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50 Jahre GAMM: Im Auftrag und unter Mitwirkung des Fachausschusses für die Geschichte der GAMM PDF

37 Pages·1972·1.403 MB·German
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50 Jahre GAMM Im Auftrag und unter Mitwirkung des Fachausschusses für die Geschichte der GAMM J. DÖRR · H. GÖRTLER G. HÄMMERLIN · E. METTLER zusammengestellt von H. GERICKE Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1972 Beiheft zum "Ingenieur-Archiv" 41. Band 1972 Inhalt Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Vorwort................................................ 4 1. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Gründung der ZAMM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3. Gründung der GaMM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4. Internationale Kongresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 5. Die GaMM von 1924 bis 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 6. 1933-1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 7. Wiederaufbau nach dem Kriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 8. Mitarbeit in der IUTA M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 9. Chronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 10. Fachausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 11. Berufs- und Ausbildungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 12. Schlußbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Übersichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Biographische Daten und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 ISBN 978-3-662-37740-6 ISBN 978-3-662-38558-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-38558-6 Alle Rechte, einschließlich das der Übersetzung in fremde Sprachen und das der photomechanischen Wiedergabe oder einer sonstigen Vervielfältigung, vorbehalten © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1972 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1972. Einführung Die Gesellschaft für Augewandte Mathematik und Mechanik ist 50 Jahre alt geworden. Das stetige Wachsturn der Mitgliederzahl, die erfolgreichen Jahrestagungen und die Tätigkeit der Fachausschüsse beweisen, daß die gemeinsame Pflege von angewandter Mathematik und Mechanik ein glücklicher und origineller Gedanke der Gründer war; die gegenseitige Anregung dieser beiden Forschungsgebiete ist in den vergangeneu 50 Jahren in der GAMM immer wirksam geblieben. Die Gesellschaft macht gegenwärtig die Entwicklung zu einer internationalen Vereinigung durch. Sie hat zahlreiche Mitglieder auch in nicht-deutschsprachigen Ländern, und öfters fanden Jahresversammlungen außerhalb Deutschlands statt. Der Unterzeichnete betrachtet es als eine besondere Ehre, als Schweizer Vorsitzender der Gesellschaft zu sein. Der Vorstand der GAMM und alle Mitglieder danken Herrn Prof. Dr. H. Gericke für sein Studium der Quellen der Geschichte der GAMM und für die Darstellung dieser Geschichte. Wir schätzen auch die Arbeit des Fachausschusses unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. G. Hämmer lin, der alle Vorarbeiten für die Publikation der Geschichte der GAMM unternommen hat. Der Springer-Verlag sowie der Herausgeber des Ingenieur-Archivs, Herr Prof. Dr. K. Magnus, waren so freundlich, den Bericht als Beiheft des Ingenieur-Archivs erscheinen zu lassen. Zürich, den 24. Januar 1972 Der Vorsitzende: Prof. Dr. E. Stiefel Vorwort Im Jahr 1970 hat die GAMM im Hinblick auf ihr bevorstehendes 50-jähriges Bestehen einen Ausschuß für die Geschichte der GAMM eingesetzt, dessen Leitung zunächst Herr J. Dörr, dann Herr G. Hämmerlin übernahm. Der Ausschuß besprach auf einer Sitzung am 21. 10. 