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von Morgue und andere Gedichte bis zu den Gehirne-Novellen. PDF

162 Pages·2013·1.34 MB·German
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Preview von Morgue und andere Gedichte bis zu den Gehirne-Novellen.

Corso di Laurea magistrale (ordinamento ex D.M. 270/2004) in Lingue e Letterature europee, americane e postcoloniali Tesi di Laurea Das Werk des frühen Benn: von Morgue und andere Gedichte bis zu den Gehirne-Novellen. Relatore Ch. Prof. Stefania Sbarra Correlatore Ch. Prof. Cristina Fossaluzza Laureando Maria Cazzola Matricola 823252 Anno Accademico 2012 / 2013 Inhaltsverzeichnis: Ringraziamenti 3 Vorwort 4 1. Gottfried Benns Biographie bis 1922 6 2. Morgue und andere Gedichte 24 2.1. Entstehung des Morgue-Zyklus 24 2.2. Benns Veröffentlichung vor 1912 26 2.3. Publikation der Morgue-Gedichte 30 2.4. “ein Zyklus von sechs Gedichten” 31 2.5. Bedeutung des Titels 32 2.6. Reaktion der Kritik auf Morgue und andere Gedichte 33 2.7. Analyse von Morgue und andere Gedichte 37 2.8. Morgue und andere Gedichte: Schlussbemerkung 69 3. Alaska 72 3.1. Analyse der Alaska-Gedichte 75 4. Ithaka 97 5. Die Rönne-Novellen 109 5.1. Entstehung und Veröffentlichung 109 5.2. Zusammenfassung der Novellen 111 5.3. Die Hirnforschung und die Wissenschaft um 1900 115 5.4. Der Wahnsinn und der “neue Mensch” 117 5.5. Analyse der Rönne-Novellen 119 5.5.1. Gehirne 119 5.5.2. Die Eroberung 129 5.5.3. Die Reise 136 5.5.4. Die Insel 143 5.5.5. Der Geburtstag 151 5.6. Rönne-Novellen: Schlussbemerkung 156 Bibliographie 159 2 Ringraziamenti È giunto anche per me il momento di ringraziare alcune persone importanti che mi hanno accompagnata in questo percorso di studi. Desidero ringraziare la Professoressa Sbarra per la cortesia e la disponibilità fornitemi durante la stesura della mia tesi. Ringrazio i miei genitori per avermi sostenuta e incoraggiata instancabilmente di fronte ad ogni difficoltà incontrata in questi anni di studi e per avermi dato la possibilità di trascorrere una bellissima esperienza all’estero dalla quale è nata l’idea per l’argomento di tesi. Oltre a mamma e papà, ringrazio mio fratello Giacomo e mia sorella Chiara per la pazienza sopportata e la costante ventata di gioia portata in casa soprattutto quando ero più nervosa e inavvicinabile. Voglio ringraziare con affetto Carlo per essermi sempre stato vicino anche quando ero più distante, per avermi sempre dato la fiducia di cui avevo bisogno sia prima di un esame sia durante il lavoro di tesi e per essersi spesso addossato il mio stress ricambiandolo con momenti felici. 3 Vorwort In meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit dem Werk des frühen Gottfried Benn. Nach einem ersten biographischen Kapitel über seine frühen Jahre, die den Schlüssel für das Verständnis seiner Werke anbieten, betrachte ich die Gedichtsammlungen Morgue und andere Gedichte und Alaska, die 1912 und 1913 erschienen. Außerdem analysiere ich auch den Einakter Ithaka und die fünf Gehirne-Novellen, die 1914 und 1916 veröffentlicht wurden. Das Leben des jungen Benn ist vom strengen protestantischen Ethos seines Vaters Gustav und einem Wunsch nach Befreiung geprägt. Sein Vater ist nämlich Pastor und verlangt, dass sein Sohn Theologie und Philosophie studiert, während sich dieser aber dem medizinischen Studium widmen möchte. Nachhaltiger wirkt aber bei ihm ein weiterer innerer Konflikt, bzw. der Konflikt zwischen Wissenschaft und Kunst. Die zentrale Bedeutung, die Wissenschaft und Kunst in seinem Leben haben, scheint vor allem in den Morgue-Gedichten, im Prosatext Ithaka und in den Gehirne-Novellen durch. Die Morgue-Gedichte sind von medizinischer Sprache und wissenschaftlichem Blick geprägt. Der Einakter Ithaka soll einen Protest gegen den Positivismus und das Übermaß an Rationalität in der Jugenderziehung