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16. März bis 14. November 1937 PDF

659 Pages·1981·153.94 MB·German
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AKTEN ZUR DEUTSCHEN AUSWÄRTIGEN POLITIK 1918-1945 SERIE C: 1933-1937 DAS DRITTE REICH: DIE ERSTEN JAHRE BAND VI,2 16. März bis 14. November 1937 VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN 1981 Bayerische Staatsbibliothek München Nr. 275 16. MÄRZ 1937 275 7790/E 563 496 Der Botschalter in London von Ribbentrop an das Auswärtige Amt Telegramm Ganz Geheim LONDON, den 16. März 1937 13 Uhr 33 Nr. 165 vom 15. 3. Ankunft: 16. März 16 Uhr 20 Pol. I 1485 g. zuSK. 103/37 geh.1) Für Führer und Reichskanzler und Reichsaußenminister. Auf Erlaß Pol. I 1217 vom 9. März2). Gegenerklärung gegen sowjetischen Wunsch auf Bau von zehn A-Kreu- zern ist Sir Robert Craigie gemäß Ausarbeitung Oberkommandos3) schrift- lich übermittelt worden. Sir Robert Craigie mitteilte, daß er bei seiner Abreise nach Amerika 17. März bleibt. Vorherige Unterzeichnung Abkommens scheitert zunächst schon an Haltung Sowjetunion. Wie Craigie mitteilte, wünscht Sowjetunion (was Craigie schon früher als möglich angedeutet hatte) nunmehr statt zweiseitigen Abkommens allgemeine Konferenz. Englische Regierung ist bemüht, Sowjetregierung von diesem Standpunkt abzubringen. Craigie wird mir auf meine Bitte hierüber schriftliche Mitteilung zukommen lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Besprechungen auch in Abwesenheit Craigies Fortgang nehmen. Craigie rückkehrt von Amerika Ende April und wird Posten in Tokio4) erst im Spätsommer antreten. RIBBENTROP ') Die Vorlage erhielt das Oberkommando der Kriegsmarine vom Auswärtigen Amt am 20. März als Anlage zum Schreiben Pol. I 1485 g. vom selben Tage (7790/E 563 495). Dieses er- hielt die Journalnummer SK 103/37 geh. 2) Dies war wahrscheinlich der Erlaß, mit dem das Auswärtige Amt die Mitteilung des OKM — SK 86/37 geh. — vom 8. März (siehe Dokument Nr. 262, Anm. 1) an die Botschaft in London weiterleitete. 3) Siehe Dokument Nr. 262, Anlage, die offensichtlich unter der Nummer Pol. I 1285 g. vom 12. März an die Botschaft in London übermittelt wurde (siehe Dokument Nr. 282, Anm. \\ ') Craigie wurde am 4. August 1937 zum britischen Botschafter in Tokio ernannt 595 Nr. 277 16. MÄRZ 1937 276 1973/438 190 Der Gesandte in Bern Freiherr von Weizsäcker an das Auswärtige Amt Telegramm Nr. 35 vom 16. 3. BERN, den 16. März 1937 18 Uhr 45 Ankunft: 16. März 20 Uhr 15 Pol. II 785 Seit meinem Wiedereintreffen in Bern') konnte ich überall die vorzügli- che Wirkung feststellen, welche die Erklärung des Führers an Herrn Schul- thess2) in der Schweiz gehabt hat. Französische Versuche, diese Wirkung zu stören, sind fehlgeschlagen. Bundespräsident Motta aussprach mir heute nochmals seine tiefe Genugtuung über den Verlauf und Erfolg der Audienz von Schulthess beim Führer.3) WEIZSÄCKER ') Weizsäcker, der vorübergehend in Berlin stellvertretend als Direktor der Politischen Abtei- lung tätig war, kehrte in der zweiten Märzwoche auf seinen Posten in Bern zurück. 2) Siehe Dokument Nr. 225 und Anm. 2 dazu. 3) Randvermerk: „Telegramm hat dem Führer und Reichskanzler vorgelegen, v. H|olleben] 20.3." 