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Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen: Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen PDF

257 Pages·2017·13.73 MB·German
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Joachim Häfele · Fritz Sack Volker Eick · Hergen Hillen Hrsg. Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen Joachim Häfele · Fritz Sack Volker Eick · Hergen Hillen (Hrsg.) Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen Aktuelle Tendenzen und Entwicklungen Herausgeber Joachim Häfele Volker Eick Hamburg, Deutschland Berlin, Deutschland Fritz Sack Hergen Hillen Berlin, Deutschland Hamburg, Deutschland Gefördert durch die „Stiftung Lebendige Stadt“ ISBN 978-3-658-16314-3 ISBN 978-3-658-16315-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-658-16315-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany (cid:1) Inhaltsverzeichnis Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen – Eine Einführung in den Band.........................................................................................7 Joachim Häfele Die (europäische) Stadt auf dem Weg zum Nicht-Ort?.......................................13 Aldo Legnaro „Vorbild New York“ und „Broken Windows“: Ideologien zur Legitimation der Kriminalisierung der Armen im Namen der Sicherheit in der unternehmerischen Stadt...........................................................29 Bernd Belina „Open City“ – From „Eyes on the Street“ to „Zero Tolerance“. Jane Jacobs’ Visionen einer sichereren Stadt......................................................47 Dirk Schubert Meines Bruders Hüter? ›Community‹ herstellen, das Urbane ordnen.................69 Andrew Wallace Pazifizierungsagenten. Zu einem Tätigkeitsprofil kommerzieller Sicherheitsdienste.................................................................................................91 Kendra Briken, Volker Eick Sicherheit schaffen und die Angst vor dem Anderen in Rinkeby, Schweden............................................................................................109 Ann Rodenstedt Wegweisung aus öffentlichen Stadträumen oder: Vom Umgang mit urbanen Vergnügungen und mit Risiken des Lebens..................................129 Monika Litscher Normen für eine städtebauliche Kriminalprävention in Europa?......................151 Günter Stummvoll Modernisierungsängste, lokale Verwerfungen und die Furcht vor dem Verbrechen. Beobachtungen aus Hamburg.........................................169 Helmut Hirtenlehner, Klaus Sessar Disorder, (Un-)Sicherheit, (In-)Toleranz...........................................................193 Joachim Häfele 6 (cid:11)(cid:16)(cid:10)(cid:2)(cid:14)(cid:22)(cid:21)(cid:25)(cid:7)(cid:20)(cid:28)(cid:7)(cid:11)(cid:5)(cid:10)(cid:16)(cid:11)(cid:21)(cid:1) Hausaufgaben und Schularbeiten: Kriminalpräventive Polizeibearbeitung von Kindern und Jugendlichen...........................................223 Volker Eick Vom Tauscher zum Getäuschten: Unsicherheiten im urbanen Alltag von Konsumgesellschaften................................................................................241 Ingrid Breckner Zur impliziten Erzeugungsgrammatik dieses Bandes: Einige abschließende Überlegungen..................................................................255 Fritz Sack (cid:1) Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen – Eine Einführung in den Band Joachim Häfele Sicherheit und Kriminalprävention sind längst zu zentralen handlungsleitenden Begriffen europäischer Stadtpolitik und Stadtplanung geworden. Ohne an dieser Stelle eine genauere Begriffsbestimmung vornehmen zu können, lässt sich fest- halten, dass inzwischen eine Vielzahl öffentlicher und privater Akteure existie- ren, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Kriminalität – oder das, was sie dafür halten – zu verhindern und das häufig als bedroht betrachtete subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu verbessern. So dehnbar der Begriff „sub- jektive Sicherheit“ auch sein mag (etwa ökonomische und/oder soziale Sicher- heit); im Vordergrund steht hier die Furcht vor (Gewalt-)Kriminalität. Ausgelöst vor allem durch die Broken Windows-Idee und 1982 von James Q. Wilson und George W. Kelling in der konservativen Monatszeitschrift The Atlantic formu- liert, werden dabei auf politisch-medialer sowie wissenschaftlicher Ebene zu- nehmend strafrechtlich nicht oder kaum relevante (abweichende) Handlungen im öffentlichen Raum (personifiziert z. B. in Bettelnden, Obdachlosen, Drogenkon- sumierenden, männlichen Migranten) und physisch-materielle Substrate (z. B. Müll oder verwahrloste Grünflächen) als zentrale unabhängige Variablen zur Erklärung kriminalitätsbezogener (Un-)Sicherheitsgefühle betrachtet. Allein die Thematisierung solcher urbaner Disorder-Phänomene, häufig nichts anderes als sichtbare Erscheinungsformen von Armut, als Auslöser von Kriminalitätsfurcht und Kriminalität haben die Debatten um den Verlust der „inneren Sicherheit“ seit Anfang der 1990er Jahre vielerorts verstärkt. Deutlich zeigt sich dabei die kriminalpolitische Tendenz, bestimmte Personengruppen wie Bettler, Obdachlose oder Jugendliche als Problem der „inneren Sicherheit“ zu betrachten, um entsprechende Maßnahmen zu ihrer Verdrängung zu legitimieren. Solche Maßnahmen reihen sich in eine neue neoliberale Kontrolllogik ein, die basierend auf der Grundlage des Begriffspaares Sicherheit und Unsicherheit die freie Nutzungsmöglichkeit öffentlicher Räume zugunsten eines selektiven Vor- gehens gegen bestimmte Menschen oder Personengruppen immer stärker ein- schränkt und reglementiert. Maßnahmen im Sinne von „Zero-Tolerance“ er- scheinen so als einzig legitime Handlungsalternative, während (wohl- fahrts-)staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der städtischen Armut immer stärker in den Hintergrund geraten. Diese Entwicklung ist umso problematischer, als der Bedarf nach Toleran- zen zwischen Individuen, sozialen Gruppen und unterschiedlichen Institutionen in zeitgenössischen Großstädten umso dringlicher geworden ist, je mehr die Ausdifferenzierung von Lebensstilen, die soziale Spaltung und die Migration © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 J. Häfele et al. (Hrsg.), Sicherheit und Kriminalprävention in urbanen Räumen, DOI 10.1007/978-3-658-16315-0_1 8 (cid:12)(cid:17)(cid:2)(cid:5)(cid:10)(cid:11)(cid:15)(cid:1)(cid:10)(cid:3)(cid:8)(cid:7)(cid:14)(cid:7)(cid:1) von Menschen aus ‚fremden’ Kulturen gerade in den urbanen Zentren der Ge- genwart zunehmen. Seit gut zwei Jahrzehnten häufen sich jedoch Hinweise, dass eine Vielzahl genuin urbaner (Disorder-)Phänomene für immer mehr Menschen zu einem Problem geworden sind und urbane Toleranz zunehmend unter Druck zu geraten scheint. Beispiele hierfür finden sich in Teilen einer neuen Protestbe- wegung, die sich ausdrücklich gegen die räumliche Nähe von Randständigen oder deren Institutionen richtet, in neuen Formen abgeschirmten oder bewachten Wohnens in zentralen Stadtteilen, in Forderungen nach freiheitseinschränkenden städtischen Raumkontrollen oder in der zunehmenden Problematisierung von abweichenden Siuationen in Medien, Politik und der städtischen BewohnerIn- nenschaft. Die entsprechende sicherheitsgesellschaftliche Organisation urbaner Räume geht u. a. einher mit einer zunehmenden Privatisierung von urbanen Räumen und kommerziellen Sicherheitsdienstleistungen. So wird die Herstellung urbaner Sicherheit in immer größerem Ausmaß auch vom profitorientierten Sek- tor initiiert und finanziert: In privatisierten (ehemals) öffentlichen Räumen pa- trouillieren private Sicherheitsdienste. Unternehmen entwickeln Kontrolltechni- ken und Sicherheitsarchitekturen. Anwohner übernehmen in unterschiedlicher Weise (Selbst-)Verantwortung für ihre Sicherheit, rüsten ihre Privatsphäre mit Sicherheitstechnik auf oder gründen Bürgerwehren. Andere, sehr viel weiterrei- chende Maßnahmen sind verschlossene Hinterhöfe oder ganze Wohngebiete mit Zugangsbeschränkungen für die Öffentlichkeit. Zugespitzt lassen sich solche Entwicklungen innerhalb der im Eingangsbei- trag von Aldo Legnaro beschriebenen „Nicht-Orten“ beobachten. Wer in diese Orte eintritt, seien es die modernen Shopping-Bahnhöfe, Flughäfen oder mallifi- zierten