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Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich PDF

220 Pages·1971·96.759 MB·German
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Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich von Dietrich Claude VORTRÄGE UND FORSCHUNGEN Sonderband 8 • Herausgegeben vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte JAN THORBECKE VERLAG SIGMARINGEN DIETRICH CLAUDE Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich VORTRÄGE UND FORSCHUNGEN Sonderband 8 • Herausgegeben vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte JAN THORBECKE VERLAG SIGMARINGEN © 1971 Jan Thorbecke Verlag KG Sigmaringen Gesamtherstellung: M. Liehners Hof buchdruckerei KG • Sigmaringen Printed in Germany INHALT i. Einleitung 5-10 2. Die Frühzeit 10­20 Das Königtum des gotischen Gesamtstammes 11 ­ Die »Richter« der Westgoten 12 ­ Die Kleinkönige 16 ­ Der Adel 18 3. Die Zeit der Wanderungen im Römischen Reich 21­36 Die Erhebung Alarichs 21 ­ Das Königtum Athaulfs 29 ­ Die Kleinkönige und der Adel während der Wanderungen 31 4. Das tolosanische Reich (418­507) 36­46 Die Dynastie Theoderichs I. 36 ­ Der Adel 39 ­ Das Ge­ folgschaftswesen 40 ­ Die einfachen Freien 44 — Der senatorische Adel 44 5. Die Jahrzehnte der Reichskrise (507­568) . . .. 47~54 Theoderich d. Gr. und die Vereinigung mit dem Ostgoten­ reich 47 ­ Die Rückkehr zur Wahlmonarchie 48 ­ Der Adel 50 6. Die Dynastie Leovigilds (568­603) 5 5—91 Die autonomen Gebiete Spaniens 55 ­ Die adelsfeindliche Politik Leovigilds 59 ­ Die Imperialisierung des König­ tums 61 ­ Die Hofämter 67 ­ Die Münzprägung 70 ­ Toledo als Hauptstadt 73 ­ Stärkung des Königtums 73 ­ Die Konversion der Westgoten 77 ­ Die Konsequenzen der Konversion für das Königtum 77 ­ Die rechtliche Stellung der Vornehmen 80 ­ Reccared und der Adel 89 7. Die Rückkehr zur Wahlmonarchie (603­642) . . . 91­115 Die Königserhebungen 91 ­ Das officium palatinum 92 ­ Die Absetzung Suinthilas 95 ­ Sisenand und das 4. Tole­ tanum 97 ­ Chintila, das 5. und das 6. Toletanum 102 ­ Episkopat und Adel 108 8. Chindasvinth und Reccesvinth (642-672) . . .. 115-154 Die Unterdrückung des Adels durch Chindasvinth 115 ­ Die Königssklaven 122 ­ Chindasvinth und die Kirche 124 ­ Chindasvinths Briefe an Braulio 126 — Die Erhebung Reccesvinths 131 ­ Reccesvinth und das 8. Toletanum 133 — Der Konflikt zwischen König und Konzil 136 ­ Die Gesetz­ gebung Reccesvinths 146 ­ Das Eigenkirchenwesen 148 ­ Die westgotischen Schieferdokumente 150 9. Die letzten Jahrzehnte des Westgotenreiches (672­711) 154­202 Die Wahl Wambas 154 ­ Die Königssalbung 155 ­ Die Darstellung Wambas im Werk Julians von Toledo 157 ­ Die Kirchenpolitik Wambas 162 ­ Wambas Gesetzgebung 164 ­ Die Erhebung Ervigs 166 - Die Verchristlichung des Königtums unter Ervig 167 ­ Das 12. Toletanum 170 ­ Die Gesetzgebung Ervigs 173 ­ Das 13. Toletanum 177 ­ Die Designation Egicas 184 ­ Das 15. Toletanum 185 ­ Die Gesetzgebung Egicas 191 ­ Die Erhebung Witizas 194 ­ Die Wahl Roderichs 195 ­ Der Adel in der Spätzeit des Reiches 198 10. Zusammenfassung 202­210 11. Die Könige der "Westgoten 211 12. Register 212­214 Adel, Kirche und Königtum im Westgotenreich i. EINLEITUNG Königtum und Adel sind ­ neben der Kirche ­ die beherrschenden politischen Kräfte nicht nur des mittelalterlichen deutschen Reiches, sondern auch seiner Nachbarstaaten. Beide Faktoren, die oftmals in scharfem Gegensatz zueinander standen, bestimmten die Verfassungs­ geschichte fast aller mittelalterlichen Staatsbildungen. Deshalb ist es naheliegend, den Beziehungen beider Mächte auch in den germanischen Königreichen auf ehemals römischem Boden nachzugehen. Das West­ gctenreich beansprucht in diesem Zusammenhang besonderes Interesse, weil es seine reichen profanen und kirchlichen Quellen gestatten, die Entwicklung von Adel und Königtum eingehender als anderswo zu untersuchen. Zwar verhinderte