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50 Schlüsselideen Philosophie PDF

209 Pages·2010·2.076 MB·German
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Philosophie Ben Dupré Sachbuch 50 schlüssel ideen Ben Dupré 50 Schlüsselideen Philosophie Aus dem Englischen übersetzt von Regina Schneider Spektrum AKADEMISCHERVERLAG Inhalt Einführung 3 LOGIK UND BEDEUTUNG 27 Argumentformen 108 PROBLEME DER ERKENNTNIS 28 Das Barbier-Paradoxon 112 01 Das Gehirn im Tank 4 29 Der Fehlschluss des Spielers 116 02 Platons Höhle 8 30 Das Sorites-Paradoxon 120 03 Der Schleier der Wahrnehmung 12 31 „Der König von Frankreich hat eine 04 Cogito ergo sum 16 Glatze“ 124 05 Verstand und Erfahrung 20 32 Der Käfer in der Schachtel 128 06 Die dreiteilige Theorie des Wissens 24 WISSENSCHAFT 33 Wissenschaft und PHILOSOPHIE DES GEISTES Pseudowissenschaft 132 07 Das Leib-Seele-Problem 28 34 Paradigmenwechsel 136 08 Wie ist es,eine Fledermaus 35 Ockhams Rasiermesser 140 zu sein? 32 09 Der Turing-Test 36 ÄSTHETIK 10 Das Schiff des Theseus 40 36 Was ist Kunst 144 11 Der Geist der Anderen 44 37 Der intentionale Fehlschluss 148 ETHIK RELIGION 12 Humes Guillotine 48 38 Der teleologische Gottesbeweis 152 13 Des einen Freud … 52 39 Der kosmologische Gottesbeweis 156 14 Die Theorie des 40 Der ontologische Gottesbeweis 160 Göttlichen Moralgebots 56 41 Das Problem des Bösen 164 15 Die Buh-Hurra-Theorie 60 42 Die Verteidigung Willensfreiheit 168 16 Die Zweck-Mittel-Debatte 64 43 Glaube und Vernunft 172 17 Die Erfahrungsmaschine 68 POLITIK, GERECHTIGKEIT UND GESELLSCHAFT 18 Der Kategorische Imperativ 72 19 Die Goldene Regel 76 44 Positive und negative Freiheit 176 20 Handlungen und Unterlassungen 80 45 Das Differenzprinzip 180 21 Das Argument der 46 Leviathan 184 Schiefen Ebene 84 47 Das Gefangenendilemma 188 22 Über den Ruf der Pflicht hinaus 88 48 Straftheorien 192 23 Ist es (moralisch) schlecht, 49 Rettungsboot Erde 196 Pech zu haben? 92 50 Gerechter Krieg 200 24 Tugendethik 96 TIERRECHTE Glossar 204 25 Fühlen Tiere Schmerzen? 100 Index 206 26 Haben Tiere Rechte? 104 Impressum 208 3 Einleitung In ihrer langen Geschichte hat die Philosophie mehr kühne Denker mit gefährlichen Ideen her- vorgebracht als jede andere Disziplin. Im Wissen um die Macht ihrer vermeintlich umstürzleri- schen Gedanken wurden Descartes, Spinoza, Hume und Rousseau, um nur einige zu nennen, mit Kirchenbann bedroht, an der Veröffentlichung ihrer Werke oder ihrem beruflichen Weiter- kommen gehindert oder ins Exil gezwungen. Das berühmteste Beispiel ist Sokrates, in dessen Ideen der Stadtstaat Athen einen derart verderblichen Einfluss sah, dass er ihn zum Tode durch den Schierlingsbecher verurteilte. Nun werden Philosophen heute nicht mehr wegen ihrer Ideen hingerichtet, was man höchstens insofern bedauern könnte, als damit auch ein Gradmesser für deren „Gefährlichkeit“ verschwunden ist. Heute gilt die Philosophie als eine archetypische wissenschaftliche Disziplin, deren Fachleute zurückgezogen in ihren Elfenbeintürmen sitzen, fernab von den Problemen des wirklichen Lebens. Doch dieses Klischee ist in vielerlei Hinsicht weit von der Wahrheit entfernt. Die Fra- gen der Philosophie mögen ohne Ausnahme tiefgründig und oft schwierig sein, doch sie sind wichtig. Die Wissenschaft verfügt heute über das Potenzial, ihre speziellen „Spielplätze“ mit allerhand wunderbarem „Spielwerk“ auszustatten, angefangen von Designer-Babys bis hin zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Doch leider liefert sie keine Bedienungsanleitung dazu (und kann dies auch gar nicht). Um zu entscheiden, was wir tun sollen, nicht was wir tun können, müssen wir uns der Philosophie zuwenden. Bisweilen lassen sich die Philosophen fort- reißen von der schieren Begeisterung, die eigenen Gedanken sprudeln zu hören (denen zu lau- schen in der Tat sehr unterhaltsam sein kann). Weit häufiger aber bringen sie erhellende Klar- heit in Fragen, die uns alle angehen sollten. Und genau solche Fragen sind es, die dieses Buch aufgreift und untersucht. Es ist für Autoren an dieser Stelle üblich, Lob über Andere auszuschütten und jedweden Tadel auf die eigene Kappe zu nehmen. Üblich vielleicht, aber auch seltsam unlogisch (denn Lob und Tadel sollten zusammengehören) und schwerlich empfehlenswert in einem Buch über Philosophie. Ganz im Sinne von P. G. Wodehouse, der seiner Tochter The Heart of a Goof mit den Worten gewidmet hat, dass „ohne ihre unablässige Anteilnahme und Ermutigung das Buch in der Hälfte der Zeit fertig geworden wäre“, will ich zumindest etwas Lob sehr gern mit Anderen teilen. Insbesondere gebe ich Lob und Dank an meinen stets gut gelaunten und hoch- motivierten Lektor Keith Mansfield weiter, der sämtliche Zeitleisten und viele der angeführten Zitate beigetragen hat. Auch meinem Verleger Richard Milbank (Quercus) danke ich sehr für sein unerschütterliches Vertrauen und seine Unterstützung. Mein größter Dank gilt meiner Frau Geraldine und meinen Kindern Sophie und Lydia, ohne deren unablässige Anteilnahme undErmutigung … 4 Probleme der Erkenntnis 01 Das Gehirn im Tank – ein Gedanken- experiment „Stellen Sie sich vor,ein verrückter Wissenschaftler operiert einem Men- schen das Gehirn heraus.Er legt es in einen Tank mit Nährlösung,wel- che das Gehirn am Leben hält.Die Nervenenden verbindet er mit einem Supercomputer,wodurch das körperlose Gehirn die Illusion hat,alles sei völlig normal – Personen,Gegenstände,der Himmel,alles scheint weiter- hin da zu sein.Doch in Wirklichkeit erfährt das Gehirn nichts als elektri- sche Impulse,die vom Computer zu den Nervenenden wandern.“ Ein Alptraumszenario? Stoff für Science-Fiction? Vielleicht. Aber genau so käme es Ihnen vor, wenn Sie die Person mit dem körperlosen Gehirn in einem Tank wären! Sollte Ihr Gehirn tatsächlich in einem Tank liegen statt in Ihrem Schädel, so hätten Sie dennoch völlig normale Erlebnisse, genau so wie ein realer Körper in einer rea- len Welt. Nur ist die Welt um Sie herum – der Stuhl, auf dem Sie sitzen, das Buch in Ihrer Hand oder Ihre Hände selbst – Teil der Illusionen, Gedanken und Empfindun- gen, die der verrückte Wissenschaftler in Ihr körperloses Gehirn über seinen Super- computer einspeist. Ich – ein Gehirn, das in einem Tank schwimmt? Das glaube ich nicht, werden Sie sagen. Und auch die meisten Philosophen glauben das wahrscheinlich nicht. Aber Sie müssen es auch gar nicht glauben. Sie müssen lediglich zugeben, dass Sie nicht sicher sein können, nicht vielleicht doch ein Gehirn zu sein, das in einem Tank schwimmt. Das Problem dabei ist: Sollten Sie zufällig doch eines sein (und diese Möglichkeit lässt sich nun mal nicht ausschließen), dann