277 3859/E 044 765-67 Der Botschafter in Warschau von Moltke an das Auswärtige Amt P III 2a WARSCHAU, den 16. März 1937 Ankunft: 17. März Pol. V 1453 Betrifft: Genfer Abkommen') — Minderheitenschutz. Auf den Erlaß vom 22. Februar d. J. — Pol. V 825 ^ Da Außenminister Beck erst nach Ostern3) hierher zurückkehren wird, habe ich in einer mehr als einstündigen Unterredung, die ich heute mit Graf Szembek über die verschiedenen Fragen des Genfer Abkommens hatte, auch das Problem der Minderheiten angeschnitten und ihm dabei die Frage vorgelegt, wie sich die polnische Regierung den Schutz der beiderseitigen Minderheiten in Oberschlesien nach Ablauf des Genfer Abkommens vor- stelle und ob sie gegebenenfalls bereit wäre, mit der deutschen Regierung ') Das am 15. März 1922 in Genf unterzeichnete deutsch-polnische Abkommen über Oberschle- sien; siehe Dokument Nr. 134, Anm. 3. 2) Dokument Nr. 222. 3) Ostersonntag war der 28. März. 596 Nr. 277 16. MÄRZ 1937 in Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Abkommens zum Schutz der Minderheiten einzutreten. Graf Szembek erwiderte, daß soweit er orientiert sei, die polnische Regie- rung der Frage eines zweiseitigen Minderheitenschutzvertrages ablehnend gegenüberstehe. Für die deutsche Minderheit in Polnisch-Oberschlesien sei eine vertragliche Sicherung der Minderheitenrechte nicht notwendig, weil die polnische Verfassung bereits weitgehenden Schutz garantiere. Für die polnische Minderheit in Deutsch-Oberschlesien andererseits verspre- che man sich hier von einem Abkommen keine besonderen Vorteile, weil sie, ganz im Gegensatz zu der deutschen Minderheit in Polen, viel zu schlecht organisiert sei, um aus einem zweiseitigen Minderheitenvertrage Nutzen ziehen zu können. Im übrigen würde es noch schwierig sein, sich über die Frage, wer zur Minderheit gehört, zu einigen, und man sehe voraus, daß deutscherseits die polnische Minderheit doch nicht in ihrer Totalität als solche anerkannt werden würde. Ich habe Graf Szembek erklärt, daß nach den bisherigen Erfahrungen der durch die Verfassung gewährte Schutz leider nicht als ausreichend angese- hen werden könne, und habe an Hand von Beispielen nachgewiesen, daß und weshalb die Skepsis in dieser Hinsicht berechtigt sei. Ich habe ferner hervorgehoben, wie sehr gerade die Minderheitenfragen zu einer Belastung der [deutsch-Jpolnischen Beziehungen führten und mit daran schuld seien, wenn die Stimmung in Deutschland gegenüber Polen sich in letzter Zeit nicht unwesentlich verschlechtert habe. Weit mehr als aus der Presse er- sichtlich sei, sei die öffentliche Meinung in Deutschland in wachsendem Maße beunruhigt, da sie immer wieder feststellen müsse, daß sich in den Unterdrückungsmethoden durch die deutsch-polnische Verständigungspo- litik nicht das geringste geändert habe und daß die polnischen Behörden darauf ausgingen, das Deutschtum in Polen rücksichtslos zu dezimieren. Wir seien unter diesen Umständen der Auffassung, daß der Abschluß eines neuen Minderheitenabkommens sowohl im Interesse der Minderheit als auch in politischer Beziehung gute Dienste leisten könne. Graf Szembek gab gegenüber den von mir vorgebrachten Unterlagen zu, daß hinsichtlich der Behandlung der Minderheit in der Tat bei den Verwal- tungsbehörden nicht alles in Ordnung sei, und erklärte sich schließlich be- reit, die Angelegenheit in einer ihrer Bedeutung entsprechenden Form zum Gegenstand eines Vortrages im Ministerrat zu machen und dessen Ent- scheidung herbeizuführen. Ich habe klargestellt, daß unser Vorschlag sich nur auf Oberschlesien be- zieht, habe aber gleichzeitig von mir aus gebeten, auch die Auffassung des Ministerrates zu dem Gedanken eines allgemeinen Minderheitenabkom- mens festzustellen. MOLTKE 597 Nr. 279 17. MÄRZ 1937 278 2422/D511372 Der Reichsminister des