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Sozialerziehung in der Schule PDF

554 Pages·2011·7.291 MB·German
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Maria Limbourg · Gisela Steins (Hrsg.) Sozialerziehung in der Schule Maria Limbourg · Gisela Steins (Hrsg.) Sozialerziehung in der Schule Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar. 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Julia Klös | Eva Brechtel-Wahl VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfälti gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinn e der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz: www.text-plus-form.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-17467-9 Inhalt Einleitung 1 Sozialerziehung in der S(cid:278) ule(cid:564) .............................................................................(cid:564)11 Maria Limbourg & Gisela Steins Teil I: Pädagogis(cid:278) e, psy(cid:278) ologis(cid:278) e und soziologis(cid:278) e Grundlagen der s(cid:278) ulis(cid:278) en Sozialerziehung 2 Soziales Lernen, soziale Kompetenz, Sozialerziehung – Versu(cid:278) einer begri(cid:285) i(cid:278) en Klärung(cid:564) ............................................................................................(cid:564)31 Hanna Kiper 3 Sozialerziehung im Unterri(cid:278) t – eine Kulturaufgabe(cid:564) ......................................(cid:564)55 Rotraud Coriand 4 Ges(cid:278) i(cid:278) te der sozialen Erziehung in der S(cid:278) ule(cid:564) .............................................(cid:564)67 Rolf Siller 5 Kindheit und Sozialerziehung – Soziale Beziehungen unter veränderten Bedingungen des Aufwa(cid:278) sens(cid:564) ..........................................................................(cid:564)91 Hermann Laux 6 Die Entwi(cid:279) lung sozial-emotionaler Kompetenzen(cid:564) ......................................(cid:564)115 Vasilena Dimitrova & Mike Lüdmann 7 Sozialkompetenz-, Gewaltfreiheits- und Kreativitätserziehung – Psy(cid:278) ologis(cid:278) e Beiträge(cid:564) ......................................................................................(cid:564)131 Siegfried Preiser 8 Ein(cid:282) üsse der physis(cid:278) en Umwelt auf das Sozialverhalten in der S(cid:278) ule – zur Bedeutung des dri(cid:308) en Lehrers(cid:564) ...................................................................(cid:564)157 Antje Flade 6 Teil II: Sozialerziehung im Fa(cid:278) unterri(cid:278) t 9 Sozialerziehung im Ges(cid:278) i(cid:278) tsunterri(cid:278) t(cid:564) ........................................................(cid:564)183 Be(cid:308) ina Alavi 10 Sozialerziehung im Religions- und Ethikunterri(cid:278) t(cid:564) ......................................(cid:564)205 Anton A. Bu(cid:278) er 11 Moralis(cid:278) e Bildung im Philosophie- und Ethikunterri(cid:278) t(cid:564) ............................(cid:564)223 Kirsten Meyer 12 Sozialerziehung im Biologieunterri(cid:278) t(cid:564) .............................................................(cid:564)239 Karla Ets(cid:278) enberg 13 Sozialerziehung im Te(cid:278) nikunterri(cid:278) t(cid:570)?(cid:570)!(cid:564) .........................................................(cid:564)263 Ingelore Mammes 14 Sozialerziehung im Sportunterri(cid:278) t(cid:564) .................................................................