Die Prourokinase wird durch li mitierte Proteolyse zwischen LYS158 und Ile159 gespalten und damit in die klassische hochmolekulare Urokinase übergeführt, bei der A-Kette und B-Kette nur noch durch eine einzelne Disulfidbrücke (CYS148-CYS279) zu sammengehalten werden. Die B-Kette der Urokinase hat ein Molekular- 2 A-Kette B- Kette 4 120 187 278 279 325 374 451 481 530 Gly -Ala -Arg -5er Asn Asn Arg Ile His Asp Asn 5er Pro y NH2~1-------'''Y''''''.Y''''.r~ * * * I COOH L=5-5~ Gewebeoktivolor ~--------36-0-00- -(2-78- A-s-) --------~II~------3-20-0-0 -(-25-2 -A-s)- -------~ 158 159 204 255 302 356 411 5er Lys Ile His Asp Asn 5er Leu y * * * NH21 11 =::::J I COOH 5 -5 Urokinose 11 22000 (158 As) 32000 (253 As) Abb. 2. Die Primärstrukturen der A und B Ketten von Gewebeaktivator (530 Aminosäuren) und von Urokinase (411 Aminosäuren). Folgende wichtige Aminosäuren sind angegeben: Amino- und Carboxylterminal, Peptidbindung an der Spaltungsstelle zwischen A und B Kette, Aminosäuren die bei der Bildung des aktiven Zentrums beteiligt sind (*) sowie die Asparagine, die Kohlenhy dratereste aufWeisen (Y). Die Kringelregionen sind durch dicke Striche hervor gehoben gewicht von ca. 32 000 und enthält 253 Aminosäuren und ebenfalls, an der gleichen Stelle wie der Gewebeaktivator, die 3 obligaten Aminosäu ren, die zusammen das aktive Zentrum ausmachen. Es sind dies His204, Asp2ss und Ser3S6' Wiederum bestehen ausgeprägte Aminosäuren-Ho mologien zu anderen Serinproteasen wie z. B. zu Kallikrein (33 %), Gewe beaktivator (45%) und zu Plasminogen (35%). Die Urokinase scheint nur an einer einzigen Stelle glykosyliert zu sein, am Asn302 . Die Abbildung I zeigt, daß es noch ein drittes Aktivatorsystem gibt, um Plasminogen in Plasmin überzufuhren. Dieses System ist von der Kontaktphase der Blutgerinnung abhängig. Man weiß schon lange, daß die Aktivierung der Kontaktphase durch Glas, Kaolin, Ellagsäure oder Dextransulfat zu einer merklichen Stimulierung der fibrinolytischen Aktivität im Plasma fuhrt. Wir wissen auch, daß das Kallikrein und der Faktor Xla Plasminogen direkt in Plasmin umwandeln können. Die Effizienz dieser Reaktion ist aber sehr klein, und es besteht noch kei ne Klarheit über den tatsächlichen Wirkungsmechanismus dieses mittle ren Anteils der Plasminogenaktivierung. 3