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Restrukturierung Lokalitaet. Universelle Beschraenkungen für Wortstellungsvarianten PDF

343 Pages·1996·1.264 MB·German
by  SabelJoachim
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Vorwort Von Restrukturierungsphänomenen spricht man gewöhnlich im Zusammenhang mit Bewegungsprozessen, die in Sprachen wie dem Deutschen und Spanischen nur in bestimmten infiniten Konstruktionen die Satzgrenze überschreiten können. Lange NP- Bewegung, langes Scrambling und Clitic Climbing sind typische Restrukturierungs- phänomene. Die erste Herausforderung, die sich hinsichtlich dieser Prozesse aus universalgrammatischer Perspektive ergibt, besteht darin, Restrukturierung in den romanischen und germanischen Sprachen unter eine einheitliche Erklärung zu subsumieren. Dieser Versuch wird in der vorliegenden Arbeit unternommen. Ferner wird dafür argumentiert, daß Sprachen wie das Japanische, Koreanische, Hindi oder Persische mit finiten Sätzen "Restrukturierung" aufweisen, und daß dabei derselbe Prozeß involviert ist, der für Restrukturierung mit Infinitiven verantwortlich ist. Die Idee ist, daß Restrukturierung durch Inkorporation lizensiert wird. Inkorporation wird als ein Merkmals-Checking-Prozeß aufgefaßt, der für die Restrukturierungsmöglichkeiten in den verschiedenen Sprachen verantwortlich ist. Ausgehend von der Annahme, daß para- metrisierte Eigenschaften funktionaler Kategorien ausschlaggebend für sprachspezifische Unterschiede sind, wird eine Theorie entwickelt, die Sprachvariationen bezüglich der Restrukturierungsoption einheitlich und in Anlehnung an die Grundideen des Minimali- stischen Syntaxprogramms zu erklären versucht. Die Arbeit ist im theoretischen Rahmen des Prinzipien- und Parameter-Modells angesiedelt (Chomsky 1986a, 1986b, 1991, 1993, 1994). In Teil 1 werden die theoretischen Grundlagen erläutert, von denen ich bei meiner Analyse ausgehe. Die Satzstruktur des Deutschen wird in Kapitel 1 diskutiert. Zunächst erläutere ich, wie sich die verschiedenen Wortstellungsvarianten in finiten Sätzen des Deutschen herleiten lassen. Im Zusammenhang mit Infinitiven wird dafür argumentiert, daß es sich bei ihnen um CPs handelt, und daß der Infinitivmarkierer zu in einer Position oberhalb von VP basisgeneriert wird. Ich übernehme die Idee, daß struktureller Kasus in AgroP über Spec-Head Agreement zugewiesen wird (Chomsky 1991, 1993). Kapitel 2 enthält eine Diskussion des ECP und der Barrieren. Ich gehe von einem konjunktiven γ ECP aus und erläutere, wie sich der -Markierungsmechanismus (Lasnik und Saito 1984, 1992) auf dieses Konzept von strenger Rektion übertragen läßt. Diskutiert wird u. a., an γ welchem Schritt der Derivation -Markierung von Argument-, Adjunkt- und X°-Spuren erfolgt. Die Bedeutung von Zwischenadjunktion bei Bewegung wird in Kapitel 3 im Zusammenhang mit verschiedenen Bewegungstypen thematisiert. Ich formuliere die Adjunktionsbeschränkung, die besagt, daß sowohl bei XP- als auch bei X°-Bewegung 2 Vorwort _____________________________________________________________________________________ Zwischenadjunktion generell ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen bilden die Grundlage für die Restrukturierungsanalyse, die ich im zweiten Teil der Arbeit entwickle. Transparenzeffekte von Kontrollinfinitiven wurden in der Vergangenheit