Innenstadtareale, fällt unter ein generalisiertes Verdachtsprofil. Unange- passte Handlungen oder schlicht alles, was einen reibungslosen Konsum stören könnte, werden in diesen Räumen rigide untersagt und verdrängt. Ob sich zu- künftig ganze Städte zu Nicht-Orten verwandeln, muss zwar offen bleiben. Vie- les deutet inzwischen allerdings auf ein derartiges (düsteres) Bild hin, wie es bereits Mike Davis für Los Angeles beschrieben hat. Wichtig erscheint jedoch auch der Hinweis des Autors auf „hoffnungsvolle Anzeichen“ von „neuen An- eignungen“, womit sich neue Perspektiven für die zukünftige Stadtforschung eröffnen, denn es wäre zu kurz gegriffen, die kontrollierten Nicht-Orte des Kon- sums einem mystifizierten öffentlichen Raum gegenüberzustellen, der aufgrund der o. g. Entwicklungen verloren gegangen oder zerstört sei. Dass diese Formen der (Wieder-)Aneignung urbaner Räume in der neolibe- ralen Stadt mit ihren dominanten Sicherheits- und Sauberkeitsdiskursen dennoch immer schwieriger werden dürften, zeigt Bernd Belina im zweiten Beitrag. So verfolgen zahlreiche neue Sicherheitspolitiken einen raumorientierten Ansatz mit dem Ziel, „sichere Stadträume“ zu schaffen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die wachsende Regionalisierung von (Un-)Sicherheit, indem diese als Eigenschaft bestimmten Vierteln, Plätzen oder Straßen zugeschrieben wird. Als gefährlich gelten insbesondere „soziale Brennpunkte“ oder „Problemgebiete“. Dieser Pro- (cid:7)(cid:11)(cid:16)(cid:7)(cid:1)(cid:7)(cid:11)(cid:16)(cid:8)(cid:24)(cid:10)(cid:20)(cid:23)(cid:16)(cid:9)(cid:1)(cid:11)(cid:16)(cid:1)(cid:6)(cid:7)(cid:16)(cid:1)(cid:4)(cid:2)(cid:16)(cid:6)(cid:1) (cid:41) zess legitimiert u. a. eine zunehmende Punitivität gegenüber typischen Armutser- scheinungen bei gleichzeitiger Entproblematisierung einer neoliberalen Verar- mungspolitik. Folgerichtig führen Belinas Ausführungen schließlich zu der Auf- forderung, Armut fortan nicht mehr als Ursache für Kriminalität, sondern als Gegenstand von Kriminalisierung zu betrachten. Der dritte Beitrag von Dirk Schubert erinnert daran, dass sich (Un-)Sicherheit und Kriminalität in den USA und insbesondere in New York bereits seit den 1960er Jahren als zentrales stadtpolitisches Thema etabliert hat. Gleichzeitig war dies die Geburtsstunde von Jane Jacobs’ Klassiker „Death and Life of Great American Cities“. Starke Suburbanisierungsprozesse führten sei- nerzeit zu einem erheblichen Bedeutungsverlust der Stadtzentren und in der Folge zu einer Konzentration insbesondere von Armut und sozialer Benachteili- gung. Fallbeispielhaft beschreibt Schubert hier die bewegte Geschichte der South Bronx und die Etablierung von „Community Planning“ und „Community Poli- cing“. Im Zentrum seiner Ausführungen stehen die zentralen Thesen Jacobs’ zum Zusammenhang von Stadt und Sicherheit, die bis heute nicht an Aktualität verloren haben. Die seit einigen Jahren verstärkt geführten Diskussionen um die Bedeutung des lokalen Sozialkapitals für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und entsprechende Forschungsarbeiten mögen als Belege dienen. Besonders aktuell erscheinen auch die an Jane Jacobs und Henri Lefebvre angelehnten Aus- führungen zum Zusammenhang zwischen dem alltäglichen Umgang mit Diffe- renz und einer „natürlichen Sicherheit“. Wesentlich problematischer betrachtet Andrew Wallace den Topos „Com- munity“ in seiner Bedeutung für eine neoliberale urbane Sicherheitspolitik. Er beschreibt in diesem Zusammenhang eindrücklich die Entstehung einer „kom- munitären Landschaft“ als „Regime moralischer Regulierung“ in Zeiten von New Labour. Zentrale Bedeutung nimmt hier der „Kampf gegen asoziales Verhalten“ ein. Ähnlich wie Legnaro beschreibt Wallace für Großbritannien ein Szenario „moralisch aufgewerteter bürgerschaftlicher Räume“, die bereinigt sind von jeglichen Formen abweichender oder „asozialer“ Handlungen und die kontrol- liert werden von den jeweiligen EinwohnerInnen selbst. Hier kann der Autor deutliche Parallelen zum Kommunitarismus der 1990er Jahre aufzeigen, etwa den New Democrats in den USA mit ihrer Strategie des harten