FORSCHUNGSBERICHT DES FORSCHUNGSBERICHT DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 3085 / Fachgruppe Physik/Chemie/Biologie Herausgegeben vom Minister für Wissenschaft und Forschung Dipl. -Chem. Wigbert Berg Prof. Dr. Dr. Herbert Witzel Institut für Biochemie der Universität Münster Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus s der Endonuclease aus Aspergillus oryzae 1 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1981 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Berg, Wigbert: Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus der Endonuclease s1 [s) aus Aspergillus oryzae Wigbert Berg ; Herbert Witzel. - Opladen : Westdeutscher Verlag, 1981, (Forschungsberichte des Landes Nordrhein Westfalen ; Nr. J085 : Fachgruppe Physik, Chemie, Biologie) ISBN 978-3-663-19927-4 NE: Witzel, Herbert:; Nordrhein-Westfalen: Forschungsberichte des Landes ••• © 1981 by Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen 1981 Herstellung: Westdeutscher Verlag GmbH ISBN 978-3-663-19927-4 ISBN 978-3-663-20271-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-20271-4 - III - Inhalt l. Einleitung 1 2. Isolierung 3 3. Charakterisierung der Nuclease S1 5 3 .l. Untersuchung zur Reinheit des isolierten 5 Enzyms 3. 2. Molekülmassenbestimmung 5 3. 3. Stabilität der Nuclease S1 3.4. Isoelektrischer Punkt 5 4. Untersuchungen am Metall-Enzym-Komplex 4.1. Zinknachweis 6 4.2. Versuche zur Desaktivierung der Nuclease S1 durch Komplexbildner und ReaktiviPrung mit Zn2+ 4.3. Stabilität der Apo-Nueiease S1 6 4.4. Austauschversuche von Zn2+ gegen andere 7 Metallkationen 4. 5. Modifizierungsreaktionen 8 4.5.1. Modifizierung von Histidin 8 4.5.2. Modifizierung von Carboxylat-Gruppen 9 4.5.3. Modifizierung von Amino-Gruppen 10 4.5.4. Modifizierung von Tyrosin 10 4.5.5. Modifizierung von SH-Gruppen 10 4.5.6. Modifizierung von Guanidinium-Gruppen l l 5. Substratspezifität 11 6. Diskussion und VorstPllung zum Mechanismus 14 der Katalyse Abbildungsanhang 19 Literaturverzeichnis 23 - IV - Abkürzungsverzeichnis A Adenosin Ade Adenin Akt. Aktivität AS Ammoniumsulfat bispNPP Bis-p-Nitrophenylphosphat c Cytidin CMC 1-Cyclohexyl-3-(morpholinyl-ethyl)carbodiimid d Tage d Desoxy DEAM Diethylaminomethylen DNA Desoxyribonucleinsäure EDC 1-Ethyl-3-(3-dimethylaminopropyl)carbodiimid EDTA Ethylendiamin-tetraessigsäre Extinktion bei 280 nm g Erdbeschleunigung G Guanos in Gua Guanin h Stunden K Michaelis-Konstante m M relative Molekülmasse r min Minuten NPT 51-Thymidylsäure-p-nitrophenylester aNP 1-Naphthylphosphat pl Isoelektrischer Punkt p Phosphat RNA Ribonucleinsäure SOS Natrium-dodecylsulfat T Thymidin TPN 3'-Thymidylsäure-p-nitrophenylester Tris Tris-(Hydroxymethyl)aminomethan u Uridin u Enzymeinheit: 6E •100/min (Einzelstrang-DNA) 260 wsc wasserlösliches Carbodiimid > cyclisch - 1 - 1. Einleitung Der erste Bericht über die Notwendigkeit von Zinkionen beim Wachstum von Aspergillus niger stammt von Raulin (1) aus dem Jahre 1869. Innerhalb eines Jahrzehnts wurde dann das Vorkommen von Zink in tierischen und pflanzlichen Geweben nachgewiesen (2,3), Erst 1934 wurde an Nagetieren bewiesen, daß Zinkionen allgemein für das Wachstum notwendig sind (4). 