oftmals aus speziellen Annahmen bezüglich ihres kategorialen Status hergeleitet. Eingangs des zweiten Teils werden in Kapitel 4 die unterschiedlichen Restrukturierungsanalysen diskutiert, die in der Vergangenheit vorgeschlagen wurden. In Kapitel 5 schlage ich eine eigene Analyse vor, in deren Mittelpunkt Restrukturierungsphänomene im Zusammen- hang mit Kontrollinfinitiven im Deutschen, Polnischen und Spanischen stehen. Zunächst wird die Beobachtung gemacht, daß die Kontexte, in denen Restrukturierung in diesen Sprachen erfolgen kann, identisch sind. Langes Scrambling und Clitic Climbing sind im Polnischen und Deutschen ausschließlich dann möglich, wenn die Infinitivkomplemente die Position des direkten Objekts einnehmen, um nur ein Beispiel zu nennen. Diese und weitere Gemeinsamkeiten werden auf der Basis einer Inkorporationsanalyse erklärt, wobei Inkorporation als ein Prozeß von Merkmals-Checking aufgefaßt wird, der hinsichtlich Restrukturierung in den oben erwähnten Sprachen die Transparenz der betreffenden Infinitive zur Folge hat. Clitic Climbing ist dadurch motiviert, daß ein Klitikum durch Adjunktionsbewegung ein Restrukturierungs-Merkmal checken muß, ein Prozeß, der sich im Spanischen overt als Agro°-Bewegung vollzieht und im Deutschen und Polnischen unsichtbar stattfinden muß. Dieser Unterschied ist letztlich eine Folge der [±stark]-Parametrisierung von Agro. In Kapitel 6 wird diese Restrukturierungsanalyse auf Sprachen angewendet, die entsprechende Transparenzeffekte mit finiten Sätzen aufweisen. Die Situation ist hier allerdings komplexer, weil man z. B. im Hinblick auf langes Scrambling verschiedene Möglichkeiten unterscheiden muß. Zunächst wird daher eine typologische Unterscheidung getroffen. Typ-1-Sprachen (Koreanisch, Japanisch) lassen ausschließlich langes Objekt-Scrambling zu, wohingegen sich in Typ-2-Sprachen (Hindi, Persisch) Objekte, Subjekte und Adjunkte aus finiten Sätzen scrambeln lassen. In Sprachen wie dem Deutschen und Polnischen (Typ-3-Sprachen) ist langes Scrambling aus finiten Sätzen demgegenüber prinzipiell ausgeschlossen. Für diese Unterschiede werden die parametrisierten Eigenschaften von C° verantwortlich gemacht. Entscheidend ist, ob C°-Inkorporation in finiten Sätzen analog zu Agro-Inkorporation in Infinitiven erfolgen kann, und wenn sie erfolgen kann, an welchem Schritt der Derivation sie erfolgt. Overte C°-Inkorporation liegt z. B. im Hindi vor, während C°-Inkorporation im Japanischen und Koreanischen auf LF stattfindet. Deutsch weist überhaupt nicht die Möglichkeit der C°- Inkorporation auf. Im letzten Teil der Arbeit werden einige Probleme erörtert, die sich aus der Diskussion in Kapitel 5 und 1 ergaben. In Verbindung mit einem bestimmten Restrukturierungs- phänomen, Remnant-Movement, entsteht die Frage, ob das ECP Lokalitätsbeschränkun- gen für Bewegung auch im Zusammenhang mit ungebundenen Spuren herzuleiten gestattet. Ich argumentiere dafür, daß dies der Fall ist, wenn man davon ausgeht, daß der Barrierencharakter von bewegten XPs "dynamisch", d. h. prinzipiell an jedem Schritt der Derivation ermittelt werden kann. Unabhängige Evidenz für diese These liefert die Beantwortung der Frage, wann Prinzip A und Prinzip B der Bindungstheorie applizieren. Im letzten Kapitel wird ein Problem diskutiert, daß im Zusammenhang mit der Diskussion in Kapitel 1 auftrat. Es ist