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Aktuelle Medientrends in den USA: Journalismus, politische Kommunikation und Medien im Zeitalter der Digitalisierung PDF

321 Pages·2001·7.72 MB·German
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J. Hans Kleinsteuber (Hrsg.) Aktuelle Medientrends in den USA J. Hans Kleinsteuber (Hrsg.) Aktuelle Medien trends in den USA ] ournalismus, politische Kommunikation und M edien im Zeitalter der Digitalisierung Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz fur diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhăltlich. 1. Autlage August 2001 AIIe Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 2001 Urspriinglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Wiesbaden 2001 Lektorat: Monika Miilhausen [email protected] www.westdeutschervlg.de Das Werk einschlieBlich aHer seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Ver wertung aullerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim mung des Verlags unzulăssig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfăltigun­ gen, Dbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wăren und daher von jeder mann benutzt werden diirften. Gedruckt auf săurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt Titelbild: Hans J. K1einsteuber ISBN 978-3-531-13494-9 ISBN 978-3-663-07786-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-07786-2 Inhalt Hans J. Kleinsteuber Vorwort ....................................................................................................................... 7 Hans J. Kleinsteuber Einleitung .................................................................................................................... 9 TheoSommer Amerikanischer Journalismus im Zeitalter des Info-Highways ................................. 24 Hans J. Kleinsteuber Medien und Technik in den USA .............................................................................. 30 Teil1: Journalisten im Zeitalter von Computern und Netzen Siegfried Weischenberg Das Ende einer Ara? Aktuelle Beobachtungen zum Studium des kiinftigen Journalismus .............................................................................................................. 61 Frank Esser und Bettina Kaltenhiiuser The Modern Newsroom. Innovative Redaktionsstrukturen amerikanischer Tageszeitungen .......................................................................................................... 83 Stephan Ruj3-Mohl Benchmarking. Transparenz und Interaktivitat bei fiihrenden amerikanischen Zeitungen ....................................................................................... 10 9 Laura Downhower Total News -American Journalism in the Internet Age ......................................... .l26 Manfred Redeifs Computer-Assisted Reporting als neue Form der Recherche - von Dirty Dining bis Redlining ............................................................................... 140 Sybille Kurz Managing Diversity -Strategien gegen stereotype Darstellungen von ethnischen Minderheiten ......................................................................................... 154 6 Inhalt Michael Haller Medienjoumalismus: Instrument der joumalistischen Selbstreflexion .................... 169 Teil2: Neueste Trends der politis chen Kommunikation Christoph Rybarczyk A little bit of Monica in my life Wie Pop-Prasident Bill Clinton die Medien tiberlebte ............................................ 179 Ralf Stegner Politik als mediales Theater. ................................................................................... 197 Hans J. Kleinsteuber Der Skandal Clinton-Lewinsky und die Medien ..................................................... 200 Marion G. Muller vorBild Amerika? Tendenzen amerikanischer und deutscher Wahlkampfkommunikation ................. .228 Kathrin Voss Amerikanisierung? -Die USA in der Berichterstattung zum Bundestagswahlkampf 1998 ............................................................................ 