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Stammhirn und Innere Erkrankungen: Kasuistik, Statistik und Kritik am Beispiel Stammhirnstecksplitterverletzter PDF

340 Pages·1953·13.951 MB·German
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Die "Monographien aus dem Gesamtgebiet de1"'Neurologie und Psychiatrie" stellen eine Sammlung solcher Arbeiten dar, die ,einen Einzelgegenstand dieses Gebietes in wissenschaftlich-methodischer Weise behandeln. Jede Arbeit Boll ein in sich abgeschlossenes Ganzes bilden. Diese Vorbedingung liiJ3t die Aufnahme von Originalarbeiten, auch solchen griiBeren Umfanges, nicht zu. Die Sammlung miichte damit die Zeitschriften "Archi~ fUr Psychiatrie und Nerven krankheiten vereinigt mit Zeitschrift fUr die gesamte Neurologie und Psychiatrie" und "Deutsche Zeitschrift fUr Nervenheilkunde" erganzen. Sie wird deshalb deren Abonnenten zu einem Vorzugspreis geliefert. Manuskripte nehmen entgegen aus dem Gebiete der Psychiatrie: Prof. Dr. H. W. GRUHLE, Bonn, KiilnBtr. 206, aus dem Gebiete der Anatomie: Prof. Dr. H. SPATZ, GieBen, Friedrichstr. 24, aus dem Gebiete der Neurologie: Prof. Dr. P. VOGEL, Heidelberg, VoBstr.2. MONOGRAPHIEN AUS OEM GESAMTGEBIETE DER NEUROLOGIE UNO PSYCHIATRIE HERAUSGEGEBEN VON H. W. GRUHLE-BONN . H. SPATZ-GIESSEN . P. VOGEL·HEIDELBERG HEFf 76 STAMMHIRN UNDINNEREERKRANKUNGEN KASUISTIK, STATISTIK UNO KRITIK AM BEISPIEL STAMMHIRNSTECKSPLITTERVERLETZTER VON Dr. HANS-WILFRID WEDLER APL. PROFESSOR AN DER UNIVERSITAT HEIDELBERG OBERARZT DER MEDIZINISCHEN KLINIK MlT 66 TEXTABBILDUNGEN S PRIN GER-VERLAG BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG 1953 ISBN 978-3-540-01737-0 ISBN 978-3-642-88237-1 (eBook) DOl 10.1007/978-3-642-88237-1 ALLE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER OBERSETZUNG IN FREMDE SPRACHEN, VORBEHALT EN OHNE AUSDROCKLICHE GENEHMIGUNG DES VERLAGES 1ST ES AUCH NICHT GESTATTET, DIESES BUCH ODER TEILE DARAUS AUF PHOTOMECHANISCHEM WEGE (PHOTOKOPIE, MIKROKOPIE) ZU VERVIELFXLTIGEN COPYRIGHT 1953 BY SPRINGER·VERLAG ORG. IN BERLIN, GOTTINGEN AND HEIDELBERG DRUCK DER UNIVERSITXTSDRUCKEREI H. STORTZ AG., WORZBURG TnhaItsverzeichnis. Seite I. Einleitung . . . . . . . . . 1 II. Methodische Vorbemerkungen 5 III. Kasuistik (FaIle 1-60) ... 6 IV. Auswertung: A. Auswertung nach v'Orwiegend chirurgischen Gesichtspunkten . 154 1. Altersverteilung . . . . . . . . 154 2. Untersuchungstermine . . . . . 155 3. Die Metallstecksplitter nach ihrer a) Art . 155 b) Zahl . 156 c) GroBe 156 d) Lage . 156 4. Sitz des EinschussE;S 158 5. Intracerebrale Knochensplitter. 159 6. Operativ entfernte Stammhirnstecksplitter 159 7. GeschoBwanderung. . . . . . . . . . . 159 8. Innere Prellschiiese. . . . . . . . . . . 159 9. Operative Versorgung der Hirnwunden und NebenhOhlen 160 10. Andere Mitverletzungen. . . . . . . . . 161 II. Infektionen des Gehirns und seiner Haute 161 a) HirnabsceB . 161 b) Encephalitis. . . . 161 c) Meningitis 162 d) Ventrikeleroffnung . 162 B. Auswertung nach vorwiegend neurologischen Gesichtspunkten 162 1. BewuBtseinsverlust. . . . 162 2. Erbrechen. . . . . . . . 163 3. Neurologische Lokalzeichen 163 4. Stauungspapille . . . . . 167 5. Liquorveranderungen. . . 168 6. Encephalographische Befunde . 168 7. Traumatische Epilepsic . 