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Abschied von der Autorität: Die Manager der Postmoderne PDF

265 Pages·1991·11.743 MB·German
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Gebhardt Abschied von der AutoriHit Eike Gebhardt Abschied von der Autoritat Die Manager der Postmodeme GABLER CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gebhardt, Eike: Abschied von der Autoritlit : die Manager der Post moderne / Eike Gebhardt. - Wiesbaden : Gabler, 1991 Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann Interna tional. © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1991 Lektorat: Ulrike M. Vetter Aile Rechte vorbehalten. Das Werk einschlieBlich aller sei ner Teile ist urheberrechtlich geschtitzt. Jede Verwertung auBerhaib der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzullissig und strafbar. Das gilt insbesondere flir Vervieifliltigungen, Ubersetzun gen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ver arbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Schrimpf und Partner, Wiesbaden Satz: Satztechnik, Taunusstein ISBN-13: 978-3-409-19136-4 e-ISBN-13: 978-3-322-83925-1 DOl: 10.1007/ 978-3-322-83925-1 Inhaltsverzeichnis Einfiihrung ................................................................................................ 7 Zeitgeist 2000 .......................................................................................... 22 Der sogenannte Wertewandel ................................................................. 29 Fortschritt und Lebensqualitiit ................................................................ 39 Ideologie ist, was der andere hat.. ........................................................... 50 Vemunft und andere produktive lliusionen - New Age und Esoterik ............................................................................ 62 Einstellungen statt Techniken - LaBt sich Charakterwandellemen? ........................................................ 78 Ganzheiten und Systeme - Terror der Stimmigkeit ................................ 90 Warum Manager wieder fUr Allgemeinbildung pHidieren .................... 101 Leistung, Lohn, Motivation - Was Leistung ftirdert, hindert oft die Kreativitat.. .................................................................... 114 Arbeit adelt langst nicht mehr ............................................................... 119 Auslaufende Modelle: Starke, Macht und Hierarchie ........................... 133 Fuhren als Verftihren ............................................................................ 142 Der Mythos Kreativitat ......................................................................... 162 Qhne Chaos keine Kreativitat ............................................................... 174 Krisen, Chaos und Konflikte: Die Strategien der Kreativitiit ............... 183 Das ewig Neue zieht uns hinan ............................................................. 194 Das tiefe, wahre, eigentliche Selbst - Fossil und Marionette ............... 201 Reisen, ohne anzukommen - Mobilitat ist ein mentales Verhalten .......................................................................... 219 Multinationaler Mentalitatswandel? ...................................................... 229 Anmerkungen ........................................................................................ 241 Literaturverzeichnis ............................................................................... 