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Zeit und Arbeit: Eine Einführung PDF

238 Pages·2004·6.383 MB·German
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Irene Raehlmann Zeit und Arbeit Irene Raehlmann Zeit und Arbeit Eine EinfOhrung II VS VERLAG FUR SOZIALWISSENSCHAFTEN + VS VERLAG FOR SOZIALWISSENSCHAFTEN VS Verlag fOr Sozialwissenschaften Entstanden mit Beginn des Jahres 2004 aus den beiden Hausern Leske+Budrich und Westdeutscher Verlag. Die breite Basis fOr sozialwissenschaftliches Publizieren Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Ober <http://dnb.ddb.de> abrufbar. 1. Auflage April 2004 Aile Rechte vorbehalten © VS Verlag fOr Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2004 Lektorat: Frank Engelhardt Der VS verlag fOr Sozialwissenschaften ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschOtzt. Jede verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fOr Vervieltaltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dOrften. ISBN-13: 978-3-531-14110-7 e-ISBN-13: 978-3-322-80504-1 001: 10.1007/978-3-322-80504-1 InhaIt Vorwort ............................................................................................................. 7 Einleitung .......................................................................................................... 8 1 Tbeoretiscbe Grundlagen ......................................................................... 15 1.1 Zeit ................................................................................................ 15 1.2 Arbeit ............................................................................................ 23 1.3 Zeit und Arbeit: Arbeitszeit.. ......................................................... 35 1.4 Zeit, Arbeit und Geschlecht.. ......................................................... 43 1.5 Arenen und Akteure der Gestaltung von Zeit und Arbeit.. ............ 49 2 Zeit und Arbeit. Skizze zur Entwicklung der deutscben Wirtscbaftsgesellscbaft ......................................................................... 62 2.1 Ausdehnung der Arbeitszeit .......................................................... 62 2.2 Verkiirzung der Arbeitszeit und Arbeitsintensivierung ................. 65 2.3 Flexibilisierung der Arbeitszeit.. ................................................... 77 3 Flexible Gestaltung von Zeit und Arbeit. Aktionsfelder und Praxisbeispiele ....................................................................................... 99 3.1 Das VW- Modell: "Das atmende Untemehmen" ........................... 99 3.2 Informations-und Kommunikationstechnik: N eugestaltung von Raum, Zeit und Arbeit.. ................................ 118 3.3 Erwerbs-und Familienarbeit: Moglichkeiten fUr beide Geschlechter ................................................................................ 131 4 Modelle zukiinftiger Entwicklung von Zeit und Arbeit ...................... 150 4.1 Grio Giarini, Patrick M. Liedtke: Wie wir arbeiten werden. Der neue Bericht an den Club of Rome (1998) ........................... 150 4.2 Andre Gorz: Arbeit zwischen Misere und Utopie (2000) ............ 161 4.3 Die Zukunftskommissionen ......................................................... 170 5 4.3.1 Kommissionfiir Zukuriftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen: Erwerbsttitigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland (1998) ..................................................................... 170 4.3.2 Senatsverwaltungftlr Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, Berlin: Die Sackgassen der Zukunftskommission. Streitschrift wider die Kommission fiir Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen (1998) ..................................... 177 4.3.3 Zukuriftskommission der Friedrich-Ebert-Stiftung: Wirtschaftliche Leistungsftihigkeit, sozialer Zusammenhalt, okologische Nachhaltigkeit. Drei Ziele - ein Weg (1999) ......... 185 4.4 Das Biindnis fUr Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfahigkeit (1996 - 2003) .............................................................................. 196 4.5 Zusrunmenfassung ....................................................................... 