168 8. Psychisches Bild. . . . 169 9. Extrapyramidale Zeichen 169 10. Vegetative Storungen .. 171 a) Verhalten der Pupillen. 171 b) Blase - Mastdarm. . 172 c) Thermoregulation .. 174 d) Schlaf-Wachrhythmus 175 e) SpeichelfluB. . 177 f) TranenfluB . . 178 g) SchweiBneigung 178 h) Piloarreaktion. 180 i) Hauttalgsekretion 180 k) Sexualstorungen. 181 I) Wachstum ... 184 IV Inhaltsverzeichnis. Seite C. Auswertung nach vorwiegend internistischen Gesichtspunkten 184 1. Wasserhaushalt 184 2. Stoffwechselstorungen. 187 a) Quantitativer Art . 187 b) Qualitativer Art. . 189 a) EiweiBstoffwechsel 189 (J) Fettstoffwechsel. . 190 y) Kohlenhydratstoffwechsel 191 3. Hamatopoese . . . . . . . . 198 4. Erkrankungen des uropoetischen Systems. 199 5. Erkrankungen der Respirationsorgane . 199 6. Erkrankungen des Intestinaltraktes . . 200 7. Verhalten des kardiovascularen Systems 205 8. Infektabwehr bei Stammhirnverletzten . 215 D. Zusammenfassung und Bewertung der Befunde im extrapymmidalen und vegetativen Bereich . . . . . 217 V. Kritische Stellungnahme: 1. Zum zentralen Hochdruck 219 2. Zum zentralen Ulcusleiden 264 3. Zum zentralen Diabetes mellitus. 283 4. Zum zentralen Basedow 303 VI. SchluBbemerkungen . 320 Literatur ..... 322 Sach verzeichnis . . . 332 I. Einleitung. Die Theorie von der neurogenen Entstehung bestimmter innerer Erkrankungen ist an sich alt. Beobachtungen am Krankenbett, Sektionstisch und Tier experimente legten bereits vor tiber 100 J ahren die ersten exakteren Erfahrungen hierzu fest. Seither ist diese Frage fUr die Klinik nie mehr ganz aus dem Gesichts kreis der Pathogenese innerer Erkrankungen geschwunden, wenngleich ihr in einzelnen Zeitlauften eine sehr verschiedene Bedeutung beigemessen wurde. Die Fortschritte der Organpathologie lie13en sie zeitweilig stark zuriicktreten. Gegen wartig befinden wir uns - bezeichnenderweise gerade in Deutschland - in einer Phase der Entwicklung, wo diese Zusammenhange wieder im Brennpunkt des klinischen Interesses stehen. Wahrend die Untersuchungen und Lehren RICKERS und SPERANSKYS mehr die allgemeine Bedeutung des Nervensystems fUr die Ablaufe bestimmter biologischer Reaktionen in den Vordergrund stellten, ent wickelte sich daneben auf eine jahrzehntelange Experimentalarbeit bezugnehmend eine klinische Lehre von der Neuralpathologie neuer Pragung, die neben diesen allgemeinen Gesichtspunkten die Prinzipien der Lokalisation und der Zentren autonomie einschlie13t. In ihrer reinsten Pragung treffen wir sie in der VEIL- u. STuRMschen Theorie von der Diencephalose an. Ahnlich wie die motorischen, sensiblen und sensorischen Funktionen des N ervensystems werden hier die Leistungen des vegetativen Systems bestimmten zentralen, vor allem im Dience phalon gelegenen Reprasentationsstellen - im Idealfall umschriebenen Zell anhaufungen - zugeordnet und deren organische oder funktionelle Starung ursachlich fUr eine Reihe innerer Erkrankungen verantwortlich gemacht. Diese Zentren sollen als die iibergeordneten autonomen Regulatoren die periphere Organkrankheit in Gang setzen. Unter einer angeblichen Uberwindung der peripheren Organpathologie wurde hier im Grunde eine noch engere Organ pathologie geschaffen, die die heterogensten Erkrankungen zentralisierte. Geschickte