Durchgreifens gegen Kriminalität und abweichendes Handeln. In einem eigenen Abschnitt („asoziales“ Verhalten) gelingt Wallace der empirische Nachweis von Communi- ties, die mit quasi polizeilichem Mandat und teilweise menschenfeindlichen Strategien gegen alles vorgehen, was der vorherrschenden (neuen) moralischen Ordnung zu widersprechen scheint. Als besonders prägnant und geradezu sinn- bildlich für diese neuen Communities kann die Strategie der Kontrolle (Beobach- tung) des Verhaltens der Armen durch die anderen Armen herausgestellt werden. Ein Teil dieser Sicherheits- und Ordnungspolitik ist in immer größerem Umfang auch der Einsatz privater Sicherheitsdienste. Nach einer kurzen Entste- hungsgeschichte des privaten Sicherheitsgewerbes in Deutschland, das Kendra 10 (cid:12)(cid:17)(cid:2)(cid:5)(cid:10)(cid:11)(cid:15)(cid:1)(cid:10)(cid:3)(cid:8)(cid:7)(cid:14)(cid:7)(cid:1) Briken und Volker Eick im fünften Beitrag zu Recht als ‚kommerzielle’ Veran- staltung charakterisieren, analysieren sie anschließend ältere klassische Tätig- keitsprofile und jüngere Aufgabenbereiche kommerzieller Sicherheitsdienste, die als „Pazifizierungsagenten“, u. a. etwa im Rahmen von Police Private Partners- hips in halb öffentlichen Räumen wie in Bahnhöfen und auf deren Vorplätze zum Einsatz kommen. Derartige Strategien des „Auf- und Abräumens“ kommen vermehrt und unter besonders prekären Vorzeichen auch in benachteiligten Stadtquartieren zum Einsatz. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden städti- schen Festivalisierungspolitik stellen Analyse und Kritik des privaten Sicher- heitsgewerbes als Teil einer weltweit stark expandierenden kommerziellen Si- cherheitsindustrie zunehmend auch wichtige Aufgabenfelder für Kriminologie und Stadtforschung dar. Das von den AutorInnen vorgestellte Konzept der Pazi- fizierung (Befriedung) ermöglicht hierfür im Vergleich zum Konzept der Krimi- nalprävention wesentlich differenziertere Beobachtungsperspektiven. Auf eine ähnliche Dimension verweisen auch die Ergebnisse der Studie von Ann Rodenstedt im sechsten Beitrag. Am Fallbeispiel des Stockholmer Bezirks Rinkeby gelingt ihr der Nachweis einer „moralischen Geografie“, die geprägt ist von zahlreichen bürgerschaftlich organisierten Intoleranzen gegenüber abwei- chenden Handlungen. Die Gleichung (Un-)Ordnung = Un(Sicherheit), bekannt geworden vor allem durch den populärwissenschaftlichen Aufsatz von Wilson und Kelling (1982), ist auch hier zur Handlungsmaxime vielfältiger Maßnahmen und Programme situativer Kriminalprävention geworden. Hervorzuheben ist vor allem ihre Analyse der Etablierung „halbformeller Ordnungspartnerschaften“ zur Herstellung sozialer Kontrolle. Weiter wird der wichtigen Frage nachgegangen, ob derlei Maßnahmen geeignet sind, eine Verbesserung des Sicherheitsgefühls der BewohnerInnen herzustellen. Insgesamt scheinen genuin urbane Differenzen immer stärker unter Druck zu geraten, zugunsten einer scheinbar „heilen Welt“ ohne das verunsichernde Andere. Ein weiteres empirisches Beispiel für das sukzessive Verschwinden von Stadt als Möglichkeitsraum liefert Monika Litscher im siebten Beitrag zur Weg- weisungspraxis in unterschiedlichen Stadträumen der Schweiz. Zentrale Bezugs- größe sind auch hier wachsende Sensibilitäten gegen als störend oder gefährdend wahrgenommene Ungebührlichkeiten. Dabei scheint es, wie bereits im vorheri- gen Beitrag deutlich wurde, prinzipiell beliebig, wer aufgrund welcher Merkmale als störend, gefährlich oder fremd wahrgenommen wird. Aktuell, so ihre Beob- achtungen, geraten vermehrt Jugendliche bzw. Gruppen von Jugendlichen unter ein generalisiertes Verdachtsprofil und damit in den Fokus der urbanen Wegwei- sungspraxis. Allmählich werden so Möglichkeitsräume ersetzt durch „irritations- freie Räume“, die zunehmend kriminalpräventiv von raumpsychologischen und organisatorischen Maßnahmen zur Minimierung von Tatgelegenheitsstrukturen dominiert werden. Auch auf gesamteuropäischer Ebene, nämlich innerhalb des Europäischen Normungskomitees (CEN), werden seit Mitte der 1990er Jahre Empfehlungen

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