VictorTiberius (Hrsg.) Zukunftsorientierung in der Betriebswirtschaftslehre Victor Tiberius (Hrsg.) Zukunftsorientierung in der Betriebswirtschaftslehre • GABLER Bibliografische InformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinder DeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografische DatensindimInternetüber <http://dnb.d-nb.de>abrufbar. Dr.VictorTiberiusistPostdoc mitSchwerpunktStrategisches ManagementanderUniversitätPotsdam. 1.Auflage2011 AlleRechtevorbehalten ©GablerVerlagISpringerFachmedienWiesbadenGmbH2011 Lektorat:SusanneKramerIRenateSchilling GablerVerlagisteineMarkevonSpringerFachmedien. SpringerFachmedienistTeilderFachverlagsgruppeSpringerSclence-BuslnessMedia. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung inelektronischenSystemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auchohnebesondereKennzeichnungnicht zuderAnnahme,dasssolcheNamenimSinneder Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung alsfreizu betrachten wären und dahervonjedermann benutztwerdendürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopkaMedienentwicklung, Heidelberg Gedruckt aufsäurefreiemundchlorfreigebleichtem Papier PrintedinGermany ISBN978-3-8349-2474-2 Vorwort DieZukunftnimmtinbetriebswirtschaftlichenFragestellungeneine zentraleRolleein:Jede wirtschaftliche Entscheidung und Handlung muss mögliche und wahrscheinliche Zu kunftsentwicklungenberücksichtigenundzieltdarauf, eine angestrebteZukunftherbeizu führenbzw.ungünstigeZukünftezuvermeiden. DieZukunft- und dasmachtsiesobesonders- existiert(noch)nicht, sodassübersie auch keine definitiven Erkenntnisse möglich sind - keine Prognose von inhaltlichem Belang ist jemals sicher. Gleichzeitiggibt einenichtvorgezeichneteZukunftRaumfür Gestaltung. Die Betriebswirtschaftslehre arbeitet zwar zwangsläufig mit der Zukunft, beschäftigt sich jedoch vergleichsweise wenig mit ihren konzeptionellen und methodologischen Grundla gen undImplikationen.Häufigliegt ein ehernaivesZukunftsverständnisvor, daszwangs läufig zu einem suboptimalen Umgang mit Zukunftsfragen führt. Im vorliegenden Band solldiesesDefizitverringertwerden. Mein herzlicherDankgehtdaher an die AutorinnenundAutoren,die sich trotz des explo rativen Forschungsstandes auf dieses Wagnis eingelassenhaben.Siehabenkompetentdie herausfordernden Fragen an ihre spezielle Betriebswirtschaftslehre beantwortet und Wei terentwicklungsmöglichkeitenaufgezeigt. Ichbedanke mich auchsehrherzlichbei HerrnDr.BerndKnappmann für das wie immer sorgfältige Lektorat und Layout sowie bei Susanne Kramer vom Gabler Verlag für das reibungsloseHandling. Den Leserinnen und Lesern wünsche ich eine interessante Lektüre, neue Einsichten und auchdenAnstoßzu Fragen,mit dersichkünftigeForschungbefassensollte. Potsdam,imFebruar2011 VictorTiberius Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Teil I Einleitung 1 Grundzügeder Zukunftsforschung 11 VictorTiberius 2 ZurZukunftsorientierunginder Betriebswirtschaftslehre 89 VictorTiberius 3 Lehrenaus der Krise- Zukunftbessergestalten 105 HorstWildemann Teil 11 Zukunftsorientierungin denspeziellenBetriebswirtschaftslehren 4 ZukunftsforschungimBeschaffungsmanagement 123 Elisabethfröhlich 5 ZukunftsorientierunginderbetrieblichenFinanzwirtschaft 139 UlrichPape/MarinaSteinbach 6 DerEinflussunsichererBesteuerungaufManagemententscheidungen 151 Harald[ansen 7 MegatrendsalsTreiber der Zukunftssicherungdes Controllings 171 PeterHortuiih./[ohannesIsensee/MischaSeiter 8 Schnittstellenvon ForesightundInnovationsmanagement 189 Kerstin Cuhls 9 ZukunftsorientierunginderLogistik 201 IngridGöpfert/WanjaWellbrock 10 ZukunftsorientierungimMarketing 227 ManfredBruhn/ManfredKirchgeorg 11 Organisationder Zukunft- LegitimitätundUnsicherheit! 