und auf den ersten Blick bestechende Syntheseversuche gewannen eine derartige Anziehungskraft, daB Beschreibungen immer weiterer Erkran kungen unter dem Blickwinkel einer diencephalen Starung im deutschen Schrift tum auftauchen. Als die hauptsachlichsten zentrogenen Erkrankungen gelten nach VEIL u. STURM der Hochdruck, das Magenulcus, die Hyperthyreose, der Diabetes mellitus, Nierenleiden und allergische Zustande, denen andere Autoren weitere Krankheitsbilder anzufiigen versuchten. Selbstverstandlich hat es nicht an ma13geblichen Stimmen gefehlt, die einer solchen Uberbewertung des Zwischenhirns widersprachen. Vor allem waren es Neurologen und neurologisch geschulte Internisten, die gegen die theoretischen und praktischen Konsequenzen einer solchen Lehre ihre Bedenken erhoben [SIEBECK (b, c), OEHME, VOGEL, ACHELIS, BODECHTEL, SACK, F. HOFF, GAGEL (b, C, d), LAUBENTHAL, BAY, SCHELLONG (b), WEDLER u. v. a.]. Wir wollen hier kurz die wesentlichsten Griinde anfUhren, die dieser Theorie entgegenstehen oder wenigstens ihre Zweifelhaftigkeit aufzeigen. Unsere Kenntnisse zu diesem Problem kommen yom Tierexperiment und der klinischen Beobachtung. Wedler, Stammhlrn. 1 2 Einleitung. Vorwiegend die Physiologie, aber auch die experimentelle Klinik haben hierzu seit rund 100 Jahren eine groBe Fulle von Arbeiten beigesteuert. Ihr Ergebnis ist summarisch gesehen nicht einheitlich, vielfach verwirrend und widerspruchs voll. Das Gros der alteren Versuche entspricht aus methodischen Grunden nicht mehr den modernen Anforderungen. Aber selbst dort, wo mit subtilster 'fechnik experimentiert wurde, wie etwa bei W. R. HESS und RANSON u. Mit arbeitern sowie bei vielen anderen, waren die Forschungsergebnisse nicht ein heitlich. Die meisten Versuche beziehen sich auf akute Reiz- oder Ausschaltversuche an den verschiedensten Hirnteilen. Die Beobachtung der entsprechenden augen blicklichen Antworten hatte den Vorrang vor dem Studium der Dauerfolgen. Gerade fur die Pathogenese innerer Erkrankungen des Menschen wurden aber derartige langfristige Beobachtungen aufschluBreicher sein. Die verschiedenen 'fierarten verhalten sich im Versuch nicht gleichartig. Da die Neigung der Experimentaltiere zu analogen Erkrankungen, wie wir sie beim Menschen sehen, zweifellos nicht in gleichem MaBe gegeben ist, ist auch mit der "Obertragung von Versuchsergebnissen auf den Menschen sehr kritisch zu ver fahren. Die Gleichsetzung von akuten Versuchsresultaten am 'fier mit chronis chen Krankheitssymptomen beim Menschen schlieBt unubersehbare Irrtumsmoglich keiten ein, zumal die peripheren Reaktionsorgane im allgemeinen nur eine sehr beschrankte Ausdrucksmoglichkeit besitzen, die nicht atiologisch spezifisch, sondern vieldeutig zu sein pflegt. Wo mit Dauerausschaltungen in den uns interessierenden Hirnteilen gearbeitet wurde, waren sie auch viel weniger ergiebig als akute Reizversuche. Dies hangt zweifellos damit zusammen, daB die zu prufenden vegetativen Funktionen eine sehr viel breitere und mehrschichtige Fundierung im Nervensystem besitzen als etwa vergleichsweise die sensomotorischen oder sensorischen Leistungen. Es muB hier mit einer weitgehenden Vertretbarkeit und mehrfachen Sicherung gerechnet werden, die sich sogar bis auf hormonal-humorale