(cid:564)281 Jessica Süßenba(cid:278) & Dirk Ho(cid:283) mann 15 Sozialerziehung im Spra(cid:278) unterri(cid:278) t(cid:564) ...............................................................(cid:564)301 Jo Rei(cid:278) ertz 16 Sozialerziehung im Musikunterri(cid:278) t(cid:564) ................................................................(cid:564)325 Wolfgang Martin Stroh 17 Sozialerziehung im Kunstunterri(cid:278) t(cid:564) ................................................................(cid:564)351 Andreas Brenne Teil III: Sozialerziehung in den fä(cid:278) erübergreifenden Erziehungsgebieten 18 Interkulturelle Erziehung als Sozialerziehung(cid:564) ...............................................(cid:564)377 Ursula Boos-Nünning 19 Mobilitäts-/Verkehrserziehung als Beitrag zur Sozialerziehung(cid:564) .................(cid:564)399 Maria Limbourg 20 Zukun(cid:286) sfähigkeit dur(cid:278) Bildung für Na(cid:278) haltigkeit und soziales Lernen(cid:564) ....................................................................................................(cid:564)425 Hartmut Mitzla(cid:283) 7 21 Medienerziehung und s(cid:278) ulis(cid:278) e Sozialerziehung(cid:564)........................................(cid:564)451 Markus Pes(cid:278) el Teil IV: Leistungsbewertung 22 Soziale Kompetenzen im Kontext s(cid:278) ulis(cid:278) er Leistungsmessung und -bewertung(cid:564) ...................................................................................................(cid:564)475 Isabell van A(cid:279) eren & Marten Clausen Teil V: Lehrerverhalten und Sozialerziehung 23 Bewertungssysteme von Lehrkrä(cid:286) en und das Sozialverhalten von S(cid:278) ülern und S(cid:278) ülerinnen(cid:564) ........................................................................(cid:564)499 Gisela Steins 24 Konstruktive Kon(cid:282) iktlösung in der S(cid:278) ule(cid:564) .....................................................(cid:564)523 Anne(cid:308) e Boeger Teil VI: Außers(cid:278) ulis(cid:278) e Interventionen 25 Außers(cid:278) ulis(cid:278) e Programme zur Sozialerziehung(cid:564) ........................................(cid:564)545 Anna Haep S(cid:278) lusswort 26 S(cid:278) lussbemerkungen: Sozialerziehung in der S(cid:278) ule – ein realistis(cid:278) er Anspru(cid:278) (cid:570)?(cid:564) ...............................................................................(cid:564)561 Maria Limbourg & Gisela Steins Anhang Literatur für die Praxis(cid:564) ..................................................................................................(cid:564)567 Autorinnen und Autoren(cid:564) ..............................................................................................(cid:564)569 Danksagung(cid:564) ....................................................................................................................(cid:564)575 Einleitung 1 Sozialerziehung in der S(cid:278) ule Maria Limbourg & Gisela Steins Es vergeht nahezu keine Wo(cid:278) e in der deuts(cid:278) en Medienlands(cid:278) a(cid:286) ohne eine nega- tive Beri(cid:278) tersta(cid:308) ung über die drei ents(cid:278) eidenden Personengruppen unserer S(cid:278) u- len. Inkompetenz der Lehrkrä(cid:286) e, Glei(cid:278) gültigkeit der Eltern und ein alarmierend s(cid:278) le(cid:278) ter moralis(cid:278) er, kognitiver und physis(cid:278) er Zustand unseres Na(cid:278) wu(cid:278) ses sind beliebte Themen in den Medien. Dabei wird übersehen, dass Medien auf sen- sationell klingende negative