sein, die die gesunden Lebenskräfte der heranwachsenden Generation untergraben. Vor diesem Hintergrund spielt die Regressionsthematik die Hauptrolle. Der regressive Gedanke, der zum Elementaren und Vegetativen zurückführt, ist als Befreiung vom existentiellen Schmerz empfunden, woraus der Wunsch entsteht, „ein Klümpchen Schleim in einem warmen Moor“ zu sein (GW I, 47). Die Regressionsthematik geht mit dem Heraufbeschwören des Dionysischen Hand in Hand im Einakter Ithaka und in den Gehirne-Novellen, in denen die Hauptfigur Rönne den Weg zur Überwindung einer tiefen Krise sucht, die sein ganzes Bewusstsein und sein Wahrnehmungssystem untergraben hat. Trotz dem gleichen Namen ist der Assistentsarzt Rönne in Ithaka nicht mit dem Arzt Rönne in den Gehirne-Novellen restlos identisch: Die Novellen sind nicht als die Fortsetzung des Einakters konzipiert worden. 4 Diese Texte sind von der Philosophie Nietzsches geprägt, vor allem von den Werken Über Wahrheit und Lüge im aussermoralischen Sinne, Die Geburt der Tragödie und Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben. 5 1. Gottfried Benns Biographie bis 1922 Gottfried Benn, Sohn des evangelischen Pastors Gustav Benn und der Französin Caroline Jequier, ist am 2. Mai 1886 in Mansfeld (Westprignitz) geboren. Er wuchs aber in einem anderen Dorf auf: Sellin in der Neumark1. Gottfried Benn war der Zweitgeborene von acht Kindern. Mit seiner älteren Schwester Ruth war er während seiner Jugend sehr eng. Der junge Benn verbrachte keine schöne Kindheit, wie in seinen Schriften zu lesen ist: „Meine Jugend ist mir wie ein Schorf, eine Wunde darunter“2, „Früher in meinem Dorf wurde jedes Ding nur mit Gott oder dem Tod verknüpft und nie mit einer Irdischkeit.“3 Später schrieb Benn weiter: „Wann fing es an? Sehr weit zurück. Denn dunkel war der Garten meiner Jugend, morsch die kleinen Brücken und die Bretter fielen ein. Von Anfang an war alles Schwere da, aller Kummer so von selbst, so vorbereitet war ich früh, daß es galt eine Weile zu bestehen, wo es keine Hoffnung gab.“4 Benn besuchte das Gymnasium in Frankfurt an der Oder und dann studierte er zwei Semester Theologie und Philologie an der Universität in Marburg. Gottfried Benn wollte nicht Theologie studieren, sondern Medizin, aber der Vater Gustav Benn wollte es nicht erlauben, weil der Medizinstudiengang zu lange dauerte und ein Pastor, der noch andere sechs Kinder hatte, dieses Studium nicht finanzieren konnte. Gottfried Benns Vater wollte, dass der Sohn Pfarrer oder zumindest Lehrer wird. 1 Die Neumark (Ostbrandenburg oder Nova Marchia) ist eine Landschaft östlich der Oder , die heute zum polnischen Gebiet gehört. 2 Vorarbeit zu Der neue Staat und die Intellektuellen. In: Holger Hof, Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis Eine Biographie, Stuttgart, Klett-Cotta 2011. S. 61. 3 16.8.1931, an Paul S. Fleischmann, Leben in Bildern, S. 145. In: Holger Hof, Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis Eine Biographie, Stuttgart, Klett-Cotta 2011. S. 61. 4 Leben in Bildern. S. 153. In: Holger Hof, Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis Eine Biographie, Stuttgart, Klett-Cotta 2011. S. 61. 6 Vermutlich dank der Hilfe eines Familienfreunds stimmte Gustav Benn dem Wunsch des Sohnes zu. Im Jahre 1904 immatrikulierte er sich an der Kaiser-Wilhelms-Akademie von Berlin, die „Pépinière“ wie sie genannt war, in der er sein Medizinstudium anfing. Obwohl Benn erst 1904 mit 18 Jahren in der Hauptstadt Berlin ankam, hat er oft gesagt, dass Berlin seine Stadt ist und dass er ein Berliner sei.5 In diesen Jahren ist die Reichshauptstadt sehr lebendig, man bekam Impulse und Benn erlebte diese Beschleunigung der Zeit. Dort in Berlin machte er die prägenden Erfahrungen, die ihn mit dem literarischen Milieu in Verbindung brachten. Nicht nur die Wünsche des Vaters machten das Leben Benns kompliziert, sondern auch ein weiterer Wunsch, der das Medizinstudium in Frage stellte: Dichter zu werden. Benn wollte nämlich sowohl Medizin studieren als auch Dichter werden, aber er wusste nicht, ob er dafür begabt war oder nicht. Während den Semestern an der Universität Marburg versuchte Benn einige Gedichte zu schreiben, die er an die Deutsche Roman-Zeitung schickte. Diese ersten Versuche gaben Gottfried Benn keinen bedeutenden Erfolg, außerdem ermutigte ihn der Redakteur der Zeitschrift Otto von Leixner nicht, weiter zu schreiben. 