Systeme erstreckt. Die dargebotene 'fheorie der Diencephalose tut auch zweifellos mit ihren Autonomievorstellungen derartiger Zentren den tatsachlichen Verhaltnissen Zwang an, denn derartige Reprasentationsfelder hangen in gleichem MaBe in ihrer Funktion von den peripheren Reizzuflussen ab, wie sie selbst die Peripherie regulieren. Sie sind in diesem Sinne nicht autonom. Zudem ist die Reizantwort der Peripherie weitgehend von dem Zustand ihrer Ausgangslage abhangig, die auch rein peripher bestimmt sein kann. Es konnen auf diese Weise kontrare Reaktionen auf den gleichen zentralen Reiz erfolgen. Auch an den Begriff einer peripheren Sensibilisierungsmoglichkeit gegen Nervenreize muB gedacht werden. Dies alles will besagen, daB in den dargebotenen Vorstellungen uber die Dience phalose eine Verkennung der Bedeutung von Zentrum und Peripherie in ihren gegenseitigen Beziehungen enthalten ist und daB die Wertigkeit der Peripherie einseitig unterschatzt wurde. Es muB auch hervorgehoben werden, daB bei der Begrundung dieser 'fheorie die Ergebnisse der Tierversuche sehr einseitig ausgewahlt und dargestellt wurden, so daB die Verhaltnisse dem in diesen Fragen weniger Eingeweihten sehr viel einleuchtender erscheinen mussen, als sie in der 'fat wirklich liegen. Einleitung. 3 Die zweite QueUe unserer Kenntnisse ist die Beobachtung am kranken M enschen. Diese Erfahrung ist in der Pathologie des Stammhirns von einer eigenartigen Gegensatzlichkeit beherrscht, auf die oft genug hingewiesen wurde. Akute Lasionen konnen hier die schwersten Storungen und vegetativen Katastrophen reaktionen hervorrufen; chronische, schleichend sich entwickelnde Schaden auch mit den ausgedehntesten ZerstOrungen brauchen keine erkennbaren Folgen zu zeitigen oder sich nur in einer verringerten Anpassungsfahigkeit an akute Leistungen zu verraten. Zur Erklarung dieses eigenartigen Verhaltens hat man daran gedacht, daB eventueU akute Schaden nach Art der hypothetischen Diaschisis v. MON.AKOWS einen weit iiber das Zwischenhirn hinausgehenden - wahrscheinlich durch es vermittelten - vegetativen Allgemeinschock hervor rufen, dessen Ausgang iiber das Leben entscheidet. 1m FaIle der schleichenden Entwicklung einer Lasion wiirden die Leistungen von anderen vegetativen Ein richtungen iibernommen, denen bestenfalls die optimale Adaptationsfahigkeit fehlen konnte, aber die ausreichende Sicherung der vitalen Funktionen gelingen wiirde. Nicht weniger auseinandergehend sind die Erfahrungen zur Lokalisation bestimmter vegetativer Leistungen. Gleichartig lokalisierte Schaden konnen zu ganz verschiedenen Krankheitsbildern fiihren, die gleichen Erkrankungen bei vollig differenter Lokalisation gesehen werden. Auch Umschlage der Reaktionen kommen vor. Derartige Beobachtungen sind mit einer strengen Focuslehre schwer vereinbar. Es gibt zur Erklarung dieser Phanomene kaum einen anderen Ausweg als den, die Reaktionsbereitschaft noch anderer auch peripherer Regu lationseinrichtungen mit heranzuziehen, deren vorbestimmte Stabilitat oder Labilitat bei der endgiiltigen Gestaltung des resultierenden Zustandsbildes ent scheidend mitwirkt. Es kommt erschwerend hinzu, daB die am Krankenbett zu beobachtenden Erkrankungen des Nervensystems wie Tumoren, GefaBleiden, Entziindungen, Verletzungen