70 die Herausgabe einer Schrift zum Jubiläum. Der Schriftführer, Herr Dörr, stellte das bisher gesam melte Material zur Verfügung: 1. Jahresberichte, Tagungsprogramme und Mitgliederverzeichnisse, 2. eine von G. Hämmerlin begonnene Sammlung von einschlägigen Ausschnitten aus der ZAMM, 3. einen im Institut von K. Wieghardt, Hamburg, 1967 verfaßten Entwurf einer Geschichte der GAMM von 1921 bis 1966. Die Materialsammlung wurde fortgesetzt, ergänzt durch die "Mitteilungen" der GAMMseit 1951 und insbesondere durch Briefe von und an L: Prandtl, die im Max-Planck-Institut für Strömungs forschung gefunden wurden. K. Kraemer und W. Tillmann haben sie herausgesucht und wichtige Mitteilungen und Hinweise beigesteuert. Zahlreiche Zuschriften und Hinweise sind aus dem Kreise der Mitglieder der GAMM ein gegangen. Insbesondere sandte C. Weber einen langen Brief, in dem er seine Erinnerungen mit teilte, wofür ihm hier besonders herzlich gedankt sei. Dem Kultusministerium von Baden-Württemberg sei gedankt für die Überlassung von Kopien des Schriftwechselsanläßlich der Wiedergründung der GAMM 1947. Die Sichtung und Zusammenstellung des Materials wurde vom Unterzeichneten übernommen. Er hat dabei in enger Fühlung mit den Mitgliedern des Ausschusses gestanden, vieles von ihnen erfahren und gelernt und alle Einzelheiten mit ihnen durchgesprochen. Wesentlichen Anteil am Entstehen der Arbeit hat insbesondere H. Görtler, der ja mit der GAMM sehr eng persönlich verbunden ist, viel mehr als es in diesem Bericht zum Ausdruck kommen kann. Nicht alles, was in Aussicht genommen war und wovon auch z. T. in den Mitteilungen ge sprochen worden ist, konnte durchgeführt werden. Die Darstellung beschränkt sich auf die äußere, organisatorische Entwicklung. Eine wissenschaftliche Geschichte der GAMM wäre wahrscheinlich eine Geschichte der augewandten Mathematik und Mechanik überhaupt; sie konnte hier nicht gegeben werden, aber vielleicht könnte die vorliegende Darstellung einmal als äußerer Rahmen dafür nützlich sein. Der Gedanke, Kurzbiographien der von der GAMM besonders verehrten Persönlichkeiten bei zugeben, wurde aufgegeben, u. a. weil sich herausstellte, daß solche Biographien doch in gesam melten Abhandlungen und in Zeitschriften gut zugänglich sind. Es sind nur ganz wenige Daten und einige Hinweise auf Nachrufe usw. angegeben. Daß die Entwicklung der letzten Jahre so gut wie gar nicht erfaßt werden konnte, wird ver ständlich sein. München, Januar 1972. H. Gericke. 1. V argeschichte Die Belange der augewandten Mathematik und Mechanik wurden vor der Gründung der Gesellschaft für Augewandte Mathematik und Mechanik (GAMM) einerseits von der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) und andererseits vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) wahrgenommen. Aber die Aufgabenbereiche dieser beiden Vereinigungen wurden mit der Zeit so umfassend, daß eine eigene Gesellschaft mit engerer Zielsetzung notwendig wurde. Dieser Prozeß der Spezialisierung scheint sich in gewisser Weise, natürlich in anderer organisatorischer Form, in der Bildung von Fachausschüssen fortzusetzen. Es sei erlaubt, auf die vorangegangene Entwicklung kurz zurückzublicken. Im Jahr 1822, genau 100 Jahre vor der Gründung der GAMM, wurde die Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte gegründet; ihr Vorbild war die 1816 gegründete "Helvetische Naturforschende Gesell schaft". Die deutsche Gesellschaft hatte nur das Ziel, regelmäßige Zusammenkünfte zu veran stalten, um die persönliche Aussprache der Forscher zu ermöglichen. Die Organisation war ganz locker: ein Geschäftsführer und ein Sekretär, welche am Orte der geplanten nächsten Versamm lung wohnhaft sein mußten, übernahmen jeweils die Geschäfte bis zu dieser Versammlung. Eine straffere Organisation wäre damals aus politischen Gründen nicht möglich gewesen. Damals galten ja z. B. bei einer Versammlung in Heidelberg die Teilnehmer aus Bayern oder Preußen als "Ausländer", und manche hätten von ihrer heimischen Regierung vielleicht Schwierigkeiten zu erwarten gehabt, wenn ihre Teilnahme bekannt geworden wäre. