Günter Jakob Lauth Jürgen Kowalczyk Thermodynamik Eine Einführung Thermodynamik „Thermodynamik ist ein komisches Fach! Das erste Mal, wenn man sich damit befasst, versteht man nichts davon. Beim zweiten Durcharbeiten denkt man, man hätte nun alles verstanden, mit Ausnahmevon ein oder zwei kleinen Details. Das dritteMal,wennmandenStoffdurcharbeitet,bemerktman,dassmanfastgarnichts davonversteht,abermanhatsichinzwischensodarangewöhnt,dasseseinennicht mehrstört.“ ArnoldSommerfeld(1868–1951) (cid:2) Günter Jakob Lauth Jürgen Kowalczyk Thermodynamik Eine Einführung GünterJakobLauth JürgenKowalczyk FHAachen FHAachen Jülich,Deutschland Eschweiler,Deutschland ISBN978-3-662-46228-7 ISBN978-3-662-46229-4(eBook) DOI10.1007/978-3-662-46229-4 DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. SpringerSpektrum ©Springer-VerlagBerlinHeidelberg2015 Das Werk einschließlichallerseinerTeileist urheberrechtlichgeschützt.Jede Verwertung, die nicht ausdrücklichvomUrheberrechtsgesetzzugelassenist,bedarfdervorherigenZustimmungdesVerlags. DasgiltinsbesonderefürVervielfältigungen,Bearbeitungen,Übersetzungen,Mikroverfilmungenund dieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen. DieWiedergabevonGebrauchsnamen,Handelsnamen,Warenbezeichnungenusw.indiesemWerkbe- rechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,dasssolcheNamenimSinneder Warenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenunddahervonjedermann benutztwerdendürften. DerVerlag,dieAutorenunddieHerausgebergehendavonaus,dassdieAngabenundInformationenin diesemWerkzumZeitpunktderVeröffentlichungvollständigundkorrektsind.WederderVerlagnoch dieAutorenoderdieHerausgeberübernehmen,ausdrücklichoderimplizit,GewährfürdenInhaltdes Werkes,etwaigeFehleroderÄußerungen. Planung:Dr.RainerMünz GedrucktaufsäurefreiemundchlorfreigebleichtemPapier. Springer-VerlagGmbH BerlinHeidelbergistTeilder Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) Vorwort Wieder Name „Naturwissenschaft“ bereits aussagt, besteht dieAufgabeder hier- zugehörigenFachrichtungendarin,„Wissen“überdie„Natur“zu„schaffen“.Zur Beschreibung und damit letztlich zum Verständnis der Natur bedarf es bestimm- terGrößen,mitdenensichdiejeweiligenProzessebzw.Zuständecharakterisieren lassen.DiegrundlegendenKonzeptederPhysiksindMasse,LängeundZeit. Die Dimensionen, mit denen wir im Alltag konfrontiert sind und die wir mit unserenSinnenerfassenkönnen,stellennureinensehrkleinenBereichbzw.Aus- schnittausderNaturdar,wieausTab.1hervorgeht. Anmerkung 1011Galaxien(cid:2)1011Sterne(cid:2)1030kgD1052kg RadiusdesUniversums:r D13;7(cid:3)109Lichtjahre(LJ) Universum Man erhält mit der Dichte der sichtbaren Masse im Universum oben genannte Gesamtmasse.DunkleEnergieunddunkleMateriesinddarinnichtberücksichtigt! DieGrößederinTab.1genanntenEinheitenfürMasse,LängeundZeitentsprin- gendermitunserenSinnengewonnenenErfahrung.MankanndieseEinheitenauch ausdenfundamentalenNaturkonstantenkonstruieren(sieheTab.2). Bemerkung In der Physik wird sehr häufig anstelle der Planck-Konstante h die Größe„D h verwendet. 