Hanns Hippius H rs. 6. Bad Homburger ZNS-Gespräche Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen 6. Bad Homburger ZNS-Gespräche Fortschritte in der Diagnostik und Behandlung psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen Herausgeber: Hanns Hippius, München Springer ISBN 978-3-540-00139-3 ISBN 978-3-662-05556-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-05556-4 lnhaltsverzeichnis > VORWORT 5 > VORTRĂGE (KURZFASSUNGEN} Akuttherapie des ischămischen Schlaganfalls im Wandel 6 Karl Einhăupl, Berlin Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitătssti:irung - genetisch determinierte Sti:irung 9 der Katecholamine? Aribert Rothenberger, Găttingen Schizophrenie - subjektive Lebensqualităt ist essenziell fur Compliance 11 Dieter Naber, Hamburg Prăventive Fruhintervention der psychotischen Erstmanifestation 13 bei Schizophrenie Joachim Klosterkătter, Frauke Schultze-Lutter, Kăln Kausale Therapie der Schizophrenie mi:iglich? 15 Peter Falkai, Homburg/Saar Bipolare Erkrankungen - sind moderne Neuroleptika eine neue Option? 17 Heinz Grunze, Munchen Vertrăglichkeit moderner Antipsychotika 19 Eckart Ruther, Găttingen > REFERENTENVERZEICHNIS 21 3 6. Bad Hamburger ZNS-Gesprtiche ~ POSTERBEITRÄGE Atomoxetin - eine neue Therapieoption bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstöru ng? 23 R. W. Dittmann Duloxetin in der Therapie der Depression 24 D. Goldstein, Y. Lu, M. Detke, C. Wiltse, C. Mallinckrodt, M. Demitrock Pergolid in höherer Dosierung verbessert kl inische Symptomatik beim Parkinsonsyndrom 25 H. P. Hundemer. S. Beyenburg, M. Rubin, J. Czekalla, R. W. Dittmann Deutsche Schizophreniepatienten im Europavergleich länger in der Klinik 26 J. CU'kalla, C. Mahl, T. Wagner. P. Linder. F. Langer. F. Kessler. E. Edgell, D. Navick, P. Frewer. J. M. Haro, R. W. Dittmann, D. Naber Verbesserte klinische Symptomatik unter Behandlung mit modernen Antipsychotika 27 J. Czekalla, C. Mahl, T. Wagner. P. Linder. F. Langer. F. Kessler. E. Edgell, D. Novick, P. Frewer, J. M. Haro, R. W. Dittmann, D. Naber Erste Hinweise auf eine verbesserte Lebensqualität durch moderne Antipsychotika 28 R. W Dittmann, J. Czekalla, C. Mahl, T. Wagner, P. Linder, F. Langer, F. Kessler. E. Edgell, D. Novick, P. Frewer, J. M. Haro, D. Naber Mehr Lebensqualität mit modernen Antipsychotika 29 M. Schmauss Olanzapin im Patientenurteil: Lebensqualität und Befinden verbessert 30 R. W. Dittmann, J. Czekalla, S. Beyenburg, M. Kluge, W. Holstein, T. Wagner, M. Linden Olanzapin verbessert das Wohlbefinden der Patienten 31 M. Kluge, S. Beyenburg, J. Czekalla, M. Lehmann, F. Kessler. F. Langer, T. Wagner, D. Naber. R. W. Dittmann Olanzapin wirkt bei Patienten mit primärer Positiv- oder Negativsymptomatik gleich gut 32 R. W. Dittmann, K. Mann, M. J. Müller. F. Müller-Siecheneder, J. Röschke, W Rossbach, H. Russ, H. Wetzei, 0. Benkert Besserung psychotischer Symptomatik nach Umstellung auf Olanzapin 33 R. W. Dittmann, M. Kluge, S. Beyenburg, J. Czekalla, M. Lehmann, F. Kessler. F. Langer, T. Wagner. D. Naber Olanzapin - therapeutische Alternative zur Kombination klassischer Neuroleptika 34 K. Jahn, M. Ohlmeier. T. GÖdecke-Koch. J. Hoffmann, C. Wilhelm-Gössling, H. M. Emrich, U. Schneider Hohe Kosten durch Frühverrentungen bei Schizophrenie 35 R. Schnabel, J. Clouth 6. Bad Homburger 4 ZNS-Gespräche Vorwort Die Entdeckung der antipsychotischen Wirksamkeit des Chlorpromazins im Jahre 7952 war Aus gangspunkt für die Entwicklung der psychiatrischen Pharmakotherapie in den vergangenen 50 Jahren. Da die 6. Bad Homburger ZNS-Gespräche im Jubiläumsjahr 2002 stattgefunden haben, sei es gestat tet, der Broschüre einen kurzen