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es der Gesellschaft, "die Idee einer geistigen Einheit Deutschlands unter ungünstigen Umständen zu verwirklichen" (Karl Sudhoff, Hundert Jahre Deutsche Naturf. Vers.). Erst 1886-1889 wurde eine neue Satzung ausgearbeitet, nach der es einen Vorstand gab, der auf weitere Sicht planen konnte, der u. a. "System in die wissenschaftlichen Vorträge bringen sollte, daß nicht länger des Zufalls Willkür die Zufuhr wissenschaftlichen Stoffes regele". Schon bald war es nötig gewesen, bei den Tagungen Sektionen bzw. Abteilungen zu bilden. Aus der Abteilung "Mathematik und Astronomie" bildete sich 1890 die DMV, weil die Mathema tiker erkannten, daß zur konsequenten Behandlung ihrer eigenen Anliegen eine eigene selbstän dige Organisation zweckmäßig war. Der Verein Deutscher Ingenieure wurde 1856 gegründet. Seine Stifter hatten "das Interesse der gesamten Industrie Deutschlands auf ihre Fahne geschrieben", ebenfalls zu einer Zeit, als die politische Einheit Deutschlands noch nicht verwirklicht war. Sie setzten sofort die Herausgabe einer Zeitschrift ins Werk. "Ein weiteres Band für das Vereinsleben sollte die Zusammenschließung der in hervorragenden Industriebezirken wohnenden Mitglieder zu Bezirksvereinen sein". Sechs Bezirksvereine konstituierten sich noch im ersten Vereinsjahr, darunter am 30. August 1856 der Berliner Bezirksverein, der später bei der Gründung der ZAMM und der GAMM eine wichtige Rolle spielte. [R. Ziebarth, Der Verein Deutscher Ingenieure. Seine Entwicklung und Wirksam keit in den vergangeneu 25 Jahren. Berlin 1881]. 2. Gründung der ZAMM Nach dem ersten Weltkrieg fühlten anscheinend gerade die Ingenieure eine besondere Verant wortung für den Wiederaufbau, jedenfalls entfaltete der VDI und nicht zuletzt sein Berliner Bezirksverein eine lebhafte und vielseitige Aktivität. Im Geschäftsbericht über das Jahr 1919/1920 heißt es u. a. [Z.-VDI 64 (1920) S. 680]. "Allgemeine Wissenschaften. Um die in der Praxis auftretenden Fragen, soweit sie mit den Verfahren der allgemeinen Wissenschaften, namentlich der technischen Mechanik und Physik, zu lösen sind, wissenschaftlicher Behandlung zuzuführen und andererseits die Ergebnisse wissen schaftlicher Forschung der Praxis unmittelbar zugänglich zu machen, haben sich in einigen Bezirksvereinen Ausschüsse für technische Mechanik und Physik gebildet. In diesen Ausschüssen wurden im Berichtsjahr nachfolgende Fragen in Form von Vorträgen und Aussprachen behandelt: Mechanische Schwingungssysteme als Modelle funkentelegraphischer Anordnungen. - Längs schwingungen von Flugzeugen. - Einfluß der Eigenspannungen bei Festigkeitsversuchen. - Theorie der Verfestigung durch Kaltrecken. - Neuere Geschwindigkeitsmesser. -Numerische Integration von Differentialgleichungen. -Der heutige Stand des Schmierungsproblems. -Die 6 50 Jahre GAMM Ingenieur-Archiv Darstellung der Zirkulation im Modell. - Einige Methoden und Aufgaben aus der praktischen Mathematik. - Schüttelerscheinungen bei elektrischen Lokomotiven mit Parallelkurbelgetrieben. - Die Differenzenrechnung und ihre Anwendung in der Technik. - Die Beanspruchung dünner Wände unter besonderer Berücksichtigung zylindrischer Gefäßwände. - Die Methoden und die Bedeutung der Vektorenrechnung und ihre Anwendung in der Technik. - Elastische und un elastische Formänderungen von Wagen. - Kreuzkopfdruck an Lokomotiven. - Eine logarith mische Integriervorrichtung. - Die Theorie des Tragflächenauftriebs. - Neuere Anwendungen der Zirkulationsrechnung." In der Versammlung des Vorstandsrats des VDI am 19. September 1920 berichtet Herr Rüden berg [Z.