2(cid:2) Tab.1 BekannterBereichderphysikalischenGrundgrößen Größe Einheit Minimum alltäglicheErfahrung Maximum Masse m[kg] me(cid:2) D10(cid:2)30 10(cid:2)4(cid:2)103 mUniversumD1052 Länge l[m] lp D10(cid:2)35 10(cid:2)4(cid:2)104 rUniversumD1026 Zeit t[s] tp D10(cid:2)42 10(cid:2)1(cid:2)107 tUniversumD1017 me(cid:2):MassedesElektrons;lp:DurchmesserdesProtons;tp:Zeit,diedasLichtbenötigt,umim VakuumdieStreckelpzurückzulegen V VI Vorwort Tab.2 FundamentaleNaturkonstanten h i Planck’schesWirkungsquantum Energie(cid:3)Zeit hD6;62606957(cid:4)10(cid:2)34 kg(cid:3)m2 s (cid:2) (cid:3) Lichtgeschwindigkeit Länge=Zeit cD2;99792458(cid:4)108 m hs i Gravitationskonstante GD6;67384(cid:4)10(cid:2)11 m3 kg(cid:3)s2 PhysikalischsinnvollwärederGebrauchderfundamentalenGrößeninEinheiten derfundamentalenNaturkonstanten,allerdingssind dienumerischenWertedieser GrößensoweitaußerhalbunsereralltäglichenErfahrung,dassman–zumindestau- ßerhalbderPhysikundauchdortnurimBereichderentsprechendenSpezialgebiete –diesenichtverwendet,sonderndieinTab.1genanntenMKS-Grundeinheitenbe- nutzt,dassinddieEinheitenMeter,Kilogrammbzw.Sekunde. Betrachtet man den ganzen bekannten Bereich der jeweiligen Grundgrößen, dann erkennt man, dass wir mit unseren Sinnen nur einen winzigen Bereich der Natur „begreifen“ können; der weitaus größere Bereich liegt außerhalb unserer Erfahrungswelt. DieErfahrungen,diewirmitunserenSinnenmachen,müssendaherindenande- renBereichennichtmehrgelten!DieNaturwissenschaftensindaberErfahrungs- Wissenschaften!DamitmüssendiephysikalischenGesetze,diewirausVersuchen in unserem von den Sinnen erfassten Erfahrungsbereich ableiten, außerhalb die- serGrenzennichtmehrgelten!DieAufgabederWissenschaftbestehtdamitdarin, durch Messungen bzw. Experimente die gefundenen Gesetze zu verifizieren und insbesondere zu prüfen, für welchen Wertebereich diese Gesetze gültig sind, und ggf. die Gesetze auf größere Bereiche zu erweitern bzw. neue Gesetze zu finden, diefüreinengrößerenWertebereichGültigkeitbesitzen. DieseVorgehensweisedarfnieaußerAchtgelassenwerden! Unser Wissen über die Natur ist im Laufe der Jahrhunderte beträchtlich ange- wachsen.DamiteineOrdnungindieFülledieserErkenntnissekommt,habensich imLaufederEntwicklungenFachbereicheherauskristallisiertunddamitFachleute, die sich auf die entsprechenden Fächer konzentriert haben. Eines dieser Spezial- gebiete ist die Thermodynamik, über die im Folgenden referiert wird. Und auch innerhalbderThermodynamikhabensichwiederSpezialisierungenergeben,dieein einfacheres Lernen ermöglichen sollen. Je weiter die Erkenntnis entwickelt wird, destomehrSpezialrichtungenwerdensichherausbilden.Wowirheutestehen,zeigt ineinerÜbersichtAbb.1. VondeninderAbbildungaufgezähltenBereichenwerdenwirimWeiterenins- besonderediephänomenologischeThermodynamikbesprechen.DasBesonderean derThermodynamikist, dassdiesdereinzige BereichindenNaturwissenschaften ist,dersichreinausaxiomatischenModellenentwickelnlässt.Dieseraxiomatische Zugang ermöglicht ein sehr gutes Verständnis der Zusammenhänge, welches sich allein aus dem phänomenologischen Zugang nicht erreichen lässt. Daher werden wir,nachdemdiephänomenologischenErkenntnissebesprochensind,diegleichen Vorwort VII Naturwissenschaft Physik Chemie Biologie Thermodynamik Technik phänomenologische Thermodynamik axiomatische Thermodynamik statistische Thermodynamik klassischeBewegungsgleichungen(Newton) statistische Modelle, Nichtgleichgewichtsthermodynamik Langevin-Gleichung,Master-Gleichungen mikroskopische Modelle, Quantenstatistik Schrödinger-Gleichung,Dirac-Gleichung,Klein-Gordon-Gleichung Abb.1 EinbettungderThermodynamikindenBereichderNaturwissenschaften ErkenntnisseaufBasis desaxiomatischenZugangsherleiten.Dieser axiomatische ZugangberuhtimWesentlichenaufdenArbeitenvonConstantinCarathéodory1. 