1905 wandte sich Benn an den Dichter und Literaturkritiker Carl Busse, der in der Besprechung eines Lyrikers schrieb: „Es genügt nicht, dass jemand eine Dichterseele ist, dass er als Dichter schaut und fühlt – er muß vor allem doch auch als Dichter schaffen, d.h. sein Schauen und Fühlen in einer entsprechenden, notwendigen, gesetzmäßig wirkenden Form offenbaren“.6 Gottfried Benn, der diese Rezension gelesen hatte, schickte einen Brief an Carl Busse, in dem er um Hilfe bat, um seinen inneren Konflikt zu 5 Joachim Dyck, Benn in Berlin, Berlin, Transit Buchverlag 2010. S. 7. 6 Ebd. Hier S. 9. 7 lösen und um zu verstehen, ob „ein Funken echten, wahren Künstlertums in meinen Gedichten [steckt]“.7 Leider ist keine Antwort Busses bekannt. Die Kaiser-Wilhelm-Akademie war sehr streng, aber durch den Eintritt in diese Institution konnte sich Gottfried Benn von dem Druck seines Vaters befreien. So schien ihm das militärische Leben nicht zu hart, wie das Leben in dem Pastorenhaus. Im September 1909 fuhr Benn in eine Lungenklinik im Bezirk Magdeburg, hier famulierte er erstmals in seinem Medizinerleben mit wirklichen Patienten. Während dem Wintersemester 1908/09 besuchte Benn für seine Zukunft bedeutende Vorlesungen über Haut- und Geschlechtskrankheiten. Das war das Fachgebiet, dem er sich später als Facharzt zuwendete. Im Sommersemester besuchte er die Vorlesungen über Heeres- und Gesundheitspflege und darum geht es in seiner Dissertation mit dem Titel Über die Häufigkeit des Diabetes mellitus im Heer. Im Oktober 1909 nahm Gottfried Benn an seinen ersten Sektionstechnikunterrichten teil und erst drei Jahre später sollte er als Assistent „an eine Leiche treten und sein erstes Sektionsprotokoll anfertigen“.8 Entscheidend für seine Ausbildung waren auch die Psychiatrie-Vorlesungen von Theodor Ziehen, dessen Schwerpunkt „die experimentelle physiologische Psychologie, insbesondere die Geisteskrankheiten des Kindesalters und das Seelenleben Jugendlicher“9 war. Ziehens Psychologie war neu, weil sie nicht mehr mit der Metaphysik zu tun hatte und weil sie nur für jene war, die naturwissenschaftlich dachten. In dieser Zeit begann sich Benn mit der Psychiatrie zu beschäftigen. 1910/1911 schrieb er nämlich die medizinischen Essays Beitrag zur Geschichte der Psychiatrie, Zur Geschichte der Naturwissenschaft, und Medizinische Psychologie, die dann in der Zeitschrift Die Grenzboten veröffentlicht wurden. Auch der lange verschollene Prosatext Unter der Großhirnrinde, Gespräch (1910) und die 7 Thedel v. Wallmoden, Porträt des Künstlers als junger Mann. Über einen unveröffentlichten Brief Gottfried Benns. In: Deutsche Vierteljahresschrift. 62. 1988. S. 570-580. Hier S. 574. 8 Holger Hof, Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis Eine Biographie, Stuttgart, Klett-Cotta 2011. S. 97. 