-VDI 65 (1921) S. 54]: "Unter den Gebieten der Allgemeinen Wissenschaften ist für Ingenieurtätigkeit und tech nischen Fortschritt vor allem grundlegend das Gebiet der technischen Mechanik. Wir haben unser Ziel im Ausschuß des Berliner Bezirksvereines zu erreichen gesucht durch Abhaltung einer großen Anzahl von Vorträgen über bestimmte Gebiete. Mit Organisation haben wir uns noch nicht beschäftigt ... " Die behandelten Gebiete entsprechen den oben angegebenen. Es seien daher nur ein paar Sätze aus dem Bericht herausgegriffen: "Das Gebiet der Hydrodynamik ist namentlich hinsichtlich der Flugtechnik behandelt worden, wenn sie auch augenblicklich darniederliegt. Über Vektorrechnung ist vorgetragen worden und schließlich über Differenzengleichungen, ein Gebiet, von dem der Ingenieur heute noch wenig weiß, und endlich die konforme Abbildung. Es ist erstaunlich, auf wie einfachem Wege man viele technische Probleme hierdurch lösen kann. Was uns augenblicklich fehlt, ist ein Organ zur Veröffentlichung .... Es ist unbedingt not wendig, daß wir ein solches Organ bekommen, auch um mit anderen Bezirksvereinen die Ver bindung aufzunehmen." In dem Bericht heißt es ferner: "Hr. Steinerweist darauf hin, daß nicht nur im Berliner Bezirksverein, sondern auch in vielen Bezirksvereinen im Reich eine rege Tätigkeit auf diesem Gebiet entwickelt wird." Zur Frage der Zeitschrift äußerte sich Herr Matschoß in seinem Bericht über Technische Zeit schriften. Der VDI gab "seit 19 Jahren" in der Form einzelner Hefte "Forschungsarbeiten" heraus. Aus verschiedenen Gründen entsprach diese Form nicht den Anliegen des "Ausschusses für Mathematik und Mechanik". Man wünschte "nicht nur umfangreiche Originalarbeiten ab gedruckt zu sehen, man möchte auch besonders über wichtige Arbeiten auf diesem Gebiete durch kurze kritische Berichte unterrichtet werden. Ferner hat man den Wunsch, diese Hefte für augewandte Mathematik und Mechanik nicht nur durch jedesmalige einzelne Herstellung zu erhalten, sondern man wünscht sie fortlaufend in regelmäßiger Reihenfolge zu erhalten. Diesen Wünschen werden Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat dadurch zu entsprechen suchen, daß dieser Teil der wissenschaftlichen Arbeiten in der Verlagsform einer Zeitschrift für augewandte Mathematik und Mechanik erscheint. Die neue Zeitschrift [Zeitschrift für Augewandte Mathematik und Mechanik (ZAMM)], für die ein ausgezeichneter Schriftleiter gewonnen wurde - nämlich von Mises - wird im Verlage des Vereins vom Januar 1921 an erscheinen, und zwar in 6 Heften im Jahr." Es erscheint bemerkenswert, daß nicht lange über die Notwendigkeit eines solchen Organs geredet wurde, sondern daß es sofort geschaffen wurde. Der VDI-Verlag war leistungsfähig genug, um den Start in dieser schweren Zeit - es war immerhin sozusagen am Vorabend der Inflation von 1923 - zu ermöglichen. "Zur Einführung" schrieb R. von Mises im 1. Heft einen Aufsatz "Über die Aufgaben und Ziele der augewandten Mathematik". Er stellt fest, daß der Versuch, die augewandte Mathematik entweder nach ihrem Gegenstand oder nach ihrer Methode abzugrenzen, zu keinem befriedigenden Erfolg führt. Statt dessen nennt er eine Reihe von Problemen aus verschiedenen Gebieten, die als augewandte Mathematik zu bearbeiten sind, und sagt schließlich: "Der flüchtige Gang durch die Reihe verschiedenartiger Probleme . . . wird sicherlich das Gefühl noch verstärkt haben, daß es sich hier um ein nach außen unsicher begrenztes, nach innen wenig geschlossenes Gebiet handelt. Was wir diesem wenig befriedigenden Eindruck entgegen zu stellen haben, ist vor allem die Berufung auf das praktische Bedürfnis, dem Sammlung und Zu sammenfassung lose aneinander hängender Fragen oft mehr dienen kann, als