1ConstantinCarathéodory(Abb.2)(*13.September1873inBerlin;†2.Februar1950inMün- chen)wareindeutsch-griechischerMathematiker.CarathéodorywarstarkbeeinflusstvonDavid Hilbert. Er lieferte fundamentale Ergebnisse in vielen Gebieten der Mathematik, insbesondere inderTheoriederpartiellenDifferentialgleichungen, derFunktionentheorie (Carathéodory’sche Metrik)undderMaß-undIntegrationstheorie.SeineBeiträgezurVariationsrechnung,Funktionen- theorie,geometrischenOptik,ThermodynamiksowiezurtheoretischenPhysikbeeinflusstenviele namhafteMathematiker.AusderKorrespondenzmitAlbertEinsteingehthervor,dassCarathéo- dorydiesemwichtigemathematischeErklärungenfürseineGrundlegung derRelativitätstheorie gebenkonnte.Quelle:Wikipedia. VIII Vorwort Abb.2 ConstantinCarathéo- dory DerAufbaudiesesKursesderklassischenThermodynamikistinvierTeileun- terteilt: (cid:4) IneinemerstenTeilwirddieklassischeWärmelehrebesprochen,diedenmeisten LesernbereitsausderSchulebekanntseindürfte. (cid:4) Es folgt der Teil Thermodynamik, der weitaus formeller aufgebaut ist, und der imWesentlichenausderphänomenologischenHerleitungundErklärungdervier HauptsätzederThermodynamikbestehtsowieausderaxiomatischenHerleitung derwichtigstenZusammenhänge. (cid:4) DerdritteTeilumfasstdiefürdenChemikerrelevantenAnwendungenderTher- modynamik. (cid:4) Anschließend wird ein (sehr) kurzer Einblick in die modernen statistischen Theorien gegeben, da diese einen zusätzlichen tiefen Einblick in die atomisti- schenZusammenhängeliefernundaufzeigen,aufwelcheWeiseModelleerstellt werden können, die ein solch tieferes Verständnis erlauben, und wie man mit solchen Modellen umgeht. Für eine weitergehende Beschäftigung mit diesen TheorienistaberweiterführendeLiteraturempfohlen! Für das Verständnis wichtig ist die Bearbeitung der Aufgaben, die jeweils am EndederjeweiligenTeilestehen.ZudiesenAufgabengibtesausführlicheLösun- gen!DerLeser sollte versuchen,dieLösungenallein zuerarbeiten,bevorerdiese nachliest. DieseAufgabenstellen einenwichtigenBestandteilbeiderEinarbeitungindie Thermodynamikdar.WährendindemjeweilsvorangehendenTextvorwiegenddie theoretischen Hintergründeerklärt und hergeleitet werden, erbringtdie Beschäfti- gungmitdenAufgabeneinVerständnisfürdieAnwendungderTheorienundzeigt Vorwort IX zudembeispielhaftdieenormeBedeutungderThermodynamikinallenBereichen derNaturwissenschaftundTechnik. WenndieAufgabennichtgelöstwerdenkönnen,dannsolltederlernwilligeStu- dent diese auf jeden Fall gründlich durchlesen und anhand der Musterlösungen durcharbeiten! In einer Mathematikvorlesung wurde einem der Autoren von sei- nem damaligen Professor erläutert, dass erfahrungsgemäß die meisten Menschen „Waschmaschinenmenschen“ seien: In der Regel versteht man die Anleitung der Waschmaschineerstdann,wennmanbereitseinpaarmalmitderMaschinegewa- schenhat!Diesgiltin(mindestens)gleichemMaßeauchfürdieThermodynamik! Ein durchgreifendesVerständnis für die Konzepte erhalten die meisten Leser erst durcheinewiederholteAnwendungderTheorien! Ferner sei empfohlen, auch andere Literatur zurate zu ziehen. Für ein tieferes Verständniswird dieeinmalige Beschäftigungmit der Thermodynamiknicht aus- reichend sein! Da dieses Fachgebiet – wie aus der Abb. 1 ersichtlich – äußerst fächerübergreifendist,isteinsolchtieferesVerständnisaufjedenFalllohnenswert. DieAutorenwünschendemLeservielErfolgundvielFreudebeiderBeschäf- tigung mit diesem Buch! Sicherlich ist es kein allumfassendes Werk zur Thermo- dynamik,dafüristdasThemavielzuweitreichend!DennochbleibteineBitte:Die Autoren wünschensich, Vorschlägevon den Lesern zur Verbesserungund Erwei- terungdes Bucheszu erhalten, undfreuensich überjeden sachlichen Kommentar ([email protected]). EinbesondererDankgiltFrauBiancaAltonvomVerlagSpringerSpektrumfür die wertvollen Tipps zur Manuskriptvorbereitung! Wir danken Frau Regine Zim- merschiedfürdieausführlicheRedigierungdesManuskripts.