Meldungen angewiesen sind, denn das erwartet das Pu- blikum. So wird der Realitätsgehalt dieser Meldungen übers(cid:278) ätzt. Motivierend für ein konstruktives Miteinander von Lehrern und Lehrerinnen, S(cid:278) ülern und S(cid:278) üle- rinnen und Eltern ist diese Beri(cid:278) tersta(cid:308) ung ni(cid:278) t. Das düstere Bild, das gezei(cid:278) net wird, vermi(cid:308) elt die Bots(cid:278) a(cid:286) , dass neben Bildung Erziehung wi(cid:278) tig ist und, dass sie in der Konstellat ion dieser drei inkompetenten Gruppen ni(cid:278) t gelingen kann. Eine sol(cid:278) e Denkkonstruktion ist ni(cid:278) t hilfrei(cid:278) für die s(cid:278) ulis(cid:278) e Erziehungsarbeit. Als Wissens(cid:278) a(cid:286) lerinnen, die si(cid:278) berufli(cid:278) intensiv mit Erziehung und speziell mit Erziehung zu sozial kompetentem Verhalten bes(cid:278) ä(cid:286) igen, waren wir mit diesem Band auf der Su(cid:278) e na(cid:278) konstruktiven Ideen für die Sozialerziehung in der S(cid:278) ule. Diese Ideen sollten hilfrei(cid:278) e Denkkonstruktionen bieten und praktis(cid:278) umsetzbar sein. Wir meinen, dass Sozialerziehung ganz ohne Zweifel, neben dem Bildungs- auftrag, eine wesentli(cid:278) e gesells(cid:278) a(cid:286) li(cid:278) e Aufgabe gegenüber den na(cid:278) wa(cid:278) senden Generationen darstellt, denen alle erwa(cid:278) senen Bezugspersonen von Heranwa(cid:278) - senden verp(cid:282) i(cid:278) tet sind. Damit be(cid:281) nden wir uns in bester Tradition. Bereits vor (cid:364)(cid:362)(cid:362) Jahren war Wilhelm von Humboldt der Meinung, dass Mens(cid:278) enbildung mehr umfasse als das konkrete Wissen, was wir heute viellei(cid:278) t als kognitives Wissen bezei(cid:278) nen würden. Seine Vision war eine allgemeine Mens(cid:278) enbildung, die es allen Mens(cid:278) en, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu ihrem gesells(cid:278) a(cid:286) li(cid:278) en Stand, ermögli(cid:278) en würde, ein guter, anständiger und aufgeklärter Mens(cid:278) und Bürger zu sein. Dazu gehörte au(cid:278) eine Bildung des „Charakters“ und der „Gesinnungen“ (von Humboldt (cid:363)(cid:370)(cid:362)(cid:371), S. (cid:364)(cid:363)(cid:370)). Humboldts Vision wurde mehrmals vergessen. Na(cid:278) dem Boom der Sozialerziehung in den (cid:368)(cid:362)ziger und (cid:369)(cid:362)ziger Jahren s(cid:278) lief diese ein. Das Thema wurde ni(cid:278) t weiter entwi(cid:279) elt und na(cid:278) den Ergebnissen der ersten PISA-Studie zugunsten der Diskus- sion um die internationale We(cid:308) bewerbsfähigkeit unseres Landes vollends für diese We(cid:308) bewerbsfähigkeit instrumentalisiert. Soziale Kompetenzen, so wurde erkannt, sind wi(cid:278) tig für erfolgrei(cid:278) e berufli(cid:278) e Laufbahnen. Soziale Kompetenzen wurden länderspezi(cid:281) s(cid:278) unters(cid:278) iedli(cid:278) dur(cid:278) Kopfnoten honoriert, ni(cid:278) t aber unterri(cid:278) tet. M. Limbourg, G. Steins (Hrsg.), Sozialerziehung in der Schule, DOI 10.1007/978-3-531-93323-8_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 12 Sozialerziehung in der S(cid:278) ule Soziales Verhalten wird in einer modernen Gesells(cid:278) a(cid:286) , die international we(cid:308) be- werbsfähig bleiben mö(cid:278) te, erwartet, aber ni(cid:278) t gefördert und stellt keinen integra- len Bestandteil von S(cid:278) ule und Unterri(cid:278) t dar. Au(cid:278) besonders negative Ereignisse wie die Amokläufe von Erfurt