die glatte Abrun dung eines einheitlichen Kernes. Gewiß wäre es schöner und ästhetisch befriedigender, wenn wir 41. Band 1972 Gründung der GAMM 7 es nicht nötig hätten, zwischen den Stoffgebieten des Mathematikers, Physikers und Technikers die Reste wahrzunehmen, die von allen Seiten unerledigt bleiben. Man kann sich auch vorstellen, daß einmal eine Zeit kommen wird, die, die einzelnen Wissenzweige in einer höheren Einheit vereinigend, ein derartiges Unternehmen überflüssig erscheinen .läßt, wie ja auch den Großen unseres Gebietes, einem Euler oder Gauß, einem Newton oder Cauchy der Zwiespalt zwischen reiner und angewandter Wissenschaft fremd war. Allein niemand kann die Zeit und die Verhält nisse, in die er gestellt und unter denen er zu wirken berufen ist, frei wählen: die Erfordernisse der Gegenwart erkennen und ihnen nach Kräften zu dienen suchen, ist äußerer und innerer Umkreis der Pflicht." 1953 schrieb der damalige Schriftleiter der ZAMM, Fr. A. Willers, in einem Nachruf auf R. von Mises: "Die Ziele, die er der Zeitschrift in einem einführenden Aufsatz des ersten Heftes weitschauend gestekt hat, verfolgt sie bis heute." [ZAMM 33 (1953]. Als Abschluß dieses Berichts über die Entstehung der ZAMM geben wir einen Brief von Felix Klein wieder [Z.-VDI, Bd. 65, 1921, S. 332]. An den Göttingen, Ende Februar 1921 Direktor des Vereins deutscher Ingenieure Hrn. D. Meyer Sie haben mich freundliehst gebeten, der neuen Zeitschrift ein Geleitwort mit auf den Weg zu geben. Ich komme dieser Aufforderung gerne nach, denn es ist mir eine Genugtuung und eine besondere Freude, daß sich die Ingenieure und die Mathematiker zusammengefunden haben. Zu den Einzelaus führungen, wie sie Hr. v. Mises in seinem Vorworte gibt, wüßte ich nichts Besonderes hinzuzufügen. Wohl aber möchte ich - zweifellos in voller Uebereinstimmung mit dem Herrn Herausgeber - noch ein Allgemeines hervorheben. Wenn man die Darstellungen auch hervorragendster Autoren vergleicht, findet man als Aufgabe der mathematischen Naturwissenschaft meistens nur angegeben, bei gegebenen Prämissen den weiteren Verlauf der Erscheinungen den Naturgesetzen entsprechend zu bestimmen, sagen wir die Bahn eines Geschosses, welches mit bestimmter Geschwindigkeit in bestimmter Richtung geschleudert wird, oder auch den Verlauf eines Lichtstrahles, der ein gegebenes optisches Instrument durchsetzt. J\ber es gibt eine darüber hinausgehende Problemstellung, die gleicherweise der mathe matischen Ueberlegung unterliegt: das Geschoß soll so geschleudert werden, daß es ein bestimmtes Ziel erreicht, das Instrument so konstruiert werden, daß die mit seiner Hilfe zustande kommende Abbildung eine möglichst vollkommene ist. Also neben die kausale Erklärung bei gegebenen Daten tritt die For derung geeigneter Festlegung der Anfangsbedingungen nach dem Gesichtspunkte größter Zweckmäßig keit. Es scheint mir, daß hiermit eine besondere Aufgabe aller Augewandten Mathematik bezeichnet ist, eine Aufgabe zudem, die der Denkweise und der Berufstätigkeit des schaffenden Ingenieurs be sonders nahe liegt. Um in der Sprache unserer Pädagogen zu reden: es ist recht eigentlichfunktionales Denken, welches hier verlangt wird: der volle V eberblick über den Zusammenhang der Ergebnisse mit den jeweiligen Daten der Aufgabe. Wenn sich Ihre Zeitschrift auch der so umrissenen Fragestellung nachdrücklich widmen möchte, wird sie, wie ich meine, den Interessen der Allgemeinheit in besonderer Weise dienen. Man spricht so viel davon, daß für den Wiederaufbau unseres gebeugten Vaterlandes die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Wissenschaft eine überaus wichtige Sache sei, und Jedermann denkt dabei mit an die ausschlaggebende Hilfe, welche von da aus der Qualitätsleistung unserer Industrie zuteil werden