Rückblick aus persönlicher Sicht voranzustellen. > 1952 - im Entdeckungsjahr des Chlorpramazins - wurde ich Assistent an der Nervenklinik der Freien Universität Berlin. Ebenso wie an fast allen medizinischen Fakultäten Deutschlands gehörten auch in dieser Klinik die Fächer Psychiatrie und Neurologie als "Nervenheilkunde" zusammen. In der Neurologie wurde man in der Diagnostik ausgebildet, für die Psychiatrie in ausführlichster Anamnese erhebung und möglichst differenzierter Beschreibung psychopathologischer Befunde - therapeuti sche Ansätze spielten dagegen nur eine geringe Rolle. Das önderte sich in den wenigen Jahren, in denen sich die Therapie schizophrener, manischer und depressiver Psychosen mit Psychopharmaka weltweit durchsetzte. Bereits 1953 wurden auch in Deutschland erste Studien mit Chlorpromazin durchgeführt. Nach anfänglicher Geringschätzung entwickelte sich die Therapieforschung mit Psychopharmaka international zu einem anerkannten zentralen psychiatrischen Forschungsgebiet. > An allen deutschen Universitäten sind Psychiatrie und Neurologie mittlerweile getrennte Fachgebiete. Dadurch konnte in beiden Fächern ein Forschungsstandard von internationalem Niveau erreicht werden. Nachdem diese Entwicklung abgeschlossen ist, ist es jetzt für mich ein wichtiges Anliegen, dazu beizu tragen, dass sich Neurologie und Psychiatrie nicht zu weit voneinander entfernen. > Unter diesem Aspekt habe ich mit Mitarbeitern der Lilly Deutschland GmbH seit 7997 versucht, die Bad Homburger ZNS-Gespräche zu einem gemeinsamen Forum für Neurologen und Psychiater zu gestalten: Vorträge von Grundlagenwissenschaftlern und klinischen Forschern haben zum lebhaften Gedankenaustausch mit praktisch tätigen Nervenärzten, Psychiatern und Neurologen geführt. Die gute. stetig wachsende Resonanz zeigt. dass dieses Konzept wohl richtig ist und die ZNS-Gespräche dazu beitragen, dass Neurologen und Psychiater sich weiterhin austauschen. > Daher werden die Bad Homburger ZNS-Gespräche fortgesetzt werden. Von diesem Jahr an werden sie gestaltet und geleitet werden von Eckart Rüther, Göttingen, mit dem ich lange Zeit an der Münchener Klinik zusammengearbeitet habe. > Ich möchte mich heute verabschieden und bei allen bedanken. die zum Erfolg der ZNS-Gesprä ehe beigetrogen haben - insbesondere bei den Referenten und bei der Lilly Deutschland GmbH. Den Bad Homburger ZNS-Gesprächen wünsche ich weiterhin viel Erfolg! 1.- V1A" ~ .- fVt/VV , . ~ Dr. Hanns Hippius, München 5 6. Bad Homburger ZNS-Gespräche Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls im Wandel Karl Einhäupl, Berlin Der über Jahrzehnte vorherrschende Nihilismus in der Akuttherapie des ischämischen Insults ist in den vergangenen Jahren verschiedenen differenzierten Therapieoptionen gewichen, die im Wesentlichen auf die beschleunigte Reperfusion zielen. Viel verspre chend sind die ersten Daten mit Glykoprotein (GP) IIb/llla-Rezeptorantagonisten; zu künftige Perspektiven wären Maßnahmen zur Verbesserung der Ischämietoleranz des Gehirns. Arteriothrombose bedingte Krankheitsbilder sind nach wie vor wichtige Erkrankungen in den westlichen Industrienationen. In Deutschland erkranken jährlich rund 120.000 Men schen an einem ischämischen Insult, d.h. in einer Stadt wie Berlin etwa 15 Patienten am Tag. Während der akute Myokardinfarkt die Todesursachenstatistik anführt, stellt der ischämische Schlaganfall die häufigste Ursache für bleibende Behinderungen dar: Jeder dritte Patient bleibt schwer behindert, und insbesondere bei älteren Menschen ist der Schlaganfall oft der Beginn der Pflegebedürftigkeit. > Arterioarterielle Embolien sind häufigste Schlaganfallursache Anders als