sein Zusammenbruch 711 eine unge­ brochene Fortentwicklung des Verfassungslebens in das hohe Mittel­ alter, doch ist die Bedeutung der westgotischen Reichsbildung als Modell eines Staatsaufbaus im Frühmittelalter sehr hoch zu veran­ schlagen, wobei vor allem die Ausbildung transpersonaler Staatsauf­ fassungen und der damit verbundene hohe Grad an »Staatlichkeit« bemerkenswert ist. Wie W. Stach mit Recht feststellte, hält das West­ gotenreich an geschichtlicher Bedeutung einen Vergleich mit dem Fran­ kenreich aus, es ist dem Ostgoten­ oder Burgunderreich an Macht und historischer Tiefenwirkung überlegen z). Ein schwerwiegendes Hindernis einer derartigen Untersuchung ist die Tatsache, daß in unseren Quellen das Königtum zuungunsten des Adels sehr stark hervortritt. Während die Gesetze und die den Reichs­ konzilien vom Herrscher übergebenen Traktandenlisten (tomi) als Selbstzeugnisse des Königs gut über seine Herrschaftsauffassung unter­ richten, fehlen entsprechende Aussagen von Angehörigen der Ober­ 1) W. STACH, Die geschichtliche Bedeutung der westgotischen Reichsgründung, HVJ 50, 1935, p. 423. 5 Schicht. Im Vergleich zum Merowingerreich vermissen wir hagiogra- phische Quellen nahezu vollständig, die wenigen Viten vermögen zur Klärung der anstehenden Fragen wenig beizutragen2). Die westgotische Geschichtsschreibung steht in hohem Maß unter indirektem königlichen Einfluß. Besonders schmerzlich ist das Fehlen urkundlicher Quellen, die per­ sonen­ und besitzgeschichtliche Untersuchungen ermöglichen würden. Damit entfällt eine wesentliche Voraussetzung für die Erforschung der westgotischen Aristokratie. Den Standpunkt des Adels können wir nur aus Verlautbarungen des Königs und der Konzilien erschließen. Daß diese Quellen einseitig und oftmals parteiisch sind, ist offensichtlich. Somit bleibt in einer ent­ scheidenden Frage ein erheblicher Unsicherheitsfaktor bestehen, doch sollten diese Schwierigkeiten nicht davon abhalten, den Versuch zu unternehmen, die Rolle des Adels in der westgotischen Geschichte zu untersuchen. Das Verhältnis des Königtums zum Adel ­ und zur Kirche ­ hat in der die Westgoten behandelnden Geschichtsschreibung, die nahezu ausschließlich die Interessen des Monarchen in den Mittelpunkt stellte, eine einseitige Betrachtung erfahren. Kennzeichnend für diese »monar­ chistische« Haltung ist eine Äußerung v. Pflugk­Harttungs, der die westgotische Geschichte des 6. Jh. als die Zeit charakterisierte, »wo der Laienadel seine verhängnisvolle Macht entwickelte« 3). »Die Aristo­ kratie wurde das Hauptübel des Staates, vor der nach unten hin die Träger des Volkswohles, der Stand der Gemeinfreien erlag, nach oben hin die Krone nicht zur vollen Kraftentfaltung kommen konnte, und das Reich trotz aller Gegenanstrengungen zur wirklichen Wahl­ monarchie herabsank« 4). C. Sanchez Albornoz betrachtete das späte 2) F. GRAUS, Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger, Prag 1965, p. 343 stellte fest, daß die prokönigliche Note in den westgotischen Viten stärker ausgeprägt ist als in der zeitgenössischen fränkischen Hagio­ graphie. 3) v. PFLUGK­HARTTUNG, Zur Thronfolge in den germanischen Stammes­ staaten, ZRG germ 11, 1890, p. 196. 4) Ibid., p. 197. 6 westgotische Königtum als Gefangenen des Palastadels, die Herrscher schwankten zwischen Willkürmaßnahmen und Handlungsunfähigkeit Damit wiederholte er die Ansicht F. Dahns, der vom westgotischen Königtum sagte, es sei »despotisch und ohnmächtig zugleich« ge­ wesen 6). Auch die Forschungen A. Doves, der den Adel als selbstän­ digen politischen Faktor in den frühmittelalterlichen Reichen er­ kannte 7), vermochten hier keinen Wandel zu schaffen. Ein harmonischeres Bild der westgotischen Verfassung zeichnete L. G. de Valdeavellano, der zwar die Tendenzen zum monarchischen Absolutismus nach spätantikem Vorbild erkannte, aber die rechtlichen und moralischen Schranken der königlichen Gewalt sehr hoch