soll. Dieser Gedanke, den ich mit ganzer Seele stütze, möge durch die vorangehenden Zeilen nach bestimmter Richtung mehr präzisiert sein, als gewöhnlich geschieht. Das Ziel der theoretischen Natur wissenschaft soll nicht nur ein passives Verstehen, sondern eine aktive Beherrschung der Natur sein. Diese Formulierung tritt selbstverständlich nicht in Gegensatz zu den ethischen Forderungen, welche von anderen Seiten an die Wiedergeburt unserer Leistungsfähigkeit gestellt werden. Sondern sie will nur in Verbindung mit diesen Forderungen gelten und die besondere Verpflichtung kennzeichnen, die uns Theoretikern innerhalb der Gesamtaufgabe zukommt. G b t d Ih · anz erge ens er nge Klein 3. Gründung der GaMM Die früheren Akten der GAMM sind am 13. Februar 1945 zusammen mit der Wohnung des damaligen Geschäftsführers Constantin Weber in Dresden vernichtet worden. Die Korrespondenz von L. Prandtl fand sich in Göttingen erst vom ] ahre 1926 an. Um so wichtiger sind drei Schrift stücke, die in den Papieren von H. ]. Reißner gefunden wurden. Seinem Sohn, Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Erich Reissner, University of California, San Diego, sind wir sehr dankbar dafür, daß er uns Kopien davon zur Verfügung stellte. Es sind: ein Brief von L. Prandtl an R. von Mises vom 8. August 1921, die Antwort von R. von Mises vom 11. August 1921 und die Antwort von L. Prandtl, eine Postkarte vom 14. August 1921. 8 50 Jahre GAMM Ingenieur-Archiv Es ergibt sich aus diesen Briefen, daß der Plan, eine Gesellschaft zu gründen, bereits vorher zwischen Prandtl, von Misesund Reißner erörtert worden ist. Jetzt geht es um die Vorbereitung der Tagung, die die Deutsche Mathematiker-Vereinigung, die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Technische Physik gemeinsam Ende September 1921 in Jena veranstalteten. Es sollen Vorträge aus dem Gebiet der augewandten Mathematik und Mechanik möglichst geschlossen und zu günstigen Zeiten ins Programm aufgenommen werden. Durch diese Vorträge sollten offenbar zugleich den Interessenten die Ziele der neu zu gründenden Gesellschaft dargelegt werden. Prandtl schreibt ferner: "Welchen Namen, und welchen Aufgabenkreis die Gesellschaft sich erwählen wird, mag ebenfalls den mündlichen Verhandlungen in Jena vorbehalten bleiben. Gegenüber Ihrem Vorschlag "angewandte Mathematik und Mechanik" werde ich den meinigen (technische Mechanik) aus dem Grund aufrecht erhalten, weil ich mir den Schwerpunkt der neuen Vereinigung mehr auf dem Gebiet der Mechanik und ihrer bau- und maschinentechnischen Anwendungen liegend wünsche. Die augewandten Mathematiker, d. h. die im Sinne der Hauptaufgabe der Vereinigung nützliche Mathematik machen, sollen dabei gerne willkommen sein. Was ich vermeiden will, ist aber das Dominieren der Mathematik und der mathematisierenden Behandlung der Probleme. Ich meine, daß das Experiment mindestens ebenso stark betont werden soll, wie die Theorie." In seiner Antwort vom 11. August 1921 schlägt von Mises vor: "In dem Augustheft meiner Zeitschrift, das der Versammlung in Jena gewidmet sein wird, will ich an erster Stelle unter den "Nachrichten" nochmals auf die Vorträge zurückkommen, die für uns besonderes Interesse haben, dabei wird vor allem der Vorträge zu gedenken sein, die innerhalb der Gesellschaft für technische Physik stattfinden. Ganz ungezwungen ergibt sich im Anschluß daran eine Bemerkung über die ungünstige Zersplitterung der Mechanik, und ich will dann gleich hinzufügen, daß Sie angeregt hätten, um der Zersplitterung in Hinkunft vorzubeugen, einen engeren Zusammenschluß der Vertreter der Mechanik herbeizuführen. Eine nähere Fühlungnahme der hierfür Interessierten sei für Jena geplant und jedermann dazu eingeladen." Diese Mitteilung erschien nach Zustimmung von Prandtl (Postkarte vom 