1940 entdeckten Keilin und Mann (5), daß Zink in einem Enzym, der Carboanhydrase, gebunden vorkommt und für die Aktivität notwendig ist. Erst 15 Jahre später berichteten Yallee und Neurath (6) über ein zweites Enzym, die Carboxypeptidase A aus Rinderpankreas, die Zinkionen für die Katalyse benötigt und nachweislich ein g-Atom Zink pro Mol Enzym enthält. Die weite Verbreitung von Zink-Metalleenzymen erkannte man erst in den letzten 10 Jahren. So sind bis heute 157 Zink-Metalle enzyme bekannt; sie sind in allen Enzymklassen vertreten, unter anderem bei den Dehydrogenasen, Transferasen, Phosphatasen und Peptidasen, Aldolasen, Isomerasen und Polymerasen. Das Aktivitätsoptimum der Zink-Metalleenzyme liegt normalerwei se im neutralen bis alkalischen pH-Bereich. Ausnahmen bilden zwei Phosphorsäurediesterasen, die Nuclease P aus Penicillium 1 citrium (7) und die hier untersuchte Endonuclease 5 aus Asper 1 gillus oryzae (beide unter E.C. 3.1.30.1), die beide ihr pH-Op timum bei pH 5 haben. Die Endonuclease 5 wurde erstmals von Ando (8) aus Takadiasta 1 se, einem lyophilisierten Amylasekonzentrat aus Aspergillus oryzae, isoliert und charakterisiert. Sie spaltet DNA und RNA in die 5'-Nucleotide, wobei Einzelstrang-DNA 75 OOOmal schnel ler gespalten wird als native Doppelstrang-DNA, Weitere Unter suchungen an polymeren Substraten wurden später von Sutton (9), Rushizki et al. (10), Wiegand et al. (11) und Zechel et al. (12) durchgeführt. Die von Ando (8) schon beobachtete Aktivie rung der Nuclease 51 durch Zn2+ und die Inhibierung durch EDTA wurde von Vogt (13) bestätigt und ließ vermuten, daß das native Enzym Zn2+ als Cofaktor benötigt. Die Richtigkeit dieser Annah m~ konnte von Berg (14,15) inzwischen bewiesen werden. Dle Aufgabe der Metallionen im katalytischen Prozeß ist trotz umfangreicher Untersuchungen noch immer nicht völlig geklärt. Besonders intensiv untersucht wurden die Carboanhydrase C, die - 2 - Carboxypeptidase A, die Alkohol-Dehydrogenase, die Alkalische Phosphatase aus E. coli und das Thermolysin (16,17). Dabei werden unterschiedliche Funktionen des Zinkions disku tiert: 1. Lewis-Säure Katalyse, verknüpft mit einer Substratbindung und einer Bindungspolarisierung in Richtung der Koordina tionssphäre des Zinkions, 2. Erhöhung der Nucleophilie von Aquoliganden, die durch die Liqandierung zum Zn2+ bei pH 7-8 bereits in Hydroxoliganden übergehen können, 3. Erleichterung eines nucleophilen Angriffs auf das Substrat durch Ladungsneutralisation im Grund- oder Übergangszustand, 4. Erleichterung der Reaktion durch definierte Bindung der Reaktanden im aktiven Zentrum des Enzyms. Wieweit diese Funktionen bei einer enzymkatalysierten Hydrolyse von Phosphorsäureesterbindungen in Betracht kommen, kann nicht ohne weiteres vorausgesagt werden. Bemerkenswert ist, daß Zink und Bleiionen auch in einer Acetat-gepufferten Lösunq mit einem