204 5 Von der Schwierigkeit, die Zukunft von Zeit und Arbeit politisch zu gestalten ........................................................................... 209 Literatur. ....................................................................................................... 217 6 Vorwort Bei der vorliegenden Schrift handelt es sich urn eine erweiterte und aktualisierte Fassung, die seit 2002 als Kurs der Fernuniversitat in Hagen im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften in der Lehre eingesetzt wird. Der langjlihrige Kollege Dr. Wieland Jager, Professor fUr Soziologie am gleichnamigen Institut, hat den Studienbrief angeregt und betreut. Bei ibm bedanke ich mich. Ferner gilt mein Dank Markus Witt und Sabine ReuB, die die Literatur besorgt und die Textverarbeitung und -gestaltung vorgenommen haben. Bamberg, im Februar 2004 1. R. 7 Einleitung Seit 30 Jahren beherrscht das Thema "Zeit und Arbeit" unter verschiedenen Stichworten wie Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit, Arbeitsintensivierung, Ver kiirzung und Flexibilisierung der Arbeitszeit, V orruhestand und Altersteilzeit, bezahlte und unbezahlte Arbeit sowie Erziehungsurlaub/Elternzeit die offentli che wie private Auseinandersetzung. In der Soziologie markiert das Thema des Bamberger Soziologentages von 1982 "Krise der Arbeitsgesellschaft?" (vgl. Matthes (Hrsg.) 1983) einen vorlaufigen Hohepunkt der Diskussion, die sich seit den 90er Jahren mit der sich zuspitzenden Beschliftigungskrise erweitert und vertieft. Bei den Begriffen Zeit und Arbeit handelt es sich mithin urn Schltissel kategorien im Diskurs der Wissenschaft wie der Praxis. Ein solches, vielfach geteiltes Verstandnis erscheint gerechtfertigt, wei! in der Art und Weise wie Menschen Zeit und Arbeit gestalten die Gesellschaft in ihrem Bestand gesichert wird und dabei tiber innovative Veranderungsmoglichkeiten verfiigt, oder aber sie wird durch Desintegration und Anomie von sozialen Verwerfungen bedroht. Auch die individuellen und kollektiven Entwicklungspotentiale bzw. -behin derungen der Gesellschaftsmitglieder werden durch solche Gestaltungsprozesse wesentlich grundgelegt. In vielf<iltiger Weise werden Beziehungen zwischen Zeit und Arbeit durch das Tauschmittel Geld produziert und reproduziert. Es wird zwar hier nicht explizit als weitere Schltisselkategorie thematisiert, aber es ist dennoch, wie zu zeigen 8 ist, allgegenwmig. Geld bindet "die Menschen unweigerlich zusammen, denn nun arbeitet jeder fUr den andem, und erst die Arbeit aller schafft die umfassen de wirtschaftliche Einheit, welche die einseitige Leistung des Individuums er ganzt" (Simmel 1983: 82). Aus dem Streben nach Geld erwachst "daber die Unruhe, Fieberhaftigkeit, Pausenlosigkeit des modemen Lebens, dem im Gelde das unabstellbare Rad gegeben ist, dass die Maschine des Lebens zum Perpe tuum mobile macht" (ebd.: 89). Das Thema "Zeit und Arbeit" wird schrittweise erschlossen. In Kapitel1 gilt es, sich wichtiger theoretischer Grundlagen zu vergewissem. Zunachst sind die Kategorien "Zeit" (1.1) und "Arbeit" (1.2) in soziologischer Perspektive zu explizieren, und zwar unter Bezug auf die Klassiker wie Karl Marx, Max Weber, Emile Durkheim, Pitirim A. Sorokin, Robert K. Merton und modeme Theoreti ker wie Herbert Marcuse, Norbert Elias, Marie Jaboda, Niklas Luhmann. Zu sammengefiihrt werden beide Kategorien bzw. sozialen Tatbestande im Begriff "Arbeitszeit" (1.3), der mit der Durchsetzung kapitalistischer Industrialisierung und der Bewirtschaftung von Zeit nach dem Motto "Zeit ist Geld" strategische Bedeutung fUr die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit erlangt. Zu klaren sind in dies em Abschnitt etwa der Normalarbeitstag, Dimensionen, Typen von Arbeitszeit, der Zusammenhang von Arbeitszeit und Freizeit. Zudem wird in einer methodologischen Anmerkung die forschungsstrategische Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen Arbeitswelt und den anderen Lebensbereichen angesprochen. In einem weiteren Punkt "Zeit, Arbeit und Geschlecht" (1.4) wird das tiberkommene Verstandnis von Zeit und Arbeit erganzt und korrigiert. Die Frauenforschung hat in den