Auswärtigen Freiherr von Neurath an die Botschaft in Washington Telegramm Cito BERLIN, den 17. März 1937 14 Uhr 35 Nr. 39 vom 17.3. zu Pol. IX 237 •) Auf Telegramm 52!) Für Botschafter. Bitte bei Hüll persönlich vorsprechen und schärfsten Protest Reichsregie- rung gegen erneute Beleidigung deutschen Staatsoberhauptes einlegen. Bitte darauf hinweisen, daß klares, öffentliches Abrücken amerikanischer Regierung von Äußerungen New Yorker Bürgermeisters nötig ist, wenn ernste Belastung amerikanisch-deutscher Beziehungen, die sicher doch auch amerikanische Regierung nicht wünscht, vermieden werden soll. NEURATH ') Vom 16. März, Fundort: 2422/D 511 370: darin berichtete Luther über Äußerungen von Bür- germeister La Guardia über Hitler bei einer Massenversammlung in New York am 15. März und erbat Weisung wegen eines eventuellen weiteren Protestes bei der amerikanischen Re- gierung. 279 2422/511373-74 Der Botschafter in Washington Luther an das Auswärtige Amt Telegramm Citissime WASHINGTON, den 17. März 1937 11 Uhr 39 [sie] Nr. 56 vom 17.3. Ankunft: 17. März 8 Uhr 30 Pol. IX 249 Auf 39 vom 17. [März]1). Gegenüber von mir mit größtem Ernst vorgebrachten Protest wies Hüll darauf hin, daß die zwei von ihm bisher in der La Guardia-Angelegenheit, und zwar damals unverzüglich abgegebenen Erklärungen,2) mit dem Präsi- denten 3) vereinbart seien und die Politik des Präsidenten darstellten, der ') Dokument Nr. 278. 2) Siehe Dokument Nr. 246 und Anm. 3 dazu. 3) Roosevelt 598 Nr. 279 17. MÄRZ 1937 lebhaft bestrebt sei, die Beziehungen mit Deutschland nicht stören zu las- sen, sondern zu bessern. Hüll verlas alsdann als Antwort auf meinen Pro- test, indem er seinem lebhaften Bedauern über den erneuten Vorfall Aus- druck gab,4) die mit Kabel-Letter 5. März5) hierüber gegebene Erklärung, betonend, sie sei absichtlich in einer Weise gefaßt, um auch zukünftige Fälle zu decken. Er habe alles versucht, um La Guardia von weiteren beleidi- genden Äußerungen abzubringen und werde auch weiterhin das Mögliche tun. Die amerikanische Regierung müsse aber mit der Tatsache rechnen, daß während des bis November sich erstreckenden Wahlkampfes6) immer wieder neue Zwischenfälle eintreten könnten, was zu verhindern die Regie- rung nach amerikanischer Verfassung machtlos sei. Hüll, der offensichtlich von ganzer Angelegenheit innerlich bewegt war, sagte in lebhaft vertraulicher Äußerung, deutsche Regierung möge mithel- fen, daß die Beziehungen zwischen unseren zwei Völkern nicht tatsächlich in die Hände von Politikern wie La Guardia gerieten; das würde aber der Fall sein, wenn von seinen und seinesgleichen Äußerungen weiterhin Notiz genommen würde. Er sehe völlig die Schwierigkeiten, die in den verschie- denen Systemen beider Länder lägen, aber jedes Verlangen nach neuer Ent- schuldigung oder neues Abrücken würde wegen des damit verbundenen öf- fentlichen Aufsehens immer wieder neuen Zwischenfall hervorrufen. Schließlich äußerte er seine Absicht, dem Präsidenten eine erneute, von ihm, Hüll, abzugebende Erklärung7) vorzuschlagen, die etwa die Hoffnung ausdrücken würde, daß zur Behebung der beiderseitig entstandenen Bitter- nis bald ein Weg gefunden werden möchte, um die Diskussion zwischen beiden Völkern mehr fruchtbringenden Gegenständen ... (Gr. fehlt). Ich habe keine Zweifel, daß die mit diesem Gedanken verbundene Absicht gut war, und würde auch, falls die Erklärung sich zu sehr an beide Länder rich- ten sollte, dringend empfehlen, solche Erklärung ohne Unfreundlichkeit