würden sich all die Dinge, die Sie von der Welt zu wissen glauben, als falsch erweisen. Und wenn das möglichist, dann wissen Sie im Grunde genommen gar nichts. Die bloße Möglich- Zeitleiste 375 1637 ca. v. Chr. Platons Höhlengleichnis Das Leib-Seele-Problem Das Gehirn im Tank – ein Gedankenexperiment 5 keit scheint all unser Wissen um die Außenwelt zu unterhöhlen. Stellt sich die Frage: Lässt der Tank irgendein Schlupfloch? Gehirn im Tank – Ursprünge Die klassische Idee vom Gehirn im Tank be- kam 1981 mit dem Werk Vernunft, Wahrheit und Geschichtedes amerikanischen Philosophen Hilary Putnam ein modernes Gewand. Der Kern der Idee jedoch reicht sehr viel weiter zurück. Putnams Gedankenexperiment ist im Grunde die moderni- sierte Version eines Schauermärchens vom „bösen Geist“ (genius malignus / malin génie), den der französische Philosoph René Descartes in seinem 1641 erschienen Werk Meditationen über die Grundlagen der Philosophieheraufbeschworen hat. Descartes’Ziel war es, das Denkgebäude menschlicher Erkenntnisse auf uner- schütterbaren Grundpfeilern neu zu errichten. Er entwickelt zunächst die „Methode des Zweifels“ und verwirft jegliche Einsichten, die auch nur die geringsten Unge- wissheiten zulassen. Nachdem er die trügerische Unzuverlässigkeit unserer Sinne sowie den durch Träume geschaffenen Schein herausgestellt hat, verfolgt er seinen „methodischen Zweifel“ bis zum Äußersten: „So will ich denn annehmen, … irgendein böser Geist, der zugleich allmächtig und verschlagen ist, habe all seinen Fleiß daran gewandt, mich zu täuschen. Ich will glauben, Himmel, Luft, Erde, Farben, Gestalten, Töne und alle Außendinge seien nichts als das täuschende Spiel von Träumen, durch die er meiner Leichtgläubigkeit Fallen stellt.“ Simulierte Welten in der Popkultur Ideen wie die vom Gehirn im Tank haben sich als und in der er zusammen mit anderen Menschen derart anregend und suggestiv erwiesen, dass in mit Flüssigkeit befüllten Behältern lebt und an sie auch in der Welt der Popkultur zahllose Blü- hochkomplexe Computerprogramme ange- ten getrieben haben.Eine der bekanntesten ist schlossen ist.Matrixwar ein durchschlagender der Film Matrixaus dem Jahr 1999, in dem der Erfolg, ein Film, der das Gehirn-im-Tank-Szena- Computer-Hacker Neo (gespielt von Keanu Ree- rio auf dramatisch anschauliche Weise mit allen ves) entdeckt, dass das moderne Amerika im wesentlichen Elementen umsetzt und an die Grunde eine virtuelle Realität ist, die von einer Macht extrem skeptischer Argumente erinnert. bösen künstlichen Intelligenz erschaffen wurde 1644 1655 1690 1974 1981 Cogito ergo sum Das Schiff Der Schleier der Die Erfahrungsmaschine Das Gehirn im Tank desTheseus Wahrnehmung 6 Probleme der Erkenntnis Verstrickt in seine Überzeugungen und Meinungen erkennt Descartes schließlich, dass eine Tatsache unbestreitbar bestehen bleibt: Cogito(„ich denke“) – ein (schein- bar) sicheres Fundament, auf dem er neue Grundsätze zu entwickeln beginnt (siehe Seite 16). Beide, Putnam wie Descartes, spielen des Teufels Advokaten. Sie nehmen zu- nächst eine skeptische Haltung an, um sie später zu widerlegen. Doch viele Philoso- phen sind bis heute von der alles infrage stellenden Denkrichtung stärker beeindruckt als von den Versuchen der beiden, sich davon wieder frei zu machen. Putnam bei- spielsweise