263 Einfiihrung Nach jener Flut von How-to-do-it-Btichern in den letzten Jahren zeichnet sich heute unverkennbar eine Wende ab: die Zeit der klassischen, pop psychologischen Traktate, selten von Psychologenhand, tiber die Techni ken des Managements (der Menschenftihrung etc.) scheint endgtiltig vor bei. Nur neue Mittel fUr die alten Ziele reicht nicht mehr, die kurzen Kri sen, anschlieBend "back to business as usual" - das Muster wirkt und gilt heute immer weniger. Es gibt kein "business as usual" mehr, Turbulenz und Transformation sind zum Dauerzustand geworden, und werden es voraussichtlich bleiben. Techniken sind wie Werkzeuge: sie werden fUr bestimmte, immer wieder auftauchende Probleme entwickelt - doch die Probleme wandeln sich heute schneller als die Werkzeuge, Moden und Mentalitaten (auch bei den Mitarbeitern) schneller als die Strategien, die auf sie zugeschnitten waren. Angesagt sind heute daher ganz neue Einstellungen - die bloBe Techniken und deren Training weitgehend tiberfltissig werden lassen. Was tiberall in westlichen Gesellschaften sich abzeichnet: ein Wandel der Leitbilder fUr personliche Entwicklung, beginnt sich auch in der Wirtschaft durchzusetzen, verspatet zwar, doch unverkennbar (traditio nell war ja die Wirtschaft eher seIber die Avantgarde neuer Charakter ideale): Seminare und Fortbildungspraxen widmen sich langst nicht mehr allein den klassischen ,,Management Skills", sondern dem, was Psycho logen den Versuch einer 'Nachsozialisation' nennen wtirden: die Einti bung einer von Grund auf neuen Orientierung, so als wtirden wir noch einmal von Kind auf in eine fremde, neue Kultur hineinerzogen. Die Differenz zwischen bloBer Technik und Einstellungswandel sollte niemand unterschatzen. Kreativitat z.B., die wichtigste neue Leit-Vision der Epoche, ist nicht etwa eine besondere Leistung, auch kein Produkt im eigentlichen Sinn: sie ist eine Verhaltensform. Sie gedeiht und funkti oniert nicht per 'Incentive' (gleich welcher Art), sondern nur in einer be stimmten kulturellen Okologie - und dort gleichsam von selbst - fUr un sere Zwecke: in einer bestimmten Unternehmenskultur. Genauer: diese Unternehmenskultur samt Personlichkeits-Leitbilder muB selbst Incen- 7 tive werden, muB zur IdentifIkation verfiihren, ein Medium, in dem sich der Manager der Zukunft zugleich zu Hause und herausgefordert fiihlen kann. Zur IdentifIkation reicht heute immer weniger die provinzielle Corporate Identity. Die Corporate Culture muB beginnen - und tut es ja schon hier und dort -, die kulturellen Leitwerte zu absorbieren und zu verkorpem. Zurn sprichwortlichen "climate for creativity" zlihlen bekanntlich nicht allein die konkreten Arbeitsbedingungen, samt Anreiz und Ambiente, sondem schon die selbstverstandliche Erwartung, daB die entsprechende kreative Verhaltensform und Grundeinstellung als Einstellung, unabhiin gig von Ergebnissen und Leistungen, pramiert werden. Das soziokultu relle Klima einer Firma, die Rollenmodelle der Fiihrungspersonlichkei ten, die leistungsentlasteten Urteils- und Entscheidungsspielraume, die Toleranz fiir Storung und Ambivalenz, die Elastizitat des diskursiven Netzes, mit dem eine vielstimmige Meinungs- und Willensbildung auf gefangen und verarbeitet wird: all das gehort dazu, wird auch rhetorisch anerkannt - und dennoch in die Sonderseminare auBer Haus verwiesen. Offenheit, Toleranz, Spielraume? - Ja, natiirlich, aber bitte ohne Einbu Ben am Status quo, am besten ohne Preis. Nicht eben wirtschaftlich ge dacht. Auch Personlichkeitswandel ist nicht zum Nulltarif zu haben. Unbeirrt von den Erkenntnissen der Kreativitatsforschung (und der Per sonlichkeitstheorie) vertreten manche ansonsten einsichtsvolle Unterneh mensberater noch heute einen produkt- und leistungsorientierten Ansatz, wenn sie mit schlechtem Rat und wenig Tat zur Forderung des kreativen Potentials der Firma antreten. Sie konnen sich allerdings auf eine formi dable Ahnenreihe berufen: auf (fast) aIle biirgerlichen Politphilosophen der Vergangenheit, denen wir die Vision yom autarken rhiindigen Biirger als Unternehmer ja verdanken. DaB die Welt 'machbar' (nicht zeitlos VOr gegeben) sei - die groBe Entdeckung der Aufklarung -, hieB fiir viele, vor allem im mechanistischen Zeitalter, an dessen Ende wir heute stehen, daB unsere Probleme praktisch-technischer Natur