252 Christoph Bieber Politische Online-Inszenierungen ............................................................................ 265 Teil3: Neue Techniken - Neue Inhalte Marcel Rosenbach Digital Deadlock Auch die USA scheitem am hochauflosenden Femsehen (HDTV) ........................ 283 Michael E. Nitz Media Coverage of Environmental Issues ............................................................... 302 Autorenverzeichnis .................................................................................................. 324 Vorwort Die hier versammelten Beitrage sind in der groBen Mehrzahl im Zusammenhang einer Tagung entstanden, die im November 1999 am Amerikazentrum Hamburg unter dem Titellief: "Zwischen Info-Highway und Computer Assisted Journalism". Das Amerikazentrum Hamburg war 1997 als Nachfolgeeinrichtung des Amerika hauses begriindet worden, nachdem die amerikanische Seite entschieden hatte, das traditionsreiche Kulturzentrum in der Hansestadt nicht we iter zu betreiben. Ein Teil der Bestande und Leistungen des alten Amerikahauses wurde in neue Baulichkeiten des Zentrums im nahen Curiohaus transferiert, weil leider auch die alte Heimstatt aufgegeben werden musste. Das Amerikazentrum basiert auf einem Tragerverein, dem im Jahre 2001 mehr als achthundert Mitglieder angehOren, dazu kommen ein Kuratorium mit Personlichkeiten des Offentlichen Lebens (wie auch Dr. Theo Som mer) und eine Stiftung zur Forderung des Zentrums. Das Amerikazentrum, dessen Vorsitzender der Herausgeber dieses Bandes ist, befindet sich finanziell nach wie vor in einer schwierigen Situation und Veranstaltungen wie diese sollen in der Stadt und in Norddeutschland fiir seinen Fortbestand werben. Die genannte Konferenz war seinerzeit durch eine groBzugige Spende der Kor ber-Stiftung an das Amerikazentrum ermoglicht worden, wofiir sich der Herausgeber herzlich bedankt. Fur die Buchfassung wurde der Titel geandert und es wurden noch einzelne zusatzliche Beitrage aufgenommen, die sich gut in die Gesamtthematik einfiigten. Die Publikation dieses Buches wurde untersttitzt durch die Medien Stif tung Hamburg, der hiermit gleichfalls gedankt wird. Dem Amerikazentrum und besonders dem Vertreter des u.S. Generalkonsulats Manfred Strack und Elisabeth Engel sei fiir die organisatorische Hilfe bei der Durchfiihrung der Tagung gedankt. Tanja Loitz hat mich bei der Vorbereitung der Tagung untersttitzt und die technische Herstellung des vorliegenden Buches ubernommen. Ihr gilt me in ganz besonderer Dank. Hamburg, im Februar 2001 Hans J. Kleinsteuber Einleitung Hans J Kleinsteuber Aktuelle Medientrends in den USA? Zugegeben ein Allerweltstitel - zumal seit Ge nerationen Innovationen in den Bereichen von Kommunikationstechnik und Journa lismus gleichermaBen aus den USA zu uns heriiberschwappen. Man kann etwas vereinfacht sagen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika schon kurz nach ihrer Griindung damit begannen, medienrelevante Konzepte zu exportieren. (Wie sehr diese bis heute deutsche Journalisten und Medienverantwortliche beschaftigen, wird an den einleitenden Ausfuhrungen Theo Sommers deutlich.) Erstmals richtete sich die Aufmerksamkeit in Richtung USA wegen den in der Verfassung verankerten Vorstellungen zu einer Presse, frei von irgendwelchen Einschrankungen, wie sie unmissverstandlich im ersten Zusatz, dem First Amendment, ihren Niederschlag fand. Damit wurde -urn es neudeutsch auszudriicken -eine Art Benchmark der Pres sefreiheit gesetzt, die seitdem fur Europa eine extreme Position markiert. 