aufzunehmen. Ich selbst habe mehrfach unterstrichen, daß die ganze Ange- legenheit von den Vereinigten Staaten ausgegangen ist. Als ich auf zweiten Satz heutiger Drahtweisung zurückkam, ergänzte Hüll seine vorerwähnte Absicht dahin, in erneuter öffentlicher Äußerung auf die früher das Bedau- ern und das Abrücken ausdrückenden Erklärungen Bezug nehmen zu wol- len, wodurch auch der Ausgangspunkt der Angelegenheit wiederum klar- gestellt werden würde. Obwohl ich mir Änderung der Stellungnahme nach Bekanntwerden der zu erwartenden neuen Erklärung vorbehalten muß und mir der selbstver- ständlich gegebenen Grenzen der Tragbarkeit bewußt bin, muß ich doch schon jetzt pflichtgemäß berichten, daß jeder erneute Schritt unsererseits hier im Lande Wasser auf die Mühle von La Guardia und seinesgleichen ist und daß auch besonders wegen eines Teils der pressemäßigen Gegenwir- kung in Deutschland bei den uns verhältnismäßig freundlichst Gesinnten, worüber deutliche Mitteilungen auf Botschaft vorliegen, ein Stimmungsum- 4) Siehe Dokument Nr. 278, Anm. 1. s) Siehe Dokument Nr. 246, Anm. 4. ') D. i. die Wahl für das Amt des Oberbürgermeisters von New York. ') Wortlaut siehe Department of State: Press Release, Mar. 20, 1937, S. 157. 599 Nr. 280 17. MÄRZ 1937 schwung zu unseren Ungunsten im Gange ist. Vielfach wird dabei die An- sicht ausgedrückt, es sei im deutschen Interesse unrichtig, La Guardia ernst zu nehmen und irgendwie davon auszugehen, daß er für das amerikanische Volk spreche.8) LUTHER •) Hulls Aufzeichnung über diese Unterredung siehe Foreign Relatious of the United States, 1937, Bd. II, S. 373-374. Dodds Bericht über die ihm am 17. März in Berlin gemachten Vorhal- tungen siehe ebendort, S. 375; Dieckhoffs Aufzeichnung über seine Unterredung mit Dodd ist unter der Nummer 2422/D 511 371 gefilmt 280 3412/E 014 135-36 Aufzeichnung des Reichsministers des Auswärtigen Freiherr von Neurath BERLIN, den 17. März 1937 RM. 184 Pol. IV 1590 Der ungarische Gesandte brachte heute einen Artikel in der vom Deut- schen Auslandsinstitut in Stuttgart herausgegebenen Zeitschrift Der Aus- landsdeutsche zur Sprache, in dem in scharfen Worten die ungarische Min- derheitenpolitik kritisiert wird. Der Gesandte bemerkte dazu, daß solche Artikel in Ungarn sehr unangenehm empfunden würden und geeignet sei- en, die Bestrebungen der Regierung, die von uns gewünschte Normalisie- rung herbeizuführen, zu erschweren. Bei dieser Gelegenheit kam Herr von Sztojay auch auf die noch immer nicht abgegebene, nach dem Besuch des früheren Ministers von Kozma') in Aussicht genommene Erklärung zu sprechen und sagte mir, daß der Reichs- minister Frick, der die Erklärung habe abgeben wollen, nach neueren Mit- teilungen es nunmehr ablehne. Herr von Kanya, der davon unterrichtet worden sei, habe erhebliches Bedenken, die verabredete Erklärung durch die beiden Außenminister abzugeben, da dadurch die Sache ein außenpoliti- sches Gesicht bekomme, was doch von uns hätte vermieden werden wollen. Herr von Sztojay schlug vor, ob vielleicht der Minister Rust bereit wäre, hier die deutsche Erklärung abzugeben. Ich erwiderte ihm, ich müßte die Ange- legenheit erst prüfen. Ich sei allerdings auch der Ansicht, daß es nicht zweckmäßig sei, wenn diese Erklärung durch die beiden Außenminister ab- ') Siehe Dokumente Nr. 97 und 98. Im Bericht A31 P 15 vom 3. Februar (6424/E 539 703-09) schilderte Mackensen ein langes Gespräch mit Kozma über die innerpolitischen Gründe, die zu seinem am 4. Februar bekanntgegebenen Rücktritt geführt hätten. Mit Erlaß Kult A 442 vom 4. Februar (7368/E 539 329-31) sandte Stieve den Entwurf einer Erklärung als Antwort auf eine vom ungarischen Minister abzugebende Erklärung. Unterlagen über Erörterungen hierüber in der Zeit seit dem Berlinbesuch Kozmas im Dezember konnten nicht ermittelt werden. 