sind. Und das schloB ausdriicklich auch Sozialprobleme ein! Natur wie Menschen funktionier ten nach dem Modell des Uhrwerks. Schon beim Urvater neuzeitlicher Politdenker, Thomas Hobbes, heiBt's zu Beginn des beriihmten 29. Kapi tels seines Leviathan: gehe etwas schief mit der groBen Sozialmaschine, "the fault is not in men, as they are the Matter; but as they are the Ma- 8 kers" - ein Fabrikationsfehler. Reparatur, nicht etwa Wandel, Umbau oder Neuentwurf ist fallig bei solchen technischen Defekten; Probleme offenbaren nie Konstruktionsfehler, alles Hillt sich im Rahmen des Beste henden auch losen. Die offizielle Oko-Politik belegt entwaffnend, wie wenig sich an dieser Einstellung bis heute gelindert hat. Inbegriff solch mechanistischen Modells ist der allseits beliebte Begriff des 'Systems'. (Systemtheoretiker hatten es anders gemeint, doch sie konnten ihre Popularisierer so wenig stoppen wie Einstein jene Pop Varianten der Relativitats-Theorie.) Systeme - nicht zufallig, wie wir se hen werden, ein beliebtes Bild filr soziale Zusammenhlinge aller Art - sind durch einen Zweck definiert, der die ansonsten disparaten Teile zu einem Ganzen filgt, koordiniert. Aufgabe des Systems ist effizienter Zweckvollzug. Wer in Systembegriffen denkt, der sieht Probleme denn auch vor allem als FunktionsstOrungen - und neigt dazu, sie dieser Defi nition entsprechend zu beheben. Die Idee des "social engineering" liegt auch auf weiten Strecken unserer Sozialpolitik zugrunde, im kleinen wie im groBen. Ihr perfekter Vertreter war Helmut Schmidt, sein Guru Karl Popper. In ihrer Endzeit dieser Ta ge beginnt sich allerdings die Einsicht durchzusetzen: Techniken genu gen nicht: die ganze Einstellung gegenuber den Problemen mufite sich iindern - und damit die jeweilige Problemdefinition seiber. In expandie renden Dienstleistungsgesellschaften zum Beispiel ist eins der wichtig sten 'Produkte': soziale Beziehungen. Das gilt sowohl fUr die Innen- wie AuBenbeziehungen der Firma. 1m Umgang mit Menschen aber kann man nicht mal eben per Management-Technik ein Problem losen und dann wieder zum normalen Alltag zUrUckkehren - gerade so, als waren Pro bleme menschlichen Umgangs im Grunde nichts als technische Proble me, die man beheben, reparieren kann wie einen tropfenden Wasserhahn oder einen KurzschluB. Doch anders als bloBe Komponenten einer (Sozial-)Maschine haben Menschen Meinungen und Motive gegenliber ihrer Arbeit und Aufgabe, ja bei allen ihren Aktivitaten. Und zwar desto mehr, je unabhlingiger sie sind. Die Epoche des Arbeiters (geschweige Managers) als eines bloBen Produktionsinstruments, der mit Zuckerbrot und Peitsche den Firmenzie len angepaBt wurde, geht liberall zu Ende.1 Neue Formen der Menschen flihrung sind Hingst auch ein Produktivitatsfaktor. 9 Die ehemals GefUhrten haben sich im Einklang mit der Zeit entwickelt und entfaltet, emanzipiert zu weiten Teilen vom Angestellten-I Untertanen-Status. Nur in den Gettos der Eliten stagniert in diesen Tagen die Sozialentwicklung. Woher also die neuen Fiihrer nehmen, die meist noch vom alten Leitbild der starken, willensfesten Fiihrerpersonlichkeit gepriigt sind, der immer mehr der Adressat verlorengeht? Uber den Ein stellungswandel bei den GefUhrten schweigen die klugen Biicher iiber Fiihrungs-Methoden meist beharrlich - als konnte man die neuen Fiih rungsqualitiiten ganz unabhiingig vom Charakter der GefUhrten definie ren! Die so beliebten wie beriichtigten Trainings-Seminare lehren entwe der noch immer Techniken menschlichen Umgangs - oder wollen als Ge burtshelfer verborgener innerer Potentiale der Fiihrer wirken. Die Unter gebenen selbst gehoren selten ins Szenarium dieser Seminare, gewiB nicht praktisch, meist auch nicht theoretisch. Das Zogem und gelegentlich auch Striiuben, trotz aller verbaler Aufge schlossenheit, hat seinen guten Grund: das Sozialmodell, in dem der Un tergebene mitbestimmt, Demokratie, ist