14. August) im Augustheft der ZAMM [1 (1921) S. 341f]. Über den Verlauf der Tagung berichtete die ZAMM [1, H. 5 (Okt. 1921) S. 419f]: Er "erfüllte vollauf die Erwartung, daß hier zum erstenmal im Rahmen der jährlich wiederkehrenden Mathe matiker- und Physikerversammlungen die augewandte Mathematik und Mechanik in größerem Ausmaß und ziemlich geschlossen zur Geltung kommen sollte." Später heißt es in demselben Bericht: "Am Mittwoch, den 21. September fand die auf Anregung von Prof. Prandtl einberufene Be sprechung der Vertreter der angewandten Mathematik und Mechanik statt, in der über die weitere Gestaltung der wissenschaftlichen Jahresversammlung beraten wurde. Einmütig kam die Ansicht zum Ausdruck, daß der in diesem Jahr erreichte Zustand noch nicht allen Wünschen entspricht, und daß ein unmittelbarer Einfluß auf die Festsetzung der Tagesordnungen ausgeübt werden müsse. Der Ausschuß der Deutschen Mathematiker-Vereinigung hatte beschlossen, auch in Zu kunft einen Sitzungstag den Anwendungen einzuräumen, und die Gesellschaft für Technische Physik erklärte sich bereit, Vorträgen aus dem Gebiete der technischen Mechanik nach Möglich keit Raum zu gewähren. Die Versammlung beschloß, vorläufig von der Gründung einer beson deren Organisation abzusehen und einen Ausschuß einzusetzen, der die nächstjährige Tagung vorbereiten und zur Feststellung der Tagesordnung mit den beiden genannten Gesellschaften in Verbindung treten soll. In den Ausschuß wurden gewählt: Prof. v. Mises- Berlin, Prof. Prandtl - Göttingen und Prof. Reißner - Charlottenburg. Jeder dieser Herren ist bereit, schon jetzt Anregungen aus Fachkreisen für das Programm der nächstjährigen Tagung, die im Rahmen der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte im September 1922 in Leipzig stattfinden wird, entgegenzunehmen." ZAMM 2, H. 4 (Okt. 1922) S. 404: "Gründung einer deutschen I ngenieurwissenschajtlichen Vereinigung. Im Verfolg der Bestrebungen, von denen an dieser Stelle wiederholt die Rede war, ist anschließend an den Leipziger Natur forschertag am 21. September d. ]. in einer Versammlung von Vertretern der Ingenieurwissen schaften, der Mechanik und der augewandten Mathematik eine Gesellschaft gegründet worden, deren Aufgabe die Pflege und Förderung der Forschung auf allen den Ingenieurwissenschaften zuzuzählenden Teilgebieten der Mathematik und Physik ist. Der Verlauf der, wie wir hoffen, für die Weiterentwicklung der deutschen Technik nicht bedeutungslosen Sitzung war folgender. Herr Prandtl - Göttingen, der zum Vorsitzenden gewählt worden war, legte in wenigen Worten die unmittelbare Veranlassung der Neugründung dar. Es sei notwendig, zu der jährlichen 41. Band 1972 Gründung der GAMM 9 Naturforscherversammlung für die Vorbereitung und Durchführung von Vorträgen auf den bezeichneten Grenzgebieten eine feste Organisation zu schaffen, die mit der Leitung der Natur forschertage und den nahestehenden Gesellschaften über die Tagesordnung usf. verhandeln könne. Dabei besteht nicht die Absicht, durch Bildung einerneuen Abteilung eine weitere Zersplitterung herbeizuführen, sondern es solle versucht werden, wie bisher, im Rahmen der Abteilungen 1 und 3 (Mathematik bzw. Technische Physik) zu verbleiben. Über diesen nächsten Zweck hinaus würde eine Vereinigung zur Förderung der theoretischen Ingenieurwissenschaften eine Lücke ausfüllen, die seit mehreren Jahren von einer großen Zahl wissenschaftlich tätiger Ingenieure lebhaft emp funden wird. Nachdem dann die Herren Scheffers, Hamel und Rothe - Charlottenburg mannig fachen Bedenken gegen die beabsichtigte Neugründung Ausdruck gegeben hatten, wurde auf Antrag von Mises - Berlin die Gründung der Gesellschaft mit Stimmenmehrheit beschlossen. Ein weiterer Antrag, Beitrittserklärungen sofort entgegenzunehmen und