beim aku ten Myokardinfarkt, dem fast immer eine Plaqueruptur in stenosierten Koronarien zugrunde liegt, ist die Ätiologie beim ischämischen Insult wesentlich vielfältiger und somit differenzierter zu betrachten. Unterschieden werden fünf Hauptursachen (-+ Abbildung 1). von denen arterioarterielle Embolien aus arteriosklerotischen Plaques vor allem in den Karotiden im Vordergrund stehen. Ungefähr 200/0 der ischämischen Insulte beruhen auf kardialen Embolien (häufig bei Vorhof flimmern), und etwa 200/0 der Ursachen sind lakunäre Infarkte bei .. small vessel disease': Exzessive Glutamatausschüttung Hauptursache für Neurotoxizität > Nach den Ergeb nissen neuerer experimenteller Schlaganfallmodelle steht am Beginn der neurotoxischen Kaskade die vermehrte Freisetzung von Glutamat durch die ischämisch geschädigte Ner venzelle. Durch die Hyperaktivität mangeldurchbluteter Neurone kommt es zum Gluta matüberschuss, was zur Übererregung postsynaptischer Glutamatrezeptoren führt. Die Folge ist eine Schädigung der Natrium/Kalzium-Pumpe mit erhöhten intrazellulären Kal ziumkonzentrationen; dies führt über Aktivierung lipolytischer Enzyme und freier Radika le zum Versagen der Zellfunktion. Je länger die Ischämie dauert, desto schneller laufen diese, den Zelltod beschleunigenden Autofeedback-Mechanismen ab. > Verkürzung der Ischämiezeit durch Reperfusion Daher gilt: Bei einem Patienten mit ischämischem Insult muss die Durchblutung schnellstmöglich wieder hergestellt werden, 6. Bad Hamburger 6 ZNS-Gespröche um den Zelluntergang zu stoppen und die funktionelle und strukturelle Schädigung auf ein Minimum zu begrenzen. Die Versorgung erfolgt idealerweise in einer entsprechend ausgerüsteten und personell erfahrenen Stroke Unit. Durch die geringe Ischämietoleranz des Gehirns beträgt das therapeutische Fenster, innerhalb dessen der Patient unbedingt versorgt werden muss, drei Stunden. Sofern der Symptomenbeginn nicht länger als drei Stunden zurückliegt, durch eine Computertomographie eine zerebrale Blutung ausge schlossen wurde und beim Patienten keine Kontraindikationen vorliegen, ist die Throm- bolyse ein wirksames Verfahren. Nachteile Plaqueruptur kardiale Embolie hämodynamlscher sind jedoch das nur sehr kurze Zeitfenster In-sJlu, Thrombose Infarkt sowie das Risiko parenchymaler intrazere 1%-3% 20% <3% Thrombozyten· Anrikoagulatlon Thrombendarteriektomie braler Blutungskomplikationen. funktionshemmer Zur Frage des Stellenwerts von Azetyl salizylsäure (ASS) und Heparin in der Akut 1 therapie des ischämischen Insults für die Patienten, bei denen eine Lysetherapie nicht in Frage kommt, wurden zwei große arterioarterielle Embolie :~, klinisches Syndrom ' lakuniner Infam (omputertomographie/" 60% 20% Studien durchgeführt. Die randomisierte, Magnetresonanz- I Thrombozyten tomographie ' Antihypertension nicht plazebokontrollierte IST (Internatio funktionshemmer Angiographlt> Azetylsalizylsaure Thrombendarteriektomle Begleitsymptomatik nal Stroke Triall-Studie untersuchte in einem sechsarmigen Studiendesign die -+ Wirkung von unfraktioniertem Heparin Abbildung 1: Pathogenetische Einteilung des ischämischen Insults (modifiziert nach Einhäupl, 2002) (2 x täglich 5.000 IE bzw. 12.500 IE s.c.), ASS (300mg), die Kombination oder keine Therapie mit diesen Substanzen bei insgesamt 19.435 Patienten, die innerhalb von 48 Stunden nach dem ischämischen Insult in die Studie eingeschlossen wurden [1]. Mit keinem der Behandlungsregime konnte eine signifikante Reduktion des pri mären Zielkriteriums Tod innerhalb von 14 Tagen und Tod oder Pflegebedürftigkeit erzielt werden. In der ebenfalls knapp 20.000 Patienten umfassenden doppelblinden