249 DietrichvonderOelsnitz 12 Zukunftsorientierunginder Personalwirtschaft?EinepartielleErnüchterung! ..263 ChristianScholz 13 ZurZukunftsorientierungimPublicSector 277 JürgenGornas 14 StrategischesManagementunddieOffenheitder Zukunft 287 DavidSeidl/felixWerle Teil III Ausblick 15 ManagementinunsicherenZukünften- Einordnung,KritikundAusblick.........303 VictorTiberius/ChristophRasche Autorenverzeichnis 317 Teil I Einleitung 1 Grundzüge der Zukunftsforschung VictorTiberius 1.1 Einführung 12 1.2 Bezeichnungen 12 1.3 Legitimation,Abgrenzungen,QuaIitätsansprüche 14 1.4 KurzerhistorischerAbriss 18 1.5 Universitäten,FachgesellschaftenundFachliteratur 24 1.6 DisziplinäreVerortungderZukunftsforschung 31 1.7 Interdisziplinarität 36 1.8 OntologischeBasis 40 1.8.1 Erkenntnisobjekte 41 1.8.2 Erfahrungsobjekte 42 1.9 EpistemologischeBasis 45 1.9.1 Erkenntnisziele 45 1.9.1.1 DeskriptivesErkenntnisziel 47 1.9.1.2 TheoretischesErkenntnisziel. 51 1.9.1.3 PragmatischesErkenntnisziel 54 1.9.1.4 WissenschaftstheoretischesErkenntnisziel 58 1.9.2 Erkenntnismethodender Zukunftsforschung 59 1.9.2.1 Trendextrapolation 62 1.9.2.2 Cross-Impact-Analyse 64 1.9.2.3 Szenariotechnik 65 1.9.2.4 Modellebzw.Simulationen 66 1.9.2.5 Delphi-Methode 69 1.9.2.6 Zukunftswerkstatt 70 1.10 Denkschulen 71 1.10.1 ExplorativeZukunftsforschung 71 1.10.2 KritischeZukunftsforschung 72 1.10.3 PartizipatorischeZukunftsforschung 74 1.10.4 MultikulturelleZukunftsforschung 76 1.10.5 PoststrukturalistischeZukunftsforschung 77 1.11 Ausblick 80 Literatur 81 12 GrundzügederZukunftsforschung 1.1 Einführung Um die Zukunftsorientierung der Betriebswirtschaftslehre und insbesondere ihren konzeptionellundmethodischanspruchsvollenUmgangmit"Zukunft"zu fördern, liegt es auf derHand, diejenige Disziplinnäherin denBlickzu nehmen, die sichwie keine andere "Zukunft" zumThemagemachthat. Das Ziel des vorliegendenBeitrags ist es,vor diesem HintergrundeinkurzesPortraitderZukunftsforschungzu zeichnen. Dabei wird zunächst auf verschiedene Bezeichnungen für die Zukunftsforschung einge gangen,die teilweiseunterschiedlicheAkzentuierungenwiderspiegeln. Anschließendwird auf die zwarabklingende,aber nochnichtvollständigaufgelösteLegitimationsproblematik der Zukunftsforschung eingegangen und aufgezeigt, wie sich die Disziplin von nicht wissenschaftlichen und namensverwandten Zugängen zu Zukunftsfragen abgrenzt und welche Qualitätsansprüche an "echte" Zukunftsforschung zu stellen sind. Es folgen ein kurzerhistorischerAbriss der nochjungenDisziplinund eine Bestandsaufnahme, die ihre Institutionalisierung an Universitäten, in Fachgesellschaften und in der Fachliteratur dar stellt. IndenweiterenUnterkapitelnwird die Zukunftsforschungwissenschaftstheoretisch näher charakterisiert. Dazu wird zunächst eine disziplinäre Verortung der Zukunfts forschung vorgenommen und betont, dass eine "reine" Zukunftsforschung ohne inter disziplinäre Zusammenarbeitmit anderen Fächernkaum sinnvollerscheint. Anschließend werden Erkenntnisobjekte, Erfahrungsobjekte, Erkenntnisziele und Erkenntnismethoden spezifiziert,um abschließendauf verschiedeneTeilparadigmeneinzugehen, die sichin der Communitygebildethaben. 