von jedem Beitretenden einen vorläufigen Gründungsbeitrag von M 50,- einzuheben, erledigte sich dadurch, daß 26 von den Anwesenden sich in eine Beitrittsliste eintrugen und den Beitrag leisteten. Lebhafte Aus sprache knüpfte sich an den Antrag, die neue Vereinigung in ein organisches enges Verhältnis zum V.D.I. zu bringen (etwa wie die Gesellschaft für Metallkunde), um auf diese Weise die Ge schäftsführung zu erleichtern und zu vereinfachen. Entgegen Einwendungen der Herren Hamel und Rothe wurde mit Stimmenmehrheit in diesem Sinne beschlossen. Zur Ausarbeitung eines Satzungsentwurfs und zur Vorbereitung der nächsten Jahresversammlung wurde ein vorläufiger Ausschuß eingesetzt, bestehend aus den Herren Prandtl - Göttingen als Vorsitzendem, v. Mises - Berlin als Geschäftsführer, sowie den Herren Emde- Stuttgart, Gehler-Dresden, Hamel Berlin, Knoblauch- München, Reißner- Berlin, Trefftz-Dresden. Auch über den endgültigen Namen, den die Vereinigung tragen wird, soll der Ausschuß zugleich mit dem Satzungsentwurfe einen Vorschlag auf der nächstjährigen Tagung vorlegen." Auf Grund dieses Berichtes dürfte der 21. September 1922 als der Gründungstag der GAMM anzusehen sein, obwohl die Satzung später angab: "Der Verein ... ist in Marburg a. L. am 25. Sep tember 1923 errichtet worden." ZAMM 2, H. 6 (Dez. 1922) S. 478: "Deutsche Ingenieurwissenschaftliche Vereinigung. Der vorläufige Ausschuß hat beschlossen, daß die Vereinigung bis zur endgültigen Annahme der Satzungen den Doppelnamen führen soll "Deutsche Ingenieurwissenschaftliche Vereinigung - Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik". Der vorläufige Beitrag für das erste Jahr ist von 50 M auf150M erhöht worden." (Hier zeigt sich die beginnende Inflation.) ZAMM 3, H. 4 (Aug. 1923) S. 328: Versammlung in Marburg 1923. Wie aus dem diesem Heft beigegebenen Programm hervorgeht, findet in Marburg vom 20. bis 25. September die gemeinsame Jahresversammlung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und der Deutschen Ingenieurwissenschaftlichen Vereinigung - Gesell schaft für angewandte Mathematik und Mechanik statt. Die Versammlung ist um einige Tage verschoben worden, um nach Möglichkeit Kollision mit dem am 16. September beginnenden Physikertag in Bonn zu vermeiden. Leider ist eine gemeinschaftliche Tagung in diesem Jahre nicht zustande gekommen, da die Physiker meinten, an dem ursprünglich in Aussicht genomme nen Bonn festhalten zu müssen, was den Mathematikern aus praktischen Gründen untunlich erschien.'' Der Grund für diese Schwierigkeiten war die Besetzung des Ruhrgebietes. ZAMM 3, H. 5 (Okt. 1923) S. 399f: Jahresversammlung in Marburg 1923. Trotz der äußerst ungünstigen Zeitverhältnisse vermochte die gemeinsame Jahresversammlung der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und der Gesell schaft für angewandte Mathematik und Mechanik in Marburg starken Besuch und einen vollen Erfolg aufzuweisen. Es hatten sich über hundert Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands ein gefunden, darunter 31 Mitglieder unserer Gesellschaft. An den beiden Vortragstagen, die der Mechanik und augewandten Mathematik gewidmet waren, wurden 18 wissenschaftliche Vorträge unter z. T. lebhafter Aussprache seitens der Mitglieder gehalten." Nach einem eingehenderen Bericht über eine Ausschußsitzung und die wissenschaftlichen Sitzungen folgt: "Mitgliederversammlung am 25. September nachmittags. Vorsitzender Hr. Prandtl. Hr. v. Mises erstattet den Geschäftsbericht. Danach beträgt der Mitgliederbestand 138, davon 84 in Deutsch land, 8 in Deutsch-Österreich, 35 in der Tschechoslovakei, 6 in Holland, je 1 in der Schweiz, in Schweden, Spanien, Polen, Amerika. Die Einnahmen der Gesellschaft betrugen bis 15. September

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