600 Nr. 281 17. MÄRZ 1937 gegeben würde. Vielleicht sei es unter diesen Umständen besser, die Ange- legenheit ruhen zu lassen, bis sich ein Anlaß ergebe, bei dem, ohne großes Aufsehen zu erregen, die Erklärung abgegeben werden könnte. Hiermit Abteilung Kult zur Feststellung über den Stand der Angelegen- heit, insbesondere, ob tatsächlich der Reichsminister Frick seine Zusage zu- rückgezogen hat.2) gez. FRHR. v. NEURATH 2) Randvermerke: 1) .Pol. A/TV. Bitte Kult bitten, Pol. auf dem laufenden zu halten. E|rdmanns- dorff] 18. 3." 2) .Leg. Sekretär von Fries ist von mir gebeten, Pol. IV auf dem laufenden zu hal- ten. M[ohrmann] 24. 3." Siehe auch Dokument Nr. 365. 281 2127/463 084-86 Aufzeichnung des Botschafters in Rom von Hasseil ROM, den 17. März 1937 Vor einiger Zeit machte der japanische Botschafter Sugimura mir gegen- über eine Bemerkung über unerwünschte und nicht durchgedachte Betäti- gung von „Nazis" in bezug auf deutsch-japanische und italienisch-japanische Politik, wobei er den Namen Raumer') nannte. Da Sugimura gerade aus Ber- lin zurückkehrte, bezog ich diese Äußerungen zunächst auf dortige Gesprä- che. Nachdem ich indessen ungefähr gleichzeitig von einer vor mir geheim gehaltenen Anwesenheit Herrn von Raumers in Rom erfuhr, vermutete ich, daß Sugimura diesen im Auge gehabt hatte. Am Freitag, dem 12. d. M., redete mich nun Sugimura bei Gelegenheit des Vortrags von Haushof er,2) sichtlich verärgert, darauf an, daß unverantwort- liche Nazi-Sondierungen in diesen Angelegenheiten sehr unzweckmäßig seien; die Politik müsse in den Händen der Verantwortlichen bleiben, und er könne mir ausdrücklich sagen, daß Graf Ciano ihm erklärt habe, er wolle mit diesen Herren nicht reden, sondern mit ihm, Sugimura, und mir. Da gestern abend Herr Prof. von Langsdorff, der sowohl dem Stab des Obersten SS-Führers Himmler wie demjenigen des Botschafters von Rib- bentrop angehört, aus Anlaß der Tagung des Austauschdienstes bei uns war, so nahm ich ihn beiseite und erklärte ihm, es sei mir bekannt, daß vom Büro Ribbentrop aus hier gelegentlich politische Sondierungen stattfänden, zu denen ich nicht nur nicht zugezogen würde, sondern die man vor mir offen- bar absichtlich geheim halte. Das Büro Ribbentrop dürfe überzeugt sein, daß ich von diesen Dingen trotzdem sofort erführe. Ich müßte es aber als der Sa- che des Reichs schädlich, für mich selbst unannehmbar und für alle Beteilig- ') Raumer vom Büro Ribbentrop war Generalsekretär der Ständigen deutschen Kommission zur Bekämpfung der Kommunistischen Internationale (siehe Dokument Nr. 192); siehe auch Dokument Nr. 235. 2) Möglicherweise Professor Karl Haushof er (siehe Dokument Nr. 161), Verfasser mehrerer Bü- cher über Japan. 