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50 Jahre Bundesrepublik Deutschland: Rahmenbedingungen — Entwicklungen — Perspektiven PDF

658 Pages·1999·21.998 MB·German
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Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 30/1999 Deutsche Vereinigung fur Politische Wissenschaft so Jahre Bundesrepublik Deutschland Rahmenbedingungen - Entwicklungen - Perspektiven H erausgegeben von Thomas Ellwein t und Ev erhard Holtmann Westdeutscher Verlag Aile Rechte vorbehalten © Westdeutscher Verlag GmbH, OpladenlWiesbaden, 1999 Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation GmbH. Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzuJassig und strafbar. Das gilt insbe sondere fur Vervielfaltigungen, Dbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. www.westdeutschervlg.de Hochste inhaltliche und technische Qualitat unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produk tion und Verbreitung unserer Bucher wollen wir die Umwelt schon en: Dieses Buch ist auf sau refreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die EinschweiBfolie besteht aus Po lyathylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. U mschlagbild: Walter Hanel 1989: Mauerfall; © Haus der Geschichte ISBN-13: 978-3-531-13182-5 e-ISBN-13: 978-3-322-80357-3 DOl: 10.1007/978-3-322-80357-3 Inhaltsverzeichnis Everhard Holtmann Einleitung: Politikwissenschaftliche Annaherungen an die Entwicklungsgeschichte der Bundesrepublik 9 I. Die Bundesrepublik in der Nachkriegsgeschichte Axel Schildt Entwicklungsphasen der Bundesrepublik nach 1949 21 Gert-Joachim Glaej3ner Entwicklungsphasen der DDR nach 1949 . 37 Andreas Eisen / Uta Stitz Das Nebeneinander der beiden deutschen Staaten und die deutsche Einigung 1990 ........... . 55 II. Verfassung und Verfassungswandel Walter Pauly / Martin Siebinger Der deutsche Verfassungsstaat 79 Monilm Medick-Krakau Staat und iiberstaatliche Ordnungen 91 Gesine Schwan Die deutsche Demokratie 107 Nicolai Dose Der deutsche Rechtsstaat 118 Arthur Benz Der deutsche F6deralismus 135 Oscar W. Gabriel Kommunale Selbstverwaltung in Deutschland 154 6 lnhaltsverzeichnis Eckart Pankoke / Karl Rohe Der deutsche Kulturstaat 168 Lutz Leisering Der deutsche Sozialstaat . 181 Roland Sturm Staat und Wirtschaft 193 III. KontinuWit und Veranderung der offentlichen Aufgaben Annette Zimmer Staatsfunktionen und 6ffentliche Aufgaben 211 Edeltraud Roller Staatsbezug und Individualismus: Dimensionen des sozialkulturellen Wertwandels 229 Helga Haftendorn KontinuWi.t und Wandel des auBenpolitischen Entscheidungsprozesses in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Thomas alk / Heinz Rothgang Demographie und Sozialpolitik . 258 Andrea Hoppe / Helmut Voelzkow Raumordnungs- und Regionalpolitik: Rahmenbedingungen, Entwicklungen, Perspektiven 279 Wilfried von Bredow Sicherheitspolitische und gesellschaftliche Herausforderungen der Bundeswehr yom Kalten Krieg bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts 297 Sibylle Reinhardt Etappen und Perspektiven der Bildungspolitik 310 lV. Die Gebietskorperschaften und ihre Verflechtung Hiltrud Naflmacher Zur Entwicklung der kommunalen Aufgaben 329 Inhaltsverzeichnis 7 Ernst-Hasso Ritter Zur Entwicklung der Landespolitik 343 VVolfgang Renzsch Aufgabenschwerpunkte und -verschiebungen im Bund 363 Manfred G. Schmidt Die Europaisierung der 6ffentlichen Aufgaben 385 V. Institutionen und Verfahren der Politik Roland Czada Reformloser Wandel. Stabilitat und Anpassung im politischen Akteursystem der Bundesrepublik . 397 Dian Schefold Deutschland als Parteiendemokratie . 413 Thomas Poguntke Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland: Von Krise zu Krise? 429 Christiane Lemke Neue soziale Bewegungen . 440 Jiirgen Falter / Harald Schoen Wahlen und Wahlerverhalten . 