zunächst einmal unklar, warum Kontrollinfinitive im Deutschen, die sich wie CPs verhalten, keine W-Bewegung zulassen. In Kapitel 8 wird Vorwort 3 _____________________________________________________________________________________ versucht, das Ausbleiben von W-Infinitiven in einzelnen Sprachen bzw. Konstruktionen auf die parametrisierten Eigenschaften eines funktionalen Kopfes zurückzuführen, und zwar auf die Eigenschaften des nicht-finiten C°-Kopfes. Die vorliegende Arbeit, die im Dezember 1994 fertiggestellt worden ist, wäre nicht ohne die Hilfe einer ganzen Reihe von Freunden und Kollegen zustande gekommen, bei denen ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. An erster Stelle und ganz besonders danke ich meinem Lehrer Günther Grewendorf, der mein linguistisches Denken geformt hat. Ich habe von unzähligen, hilfreichen Kommentaren und aus der intensiven Zusammenarbeit mit ihm viel gelernt. Ohne seine Unterstützung, sein Interesse und seine ständige Diskussionsbereitschaft wäre diese Arbeit nicht entstanden. Mein herzlicher Dank gilt ebenfalls Helen Leuninger, in deren Seminaren ich (hoffentlich) gelernt habe, wie wichtig neben technischen Fragen methodologische und psycholinguistische Überlegungen sind. Ferner danke ich besonders Sascha Felix für seine ausführlichen Kommentare zu der vorliegenden Arbeit. Einer ganzen Reihe weiterer Leute bin ich zu Dank für ihre Kommentare oder Diskussionsbereitschaft verpflichtet. Hierzu gehören die Teilnehmer der 2. Console- Konferenz in Tübingen, der 25. Nels-Konferenz in Pennsylvania und die Teilnehmer der GGS-Treffen in den letzten Jahren. Ferner sind zu nennen: Josef Bayer, Hans den Besten, Hagit Borer, Ellen Brandner, Damir Cavar, Kathrin Cooper, Marcel den Dikken, Peter Eisenberg, Steven Franks, Eric Fuss, Hans-Martin Gärtner, Hubert Haider, Katharina Hartmann, Jörg Keller, Thomas Köhn, Anthony S. Kroch, Christine Maaßen, Anoop Mahajan, Gereon Müller, Christian Plunze, Jeff Runner, Susanne Stanek, Wolfgang Sternefeld, Hubert Truckenbrodt, Ralf Vogel, Chris Wilder und Jochen Zeller. Für ihre Unterstützung und Hilfe mit Daten aus dem Englischen, Koreanischen, Hindi, Polnischen und Spanischen danke ich besonders Jeff Runner, Young-Me Park, Anoop Mahajan, Ma/lgozata Mai, Germán Olarieta und Pilar Lopéz Jurado. Eric Fuss danke ich vielmals für seine unermüdliche Unterstützung bei der redaktionellen Bearbeitung des Manuskripts. Mein letzter und besonderer Dank gilt Kirsten für ihre Geduld, Liebe und aufopfernde Hilfsbereitschaft während der letzten Phase dieser Arbeit. Gewidmet ist dieses Buch meinem Vater. 4 Kapitel 1 _____________________________________________________________________________________ Teil 1 Theoretische Grundlagen Überblick In diesem ersten Teil der Arbeit werden die für die späteren Kapitel wesentlichen theoretischen Konzepte erläutert. Von elementarer Bedeutung sind dabei i. die Struktur des Satzes (Kapitel 1), ii. die durch das ECP inklusive der Barrierentheorie determinierten Lokalitätsbeschränkungen für Bewegung (Kapitel 2) und iii. spezifische Beschränkungen für unterschiedliche Bewegungstypen (Kapitel 3). Die Struktur finiter und nicht-finiter Sätze des Deutschen wird in Kapitel 1 diskutiert. Die Annahmen über die Satzstruktur haben sich im Zuge neuerer Arbeiten (vgl. u. a. Pollock 1989, Chomsky 1991, 1993) radikal verändert und