u. a. m. durch ihre moglichen Fernwirkungen kaum je den Wert eines reinen Fokalcharakters haben, so daB engere, dem Tierversuch vergleichbare Lokalisationsmoglichkeiten nur schwerlich gegeben sind. Das Kernstiick des Beweises der Diencephalosetheorie sehen die verant wortlichen Autoren in der beigebrachten Einzelkasuistik, in deren Kritik wir spater noch eintreten werden. An dieser Stelle sei nur so viel gesagt, daB Einzel beobachtungen von internen Erkrankungen mit gleichzeitigen Affektionen des Nervensystems dann nicht ganz selten vorkommen werden, wenn es sich in beiden Fallen urn relativ haufige Leiden handelt, wie es in der Tat etwa bei Hirnverletzungen und den sog. zentrogenen Erkrankungen der Fall ist. Bei einem geniigend groBen Ausgangsmaterial diirften sich eine Reihe positiver FaIle auffinden lassen. Die theoretischen Vorstellungsmoglichkeiten auf diesem problematischen und hypothetischen Gebiet sind zudem so weit, daB man auch iiber die Annahme zentral nervoser Dauerirritationen und Funktionsumstellungen und iiber sich reichlich bietende Analogieschliisse langere zeitliche lntervalle in der Folge dieser Erkrankungen iiberbriicken kann. Am Einzelfall wird man diese Zusammenhange dem Kritischen weder beweisen noch dem "Oberzeugten eindeutig widerlegen konnen. Aus diesen Griinden ist diese Frage auch nicht allein mit einer Einzelkasuistik - vor. allem nicht von einer Art wie der bisher Wedler, stammhirn. 4 Einleitung. dargebotenen - zu losen. Sie bedarf einer Sicherung durch die Statistik, die die betref£enden Autoren der Diencephalosetheorie schuldig geblieben sind. Selbst verstandlich kann in einer Statistik auch ein Einzelfall untergehen. Sie besagt aber im groBen doch, wieweit solche vermuteten pathogenetischen Zusammen hange wirklich haufiger vorkommen und welches atiologische Gewicht man der artigen Erkrankungen des Gehirns fUr die Pathogenese innerer Erkrankungen beimessen darf. Die Schwierigkeit unseres Problems ist mit all diesen Hinweisen noch nicht erschopft, weil die hier zu erorternden Hirnteile in enger, ebenfalls noch nicht endgiiltig abgeklarter Beziehung zur Hypophyse und damit zum gesamten endo krinen und humoralen System stehen, dessen Auswirkungen ahnlich und zum Teil identisch mit vegetativ-nervosen Einflussen sind. Es besteht schon durch die raumliche Zusammenordnung von Diencephalon und Hypophyse bei krankhaften Prozessen dieser Gegend eine gleichzeitige Beteiligungsmoglichkeit am Krankheitsablauf, wobei noch uber die naheren zirkulatorischen, nervosen oder die auBerst fragwurdigen hormonalen Beziehungen etwas Bestimmteres ausgesagt werden muBte. Es bietet sich hier auch in der Verbindung zwcier ver schiedenartig wirkender Systeme die Moglichkeit, vorubergehenden primarnervosen Einflussen einen Dauercharakter zu geben; denn auch daruber, wieweit vegetativ nervose Reizwirkungen oder Ausfalle etwa Dauercharakter tragen oder von trager, aber nachhaltiger wirkenden - etwa hormonalen - System en aufgenommen und dann unterhalten werden, wissen wir im Grunde noch sehr wenig Sicheres. Bei dieser zweifellos vorlaufig in vielen Einzelpunkten noch vOllig unlosbar erscheinenden Problematik entspricht es einem allgemeineren Bedurfnis und unserer Absicht, zu