nun einmal mGht cias J3~_sismo­ dell der Effizienz. Der sinkenden Effizienz durch Kontrollverlust steht freilich die Effizienzsteigerung durch Motivation entgegen. Nur: Motiva tion liiBt sich nicht zwingen. Es ist wie in personlichen Beziehungen (die wir denn auch, schon wegen der frappierenden Analogien, haufig als Beispiel heranziehen werden): Kein Bindungs-und Befehlsnotstand wird je die Neigung ersetzen, nicht einmal die Verfiihrbarkeit, in der ein Rest von Mitbestimmung, selbst fUr das 'Opfer' beziehungsweise Objekt, ver bleibt. Zu solcher Umstellung von Kontrolle zur Uberzeugung und Ver fUhrung bedarf es keiner Esoterik, nicht mal besonderer "innerer Kriifte". Das liiBt sich ganz pragmatisch begreifen und anwenden. In anderen Le bensbereichen handeln wir ja liingst schon so - nur daB wir solche Ein stellungen und Verhaltensweisen fUrs Wirtschaften in jeder Form fUr un erheblich hielten. DaB man auch ganz vemiinftig und behutsam einen Einstellungswandel durch Einsicht einleiten kann, mit Hilfe ganz handfester sozialpsycholo gischer Erkenntnisse, ohne Esoterik, Mystik und ohne die Rhetorik des Rebirthing, eine solche Niichtemheit scheint der GroBe und Tiefe des Problems, des epochalen Wandels, unangemessen. So epochal vielleicht doch nicht: schon in friihbiirgerlichen Zeiten galt 10 fur den achtungs- und wirkungsvollen U mgang unter Fremden das Mo dell des Theaters, des Rollenangebots, der Verfiihrung. Aus heutiger Sicht scheint die Verengung auf 'rein' wirtschaftliche Variablen ein kur zer historischer Irrweg, eine Art okonomischer Fundamentalismus gewe sen zu sein. Wir sehen's freilich tiberall: die Wendehhlse schreien stets am lautesten, nach jener Wende, die sie so gem verhindert batten. Eine neue Personlichkeit muB her - sofort, per richtiger Technik - wir kaufen sie, wir kaufen die Experten, die sie am Wochenende produzieren, in Da vos oder an besinnlich-heiteren Orten. Hier treffen sich die Forderung, Hoffnung und Erwartung der Firmen auf der einen Seite, das Marktge schrei und Heilsversprechen der Esoterik auf der anderen - ein so perfek tes wie perverses Erganzungsverhhltnis komplementarer Bediirfnisse. Nur ein paar neue Eigenschaften? Am besten ohne alte aufzugeben? Blo Be Zusatzqualifizierung? Das ware doch, nach allem, was wir heute wis sen, ein wenig schlicht. Denn die Epoche der 'Personlichkeit', wie wir sie kannten, liebten, achteten, scheint sich zu neigen; die Psychologen, Prie ster-Therapeuten und Propheten der Postmodeme sind sich einig wie sonst selten: Wir leben nicht in einer Welt des bloBen Wertewandels, sondem des freigesetzten Wertepluralismus. Wird der Pluralismus zum Alltag, dann hat die feste, starke, stimrnige Personlichkeit ausgedient. Ih re Festigkeit setzte ein einheitliches Wirklichkeitsbild voraus, das wie derum durch repetitives (,verUillliches') Verhalten gefestigt wurde. Ohne verbindliche Leitvorstellungen - z.B. der reifen, starken, charaktervollen Personlichkeit - wird Wandlungsfahigkeit seIber eine Tugend, ganz un abhangig yom Inhalt, unabhangig davon, wofor man offen ist. (Alvin Toffler, Autor des Future Shock, hat das, was man vordem Opportunis mus nannte, vomehm als "horizontale Mobilitiit" umschrieben.) Was sich hier herausschhlt, betonen Forscher, darf nicht nur als Verfall gesehen werden. Den Vertretem einer bestimmten Ordnung erscheint der Verfall ihrer Ordnung als der Verfall jeder Ordnung schlechthin. Auch Spengler konnte nur den Untergang des Abendlandes sehen, nicht das Heraufdarnmem einer neuen epochalen Mentalitiit in den Umwhlzungen seiner Zeit wahrnehmen. Die neue Mentalitiit konnte durchaus eine Art kreativer Opportunismus sein: eine innere Elastizitiit ist keinesfalls auto matisch charakterlos, wiewohl - im besten Sinne - amoralisch. Was ist denn 'stark' an einer Personlichkeit, wenn Starke nichts als unbeugsam, 11

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