haben weitreichende Kon- sequenzen u. a. für die Theorie der Kasuszuweisung und für die Erklärung von Wortstel- lungsvariationen. Adaptiert wird in diesem Zusammenhang in Kapitel 1 die Split-Infl- Hypothese (Pollock 1989, Chomsky 1991, 1993), und es wird angenommen, daß struk- tureller Kasus im Deutschen durch Spezifikator-Kopf-Kongruenz in Agreement-Phrasen zugewiesen wird. Ich diskutiere ferner, ob Verbbewegung in Infinitiven und finiten Sätzen erfolgt. In Kapitel 2 werden die Bedingungen für die strenge Rektion von Spuren formuliert. Eine Reihe von Argumenten führt mich dazu, ein konjunktives ECP zugrunde zu legen. γ Im weiteren Verlauf der Diskussion bringe ich den -Markierungs-Mechanismus (Lasnik und Saito 1984, 1992) in Übereinstimmung mit diesem Konzept von strenger Rektion. γ Ausführlich besprochen wird, an welchem Schritt der Derivation Spuren -markiert werden müssen. Ferner übernehme ich Bakers (1988a) Barrierendefinition, die den Effekt hat, daß X°-Bewegung bzw. X°-Indizierung Barrieren öffnet. Die empirischen Konsequenzen dieses Konzeptes in Interaktion mit dem konjunktiven ECP werden in Verbindung mit Scrambling, X°-, A- und W-Bewegung diskutiert. Seit Chomsky (1986a) hat das Konzept intermediärer Adjunktionspositionen bei Bewegung eine zentrale Bedeutung erhalten. Die Rolle von Adjunktionspositionen als Zwischenlandepositionen bei A-Bewegung, Scrambling, W- und X°-Bewegung ist Gegenstand des dritten Kapitels. Ich begründe u. a., warum die Möglichkeit intermediärer Adjunktion übergeneriert bzw. kontraproduktiv ist, und formuliere die Adjunktionsbe- schränkung, die verbietet, daß Bewegung über Zwischenadjunktion erfolgt. Sobald sich ein Element in eine Adjunktionsposition bewegt hat, kann es nicht mehr weiterbewegt werden, es ist in seiner Landeposition "festgefroren". 1 Satzstruktur 1.0 Einleitung In diesem Kapitel diskutiere ich die Struktur finiter und nicht-finiter Sätze im Deutschen. Ausgehend von den Konsequenzen, die das I-/C-System für die Ableitung der verschiedenen Wortstellungsmöglichkeiten in finiten Sätzen des Deutschen bietet, wird u. a. versucht, zu verdeutlichen, daß die Annahme einer Infl°-Position für das Deutsche plausibel ist. Es wird dafür argumentiert, daß Kontrollinfinitive den gleichen kategorialen Status wie finite Sätze besitzen, und daß zu ein Affix ist, an das sich das Verb in der overten Syntax bewegt. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden das unter dem Namen Split-Infl-Hypothese bekannte erweiterte Satzschema (Chomsky 1991) und die Subjekt-in-VP-Hypothese eingeführt. 1.1 Finite Sätze Die Gestalt des Satzes läßt sich aus theoretischer Perspektive mit der X-bar-Theorie, die die Struktur aller Phrasen determiniert (Chomsky 1986a:3), motivieren. (1) XP ZP X' YP X° ... Y' Y° ... X° in (1) ist der Kopf der Phrase XP bzw. der maximalen Projektion von X°. ZP ist der Spezifikator von X°, und YP ist das Komplement des Kopfes X°. Während die hierarchische Struktur von Phrasen universell ist, ist die Reihenfolge des Auftretens einzelner Kategorien wie Kopf und Komplement durch das X'-Schema nicht restringiert. Die lineare Anordnung der Elemente in einer Phrase unterliegt einzelsprachlicher Parametrisierung (vgl. Travis 1984).1 In SVO-Sprachen wie dem Englischen folgt in der basisgenerierten Struktur das Objekt auf das Verb, während in SOV-Sprachen wie dem 1 Zu einer anderen Auffassung vgl. Kayne (1994). 