1m Grund gesetz wurde ein anderer Weg gewahlt, im Artikel 5 wird die im ersten Absatz ga rantierte Pressefreiheit im darauffolgenden Absatz unter den Vorbehalt der allge meinen Gesetze gestellt. Allerdings, wie auch immer die Norm in den USA aussieht, wir wissen nur zu gut, dass es auch dort faktische Einschrankungen dieser Freiheiten gibt, die sich z. B. aus den Besitzverhaltnissen an den Medien und deren kommer zieller Grundorientierung ergeben. Aber die friihen USA, bestehend aus dreizehn abtriinnigen Kolonien und vor al lem agrarisch orientiert, standen noch jahrzehntelang im Schatten der groBen europa ischen Machte. Umso mehr muss erstaunen, dass dieses, an der Peripherie des briti schen Weltreichs entstandene Land, sich alsbald zum SChrittmacher in Sachen Me dien mauserte. Dort, jenseits des Atlantik, wurde in den spaten 1830er Jahren von Samuel Morse der Telegraphen-Apparat erfunden, welcher den Informationstrans port in unglaubliche Dimensionen beschleunigte und u. a. die Griindung der Wire Agencies, der Weltnachrichtenagenturen ermoglichte. Dort wurde - gleichfalls in dies en kreativen 1830em -erstmals mit der One-Pen ny-Press experimentiert, einem Zeitungstyp, der preiswert genug war, urn neue, bisher nicht erreichbare Leserschaf ten zu erschlieBen - was Sinn gab, da inzwischen, basierend auf einer umfassenden Schulpflicht, zumindest aBe freien Amerikaner die Chance erhielten, das Lesen zu erlemen. So entstand - mit allen Vorteilen und Belastungen - eine Friihform der modemen Boulevardzeitung, die in den USA weite Teile der Pressemarkte be herrschte, bis sie yom Femsehen verdrangt wurde und heute im Vergleich zu Deutschland von geringerer Bedeutung ist. Dort setzte eine neue Revolution mit der Entwicklung der Linotype (1886) ein, der mechanischen Setzmaschine, wie sie der Deutsch-Amerikaner Ottmar Mergenthaler entworfen hatte, welche die Mechanisie- 10 Hans J. Kleinsteuber rung des Zeitungssatzes ermoglichte. 1m Ringen der ersten Generation von Zei tungsmogulen miteinander -William Randolph Hearst und Joseph Pulitzer -vor dem Ersten Weltkrieg entstanden standig neue publizistische Konzepte: Farbe kam auf das Titelblatt und auf die inneren Seiten (Yellow Press), die Blatter wurden bebil dert, der Comic hielt Einzug. Europaer beobachteten die amerikanischen Zeitungs markte und ubernahmen Konzepte, wenn immer es ihnen sinnvoll schien. In jenen Jahren begann auch die Debatte urn die ethische Seite der Medien und des journalis tischen Geschafts; Pulitzer setzte sich ein fur die Erstellung von Ethikkodizes und fdrderte die professionelle Ausbildung in universitaren Journalistenschulen. Etwas anders lag es bei der technischen und publizistischen Entfaltung der neuen Funktechniken nach der Jahrhundertwende. Der italienisch-englische Funkpionier . Guglielmo Marconi machte entscheidende Entdeckungen in Europa, auch wenn er alsbald seine Experimente auf be ide Seiten des Atlantik ausdehnte. Wahrend sich das demokratische Europa auf das Modell eines Public Service bei Radio und spater Fernsehen verstandigte, entstanden in den USA sehr friih kommerzielle Nutzungs modelle - die Europa seit den 80er Jahren meinte, im groBen Stil ubernehmen zu mussen. Die moderne Computertechnik entstand bekanntlich wieder richtungswei send in den USA. Anfangs eroberten Mabiframe-GroBcomputer mit angeschlossenen Terminals die Redaktionen, darauf wurden Personal Computer eingesetzt und rund urn das Internet entstand eine neue Qualitat von Berichterstattung und Inhalte Prasentation, der Online-Joumalismus. Wie mehrere Artikel in diesem Band bele gen, ubernehmen die USA auch hier wieder Schrittmacherfunktion und setzen wich tige Markierungspunkte. Wer sich fur publizistische Konzepte interessiert, die auf dieser digitalen Zeitenwende aufbauen, wird in dies em Buch eine ganze Reihe origi neller Beitrage finden. Nicht ganz so eindeutig erweist sich die amerikanische Hegemonie bei der tech nischen Digitalisierung der Medien, bei der die Europaer mitmischen, sie fuhren z. B. bei der Digitalisierung des Horfunks mit ihrem Digital Audio Broadcasting (DAB) - das sich