Optimum bei pH 8-9 die Ribonucleinsäure zu den 2'- und 3'-Nuc leotiden bzw. Nucleosiden spaltet. Bei den hier in Angriff genommenen Untersuchungen stehen zu nächst Probleme zur besseren Isolierung, zur Enzymstabilität, zur Ligandsphäre des Zn2+ und zur Austauschbarkelt des Metall ions im Vordergrund. Im weiteren Verlauf muß die Substratspezifität abgegrenzt wer den. Solche Untersuchungen wurden bereits von Niermann (18) be gonnen. Er konnte aus den Geschwindigkeiten für die Spaltung von Dinucleosidphosphaten und synthetischen 3'-Nucleotid-di estern ableiten, daß die Base des 3'-Nucleotids zur Vororien tierung des Substrates benötigt wird. Gleichzeitig scheint das 3'-Nucleosid die Austrittsgruppe zu sein, während bei vielen alkalischen Phosphorsäurediesterasen, die ebenfalls die 5'-Nuc leotide liefern, das 5'-Nucleotid gebunden wird und das 3'-Nuc leosid als Austrittsgruppe betrachtet werden muß (19,20). Da die Nuclease 5 neben Phosphorsäurediestern auch Phosphor 1 säuremonoester spaltet, ergibt sich eine weitere Möglichkeit zum Studium des Reaktionsverlaufs. Vor allem interessiert hier der Einfluß einer Vororientierung des Substrates auf die Hydro lysegeschwindigkeit, die durch gezielte Modifikationen an Base und Zucker untersucht werden kann. - 3 - Andererseits muß jetzt auch diskutiert werden, ob das hier vor liegende Enzym in vivo überhaupt als Diesterase fungiert oder ob die 3'-Nucleotidaseaktivität im Vordergrund steht. In diesem Falle könnte das Enzym die beim RNA-Abbau durch die in den Aspergillus-Extrakten in hoher Konzentration vorliegenden Ribo nucleasen T1 und T2 erzeugten 3'-Nucleotide durch Dephosphory lierung wieder dem Nucleosidpool zuführen. 2. Isolierung Die Isolierung wurde in Anlehnung an die Verfahren von Vogt (13) und Niermann (18) durchgeführt. Das Verfahren mußte teilweise abgeändert werden, um eine 10-20fache Menge an Enzym erhalten zu können. Als Ausgangsmaterial diente ein Enzymgemisch aus Aspergillus oryzae der luitpold Werke München*>. Das folgende Schema 1 faßt alle Trennoperationen des Isolie rungsganges, die jeweils bei 4 °C durchgeführt wurden, zusammen. Schema 1: 500 g Enzymgemisch aus Aspergillus oryzae I in 3000 ml H 0 auflösen, auf pH 4,6 2 i titrieren, 2 h rühren Rohextrakt portionsweise Zugabe von 330 g/1 ___j Ammoniumsulfat (50 %ige Sättigung), Sediment 1 4 h rühren, 1 h zentrifugieren bei verworfen ----- 12 QQQ X g Oberstand portionsweise Zugabe von 190 g/1 Ammoniumsulfat (80 %ige Sättigung), Oberstand 12 h rühren, 1 h zentrifugieren bei verworfen 12 QQQ X g Sediment j in 300 ml H20 aufgenommen, Sephadex G 75 Gelchromatographie, Elutionsmittel: 0,05 M Acetatpuffer, pH 4,6; Säule: 6 x 60 cm aktive Fraktionen DE 32 Anionenaustauschchromatographie Elutionsmittel: 0,02 M Tris/HCl j Puffer, pH 7,5 und 0,05 M NaCl, linearer Gradient: 0,05 M/0,4 M NaCl; Säule: 6 x 30 cm aktive Fraktionen *) Herrn Dr. Wolff, luitpold Werke, sei hier für die Bereit stellung des Ausgangsmaterials gedankt. - 4 - aktive Fraktionen Ultrafiltration, Amicon Membranfilter j DM