8 Kapitel 1 _____________________________________________________________________________________ Deutschen das Komplement dem Verb in der zugrundeliegenden Struktur des Satzes vorangeht. Die Variable X in (1) steht nicht nur für die vier lexikalischen X°-Kategorien, sondern ebenfalls für die funktionalen Köpfe C° und I° wie in (2) und (4) zu sehen ist:2 (2) [ [ [ daß ] [ jemand das Buch las]]] CP C' C° IP 1.1.1 Wortstellungsvarianten und elementare Bewegungsbeschränkungen Das X'-Schema und besonders das C-System des Satzes eröffnen die Möglichkeit einer einfachen Beantwortung der Frage, warum das finite Verb im Deutschen in drei verschiedenen Positionen vorkommen kann. Betrachten wir hierzu die relevanten Satztypen: (3) a. Ich glaube [ [ daß] [ jemand das Buch t [ las ]]] CP C° IP v I° v b. [ [ las ] [ jemand das Buch t ]]? CP C° v IP v c. [ jemand [ las ] [ t das Buch t ]] CP i C° v IP i v d. [ das Buch [ las ] [ jemand t t ]] CP i C° v IP i v In (3a) liegt V/End-Stellung des finiten Verbs vor. In (3b) befindet sich das Verb in der satzinitialen Position und bei (3c-d) handelt es sich um V/2-Sätze. Mit der Analyse des Satzes als CP werden genau die Positionen bereitgestellt, die für das vorangestellte finite Verb in (3b-d) und ihm vorausgehende Konstituenten (3c-d) nötig sind. Die transformationelle Besetzung des C-Systems unterliegt natürlich Beschränkungen. Nach Chomsky (1986a) können nur XPs in Spezifikator-Positionen und nur X°- Kategorien in X°-Positionen bewegt werden. X'-Kategorien sind generell unbeweglich. Wie in (4) zu sehen ist, sind mit V, I und C insgesamt drei Positionen für ein Verb vorhanden: 2 Die Annahme, daß Infl° der Kopf des Satzes ist (vgl. u. a. Chomsky 1981:162, führt konsequenterweise zu der Struktur in (2) bzw. (4). Abney (1987) wendet diese Idee auch auf die funktionale Kategorie D° an. Darüber, ob stets DPs (und niemals NPs) vorliegen, besteht allerdings kein Konsens. Bowers (1987) und Haider (1988b) votieren beispielsweise für beide Optionen. Satzstruktur 9 _____________________________________________________________________________________ (4) CP C' C° IP Subjekt I' VP I° Objekt V° In (3a) ist das Verb lediglich bis in die I°-Position gewandert, wo es sich gemäß traditioneller Annahmen (Chomsky 1986a:68) mit der Flexionsendung verbindet. Alternativ kann man annehmen, daß das Verb bereits mit der Flexionsendung ausgestattet in die Struktur eingesetzt wird (Chomsky 1993), und daß V°-nach-I° nötig ist, weil das Verb seine Flexionsmerkmale in I° überprüfen muß. In (3b-d) ist das Verb wie in (4) angedeutet über V°-nach-I°-nach-C° aus der satzfinalen Position in die Kopfposition von CP gewandert. In (3c) und (3d) ist ferner eine maximale Projektion in die CP- Spezifikator-Position verschoben worden. Durch die durch das X'-Schema bereitgestellten Positionen und durch die Möglichkeit der transformationellen Besetzung des C-Systems entstehen also die bei V/2-, V/1- und V/End-Sätzen zu beobachtenden Linearisierungen. ± ± Unter der Annahme, daß C° [ W]-Merkmale und I° [ Tempus, Kongruenz]-Merkmale zu Phrasen expandieren, sind diese X°-Positionen nicht ungefüllt wie etwa die Spec CP- Position (zu anderen Auffassungen bezüglich C° vgl. aber u. a. Grewendorf 1988:244, Rizzi und Roberts 1989, Frampton 1991, siehe auch Fn. 3 und die Diskussion