freilich als eher glucklos erweist. Beim digitalen terrestrischen Fernsehen sind beide Kontinente verschiedene Wege gegangen, diesseits des Atlan tik stehen heute Vielkanalangebote im Vordergrund, dort zusatzlich noch das hoch auflosende HDTV - uRd beide haben noch nicht den Durchbruch erreicht. Alles in aHem unterstreicht der (hier zugegeben) etwas grol3flachige Vergleich der Entwick lungen, dass individualistische und interaktive Nutzungen neuer Techniken und deren Anwendung eher zur technischen Kultur der Nordamerikaner passen, wahrend koHektive und gerichtete Formen eher in Europa ihren Ausgang nahmen (ein Sach verhalt, mit dem sich der einleitende Artikel von Kleinsteuber auseinandersetzt). Auch im Bereich der politis chen Kommunikation standen die USA mit ihrem friih entwickelten System von demokratischen Institutionen und Wahlverfahren in einer Vorreiterrolle. Schon in den ersten Jahren der gerade begriindeten Vereinigten Staaten wurde zur Praxis, dass aIle Mandate politischer Entscheidungstrager auf Zeit und in Wahlen besetzt werden. Folglich begleiten politische Wahlkampfe die Ge- Einleitung 11 schichte des Landes von den ersten Tagen bis zum letzten groJ3en Wahlkampf im lahre 2000. Da zudem ein ausgebautes und experimentierfreudiges Medienangebot ohne gesetzliche Fesseln bestand, konnten aile Medien von den Wahlkampfstrategen jeweils entsprechend ihrem Entwicklungsstand und den wechselnden Bedarfslagen eingesetzt werden. 1m Ergebnis haben sich beide, die Medien und deren Einsatz im Wahlkampf, im Gleichschritt weiterentwickelt. Aber nicht nur damit beschaftigen sich Beitrage in dies em Buch. Fast allumfassend wird bei uns seit einigen lahren die "Amerikanisierung" der deutschen Wahlkampfe beklagt, Grund genug, sich in ver gleichender Perspektive mit der Stichhaltigkeit dieser Behauptung auseinander zu setzen. Weil die meisten neuen Strategie-Konzepte zuerst in den USA ausgetestet wer den, pilgern deutsche Politiker und Fachleute des politischen Marketing seit lahren in beachtlicher Zahl zu Wahlkampfzeiten in die USA, urn neue Anregungen einzu sammeln und hier auszuwerten. Der Stem berichtete im Sommer 2000 von zahlrei chen "Pol it-Touristen", welche den Atlantik iiberquerten, urn ziindende Ideen fUr die eigene Wahlschlacht 2002 zu finden. Einer der Reisenden, Guido Westerwelle (FDP), wurde wahrend der National Convention der Republikaner befragt und fasste seinen selbstgestellten Auftrag in die Formel zusammen: "Nicht kopieren, nur kapie ren" (Bielicki 2000). An der Oberflache mag es so scheinen, dass sich die deutschen Wahlkampfe "amerikanisieren", aber in diesem Buch finden sich gute Belege darur, dass die Zusammenhange deutlich komplexer sind. Derzeit wird eine "Amerikanisie rungsthese in der politischen Kommunikation" intensiv zwischen Kommunikations und Politikwissenschaft diskutiert und die meisten Autoren warnen vor vereinfach ten Schliissen (Kamps 2000). Die staatlich kaum regulierten Austauschverhaltnisse zwischen Medien und Pol i tik haben keineswegs nur positive Ergebnisse gebracht. Die Abwanderung der Wahlkampfe in das privat-kommerzielle Fernsehen wurde in den USA massiv kriti siert, Hoffnungen werden heute vor all em in das Internet als interaktives Medium gesetzt. Schliel31ich wussten wir in Deutschland angesichts des amerikanischen Vor bilds, was passiert, wenn kaufliche TV -Werbespots zum wichtigsten Instrument im Wahlkampf werden und erschwerten vor einigen lahren deren Einsatz durch rund funkvertragliche Einschrankung: "Werbung politischer, weltanschaulicher und reli gioser Art ist unzulassig", wie es im §7 (8) des Vierten Rundfunkanderungsstaats vertrags yom 1. April 2000 heiJ3t. Die USA konnen im Umfeld vergleichender For schung also auch als eine Art soziales Grol3labor interpretiert werden, in dem sich die Leistungen gesellschaftlicher Ordnungsmodelle wie unter einem Brennglas beo bachten und