letzten 30 Jahren aufgezeigt, dass Arbeit in Er werbsarbeit nicht aufgeht. Zudem sind in der gesellschaftlich notwendigen Fami lienarbeit Aspekte enthalten, namlich die Arbeit mit und am Menschen, die auch 9 in der ElWerbsarbeit einer Diensdeistungsgeselischaft einen Bedeutungszuwachs erfahren. Ferner sind aufgrund der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung Zeit budgets, ZeitvelWendung und die Bedeutung von Zeit fUr Manner und Frauen hOchst verschieden. In einem weiteren, dieses Kapitel abschlie13enden Teil wer den wichtige "Arenen und Akteure der Gestaltung von Zeit und Arbeit" (1.5), wie sie die sozialstaatliche Entwicklung in Deutschland hervorgebracht hat, vorgestellt. Die soziale Ordnung von Zeit und Arbeit ist Ergebnis koliektiver Verhandlungen auf staatlicher, sektoraler und betrieblicher Ebene. AuBerdem ist noch eine weitere Arena zu berllcksichtigen, namlich die private Lebenswelt, wo heutzutage in Partnerschaft verbundene Manner und Frauen die Grimdlagen ihres Zusammenlebens mit Blick auf ZeitvelWendung sowie den Anteil an be zahlter und unbezahlter Arbeit miteinander aushandeln konnen. SchlieBIich werden von Frauen und M1innem gleichermafien, so die Annahme, vermehrt Eigenleistungen, d.h. auch individuelle Aushandlungen tiber die beruflichen Bedingungen, tiber Zeit und (ElWerbs)Arbeit im Lebenslauf elWartet. Diese relativ neuartigen Anforderungen zur Selbst-Optimierung sind abschlie13end zu skizzieren. In Kapitel 2 werden wichtige historische Etappen im Bereich von" Zeit und Ar beit" vorgestelit. 1m Zuge der Entwicklung der deutschen Wirtschaftsge sellschaft lassen sich drei Phasen unterscheiden. Die extensive (2. J) im Sinne einer Ausdehnung des Arbeitstages und die intensive Phase (2.2) als eine zeitli che Begrenzung bei gleichzeitiger Verdichtung der Arbeit sind typische, allge mein anerkannte Differenzierungen. Wenn nun eine dritte, die flexible Phase (2.3) betont wird, so ist auch diese Markierung idealtypisch zu verstehen. Es handelt sich urn ein aktuell sehr augenf<iIliges Muster, was sogar eine weitere Intensivierung der Arbeit eher befdrdem und in Teilbereichen auch zu einer 10 VerHingerung des Arbeitstages, ja sogar der Lebensarbeitzeit fiihren kann. - Die Gefahrdung der gesellschaftlichen Reproduktion fiihrt zum Verbot bzw. zur Einschrankung der Kinder- und Frauenarbeit sowie zur generellen Begrenzung des Arbeitstages. Damit endet die extensive Phase der Industrialisierung. Nun wird nach Moglichkeiten gesucht, wie die Arbeit verdichtet werden kann, urn die Arbeitsproduktivitat zu sichem bzw. zu steigem. Die Einfiihrung des Acht Stunden-Tages 1918 und die forcierte technisch-organisatorische Rationalisie rung in den 20er Jahren signalisieren uniibersehbar diesen Umbruch in Deutsch land. Ein wiederum entscheidendes Datum fUr den Beginn einer Politik der Ar beitszeitflexibilisierung ist der Tarifvertrag von 1984 in der Metallindustrie. Dieser bringt einerseits mit dem Einstieg in die 35-Stunden-Woche eine Arbeits zeitverkiirzung, und andererseits erOffnet er Moglichkeiten, die Arbeitszeit be weglicher zu vereinbaren als das bislang, etwa im Rahmen von Schichtarbeit als einer klassischen flexiblen Arbeitszeitform, der Fall ist. Wird in den Kapiteln 1 und 2 das Thema soziologisch-theoretisch und his torisch-systematisch erschlossen, so werden in Kapitel 3 "Flexible Gestaltung von Zeit und Arbeit. Aktionsfelder und Praxisbeispiele" gegenwmige Tenden zen in exemplarischer Weise aufgezeigt. Die Auswahl von drei Schwerpunkten bedarf der Begriindung: Beim ersten Beispiel handelt es sich urn ein GroBunter nehmen in einer der Schliisselindustrien der deutschen Volkswirtschaft. Unter dem Titel "Das atmende Unternehmen" (3.1) wird die 1993/94 von der Volks wagen AG aus beschaftigungspolitischen GrUnden - die Vermeidung von Mas senentlassungen ist das primare Ziel- eingefiihrte Vier-Tage-Woche mit einer Arbeitszeit von knapp unter 30 Stunden thematisiert. Das ist ein sehr spelctakuUi. rer Schritt, der in der Folgezeit durchaus Nachahmer fmdet. Von Beginn an sind die Auswirkungen dieses Arbeitszeitmodells fUr das Untemehmen wie fUr die 11

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