ein­ schätzte 8). Der Adel begegnet bei ihm jedoch nur als soziale Gruppe, nicht aber als politischer Faktor, was vermutlich auf den Einfluß der Theorien von M. Torres Lopez zurückzuführen ist. Für diesen Forscher, der ein Schüler G. v. Belows war, stand die Frage nach der Staatlichkeit der westgotischen Reichsbildung im Vordergrund 9). Diese Problem­ stellung ist jedoch deshalb im Grunde unhistorisch, weil sie Kriterien des Staatsrechts des 19. Jh. auf das Frühmittelalter übertrug, wodurch sie den Blick für die Verfassungswirklichkeit des Westgotenreiches ver­ stellte. Das Problem, das sich aus der im Grunde dualistischen Verfassung des Westgotenreiches ergab, verkannte auch W. Stach. Den Zusammen­ bruch des Reiches, zu dem dieser Gegensatz als eine Ursache neben anderen mit beigetragen hatte, erklärte er »aus diesem Gegensatz 5) C. SäNCHEZ ALBORNOZ, La Espana musulmana. Segün los autores islamitas y cristianos medievales, 1. Bd., Buenos Aires 1946, p. 35. 6) F. DAHN, Die Könige der Germanen, Bd. 6, Würzburg 1871, p. 508. 7) A. DOVE, Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens, SB Ak. Heidelberg 1916, H. 8, p. 44 f. 8) L. G. DE VALDEAVELLANO, Curso de historia de las instituciones espano­ las, Madrid 1968, p. 186 f. Cf. ibid., p. 195, wo die königliche Macht als alleinige Trägerin des Staates erscheint. Ähnlich ders., Historia de Espana, Bd. 1, 3. Aufl. Madrid 1963, p. 310: La organizaciön de la comunidad hispa­ no­visigoda es la de un Estado constituido par la realisacion de la utilidad publica y fundamentado, como tal, en conceptos de Derecho publice 9) M. TORRES LOPEZ, El Estado visigotico, Anuario de Historia de Derecho espanol 3, 1926, pp. 307­475, namentlich pp. 312 ff. 7 zwischen Stadt und Land und aus der Unmöglichkeit, das Land von der Stadt her bürokratisch­administrativ zu erfassen« I0), aus einer Er­ schlaffung des Wehrwillens und aus einer Lähmung der »völkischen Lebenskraft« JI). Ähnliche Ansichten vertrat E. A. Thompson I2), der im übrigen die gesamte westgotische Geschichte unter dem Gesichtspunkt eines angeb­ lich fortdauernden ethnischen Dualismus zwischen Westgoten und Hispanoromanen sieht. Auch der Altmeister der spanischen Geschichtsschreibung, Ram6n Menendez Pidal, geht an dem Problem vorbei, wenn er in den inneren Konflikten der späten Westgotenzeit nur die Folge eines ins Maßlose übersteigerten Parteigeistes sah, der ohne Rücksichten auf Gemein­ schaftsinteressen zur gegenseitigen Vernichtung führte :3). Demgegenüber sollen im Folgenden die Beziehungen zwischen dem Adel und dem Königtum untersucht werden. Unter Adel verstehen wir eine politisch handelnd in Erscheinung tretende Oberschicht, deren An­ gehörige durch Besitz und Macht über die Masse der Freien heraus­ ragten. Politische, soziale und wirtschaftliche Kriterien sind somit für den im Folgenden angewandten Adelsbegriff ausschlaggebend. Im Gegensatz dazu steht eine rechtliche Definition des Adels, deren Vertreter nur dann von Adel sprechen, wenn es sich um einen Stand im Rechtssinn handelt '4). Diese Betrachtungsweise führt zu der Konse­ quenz, daß die Existenz eines Adels in fast allen frühmittelalterlichen Staatsbildungen geleugnet werden müßte Der nur rechtlich begrün­ deten Definition des Adels muß entgegengehalten werden, daß eine Privilegierung im Rechtsleben die Folge einer sozial hervorgehobenen 10) STACH, op. cit. (s. S. 5, Anm. 1), p. 443. 11) Ibid., p. 444. 12) E. A. THOMPSON, The Goths in Spain, Oxford 1969, namentlich p. 317, wo Mißstände im Heerwesen für den Zusammenbruch des Reiches verant­ wortlich gemacht werden. Hierbei handelt es sich jedoch nur um ein Symp­ tom, die Ursachen lagen tiefer. 13) R. MENENDEZ PIDAL in: Historia de Espana Bd. III, Espana Visigoda, 2. Aufl. Madrid 1963, p. LV. 14) GRAUS, op. cit. (s. S. 6., Anm. 2), p. 201 f. 15) Das erkennt GRAUS, op. cit., p. 204 an. 8

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