und plazebokontrollierten CAST (Chinese Acute Stroke Triall-Studie vermochte die Gabe von 160 mg ASS, die Mortalität während der Behandlung signifikant um 5,4 pro 1.000 behandelte Fälle zu senken [2]. Fazit dieser Untersuchungen ist, dass ASS in der sehr frühen Sekundärprophylaxe einen Stellenwert zu haben scheint; die Studien mit Heparin verliefen negativ. Glukose und Temperatur normalisieren, Hyperkapnie vermeiden ~ Ein weiterer wich tiger Bestandteil der komplexen Akuttherapie des ischämischen Insults sind allgemeine Maßnahmen wie die Stabilisierung des Blutdrucks auf hohem Niveau sowie die sofortige Normalisierung der Blutglukose. Das gilt im Akutstadium auch für die Körpertemperatur: Eine frühzeitige Temperaturnormalisierung ist essenziell [3]. Darüber hinaus ist bei bewusstseinsgestörten Patienten eine Hyperkapnie zu vermeiden, da damit eine zerebra le Vasodilatation mit einem möglichen Steal-Phänomen aus dem ischämischen Areal ver bunden sein kann. 7 6. Bad Homburger ZNS-Gespräche GPIIb/llla-Rezeptorblocker eine Alternative? > Angesichts der schwierigen Situation in der Akuttherapie des Schlaganfalls sucht man nach neuen wirksamen und gut vertrăg lichen Therapieoptionen. Eine Alternative konnte der Einsatz von Glykoprotein (GP) llb/llla-Rezeptorantagonisten sein- momentan die effektivste Moglichkeit der Thrombo zytenaggregationshemmung. Sie besetzen kompetitiv die Fibrinogenrezeptoren, wodurch Fibrinogen von der Bindungsstelle verdrăngt und die Bildung von Fibrinogenbrucken zwi schen den Thrombozyten als letzte gemeinsame Endstrecke der Thrombozytenaggregation unterbunden wird. Zu den bisher nur parenteral verfugbaren Substanzen gehort Abciximab- das Fab Fragment eines monoklonalen Antikorpers. Es wird bei Patienten mit instabiler Angina pectoris und akutem Koronarsyndrom sowie vor komplexen Stentimplantationen und bei akutem Herzinfarkt bereits erfolgreich eingesetzt. Aufgrund der beiden Erkrankungen zugrunde liegenden Arteriothrombose lag es nahe, die Wirkung von Abciximab auch bei akutem ischămischen Insult zu untersuchen. Erste Daten sind viei versprechend, wie eine randomisierte, doppelblinde und plazebokontrollierte Dosisfindungsstudie zeigt [4]. 74 Patienten mit akutem ischămischen Schlaganfall erhielten innerhalb der ersten 24 Stun den nach Beginn der Symptomatik Abciximab in vier verschiedenen Dosierungsstufen (initial als Bolus, anschlieBend als 12-Stunden-lnfusion), die den Empfehlungen fUr Abciximab in der lnterventionskardiologie entsprechen. Bei keinem Patienten kam es zu einer todlichen oder symptomatischen intrakraniellen Blutung (primărer Studienend punkt). Asymptomatische Parenchymblutungen traten bei vier von 54 (7%) der Abcixi mabpatienten und bei einem von 20 (5%) der Plazebopatienten auf. Zukunftsperspektive: therapeutisch induzierte lschamietoleranz > Mit dem Begriff der lschămietoleranz wird das Phănomen charakterisiert, dass ein kurzer ischămischer Stimu lus das Gehirn .. resistent" macht gegenuber einer darauf folgenden, lănger andauernden Mangeldu rchbl utu ng [5]. Da fur sprechen d ie Da ten ei ner retrospektiven Fa 11-Kontrollstu die bei 148 Schlaganfallpatienten mit und ohne transitorische ischămische Attacke (TIA) vor dem ischămischen Insult [6]. Betroffene mit einer vorausgegangenen TIA zeigten ein deutlich geringeres neurologisches Defizit bei stationărer Aufnahme und waren seltener dauerhaft behindert. Die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen sind bisher nur ansatzweise geklărt; vermutet wird ein uber drei Phasen ablaufender Prozess. Bei genau erer Kenntnis der einzelnen Signalkaskaden wăre eine gezielte pharmakologisch induzierte Hypoxietoleranz ein Ansatz fur eine zukunftige neuroprotektive Therapieoption. 