diesenFragen weiteres Material beizubringen. Wir legen dabei den Hauptwert auf die Beobachtungen und nicht in erster Linie auf die Theorie. Der zweite Weltkrieg gab uns Gelegenheit, diese Verhaltnisse an eindeutig stammhirnverletzten Mannern zu studieren, deren Krankengeschichten wir nach folgend auffuhren und auswerten. Diese traumatischen Hirnschaden eignen sich fUr unsere Zwecke besonders. Sie betreffen zunachst gesunde jungere Individuen, deren Disposition zu bestimmten inneren Erkrankungen ein Minimum betragen durfte. Die Auswahl der FaIle erfolgte so, daB das Hirntrauma genau lokalisierbar war. Stumpfe, diffus angreifende Traumen wurden wegen der Unubersichtlichkeit der Folgen ausgeschlossen. Durch den Nachweis eines Stecksplitters in der Stammhirngegend war die genaue Lokalisation des bleibenden Schadens moglich. Meist war nach dem Sitz des Einschusses, der Lage des Splitters und begleitenden neurologischen Ausfallen auch der GeschoBweg rekonstruierbar. Dadurch, daB diese Splitter oft ohne grobere Entzundungserscheinungen einheilten, waren die unberechenbaren Fernwirkungen auf ein MindestmaB reduziert. Auf der anderen Seite konnten solche Splitter als Fremdkorper den von mancher Seite fUr so wichtig gehaltenen "chronischen Reiz" abgeben, der die Ursache der neurogenen Krankheitsmanifestation sein solI. Die Verhaltnisse bei solchen Verletzten kommen den tierexperimentellen Methoden zweifellos am nachsten und sind deswegen fUr das Studium besonders geeignet. Die Zahl unserer Beobachtungen war auch so groB, daB neben dem Einzelfall statistische Erhebungen angestellt werden konnten. SchlieBlich sind gerade Hirnverletzungen der Ausgangspunkt fUr die Neubelebung der zentrogenen Krankheitslehre gewesen. Methodische Vorbemerkungen. 5 II. Methodische V orhemerkungen. Die im folgenden aufgefiihrten Beobachtungen und Erfahrungen wurden im Laufe des Jahres 1944 in einem groBen Hirnverletztenlazarett der Heimat gesammelt. Die Bettenzahl betrug bei fast stets voller Belegung etwas iiber 1000. Der jahrliche Krankendurchgang belief sich auf iiber 1000 HirnverIetzte. An diesem mit Chirurgen, Neurologen, Ophthalmo logen und Otiatern besetzten Haus hatte Verfasser als Internist 1 Jahr lang Gelegenheit, praktisch aIle vorkommenden internen Komplikationen zu sehen und die Verletzten beliebig zu untersuchen. Die vorgelegten Krankengeschichten entstammen damit einer Gesamtzahl von iiber 2000 Hirnverletzten. Besonders giinstig wirkte sich fUr unsere Absichten die Einrichtung einer Entlassungs station aus, durch die vor der Entlassung aIle VerIetzten noch einmal in kurzer Beobachtung hindurchgeschleust wurden. So konnten die ganzen Akten und Krankengeschichten leicht durchgesehen und die Kranken je nach Interesse auch internistisch griindlicher untersucht werden. Von den iiber 2000 angefiihrten HirnverIetzten wurden auf diese Weise fast 800 genau internistisch angesehen. Das Augenmerk war dabei besonders auf die Stammhirnverletzungen gerichtet, von denen hier 43 Beobachtungen vorgelegt werden, denen noch 11 weitere mit VerIetzungen in der weiteren Umgebung des Bodens des 3. Ventrikels angeschlossen sind. Den AbschluB bilden 4 Krankengeschichten iiber neuro-hormonale StOrungen, bei denen die Lokalisation des Traumas nicht von vornherein direkt klar im Stammhirn erkennbar ist. Die Zahl der erSten Gruppe von 43 erhOht sich dadurch auf 45, daB 2 (Faile 1 und 13) weitere Beobachtungen anderer Herkunft hinzugenommen wurden. 