1 Klapptext: Schon lange träumen die Studienfreundinnen Deborah Cochrane und Joanna Meissner von einem Studienaufenthalt in Venedig. Als sie eine Zeitungsannonce entdecken, in der junge Frauen gesucht werden, die gegen lukrative Bezahlung bereit sind, Eizellen zu spenden, sehen sie endlich eine Möglichkeit, ihren Traum zu verwirklichen. Von den negativen Gerüchten um die hoch profitable private Fruchtbarkeitsklinik von Dr. Spencer Wingate lassen sie sich nicht abschrecken. Vielmehr sind sie fest davon überzeugt, unfruchtbaren Paaren bei ihrem verzweifelten Kinderwunsch zu helfen. Die Eingriffe verlaufen bei beiden Studentinnen unproblematisch. Doch als sie sich bei ihrer Rückkehr aus Italien nach dem Schicksal ihrer Eizellen erkundigen wollen, werden sie mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. Misstrauisch beginnen die jungen Frauen zu recherchieren. Sie ändern ihr Aussehen und bewerben sich unter falschen Namen bei der Klinik. Was sie bei den Nachforschungen entdecken, gleicht einem Albtraum… Ein schockierend aktueller Medizinthriller! 2 Der Autor: Robin Cook ist Absolvent der Medizinischen Fakultät der Columbia-Universität. Seine Assistenzzeit leistete er an der Harvard-Universität ab. Als es ihm schon mit seinem ersten Roman gelang, die internationalen Bestsellerlisten zu erobern, ließ er sich von seinen Aufgaben beim Massachusetts Eye and Ear Institute beurlauben. Robin Cook lebt heute als freier Schriftsteller mit seiner Frau in Florida. 3 R C OBIN OOK SCHOCK Roman 4 Aus dem Amerikanischen von Bärbel Arnold DEUTSCHE ERSTVERÖFFENTLICHUNG Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Shock« bei G. P. Putnam’s Sons, a member of Penguin Putnam, Inc. New York. Umwelthinweis: Dieses Buch und der Schutzumschlag wurden auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschrumpffolie – zum Schutz vor Verschmutzung – ist aus umweltverträglichem und recyclingfähigem PE-Material. Ungekürzte Lizenzausgabe der RM Buch und Medien Vertrieb GmbH und der angeschlossenen Buchgemeinschaften Copyright © der Originalausgabe 2001 by Robin Cook Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2002 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlag- und Einbandgestaltung: Manfred Waller, Reinbek Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling Druck und Bindung: GGP Media, Pößneck Printed in Germany 2002 Buch-Nr. 002.145 www.derclub.de www.donauland.at 5 Zur Erinnerung an meinen Freund BRUNO DAGOSTINO Wir vermissen dich. Für Jean und Cameron, meine Auseinandergerissene Kleinfamilie, in Liebe und Dankbarkeit 6 Die menschliche Eizelle, auch Ovum genannt, wurde leicht angesogen und bewegte sich auf das stumpfe Ende der Pipette zu. Das Ovum sah genauso aus wie die anderen etwa sechzig Eizellen, doch es war der Pipettenöffnung am nächsten und kam somit als Erste ins Blickfeld des technischen Assistenten. Die Ova befanden sich unter dem Objektiv eines leistungsstarken Präpariermikroskops und waren in einem Tropfen Kulturflüssigkeit suspendiert, der mit einer dünnen Schutzschicht Mineralöl überzogen war. Die Ölschicht sollte verhindern, dass die Kulturflüssigkeit verdunstete. Es war unbedingt erforderlich, das Milieu, in dem sich die lebenden Zellen befanden, konstant in einem für die Ova geeigneten Zustand zu halten. Wie die anderen Eizellen sah diejenige, die jetzt an der Pipette haftete, vollkommen in Ordnung aus. Die körnige Beschaffenheit ihres Zytoplasmas war so, wie es sein musste, und ihr Chromatin, oder auch DNA genannt, fluoreszierte unter dem ultravioletten Licht und sah aus wie ein Schwarm winziger Glühwürmchen, die in einer Erbsensuppe herumzappelten. Der einzige Hinweis auf das vorangegangene unsanfte Absaugen von seinem Nährfollikel waren die gezackten Überreste der Corona radiata ihrer Granulosazellen, die mit der verhältnismäßig dichten Hülle verklebt waren, die Zona pellucida genannt wird. Alle Ova waren im unreifen Stadium vom Eierstock abgerupft worden und erst nachträglich in vitro zu Ende gereift. Sie waren genau im richtigen Stadium, um sich mit einem Spermium zu vereinigen. Doch das sollte nicht geschehen, denn diese weiblichen Gameten waren nicht für eine Befruchtung vorgesehen. Im Blickfeld des technischen Assistenten erschien eine zweite Pipette. Unter dem leistungsstarken Mikroskop