möchte zeigen, dass das Gehirn-im-Tank-Szenario in sich nicht schlüs- sig ist. Ein solches Gehirn vermag vor allem einen Gedanken nicht auszudrücken – nämlich den, dass es sich nur in einem Tank befindet. Doch damit demonstriert er le- diglich, dass der Zustand, ein Gehirn im Tank zu sein, von innerhalb des Tanks he- raus nicht erkennbar und damit auch nicht beschreibbar ist. Es handelt sich um ein Argument, das allenfalls auf der Ebene sprachlicher Bedeutungen einen Sieg darstellt (wenn überhaupt) und wohl kaum weit genug reicht, um die Frage der Erkenntnis- findung zu erhellen. Das Simulationsargument Der unbedarfte Laie mag versucht sein, die alp- den natürlichen Personen zahlenmäßig bei wei- traumhaften Folgerungen der Skeptiker zu ver- tem überlegen wären.Die Erfahrungen sowohl werfen.Aber halt, nicht so schnell.Es gibt näm- der natürlichen als auch der simulierten Wesen lich eine geradezu geniale These aus jüngerer wären nicht unterscheidbar.Die einen wie die an- Zeit von dem amerikanischen Philosophen Nick deren würden denken, sie seien real und nicht si- Bostrom, nach der es sehr wahrscheinlich ist, muliert, wobei Letztere (die die große Mehrheit dass wir bereitsin einer computersimulierten stellen) sich natürlich irrten.Dieses Simulations- Realität leben! Überlegen wir doch mal … argument wird gerne bemüht, um hypothetische In Zukunft ist damit zu rechnen, dass unsere Zukunftsszenarien aufzuzeigen.Aber wer sagt zivilisierte Welt eine derart hoch entwickelte denn, dass diese „Zukunft“ nicht bereits im Gan- technische Reife erlangt, dass wir mithilfe von ge ist? Dass wir die technische Kompetenz nicht Computern simulierte menschliche Wesen er- längst erlangt und derlei Wesen bereits simuliert schaffen können sowie Welten, die von diesen haben? Natürlich nehmen wir an, dass wir keine Wesen bewohnt werden.Um derlei virtuelle Wel- simulierten Wesen in einer simulierten Welt sind. ten zu erhalten, bedarf es relativ geringer Mittel. Doch diese Annahme mag lediglich der hoch- Ein einziger Laptop der Zukunft könnte Millionen klassigen Programmierung geschuldet sein und von simulierten Wesen beheimaten, womit vor- ist, folgen wir der Logik des Bostromschen Argu- programmiert wäre, dass die simulierten Wesen ments, sehr wahrscheinlich falsch. Das Gehirn im Tank – ein Gedankenexperiment 7 ‚ Skeptizismus Umgangssprachlich bezieht man die Bezeich- Der Computer ist so nung „skeptisch“ auf Menschen, die zum Zweifel gegenüber all- gescheit – dem Opfer gemein anerkannten Überzeugungen neigen oder ständig misstrau- kann es sogar so schei- isch gegen andere Menschen oder Ideen im Allgemeinen sind. In nen,dass es dasitzt und diesem Sinne kann man den Skeptizismus beschreiben als einen diese Worte jetzt liest,die gesunden, unvoreingenommenen Hang, allgemein anerkannte von der amüsanten,doch Überzeugungen kritisch anzuzweifeln und zu prüfen. Eine skepti- ganz absurden Annahme sche Denkhaltung ist im Allgemeinen ein dienlicher Schutz gegen handeln,es gebe einen Leichtgläubigkeit, kann aber mitunter in eine alles bezweifelnde Richtung kippen, unabhängig davon, ob berechtigte Gründe dafür bösen Wissenschaftler, bestehen. Ob das nun gut ist oder schlecht, sei dahingestellt, aber der den Leuten die Gehir- „skeptisch“ im üblichen Sinne meint etwas gänzlich anderes als ne herausoperiert