9 Ebd. 8 „Rönne-Texte“ sind das Ergebnis von Benns Auseinandersetzung mit der Psychiatrie. Im Jahre 1910 erschienen die ersten zwei wichtigen Gedichte Gottfried Benns in der Zeitschrift Die Grenzboten: Gefilde der Unseligen und Rauhreif. Während dem Studium an der Kaiser-Wilhelms-Akademie erhielt Gottfried Benn den Königlichen Preis über das Thema: „Die Ätiologie der Pubertätsepilepsie“. Um 1910 war Benns Lieblingsroman Jens Peter Jacobsens Niels Lyhne. Dieses Buch ist wichtig nicht nur, weil es den Anlass zu Gespräch gegeben hat, sondern auch weil Benn biographische Parallelen zwischen sich und Jacobsen entdeckte. Zentrales Thema im Roman Niels Lyhne ist der Konflikt zwischen Wissenschaft und Glaube. Die Lektüre von Niels Lyhne ist ein großer Reiz für Benn, der „im Sommer 1910, als seine Studienzeit an der Pépinière aufhörte und er Prüfungen in Innerer Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Augen- und Ohrenheilkunde ablegte, […] ein Dichter [war], der seine Sprache noch nicht gefunden hatte.“10 Nach den Prüfungsergebnissen des Sommers wurde Benn zum Unterarzt ernannt und seine Einheit war das Infanterie-Regiment 64 in Prenzlau. Im Oktober 1910, sofort nach Dienstbeginn, machte er ein praktisches Jahr an den Kliniken und Stationen der Charité. Es ist klar, dass der junge Benn hoch motiviert war und er schrieb den schon erwähnten Beitrag zur Geschichte der Psychiatrie, um seinem Lehrer Theodor Ziehen zu imponieren. Mit 25 Jahren sammelte Benn seine Erfahrungen in dem Prosatext Unter der Großhirnrinde. Nachdem Benn sein praktisches Jahr an der Charité absolviert hatte, stürzte er in eine akute Erkenntniskrise, die binnen weniger Jahre in einer tiefen Glaubenskrise gipfelte. Im Oktober 1912 kam Benn als Unterarzt zur Kaiser-Wilhelms-Akademie zurück, um einige Kurse über Geburtshilfe, Augenheilkunde und pathologische Anatomie zu besuchen, er wohnte inzwischen in Moabit. Es ist genau während des Aufenthalts in Moabit, dass er die Morgue-Gedichte verfasste. Darüber schrieb Benn in 10 Ebd. Hier S. 101. 9 Lebensweg eines Intellektualisten: „[Ich] hatte im Moabiter Krankenhaus einen Sektionskurs gehabt. Es war ein Zyklus von sechs Gedichten […]“ (GW II, 376). Es gibt aber noch einen zweiten Bericht über die Entstehung der Morgue-Gedichte: „Was ihre Entstehung angeht, so … lieber Königsmann, ich habe mir eben lange überlegt, was ich darüber schreiben soll. Es wäre soviel, daß es sich nicht so bald abmachen ließe. … Nur dies: größtenteils ist es Rache. Mich haben ja die Naturwissenschaften u die Medizin innerlich total ruiniert. Ich lebe ja schon jahrelang vis-à-vis de rien. Suspendierter Tod. Hart an den verschiedensten Abgründen.“11 Gottfried Benn spricht hier von Rache, woran weiß man aber nicht. Es kann Rache an der Medizin und an den Naturwissenschaften sein. Im Winter 1911 starb Benns Mutter an Krebs, sie wurde einmal operiert, aber es war nicht genug und eine zweite Operation war zu teuer für eine Familie mit vielen Kindern. Der Vater Gustav Benn erlaubte Benn nicht, das Leid seiner Mutter durch Morphium zu lindern, weil das Gottes Wille war und das Leid Christi auch nicht gelindert wurde. Über den Tod seiner Mutter schrieb Benn: „Sie starb den schwersten Tod, den ich gesehen habe.“12 Am 24. Februar 1912 erhielt Gottfried Benn mit gutem Ergebnis die Approbation als Arzt. Später hat Benn auf die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen ein Lob geschrieben: „Eine vorzügliche Hochschule, alles verdanke ich ihr!“13 Benns Haltung war sein ganzes Leben durch die militärische Lehrjahre bestimmt gewesen. Im Frühling 1912 wechselten sich viele literarischen Ereignisse in Berlin: Herwarth Walden gründete seine Sturm-Galerie und zeigte die Ausstellung Der Blaue Reiter, die große Futuristenausstellung wurde eröffnet und Filippo Tommaso Marinetti verteilte massenhaft futuristische Flugblätter. In dieser Zeit fing Gottfried Benn den Dienst als Unterarzt bei seinem Regiment in Prenzlau an. 11 2.5.1912, an Leo Koenigsmann. In: Hof, a. a. O., S. 109. 12 2.5.1912, an Leo Koenigsmann. In: Hof, a. a. O., S. 112. 13 Dyck, a. a. O., S. 9. 10

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Das Leben des jungen Benn ist vom strengen protestantischen Ethos Gottfried Benn, Sohn des evangelischen Pastors Gustav Benn und.
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