Thomas Raphael: Umweltbiotechnologie Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Budapest Hongkong London Mailand Paris Santa Clara Singapur Tokio Thomas Raphael Umweltbiotechnologie Grundlagen, Anwendungen und Perspektiven Mit 69 Abbildungen , Springer Dr. Thomas Raphael Am Truxhof 20 D-44229 Dortmund e-mail: [email protected] ISBN-13:978-3-642-64426-9 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Tokio Die Deutsche Bibliothek - CIP-Binheitsaufnahme Raphael, Thomas: Umweltbiotechnologie: Grundlagen, Anwendungen und Perspektiven / Thomas Raphael. - Berlin; Heidelberg; New York; Barcelona; Budapest; Hongkong; London; Mailand; Paris, Santa Clara; Singapur; Tokio: Springer, 1996 ISBN -13 :978-3-642-64426-9 e-ISBN -13:978-3-642-60485-0 DOl: 10.1007/978-3-642-60485-0 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzL Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Bntnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfliltigung auf anderen Wegen und der Speiche rung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. 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In diesem wird jeder, der sich Realist nennen mochte, gezwungen, seine Handlungsweise als Beitrag zum Erhalt der Umwelt zu rechtfertigen. .. Ernst U. von Weizsacker Geleitwort Die klassischen Geschaftsfelder der gewerblichen Mikrobiologie sind die Anwen dungen in der Pharmazie und der Lebensmittelherstellung. In jiingerer Zeit hat sich ein drittes groBes Feld entwickelt: die Umweltbiotechnologie. Der neue Geschafts bereich hat in der Offentlichen Wahrnehmung noch keine klaren Konturen. Das liegt einfach daran, daB die umwelttechnologischen Anwendungen noch neu und zugleich sehr vielfaltig sind. Das darf nicht verwundern. SchlieBlich treten Schad stoffe der verschiedensten Art in BOden, Gewassern und Luft auf. Urn die biotech nologische Entfernung oder Entgiftung von diesen Schadstoffen geht es in dem vorliegenden Buch. Hier tut sich ein ganzes Universum segensreicher Anwendungen auf. Wir ko~n ten uns zahIlose zivilisatorische Annehmlichkeiten iiberhaupt nicht leisten, wenn es nicht zuverlassige Verfahren gabe, urn die dabei anfallenden Schadstoffe wieder unschadlich zu machen. Die Umweltbiotechnologie entwickelt sich ftir deutsche Unternehmen - ahnlich wie fur japanische -zu einem Exportschlager. In den rasch wachsenden SchweIlen landern steigt die Schadstoffbelastung unertraglich an. Gleichzeitig ist die Bereit schaft, hohe Kosten fur die Schadstoffkontrolle zu akzeptieren, gering. Die Bio technologie kann mit teilweise sehr eleganten und kostengiinstigen Losungen einspringen. Die Schadstoffkontrolle am Ende des Prozesses wird auch dann nicht iiberfliis sig, wenn es gelingt - teilweise wieder mit biotechnologischer Hilfe - den prozeB integrierten Umweltschutz in groBer Breite durchzusetzen. Viel zu groB ist die Zahl der Altlasten und immer noch weltweit zunehmenden Neulasten. Die Umweltbiotechnologie wird der Biotechnologie insgesamt zu erhohter of fentlicher Akzeptanz verhelfen. Diese Akzeptanz muB aber immer wieder neu ver dient und darf nicht verspielt werden. Die naheliegende Idee, die Umweltbiotech nologie gentechnisch zu erweitern, ist im FaIle von Freisetzungen neuartiger Mi kroorganismen nicht ohne schwerwiegende Risiken. Das beriihmt gewordene Kleb siella-Experiment von Elaine Ingham in den USA ging zugleich wissenschaftlich v611ig uberraschend und 6kologisch nur urn Haaresbreite gut aus: Eine gentech nisch veranderte Klebsiella-V ariante sollte aus Ernteabf<illen Ethanol gewinnen, doch wo sie sich im Boden ausbreiten konnte, tOtete sie -ganzlich unerwartet -aIle Weizenpflanzen ab, vermutlich wei I sie die Mykorrhizenflora schwer schadigte. Zum Gluck konnte die Verbreitung des zunachst als v6Ilig harmlos eingestuften Gentechnikprodukts verhindert werden. Mit Recht verwahrt sich der Buchautor Thomas Raphael gegen die politisch ebenso populiire wie leichtsinnige Gleichsetzung von Biotechnologie und Gentechnik. Dem auBerst verdienstvollen Buch ist weiteste Verbreitung in Fachkreisen und vor aHem in der Wirtschaft zu wunschen. April 1996 Ernst Ulrich von Weizsacker Vorwort Ziel des vorliegenden Buches ist es, knapp und allgemeinverstiindlich aufzuzeigen, was die Umweltbiotechnologie heute leistet und welches groBe Potential dieses noch junge Fachgebiet hat. Es solI zu einem erweiterten VersHindnis der Umwelt biotechnologie beitragen, urn neue, bisher unbeachtete Einsatzgebiete zu erschlieBen. Dazu werden ohne irgendeine Wertung einige ausgewiihlte, bereits am Marla existierende Verfahren und Produkte beschrieben, urn dem Leser einen Einblick in die vielfaltigen Anwendungen und Marktperspektiven zu verschaffen. Eine kom piette Darstellung der Verfahren und des Marktes