454 Reinhard Zintl Politikverflechtung und Machtverteilung in Deutschland 471 Suzanne Schiittemeyer 50 Jahre deutscher Parlamentarismus: Kategorien und Kriterien fur Leistungen und Defizite . 482 Gottrik VVewer Regieren in Bund und Landem (1948 - 1998) 496 VVerner Jann Zur Entwicklung der 6ffentlichen Verwaltung . 520 Hans-Georg VVehling Kommunale Selbstverwaltung 544 8 Inhaltsverzeichnis VI. Akzeptanz und Erneuerung Bettina Westle Yom Verfassungspatriotismus zur Einigung 567 Eckhard Jesse Streitbare Demokratie und politischer Extremismus von 1949 bis 1999 583 0 Robert von Weizsiicker Steuerstaat und politischer Wettbewerb: Grenzen der offentlichen Finanzwirtschaft 598 0 0 Rainer Priitorius Der Staat und die Strukturkrise - Staatsiiberforderung und Steuerungsschwachen 617 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Michael Tho Greven Die Traditionalisierung der Demokratie in der Modeme 632 Joachim Jens Hesse 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland: Staat und Politik zwischen Hoffnungen und Befiirchtungen 643 Abkiirzungsverzeichnis 661 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 663 0 0 0 0 0 0 0 0 Einleitung: Politikwissenschaftliche Annaherungen an die Entwicklungsgeschichte der Bundesrepublik Everhard Holtmann 1. Gegenwartsbezogene Erkenntnisinteressen der Politikwissenschaft 1m 51. Jahr ihres Bestehens erscheint die Bundesrepublik Deutschland in ihrer inneren Ordnung und ihren internationalen Einbindungen weitgehend konsolidiert. Bereits als sich die Verkiindung des Grundgesetzes zum dreilSigsten Mal jahrte, hatte das westdeutsche Gemeinwesen nach Ansicht kundiger auswartiger Beobachter den 1949 verfassungspolitisch deklarierten Zustand vorlaufiger Staatlichkeit endgiiltig hinter sich gelassen. Man konne nicht Provisorium bleiben, merkte Alfred Grosser vor 20 Jahren in der Politischen Vierteljahresschrift an, ohne instabil zu werden. Tatsachlich stiinde die Stabilitat, welche die Bundesrepublik Ende der 70er Jahre erreicht hatte, im Widerspruch zum Vorbehalt des Provisorischen (Grosser 1979: 192f.). Die Bundesrepublik hat mithin langst eine Institution gewordene Normalitat ange nommen. Diese sprachliche Umschreibung verweist einmal auf die augere Anerken nung der Rolle und Bedeutung als augenpolitischer Biindnispartner, die nach dem 1989/90 eingetretenen Wandel der internationalen Machtgewichte gefestigt worden ist, und zum anderen auf die innere Selbst-Anerkenntnis als legitimes Politik- und Wirtschaftsmodell, wie sie im Grundeinverstandnis der Mehrheit der Biirgerinnen und Burger zum Ausdruck kommt (freilich ist zehnJahre nach der deutschen Einigung die Legitimationsbasis im Osten Deutschlands noch immer recht fragil). Die in dem "runden" Geburtstag kenntliche Dauerhaftigkeit der Existenz des bundesrepublika nischen Staatswesens kann als ein augerlicher Nachweis dafiir gelten, dag es sich im Grogen und Ganzen bewahrt hat; jedenfalls ist es Anlag und Grund genug, sich mit der institutionalisierten Ordnung der Bundesrepublik und ihrer Entwicklungsge schichte auch aus politikwissenschaftlicher Sicht eingehender zu befassen. Das Bestreben, im Riickblick auf die - mittlerweile historischen - Ausgangsbedingun gen der Bundesrepublik ihre bisherige politische Lebensleistung kritisch zu bilanzieren, ist nun beileibe kein exklusives Vorrecht der Politikwissenschaft. Uberdies nimmt, darauf hat Wolfgang Seibel unlangst hingewiesen, im Fach selbst die historische Po litikforschung, trotz einiger beachtlicher (auch vergleichend angelegter) Studien, bisher immer noch eine Randstellung ein (Seibel 1997). Andererseits stellt die Gesamtgestalt der bundesrepublikanischen politischen Ordnung einschliemich ihrer zugehorigen gesellschaftlichen "Umwelten", so, wie sie iiber die lange Periode von 50 Jahren gewachsen ist, einen Untersuchungsgegenstand politikwissenschaftlicher Systemana lyse par excellence dar. Nebenbei bemerkt, thematisiert die deutsche Politikwissen schaft, wenn sie sich dieses Gegenstandes annimmt, auch ihren eigenen historischen 10 Everhard Holtmann Grundungskontext, denn bekanntlich ist ihre Genese als eigenstandige Disziplin seit den 50er Jahren mit der Entwicklung der bundesdeutschen Nachkriegsdemokratie verbunden (Seibel 1997: 363f.; Bleek/Lietzmann 1999). 