1.2 Bezeichnungen In der englischsprachigen Tradition bringt der Terminus Futures Studies das Bemühen (lat.:studium) zum Ausdruck, sich auf wissenschaftliche Art und Weise mit Zukunftsfragenauseinanderzusetzen.Wird alleindie Forschungsseitebetont(unddie Lehre ausgeklammert), ist auch von Futures Research die Rede.! Als deutsche Übersetzung dominiertheute derBegriffder Zukunftsforschung,2 der die akademischeLehre ebenfalls ausklammert. Vgl.Bell(2003), S.70.McHale (1978), S.9, und Slaughter (1993b), S.291, sehen die Bezeichnung FuturesResearchauch insofernalsenger, weilsieeine methodischeTätigkeitbeschreibt, der aus schließlichWissenschaftlernachgehen,währenddieFuturesStudiesauchvonNichtwissenschaftlem, etwaLehrern,Schriftstellernoder Politikern,betriebenwerden. Flechtheim (1980),S.13,kritisiertdie Bezeichnung Zukunftswissenschaftals",Wortungetüm' mit zwanzigBuchstabenundnurfünfVokalen". V. Tiberius (Hrsg.), Zukunftsorientierung in der Betriebswirtschaftslehre, DOI 10.1007/978-3-8349-6642-1_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Bezeichnungen 13 Wurdein beidenenglischsprachigenBezeichnungenanfangsnochvon Futureim Singular gesprochen,istesheuteüblich,dasssie denPluralFuturesverwenden.DieserUmstandist aufzweiGründezurückzuführen:3 • Zumeinenkann- reinsprachlichgesehen- das Wort"future" als Adjektiv missinter pretiert werden. Dann wären "future studies" in der Zukunft auszuführende Studien (die sich in Forschungsausblickenwiederfinden), nicht aber Zukunftsstudien im Sinne vonStudien,die "Zukunft"zuihremUntersuchungsgegenstandmachen. • Zum anderen ist die Verwendung des Plurals durch das Paradigma der alternativen Zukünftezuerklären. Weil die Zukunftnoch nichtfeststeht, gibt es aus heutigerSicht mehrereEntwicklungspfadeunddamitmehreremöglicheZukunftszustände.' Der deutsche Politikwissenschaftler Flechtheim hatte die traditionellere Bezeichnung Futuro logie (futurology) zunächst 1942 in den USA und ab 1953 in Deutschland geprägt," De Jouvenel lehnte diesen Begriff ab, weil er nach einer Wissenschaft klinge, er in der Beschäftigung mit der Zukunft jedoch vielmehr eine Kunst sehe," Ähnlich argumentiert Slaughter, für dendie Bezeichnungdie Suche nachobjektivemWissenimpliziert, die dem Prinzip der Unsicherheit der Zukunft zufolge jedoch nicht einlösbar sei? Die Argumen tation überzeugt freilich nicht, wenn heute von der Wissenschaftlichkeit von Zukunfts forschung ausgegangen wird. Bell vermutet, dass sich der Begriff in den USA nicht durchgesetzt hat, da er von schlecht informierten Gegnern der Disziplin verwendet und damitdiskreditiertwurde.t In der englischsprachigen community findet sich als ebenfalls häufig anzutreffende Bezeichnung Foresight, was sich als Vorausschau übersetzen lässt. Ansonsten sind Prospective (Studies) und Futuribles in Westeuropa, vor allem in Frankreich, anzutreffende Bezeichnungen," Der Prospective-Begriff steht für eine langfristige ganzheitliche Orien tierung, die Vergangenheit, Gegenwart, Unsicherheit und Diskontinuitätberücksichtigtund alternative Zukünfte und Wahlmöglichkeiten aufzeigt.P Er grenzt sich insofern vom kurzfristig, extrapolativ geprägtenBegriffPrevisionab.11Der erstgenannteBegriffbringtfür Masini nicht nur ein analytisches Vorgehen zum Ausdruck, sondernbetont darüber hinaus Vgl.Dror(1971),S.45;Fowles(1978),S.x.Erstmals sollderPluralaufdemerstenInternationalFuture ReseachCongressdurchdenReferentenCaldervorgeschlagenwordensein,vgl.McHale(1978),S.9. Vgl. Didsbury (1992),S.24; Steinmüller (2000),S.45; Gidley (2004),S.6; Kaivo-oja et al. (2004), S.540;Schüll(2006),S.16ff.;Schüll(2009),S.227. Vgl.McHale (1978),S.9;Flechtheim(1980),S.13f.,m.w.V.;Steinmüller(2000),S.37. Vgl. de Jouvenel (1967b), S.17. Er plädierte vielmehr für den Begriff Conjecture (Vermutung, Spekulation), der sich allerdings auch nicht durchgesetzt hat. Die Auseinandersetzung mit ihr bezeichneterbereitsimBuchtitelalsKunst(art). Vgl.Slaughter(1993b),S.293,derdieseAnsichtallerdingsnichtnähererläutert. Vgl.Bell(2003),S.69. Vgl.Didsbury(1992),S.23;Masini(2001),S.642;Bell(2003),S.68f. 10 Vgl.Steinmüller(2000),S.41;Masini(2002b),S.56;SerradeIPino (2002),S.285. 11 Vgl.Steinmüller(2000),S.41.