ware fUr den hier gewiihltim Rahmen nicht angemessen. DaB ieh mit meiner Einschlitzung des Standes der Umweltbiotechnologie nicht alleine dastehe, zeigt eine Studie der OECD (Organisation zur wirtschaftliehen Zu sammenarbeit und Entwieklung) aus dem Jahr 1994. Frei iibersetzt komrnt die OECD-Studie zu folgender Quintessenz: "Die Biotechnologie entwickelt eine dritte, moglicherweise groBte Domline. Nach der Pharmazie und der Produktion von Lebensmitteln, die bisher die wichtig sten Anwendungsbereiche waren, steht bei der Umweltbiotechnologie der Schutz und die Restaurierung der Umwelt als Ziel von Naturwissenschaft und Umwelt technik im Vordergrund. Umweltbiotechnologie wird imrner bekannter, weil biolo gische Reinigung und Sanierung wie auch biologische Recyclingverfahren, im Vergleich zu herkomrnlichen chemisch-physikalischen Verfahren kosteneffizient arbeiten ....... Das Marktvolumen umweltbiotechnologischer Anwendungen wird sieh in den OECD-Staaten in den neunziger Jahren auf 75 Milliarden US$ verdoppeln. " Es gibt also viele Griinde, der Umweltbiotechnologie mehr Aufmerksamkeit zu schenken und sie aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Trotz ehrlicher Bemiihungen ist es mir im folgenden bestimrnt nicht immer ge lungen, mich einer personlichen Meinung zu enthalten. 10 Jahre intensiver Be schliftigung mit umweltbiotechnologischen Fragen in Forschung, Entwicklung und Praxis sind viel, berechtigen jedoch sicher noch nieht dazu, als Experten bezeich net zu werden. Es sind jedoch genau die 10 Jahre, in denen sich dieses Gebiet schnell zu dem entwiekelt hat, was es heute ist. Diese Entwicklung habe ieh mit groBer Anteilnahme, ja mit Begeisterung ver folgt und mit Hoffnungen und Enttliuschungen begleitet. Wer mich daher der SchwarzweiBmalerei bezichtigt, wird nieht ganz unrecht ha ben. In der tliglichen Praxis - und hier muB sich die Umweltbiotechnologie viel fach noch bewiihren - stellen sieh viele Dinge hliufig in einer sehr vereinfachten Form d¥ und werden leider auch nieht imrner auf der Basis reiner wissenschaftli cher Kriterien entschieden. Durch gelegentlich anklingende Kritik sowie durch die subjektive Auswahl der Themen, Verfahren und Perspektiven hoffe ich keine Personen, Firmen, Vereini gungen oder Institutionen und Projekte ungerechtfertigt auf- oder abgewertet zu haben. Angesichts der Neuheit und Komplexitlit der Thematik sind die x stellenweise angedeuteten Fehientwicklungen ohnehin eher aIs Teil einer normaIen Entwicklung anzusehen. Da die Umweltbiotechnologie noch am Anfang ihrer Entwicklung steht, ist es schwer, bereits jetzt besonders relevante Schwerpunkte der Anwendungen heraus zuarbeiten. Obwohl sie manchmaI mit der Entwicklung der modemen elektroni schen Kommunikationstechnologie verglichen wird, kann bei der Umweltbiotech nologie schon die mittelfristige Entwicklung nur noch schwer vorhergesagt wer den. Beispielhaft hierfiir steht die biologische Bodensanierung mit nahezu jahrlich wechselnden Perspektiven. Ziel der EinfUhmng in die eingesetzten Verfahren ist es auch, die Umweltbio technologie deutlich von der Biotechnologie abzugrenzen. Sicher hat auch die Ein stufung der produzierenden Biotechnologie aIs "Zukunftstechnologie" mit hohen Forschungsforderungen zu einer Verkennung und Verdrangung der Umweltbio teehnologie geftihrt. Da sogar der Begriff Genteehnologie mittlerweile manchmal mit Bioteehnologie gleichgesetzt wird, erseheint es urn so erstrebenswerter, die Umweltbioteehnologie als eigenes Wissensehaftsfeld von der Bioteehnologie ab zugrenzen. 1m englisehen Spraehraum haben sieh Begriffe wie Bioremediation, Biotreatment und Bioreclamation fUr Teilgebiete der Umweltbioteehnologie be reits durehgesetzt. Eine einheitliche Definition existiert bisher nicht. Differenzie rungen bei den verwendeten Begriffen gibt es bei uns erst ansatzweise. Uber Kritik in jeder Form und Menge wiirde ieh mich sehr freuen, am liebsten in konstruktiver Form. Mein aufriehtiger Dank gilt daher dem Springer-Verlag, der es mir ermoglieht, in diesem Bueh das Gebiet der Umweltbioteehnologie aus meiner personliehen Sieht darzustellen. An dieser Stelle bedanke ich mieh aueh herzlieh bei allen anderen, die mir bei diesem Projekt geholfen haben. Insbesondere bedanke ich mieh bei Herrn Dr. Pe ter Strohmenger, Dortmund, und Frau Doris Engelhardt fUr die hilfreiche Dureh sieht des Manuskriptes und bei Herrn Hendrik Basehek, Herten, fUr die Erstellung von Abbildungen. Aueh bei den vielen Wissensehaftlem und Praktikem, die Ab bildungen bereitgestellt haben, bedanke ich mich dieser Stelle. Besonders danke ich sehlieBlieh meinem akademisehen Lehrer Herm Prof. Dr. Carl J. Soeder, der mir wahrend meiner Zeit im Institut fUr Bioteehnologie des Forsehungszentrums Jiilich aile erdenkliehen Freiheiten gelassen hat, mieh mit der Umweltbioteehnologie zu beschaftigen und mit ihr auseinanderzusetzen. !hm ver danke ich maBgeblieh mein Interesse und meine Kenntnisse tiber diese neue und zukunftstraehtige wissensehaftliehe und technisehe Disziplin. Seine Durchsieht des Manuskriptes erbrachte wertvolle Anderungsvorsehlage. Juni 1996 Thomas Raphael Inhaltsverzeichnis Geleitwort .......................................................... V Vorwort ............................................................ VII 1 Einftihrung ........................................... 1 2 Historische Entwicklung .............................. 5 2.1 Einftihrung ..................................................... 5 2.2 Abwasserreinigung ............................................. 9 2.2.1 Belebungsverfahren ......................................... '. 10 2.2.2 Tropfkorperverfahren ......................................... 12 2.3 Biologische Bodensanierung .................................... 16 3 Grundlagen .......................................... 25 3.1 Einftihrung ..................................................... 25 3.2 Beteiligte Mikroorganismen .................................... 29 3.3 ReinkuIturen und Mischkulturen ................................ 36 4 StoffkreisHiufe als Vorbild ............................ 41 4.1 Einftihrung ..................................................... 41 4.2 Stickstoffkreislauf .............................................. 41 4.3 Physiologische Aktivitiiten ...................................... 49 4.4 Weitergabe genetischer Informationen .......................... 53 4.5 Biokatalysatoren ............................................... 55 5 Biologischer Abbau von Schadstoffen ................ 57 5.1 Einftihrung ..................................................... 57 5.2 Mineralisierung ................................................. 57 5.3 Kometabolismus ................................................ 58 5.4 Kosubstrate ..................................................... 60 5.5 Unspezifische Umsetzung ...................................... 63 5.6 Zwischenprodukte .............................................. 66 5.7 Hurnifizierung .................................................. 67 5.8 Elektronendonatoren oder -akzeptoren ......................... 68 5.9 Nahrstoffnutzung als Strategie zur Schadstoffentfemung ........ 69 XII 5.10 Biologische Abbaubarkeit bei der Bodensanierung ............ 72 5.11 Biologische Abbaubarkeit in der Abwasserreinigung .......... 74 5.12 Suspendierte Mikroorganismen, Aggregate und Biofilme ...... 76 6 Anwendungen ........................................ 81 6.1 Einfiihrung ..................................................... 81 6.2 Grundwasser- und Bodensanierung ............................. 81 6.2.1 Grundwassersanierung ........................................ 81 6.2.2 Biologische Nitratentfernung aus Grundwasser ............... 84 6.2.3 Bodensanierung .............................................. 89 6.3 Biologische Abwasserreinigung ................................ 93 6.3.1 Sequencing-Batch-Bioreaktoren .............................. 96 6.3.2 Sukzedane Denitrifikation .................................... 98 6.3.3 Biologische Phosphatentfernung bei Belebungsverfahren ..... 102 6.3.4 Festbettverfahren ............................................. 103 6.3.5 Anaerobe Verfahren .......................................... 105 6.4 Industrieabwasser und Deponiesickerwasser .................... 109 6.5 Aerobe Membranverfahren ..................................... 114 6.6 Organische Reststoffe und Abfalle .............................. 119 6.6.1 Kompostierung ............................................... 120 6.6.2 Vergarung .................................................... 123 6.7 Abluft und Abgase .............................................. 126 6.7.1 Biofilter ...................................................... 127 6.7.2 Biowascher .................................................. 129 6.8 Speziell geziichtete Mikroorganismen .......................... 132 6.9 Hilfs- und Zuschlagstoffe ....................................... 135 6.10 Sanierung von Okosystemen ................................... 141 6.11 Metallentfernung durch Biohydrometallurgie .................. 143 7 Marktlibersicht ....................................... 145 7.1 Einfiihrung ..................................................... 145 7.2 Bodensanierung ................................................ 145 7.3 Wasser- und Abwasserreinigung ................................ 152 7.4 Bioabfallbehandlung ............................................ 153
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