601 Nr. 281 17. MÄRZ 1937 ten peinlich ansehen, wenn in dieser Weise hier in meinem Amtsbereich Politik getrieben würde und ich von italienischer oder anderer Seite davon erführe. Außerdem könnte ich ihm sagen, daß sowohl der japanische Bot- schafter über diese Angelegenheit sehr erbost sei, wie auch daß Ciano diese Methode ablehne. Ich könnte meinerseits dieses Verfahren nicht hinneh- men und würde am Freitag, dem 19. d. M., dem Führer darüber berichten. Herr von Langsdorff war durch meine Mitteilungen außerordentlich be- rührt; er gab der Ansicht Ausdruck, daß dieses Verfahren in der Tat unmög- lich sei und unbedingt abgestellt werden müsse. Dabei fragte er mich, ob ich den Besuch des Herrn von Raumer mit meinen Bemerkungen im Auge hät- te, was ich bejahte, worauf er sein Erstaunen ausdrückte, daß dieser sich nicht bei mir gemeldet hätte. Das Gespräch wurde dann auch vorläufig abgebrochen. Nach kurzer Zeit kam Herr von Langsdorff zu mir und bat mich, die Sache nochmals mit mir besprechen zu können. Er erklärte, sehr beeindruckt von meinen Ausfüh- rungen zu sein, und versicherte, daß er nach Rückkehr nach Berlin sofort al- les tun würde, um eine Wiederholung zu vermeiden. Ich fragte ihn, ob er da- mit sagen wollte, daß es ihm erwünscht wäre, wenn ich vorläufig noch nicht mit dem Führer spräche, was er bejahte. Ich erklärte ihm darauf, daß ich kei- nerlei Interesse an einem großen Krach wegen dieser Sache hätte und, wenn er mir in dieser Weise zusage, daß er sich der Angelegenheit in Berlin annehmen würde, so sei ich bereit, vorläufig noch nicht mit dem Führer zu sprechen, möchte aber darauf aufmerksam machen, daß ich bei einer Wie- derholung des Vorgangs unbedingt bis an die oberste Stelle herangehen und ein solches Verfahren mit allen Mitteln verhindern würde. Herr von Langsdorff, mit dem die Unterhaltung in freundschaftlicher Weise geführt wurde, nahm davon zustimmend Kenntnis und wiederholte, daß er sich in Berlin sofort entsprechend bemühen würde.3) H[ASSELL]4) 3) In einem Brief vom 18. März (2127/463 087-88) an Hassell nach Berlin schrieb Plessen: .Der Botschafter Sjugimura), mit dem ich heute Golf spielte, kam von sich aus auf RjaumerJ zu spre- chen. Er äußerte sich in ähnlichem Sinn wie zu Ihnen, sprach sehr abfällig von den politi- schen Fähigkeiten von R(aumer], der über die Dinge, über die er rede, keinerlei tiefgehende Kenntnisse habe. Die Reise R(aumer)s nach Rom sei ihm von seinem Kollegen in Berlin |Mu- shakoji] angekündigt worden. S[ugimura] sagte auch mir, daß er und Graf Ciano mit dem Herrn Reichsminister und mit Ihnen und nicht mit anderen Persönlichkeiten politische Dinge besprechen wollten. Er erging sich dann in Ausführungen über die Pflichten eines Di- plomaten und über die Unerfahrenheit gewisser anderer Leute, die zu rasch vorwärtsdräng- ten und auf sichtbare Erfolge aus seien. Für den Abschluß eines italienisch-japanischen Anti- komintern-Vertrags sei es gegenwärtig noch zu früh. In diesem Sinn habe er im Einverneh- men mit seinem Kollegen in Berlin nach Tokio berichtet Er denke daran, daß Japan später ei- nen dem deutsch-japanischen ähnlichen Vertrag mit Italien abschließen sollte, jedoch ge- trennt von diesem und nicht in der Weise, daß der deutsch-japanische Vertrag auf Italien ausgedehnt werde. Ich schreibe Ihnen diese Dinge, obwohl ich weiß, daß ich Ihnen größten- teils nur das wiederhole, was Sfugimura] Ihnen selbst bereits gesagt hat. Ich dachte nur, daß es Sie vielleicht für Berlin interessieren würde zu hören, daß er noch einmal auf die Angele- genheit RJaumerj zurückgekommen ist Über Sie selbst sprach S[ugimura] in höchsten Tönen.' Ein Postskriptum zu diesem Brief lautete: .RJaumer] ist nicht bei S[ugimura] gewesen. S[ugi- mura] meinte, daß er die bewußte politische Angelegenheit hier mit Ph(ilipp] vjon] H[essen] betreibe." Siehe auch Dokument Nr. 292. '*) Randvermerk: .Nur 1. BR 2. bitte versiegeln. H[assell] 17. 3." 602

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