bewerten lassen. Bleibt zu hoffen, dass wir in der Analyse aktueller Trends in den amerikanischen Medien die richtigen Schliisse ziehen, Sinnvolles iibernehmen und von falschlaufenden Trends die Finger lassen. Urn die Ubersicht zu erleichtern, werden nachfolgend zentrale Aussagen der hier versammelten Beitrage zusammengefasst und benachbarte Artikel zueinander ins Verhaltnis gesetzt. Theo Sommer leitete mit seinem Beitrag in die Thematik des 12 Hans J. Kleinsteuber Tages ein. Er stellte die Frage nach der Zukunft des gedruckten Worts und der Zei tung angesichts all der neuen digital en Techniken, die auf den Markt drangen. Seine Antwort: Gefahren kommen nicht aus der Ecke der Technologie, sondern aus der Verflachung des Journalismus, seine Anfalligkeit fUr Sensationen und Hybris. Und nirgendwo lassen sich diese Gefahren besser ablesen als in den USA. Ein kurzer Ritt durch die amerikanische Mediengeschichte weist Hohen und Tiefen auf, groJ3e Pub lizisten wie Walter Lippmann pragten das Verstandnis von Publizistik, die hochge achtete Tradition eines investigativen Journalismus beflugelte Generationen von Joumalisten, die Presse intervenierte mit mas siver Kritik in den Vietnamkrieg. Aber wir finden auch das Gegenteil: Zynismus, kurzatmigen und oberflachlichen attack journalism, das Fernsehen interessiert sich mehr fUr celebrities als die vertiefte Ana lyse, Vulgares und billige Effekte stehen im Mittelpunkt. Zuriickkommend zur Zu kunft von Zeitung und Zeitschrift mahnt Sommer Gelassenheit an, in zwanzig Jahren a werde es neben dem Durcheinander la Internet und der elektronischen Zeitung in den USA wie in Deutschland immer noch das gute alte Produkt auf Papier geben. In dem folgenden Oberblicksartikel setzt sich Hans J. K1einsteuber mit der Fra ge auseinander, ob es universelle Sichtweisen von Medien und ihrer Evolution gibt oder kulturelle und historische Pragungen spezifische Perspektiven entstehen lassen. Hier wird am Beispiel der Frage, wie Medientechnik entsteht und welchen Leitbil dern sie folgt, die These aufgestellt, dass Technikentwicklung nicht einem quasi ubergesellschaftlichen Sachzwang unterworfen ist, sondern in einer standigen Wech selwirkung zur Gesellschaft entsteht, ein Prozess, an dem Ingenieure und Techniker ebenso beteiligt sind wie Wissenschaftler aller Couleur, Geschaftsleute, Politiker oder auch einfache Burger. In Deutschland besteht eine lange Tradition, Techniken ihrer Natur nach fUr neutral zu halten, die ihren gesellschaftlichen Sinn erst durch Entscheidung der politisch Verantwortlichen erhalten, wobei ihnen die Aufgabe zukommt, Chancen und Risiken gegeneinander abzuschatzen. In der amerikanischen Sichtweise werden neue Techniken meist per se als positiv eingeschatzt, folglich wurde auch die Digitalisierung der Medien fast ungebrochen optimistisch begriiJ3t; bereits in den 80er Jahren wurden sie als "Technologies of Freedom" (de Sola Pool) geadelt. In dieser Sichtweise wird behauptet, die "Entmachtung" der einst wenigen Herren uber die riesigen Mainframe-Computer und die Aufstockung des Einzelnen mit individueller Computer-Power fUge sich in eigene, individualistische Linien der Technikgeschichte ein. Das Internet knupfe insoweit an alte Versprechungen an, zeige sich in seiner technischen Vercodung wie die Umsetzung alter Traume von Individualitat und Selbstbestimmtheit, erscheint wie ein in Technik eingefrorener "amerikanischer Traum" vom besseren Leben. Diese vorherrschende Einstellung steht nur oberflachlich im Widerspruch zu ei ner zweiten Beobachtung, namlich dass aus den USA gleichzeitig immer schon die hartesten Kritiker von Medientechniken und ihrer Ausbeutung durch den Kommerz kamen. In keinem anderen kulturellen Kontext wurden neue Techniken gleichzeitig so radikal kritisiert, wird z. B. in der Vorstellung der "Megamaschine" (Mumford)

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