und Winnenden vermögen ni(cid:278) t, eine umfassende Aufwertung der Sozialerziehung zu errei(cid:278) en, obwohl es deutli(cid:278) wird, dass viele Amokläufer soziale De(cid:281) zite aufweisen. Soziale De(cid:281) zite von S(cid:278) ülern und S(cid:278) ülerin- nen werden jedo(cid:278) nur erkannt, wenn sie ein verbindli(cid:278) es Thema für erwa(cid:278) sene Bezugspersonen sind. So ist unsere Motivation für die Herausgabe dieses Bandes mannigfaltig. Wir mö(cid:278) ten mit diesem Band auf die Wi(cid:278) tigkeit der Sozialerziehung hinweisen als einem Wert, der für si(cid:278) steht und ohne den au(cid:278) in einer international we(cid:308) bewerbs- fähigen Gesells(cid:278) a(cid:286) kein zivilisatoris(cid:278) er Forts(cid:278) ri(cid:308) mögli(cid:278) ist. Wir meinen, dass S(cid:278) ule zu viel Wert auf die kognitiven Prozesse und zu wenig Gewi(cid:278) t auf die sozia- len Prozesse legt. S(cid:278) ule sollte Kopf, Herz und Hand glei(cid:278) ermaßen berü(cid:279) si(cid:278) ti- gen (Pestalozzi na(cid:278) Hunziker (cid:363)(cid:370)(cid:370)(cid:369)) und mit sozialen, kognitiven, emotionalen und verhaltensbezogenen Methoden den S(cid:278) ülern und S(cid:278) ülerinnen soziale, kognitive, emotio nale und verhaltensbezogene Kompetenzen vermi(cid:308) eln. Als Gegenentwurf zu der düsteren S(cid:278) ullands(cid:278) a(cid:286) der Medien legen wir hier einen Band voller prak- tis(cid:278) er Ideen für eine gelingende Sozialerziehung vor. Die na(cid:278) folgenden Abs(cid:278) ni(cid:308) e der Einleitung dienen dem Zwe(cid:279) , eine kurze Be- gri(cid:283) sklärung zu geben, die gesetzli(cid:278) e Lage zur Sozialerziehung zu s(cid:278) ildern und den Aufbau des Bu(cid:278) es zu bes(cid:278) reiben. 1.1 Was ist Sozialerziehung(cid:570)? Sozialerziehung zielt darauf ab, einen heranwa(cid:278) senden Mens(cid:278) en zu befähigen, si(cid:278) in seiner sozialen Umwelt kompetent und sozialverträgli(cid:278) verhalten zu kön- nen. Sozialerziehung umfasst „die Erziehung des Mens(cid:278) en zur Gemeins(cid:278) a(cid:286) dur(cid:278) die Gemeins(cid:278) a(cid:286) . (…) Das allgemeine Ziel ist si(cid:278) erli(cid:278) die Gemeins(cid:278) a(cid:286) sfähigkeit“ (Keller & Hafner, (cid:364)(cid:362)(cid:362)(cid:365), S. (cid:371)). Sozialverhalten umfasst „die Aneignung sozialer Ver- haltensweisen und Fertigkeiten, die Bildung sozialer Einstellungen und Werthaltun- gen und die Übernahme sozialer Rollen.“ (Keller & Hafner, (cid:364)(cid:362)(cid:362)(cid:365), S. (cid:371)). Sozialverhalten ist ein Begri(cid:283) , der in der Alltagsspra(cid:278) e mit sehr vielen vers(cid:278) ie- denen Assoziationen belegt ist. Wie Fis(cid:278) er und Wiswede ((cid:364)(cid:362)(cid:362)(cid:364); S. (cid:363)(cid:364)) s(cid:278) reiben, kann man hier die „eigenartigsten Antworten hören“. Häu(cid:281) g wird Sozialverhalten mit prosozialem Verhalten glei(cid:278) gesetzt. „Prosoziales Verhalten ist dann gegeben, wenn die Absi(cid:278) t besteht, einer konkreten Person eine Wohltat zu erweisen und wenn die Handlung freiwillig ist“ lautet eine De(cid:281) nition von Bierho(cid:283) ((cid:364)(cid:362)(cid:362)(cid:367), S. (cid:366)(cid:367)(cid:369)). Sozialverhalten bzw. soziales Handeln ist wesentli(cid:278) allgemeiner gefasst. Sozialver- halten umfasst Verhalten, das auf das Verhalten anderer bezogen ist und si(cid:278) an

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