1m ersten Halbjahr unserer Tatigkeit war es aus auBeren Grunden nicht moglich, genauere Laboratoriumsuntersuchungen, besonders des Stoffwechsels, auszufiihren. Auch spater lieB es sich aus Organisationsgriinden nicht immer erreichen, jeden der interessierenden Ver letzten mit aller erwiinschten kIinischen Griindlichkeit - was die Laboratoriumsmethoden angeht - anzusehen. Die Kasuistik hat dadurch Liicken, die - soweit moglich - durch griindliche anamnestische und klinische Explorationen und Nachuntersuchungen zu ver kleinern gesucht wurden. Die Zahl der StammhirnverIetzungen war unter unserem Ausgangsmaterial sicher groBer, als aus den mitgeteilten Fallen zu entnehmen ist, weil grundsatzlich hier nur solche Ver wundeten herangezogen wurden, bei denen aus der Lage eines Stecksplitters eine sichere Stammhirnverletzung zu erweisen war. AIle Durchschiisse oder vermutIichen Durchschiisse der Stammhirnregion wurden beiselte gelassen, weil die Bestimmung des VerIaufes eines SchuBkanals nach dem Ein- und AusschuB oder nach EinschuB und Splitterll\.ge nur bedingt moglich ist. Das gilt besonders fiir Metallsplitter, die in der Nahe der Lamina interna liegen, weil sie nicht selten innere Prellschiisse darstellen. Auch im Stammhirnbereich kommen solche inneren Prellschiisse vor, wobei die Splitter an der Basis des Schadels abprallen und dann ihre Richtung andern konnen. Nur werm ein Stecksplitter im Stammhirnbereich selbst angetroffen wird, beweist er immer auch eine Stammhirnlasion. Der VerIauf dell SchuBkanals ist aber nicht in allen Fallen mit Sicherhe.it aus dem EinschuB und Splittersitz zu erschlieBen. Das vorgelegte Material laBt nur geringe Schliisse auf die allerersten internen Folgen solcher SchuBverletzungen zu, weil die ersten Tage und W ochen von den Verwundeten gewohnlich in frontnahen Sanitatseinrichtungen oder Kriegslazaretten verbracht wurden und hier aus begreiflichen Grunden die entsprechenden Beobachtungen oder Aufzeichnungen oft liickenhaft waren. Durchweg ka,lllen die Verletzten erst nach Erreichung der Transport fahigkeit in unser Reservelazarett. Frische Hirnverletzte wurden auf dem LJrltwege nur selten eingeIiefert. Die Beobachtungszeit war meist relativ lang und erstreckte sich bis auf die Zeit der Entlassungsfahigkeit zur Truppe, nach Hause oder in.ein Hirnverletztenheim. Da das Beobachtungsgut zunachst auch wenig geeignet war, iiber Spatfolgen der Hirn vel"letzung verbindliche Angaben zu machen, werm man darunter sich eventuell erst in Jahren zeigende Folgeerscheinungen versteht, wurde durch klinische Nachuntersuchungen, Arzt berichte und Korrespondenz mit den VerIetzten der weitere Verlauf des Leidens bis zu 8 Jahren bei fast 2/3 der FaIle verfolgt. Die einzelnen Krankengeschichten sind ~n ihrer Reihenfolge nach dem Sitz der Steck splitter geordnet, indem - bezogen auf die Lage der Splitter zur Sella im seitlichen Rontgen bild - zuerst aIle FaIle mit Splitterlage vor der Sella, dann in der SeIlahOhe und schlieBlich Wedler, Stammhirn. 1b

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