1m ubrigen ist das Denken in historischen Kategorien der an Problemen der Gegenwart interessierten Politikwissenschaft so fremd nicht. Es sei daran erinnert, dafS eine theo retisch angeleitete empirische Politikforschung selbst dann, wenn sie sich in ihrem Selbstverstandnis erklartermafSen unhistorisch begreift, mit ihrem analytischen Ansatz stillschweigend Historisierungen vomimmt, wenn sie sich ihren Gegenstanden anna hert: Sie fuhrt beispielsweise Zeitachsen ein und operiert mit "Policy-Zyklen", und sie tragt so der Tatsache Rechnung, dafS politische Entscheidungs- und Implementa tionsprozesse sequentiell verlaufen, d.h. im Ablauf ihre eigene, noch relativ situations und erfahrungsnahe Geschichte erzeugen, die wiederum zu einer erklarenden Variable politischen Handelns werden kann; Politikwissenschaftler untersuchen deshalb, oft mals vergleichend, zeitliche Abfolgen und Nachfolgen bei den von ihnen ausgewahlten Anwendungsfallen und Entscheidungs-Konstellationen, denn was sich in ahnlicher Form bzw. vergleichbarer Weise wiederholt und fur den Sozialwissenschaftler entspre chend kenntlich wird, weil es beispielsweise innerhalb informeller Netzwerke in Form von Interaktionsgewohnheiten verstetigt wird, bietet den Stoff fur generalisierende Aussagen; Politikwissenschaft rekonstruiert schliefSlich, wie zuletzt die mit den Ver laufen und Folgen der deutschen Einigung befafSte Transformationsforschung, "Ent wicklungspfade". Diese haben im deutschen Herbst 1990 nicht geschichtslos begonnen, sondem sie waren in ihrer Richtung vorgezeichnet durch die Vorgeschichten beider deutscher Staaten, durch ein "Legat" also, welches auf absehbare Zeit der Menschen "Selbstverstandnis und Wertbeziehungen bestimmt" (Lepsius 1995: 31). Die bundesdeutsche Geschichte bleibt, wenn sie solcherart zur Erklarung gegenwar tigen politischen Geschehens herangezogen wird, auf besondere Weise im Wahmeh mungsfeld der Politikwissenschaft: als ein institutioneller Rahmen und als aggregierte, in kulturellen Leitvorstellungen prasente Systemerfahrung, die politische Prozesse und Entscheidungslagen uber langere Zeitraume hinweg strukturieren. Es ist also kein sehr weiter Weg von der erprobten Empirie des Faches, das, wie erwahnt, seine Untersuchungsgegenstande seit jeher in bestimmter Weise historisiert, zur systemati schen Analyse der "langen Wellen" der Entwicklungsgeschichte der Bundesrepublik: Welche kennzeichnenden Politikstrukturen haben sich im Laufe der vergangenen funf Jahrzehnte herausgebildet? Welche typischen politischen Handlungs- und Ablaufmu ster haben sich ausgeformt? Lassen sich Leistungspotentiale deutscher Politik, aber auch Blockaden und Leistungsversagen aufgrund der jiingeren oder alteren Vorge schichte genauer erklaren und besser verstehen? Inwieweit bleiben strukturelle und kulturelle Vorpragungen vergangener Jahrzehnte fur aktuelle und kunftige Politik handlungsleitend? Wenn die Fragen nach der Erklarungskraft historischer Begriindungsbedingungen bundesdeutscher Politik so gestellt werden, beriihren sie sich erkennbar mit einem allgemeinen und zentralen Erkenntnisinteresse der Politikwissenschaft, das AusmafS und Ursachen von Stabilitiit oder Instabilitiit politischer Ordnung ergrunden will (vgl. Seibel 1997: 357). Nimmt man fur die Bundesrepublik eine historisch gewachsene Stabilitat an, so geht es in der Retrospektive auf 50 Jahre staatlichen Bestehens vor nehmlich darum, die institutionellen Verankerungen dieses Stabilitatsfaktors, in dem

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