und im philosophischen Gebrauch des Wortes. sie in einen Tank mit ‘ Der philosophische Skeptizismus besagt nicht, dass wir nichts Nährlösung steckt. wissen – nicht zuletzt deshalb, weil eine solche Aussage ganz of- Hilary Putnam, 1981 fenkundig unsinnig wäre (wir könnten ja nicht wissen, dass wir nichts wissen). Die skeptische Denkhaltung zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass sie jeglichen Anspruch auf Erkenntnis der Wirklichkeit infrage stellt. Wir meinen, viele Dinge zu wissen. Aber wie wollen wir diesen Anspruch verteidigen? Welche Gründe können wir vorlegen, um diesen oder jenen Anspruch auf eine Erkenntnis zu rechtfertigen? Unser vermeintliches Wissen von der Welt basiert auf Wahrnehmun- gen, die wir über unsere Sinne erlangen und für gewöhnlich von unserem Verstand gefiltert sind. Aber sind diese Wahrnehmungen nicht immer fehleranfällig? Können wir je sicher sein, dass wir nicht halluzinieren oder träumen, oder dass unsere Erin- nerung uns Streiche spielt? Wenn Traumerfahrungen nicht unterscheidbar von Erfah- rungen im Wachzustand sind, dann können wir nie gewiss sein, dass etwas, von dem wir denken, es wäre real, auch tatsächlich real ist – dass das, was wir für wahr hal- ten, auch tatsächlich wahr ist. Im Extremfall führen derlei Gedankenspiele zu bösen Geistern und Gehirnen im Tank … Die Erkenntnistheorie (Epistemologie) ist ein Teilgebiet der Philosophie, die sich mit Wissen befasst. Sie ermittelt, was wir wissen, wie wir davon wissen können und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit bestimmte Überzeugungen als Wissen gelten. Insofern kann die Erkenntnistheorie als Reaktion auf die Herausforde- rung des Skeptizismus gesehen werden, die im Laufe ihrer Geschichte zahllose Ver- suche unternommen hat, ihn zu besiegen. Doch bislang ist es keinem Philosophen nach Descartes geglückt, ein stichhaltiges Argument gegen den Skeptizismus vorzu- bringen. Und so wirft die Vorstellung, dass der Tank am Ende doch kein Schlupfloch lässt, weiterhin einen gedankenschweren Schatten über die Philosophie. Worum es geht Sind Sie ein Gehirn im Tank? 8 Probleme der Erkenntnis 02 Platons Höhle Stellen Sie sich vor,Sie wären zeit Ihres Lebens in einer dunklen Höhle gefangen:Hände und Füße sind gefesselt und auch Ihr Kopf ist so fest- gebunden,dass Sie nur geradeaus auf die Höhlenwand vor sich blicken können.Hinter Ihnen lodert ein Feuer,das einen Schein wirft.Zwischen Ihrem Rücken und dem Feuer befindet sich ein Weg,auf dem Ihre Wärter Statuen und andere Gegenstände hin und her tragen.Die Schatten,die diese Gegenstände auf die Höhlenwand vor Ihnen werfen,sind die einzi- gen Dinge,die Sie und Ihre Mitgefangenen je gesehen haben,alles,über das Sie je nachgedacht und gesprochen haben. Das Höhlengleichnis, das vermutlich bekannteste der vielen Bilder und Analogien des griechischen Philosophen Platon, erscheint im siebten Buch seines Hauptwerkes Politeia, worin er den idealen Staat und den idealen Herrscher entwirft – den Philoso- phenkönig. Um seine Idee der Philosophenherrschaft zu erläutern, stützt Platon sich auf eine detaillierte Betrachtung von Wahrheit und Wissen und gebraucht in diesem Zusammenhang das Höhlengleichnis. Wie komplex und vielschichtig Platons Auffassung von Wissen und den Gegen- ständen des Wissens ist, zeigt das ganze