1 International Stroke Trial Collaborative Group: The International Stroke Trial (IST) (1997) A randomized trial of aspirin, subcutaneous heparin, both or neither among 19.435 patients with acute ischemie stroke. Lancet 349: 1569-1581 2 CAST (Chinese Acute Stroke Trial) Collaborative Group (1997) A randomized placebo-controlled trial of early aspirin use in 20.000 patients with acute ischemie stroke. Lancet 349: 1641-1649 3 Davalos A et al. (1997) Body temperature and fibrinogen are related to early neurological deterioration in acute ischemie stroke. Cerebrovasc Dis 7: 64-69 4 The Abciximab in Ischemie Stroke lnvestigators (2000) Abciximab in acute ischemie stroke: a randomized, double-blind, placebo-controlled dose-escalation study. Stroke 31: 601-609 5 Weih M et al. (2001) lschămietoleranz. Modell fur die Forschung, Hoffnung fur die Klinik? Nervenarzt 72: 255-260 6 Weih M et al. (1999) Attenuated stroke severity after prodromal TIA: a role for ischemie tolerance in the brain? Stroke 30: 1851-1854 6. Bad Hamburger 8 ZNS-Gesprăche Aufmerksa mk eitsdefizit-/Hypera ktivitatsstoru ng - genetisch determinierte Storung der Katecholamine? Aribert Rothenberger, Găttingen Schătzungsweise 2 Ofo bis 1O Ofo aller Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen leiden an ei ner beha nd 1u ngsbed i.i rftigen Aufmerksa mk eitsdefizit -/Hypera ktivitătsstoru ng (ADS/ ADHS) [1]. Nach neueren Erkenntnissen zur Ătiologie liegt dieser belastenden, chroni schen und bisher nicht heilbaren Erkrankung eine genetisch disponierte komplexe Dys funktion des Katecholaminhaushalts im frontostriatalen System zugrunde. Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitătsstorung (ADS/ADHS) ist ein Symptomenkom plex, der durch erhebliche Beeintrăchtigungen der Kognition in Form von Aufmerksam keitssti:irungen, der Motorik mit Hyperaktivităt und der emotionalen Ebene mit mangeln der lmpulskontrolle gekennzeichnet ist. Forschungsergebnissen zufolge beruhen verănder te Reizwahrnehmung und -verarbeitung, motorische Kontrolle und Selbststeuerungsfăhig keit auf einer Storung des noradrenergen und des dopaminergen Systems in verschiede nen Hirnregionen (. . Katecholaminhypothese") [2]. Frontostriatales System reguliert Auf merksamkeit ~ Aufmerksamkeitsleistun O gen, Erkennen neuer Stimuli und Reizhem vorderes hinteres Aufmerksamkeitssystem Aufmerksamkeitssystem mungsmechanismen werden in erster Linie dem prăfrontalen Kortex und Cingulum (vor deres Aufmerksamkeitssystem) sowie dem Parietallappen und hinteren Thalamusanteilen prăfrontaler hinterer parietaler Kortex Kortex (hinteres Aufmerksamkeitssystem) zugeord net [2]. Die Modulation und Steuerung der Pulvmar einzelnen Funktionen beruhen auf der inten siven lnteraktion zwischen dem noradren ergen und dopaminergen System: Wăhrend Noradrenalin vor aI lem in den hinteren korti kalen Arealen seine positiven Effekte auf die Dopamin: wesentliche Rolle bei Kognition entfaltet, ist Dopamin besonders Antrieb und Motivation im prăfrontalen Kortex und Striatum vertre ten und steuert Antrieb, Motivation und das ventrales Tegmentum Noradrenalin: wesentliche Rolle bei Belohnungssystem [2]. Bei der Aufmerksam Locus coeruleus Aufmerksamkeit keitsdefizit-/Hyperaktivitătsstorung kommt es zu einem im frontostriatalen Bereich loka ~ Abbildung 1: Noradrenerges (violette Linien) und dopaminerges System lisierten Mangel oder einer verminderten (blaue Linien) bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitătsstărung Wirkung von Dopamin (~ Abbildung 1). (ADS/ADHS) (modifiziert nach [3]) 9 6. Bad Hamburger ZNS-Gesprăche