OS, Sephadex SP-C-SO Kationenaus tauschchromatographie, Elutionsmittel: O,OS M Acetatpuffer, pH 4,4; Säule: 3 x 60 cm aktive Fraktionen j Ultrafiltration, Amicon Membranfilter DM OS, Sephadex G 7S Gelchromatogra phie, Elutionsmittel: O,OS M Acetat puffer, pH S; Säule: 3 x 100 cm aktive Fraktionen Sephadex SP-C-SO Kationenaustausch j chromatographie, Elutionsmittel: O,OS M Acetatpuffer, pH 3,S, linearer Gradient: pH 3,S/4,8; Säule: 3 x 30 cm Endpräparation Nach dieser Operation konnte das Enzym etwa 3000fach angerei chert werden bei einer Ausbeute von 10 %. Die Bilanz des gesamten Isolierungsganges zeigt Schema 2. Schema 2: Reinigungs- Volumen Akti- Gesamt- spez. Aus- Reini- [280 schritt vität akt. Akt. beute gung (ml) (U/ml) (lo-5u) (U/mg) (%) Rohextrakt 3000 400 12,0 200 2 "100" "1" AS-Fällung 300 2800 8,4 180 16 70 8 G 7S I 800 900 7,2 32 28 60 14 DE 32 300 1100 3,3 4,1 270 28 l3S SP-C-SO I 120 1800 2,2 1,9 9SO 18 47S G 7S II 100 1900 1,8 0,9 2000 lS 1000 SP-C-SO II 120 9SO 1' 1 O,lS 6300 10 31SO - 5 - 3. Charakterisierung der Nuclease S1 3.1. Untersuchungen zur Reinheit des isolierten Enzyms Die erste Beurteilung für die Einheitlichkeit der Proteinfrak tion ergibt sich daraus, daß keine Steigerung der spezifischen Aktivität erreicht werden kann. Weiterhin sollten bei den chro matographischen Verfahren Protein- und Aktivitätspeak überein stimmen. Für die Endpräparation des oben beschriebenen Verfahren trifft dieses zu (Abb. 1). Die Diskelektrophorese bei pH 8,9 in einem 11 %igen Polyacryl amidgel nach Maurer (21) zeigt jedoch nach Anfärbung mit Coo massie brilliant blue neben einer intensiven Hauptbande noch eine schwache zweite Bande, die auf ca. 5 % Verunreinigung zu rückschließen läßt. 3.2. Molekülmassenbestimmung Eine nach Weber und Osborn (22) durchgeführte Molekülmassenbe stimmung mit Hilfe der SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese in Gegenwart von Vergleichsproteinen ergab nach Auftragung der Wanderungsgeschwindigkeit gegen log Mr eine Molekülmasse von = Mr 36 000. Dieser Wert ist mit der aus einer Gelchromato graphie an Sephadex G 75 bestimmten Molekülmasse identisch. Bei diesen Untersuchungen ergaben sich keine Hinweise auf Un tereinheiten. 3.3. Stabilität der Nuclease S1 Nach Vogt (13) besitzt die Nuclease S1 eine relativ hohe Sta bilität, gemessen an der Inaktivierung bei Temperaturerhöhung. Nach der G 75 li-Säule beträgt die Halbwertszeit für die Akti vitätsabnahme bei pH 4,6 etwa ein Jahr. Nach Abtrennung von Begleitproteinen auf der SP-C-50 II wurde hier in der hochgerei nigten Fraktion eine Abnahme der Halbwertszeit auf 5 Tage beob achtet. Deshalb wurden die Enzymlösungen auf der vorletzten Stu fe aufbewahrt. Einfrieren und Gefriertrocknung ergaben dabei nur einen geringfügigen Aktivitätsverlust. Erst vor Einsatz für wei tere Untersuchungen wurde die letzte Reinigung vorgenommen. 3.4. Isoelektrischer Punkt Der von Rushizky et al. (10) bestimmte isoelektrische Punkt von pl = 4,3-4,4 konnte anhand von isoelektrischer Fokussierung bestätigt werden.