Gleichnis: Stellen Sie sich nun vor, Sie würden aus den Fesseln befreit und könnten in der Höhle umhergehen: Im ersten Moment sind Sie geblendet vom Feuer. Ganz allmäh- lich erkennen Sie die Gegebenheiten der Höhle immer deutlicher und verstehen, wo- her die Schattenbilder kommen, die Sie bislang für die reale Welt gehalten haben. Und schließlich erlaubt man Ihnen, die Höhle zu verlassen und hinauszutreten in die sonnenhelle Welt, wo Sie die Fülle der Realität erschauen, beleuchtet vom hellsten aller Himmelsgestirne – der Sonne. Deutung des Höhlengleichnisses Platons Höhlengleichnis wurde in vielen Interpretationen eingehend diskutiert, doch der Kern seiner Aussage liegt klar auf der Hand. Die Höhle steht für das „Reich des Werdens“, für die sichtbare, sinnlich erfahr- Zeitleiste 375 1644 ca. v. Chr. Platons Höhlengleichnis Cogito ergo sum Platons Höhle 9 bare Alltagswelt, in der alle Einzelgegenstände unvollkommen und veränderlich sind. Der Gefesselte (der gewöhnliche Mensch) lebt in einer Welt der Schattenbilder und Illusionen. Der Befreite hingegen, der ungehindert durch die Höhle wandern ‚ kann, gelangt zu der genauesten Erkenntnis der Realität, die die stets veränderliche Wahrnehmungs- und Erfahrungswelt zulässt. Im Gegensatz dazu Sieh nämlich Men- steht die Welt außerhalb der Höhle. Sie symbolisiert das „Reich des Seins“, die nur geistig erfassbare Welt der Wahrheit, die erfüllt schen wie in einer unter- ist von Gegenständen der Erkenntnis, die vollkommen, ewig wäh- irdischen,höhlenartigen rend und unveränderlich sind. Wohnung … Denn zuerst, meinst du wohl,dass Die Ideenlehre Nach Platons Ansicht muss echtes Wissen dergleichen Menschen nicht nur wahr sein, sondern auch vollkommen und unveränder- von sich selbst und von- lich. Ein solches Wissen jedoch kann die Erfahrungswelt (die Welt einander je etwas ande- innerhalb der Höhle) nicht bieten: ein groß gewachsener Mensch res gesehen haben als erscheint klein neben einem Baum; ein Apfel, der am helllichten die Schatten,welche das Tag leuchtend rot erscheint, wirkt in der Dämmerung schwarz … Feuer auf die ihnen ge- und so weiter. Daraus schließt Platon, dass es ein weiteres Reich genüberstehende Wand mit nicht wandelbaren und ewig währenden Gegenständen geben ‘ der Höhle wirft? muss (die Welt außerhalb der Höhle), die er „Ideen“ oder „Formen“ nennt. Als Abbild der Idee der Gerechtigkeit etwa ist so auch die Platon, ca. 375 v. Chr. einzelne gerechte Handlung gerecht. Wie das Höhlengleichnis ver- anschaulicht, gibt es eine hierarchische Ideenordnung, die umspannt wird von der Idee des Guten (symbolisiert durch die Sonne), die allen anderen Ideen ihre letztend- liche Bedeutung zuweist und ihrem Bestehen gar zugrunde liegt. Die Platonische Liebe Die Idee, mit der man Platon heute meistens ver- sche Formulierung der Idee von der höchsten bindet, ist die sogenannte Platonische Liebe.Sie und vollkommensten Form der Liebe, die sich basiert auf dem im Höhlengleichnis gemachten nicht körperlich, sondern seelisch-geistig aus- scharfen Gegensatz zwischen der vom Verstand drückt, findet sich im Symposion, einem weiteren erfassbaren Welt und der Sinnenwelt.Die klassi- berühmten Dialog des griechischen Philosophen. 1690 1981 Der Schleier der Wahrnehmung Das Gehirn im Tank

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