sah sie ein wenig aus wie eine tödliche Waffe. In Wahrheit hatte sie nur einen Durchmesser von einem fünfundzwanzigtausendstel Millimeter, doch in der enormen Vergrößerung glich die Pipette einem Schwert mit einer nadelförmigen scharfen Spitze. Unaufhaltsam näherte sich die Nadelspitze dem ihr ausgelieferten unbeweglichen 7 Gamet und bohrte sich in die Zona pellucida der Zelle. Mit einem geübten Antippen der Pipettensteuerung stieß der erfahrene technische Assistent die Nadelspitze ins Innere der Zelle. Dann schob er sie weiter vor bis zu der fluoreszierenden DNA und saugte sie mit einem leichten Unterdruck in der Pipette ab, so dass sie in dem Glasstäbchen verschwand. Nachdem auch die anderen Gameten dieser Prozedur unterzogen worden waren und sichergestellt war, dass alle die Tortur der Entkernung unbeschadet überstanden hatten, wurde die Eizelle erneut fixiert. Eine andere Pipette mit abgeschrägter Spitze durchstieß die Zelle erneut, wobei sie diesmal nur bis in die Zona pellucida vordrang und die Membran verschonte. Diesmal wurde nichts abgesaugt, sondern stattdessen ein wenig Flüssigkeit in den so genannten perivitellinen Raum eingespritzt. In der Flüssigkeit befand sich eine einzelne, relativ kleine, spindelförmige adulte Zelle, die durch einen Abstrich der Mundhöhle eines erwachsenen Menschen entnommen worden war. Als Nächstes wurden die Gameten zusammen mit ihren jeweiligen adulten epithelialen Zellen in vier Milliliter eines Fusionsmediums gegeben und zwischen den Elektroden einer Fusionskammer platziert. Dann vergewisserte sich der technische Assistent, dass sämtliche Gameten richtig ausgerichtet waren, und betätigte einen Schalter, woraufhin für eine fünfzehnmillionstel Sekunde ein elektrischer Strom von neunzig Volt durch das Medium geleitet wurde. Der Stromstoß bewirkte bei allen Gameten das Gleiche: Der kurzfristige Schock führte dazu, dass sich die Membranen zwischen den entkernten Gameten und ihren jeweiligen adulten Zellpartnern vorübergehend lösten, wodurch die beiden Zellen miteinander verschmolzen. Nachdem die Verschmelzung abgeschlossen war, wurden die Zellen in ein Aktivierungsmedium gegeben. Durch chemische Stimulation wurden alle Gameten, die vor der Entnahme ihrer jeweiligen DNA befruchtungsbereit gewesen waren und nun nach der Verschmelzung über einen 8 kompletten Chromosomensatz verfügten, auf magische Weise dazu gebracht, sich weiterzuentwickeln. Einem geheimnisvollen molekularen Programm folgend, fungierten die adulten Zellkerne nicht weiter in ihrer vorgesehenen Weise als epitheliale Zellen, sondern nahmen wieder die Funktion embryonaler Zellen an. Nach kurzer Zeit begannen sich die einzelnen Gameten zu teilen und sich jeweils zu individuellen Embryonen weiterzuentwickeln, die sehr bald für die Einsetzung in eine Gebärmutter bereit sein würden. Der Spender der adulten Zellen war geklont worden. Genau genommen war er sogar etwa sechzig Mal geklont worden… 9 PROLOG 6. April 1999 »Haben Sie es bequem?«, fragte Dr. Paul Saunders seine Patientin Kristin Overmeyer. Sie lag unter ihm auf dem betagten Operationstisch und war nur mit einem Flügelhemd bekleidet. »Ich glaube schon«, erwiderte Kristin, obwohl sie sich ziemlich unbehaglich fühlte. Inmitten medizinischer Geräte war ihr immer ein wenig mulmig zumute, nicht, dass ihr dieses unwohle Gefühl wirklich zu schaffen machte, aber es war nun einmal da, und der Raum, in dem sie sich befand, war besonders unangenehm. Man hatte sie in einen altmodischen Operationssaal geführt, dessen Ausstattung absolut nichts von dem sterilen, zweckmäßigen OP einer modernen medizinischen Einrichtung hatte. Die Wände waren in schäbigem Grün gehalten, von den Bodenfliesen waren viele gesprungen und mit dunklen Flecken übersät, die vermutlich von Blut stammten, das in die Fugen getropft und dann angetrocknet war. Eigentlich erinnerte der Raum eher an eine Szenerie aus einem im neunzehnten Jahrhundert spielenden Gruselfilm als an einen OP, in dem tatsächlich Eingriffe vorgenommen wurden. Besonders eigenartig fand Kristin, dass der Raum über diverse Sitzreihen für Besucher verfügte, die sich jenseits der Reichweite der Beleuchtung befanden, die über dem OP-Tisch angebracht war, und die sich dem Blick des Patienten entzogen. Zum Glück waren die Plätze allesamt unbesetzt. 10