in Stechow und Sternefeld 1988, Abschnitt 11.7). X°-Bewegung ist daher Adjunktionsbewegung und in (3b) folgt z. B. auf V-nach-I°-Bewegung X°-Bewegung von [ V I°] nach C°. I° Zu der bereits erwähnten Einschränkung, wonach ausschließlich X°-Kategorien in X°- Positionen bewegt werden können, muß allerdings eine weitere Restriktion hinzukommen, um ungrammatische Ableitungen wie (5) verhindern zu können, denn zunächst gibt es nichts, was ausschließt, daß die CP-Spezifikator-Position durch zwei XPs besetzt wird. Chomsky nimmt an, daß diese Position nur durch ein Element besetzt werden kann. (5) * [ das Buch jemand [ las ] t t t [ t ' ]] CP j i C° v i j v I v Es ergeben sich nun eine Vielzahl von Fragen, die sowohl X°- bzw. Verbbewegung als auch XP-Bewegung betreffen. Im Hinblick auf die Diskussion in den folgenden Kapiteln greife ich lediglich ein Problem heraus.3 3 Mit den unterschiedlichen Verbstellungstypen sind z. B. die Fragen verbunden, die sich bei jedem Kopfbewegungsprozeß stellen. 1. Warum ist X°-Bewegung bzw. Verbbewegung in einigen Kontexten obligatorisch? 2. Was verhindert sie in anderen Umgebungen? Wenden wir uns kurz der zweiten Frage zu. Die Tatsache, daß Komplementierer und finite Verben komplementär verteilt sind - in (3a) kann V-nach-C nicht erfolgen - legt die Hypothese nahe, daß das Verb nur in die 10 Kapitel 1 _____________________________________________________________________________________ Aus den bisherigen Annahmen leitet man ab, daß in einem Satz höchstens eine maximale Projektion dem Subjekt vorangehen kann. Dies ist aber angesichts möglicher Wortstellungsvarianten im Deutschen zu restriktiv: (6) a. [ Sicherlich [ rezensiert [ das Buch [ jemand t t ]]]] CP C' v IP i IP i v b. [ daß [ dem Fritz [ das Buch [ jemand t t gezeigt hat]]]] C° IP j IP i IP j i c. [ daß [ dem Fritz [ das Buch [ wahrscheinlich [ jemand t t gezeigt C° IP j IP i IP IP j i hat]]]]] Die Beispiele in (6) dokumentieren das Scrambling-Phänomen. Während es sich bei der XP-Bewegung in (3c-d) um Substitutionsbewegung handelt, liegt in (6) Adjunktions- bewegung vor. In (6a) wird der IP-Knoten, die Zielposition des gescrambelten direkten Objekts, im Zuge der Bewegung durch Chomsky-Adjunktion iteriert wie im Fall von X°- Bewegung der I°-Knoten, während das Satzadverb bzw. die AP in (6c) in einer Komplementierer-Position bewegt werden kann, wenn diese nicht besetzt ist. Somit scheint für die Besetzung der C°-Position das zu gelten, was auch für die CP-Spezifikator-Position gilt: Beide Positionen können nur durch ein Element besetzt werden. In Sätzen wie (ia) ist die C°-Position des eingebetteten Satzes aber nicht durch ein lexikalisches Element besetzt, dennoch kann V-nach-C nicht erfolgen: (i) a. Ich weiß nicht [ was [ ] Tom t las] CP C° b. * Ich weiß nicht [ was [ las] Tom t] CP C° Es wird im allgemeinen angenommen, daß die C°-Position in eingebetteten Fragen durch einen phonetisch nicht realisierten [+W]-Komplementierer besetzt ist, der V-nach-C blockiert (vgl. Kapitel 8). Torrego (1984) hat hingegen dafür argumentiert, daß V/2-Bewegung im Spanischen in Kontexten wie (i) erfolgen muß. In Suñer (1994) wird jedoch im Rahmen der Subjekt-in-VP-Hypothese gezeigt, daß dies nicht zutreffen kann, und daß das Verb in finiten Sätzen im Spanischen nur bis in die I°- Position wandert und nie nach C°, während W-Phrasen nach Spec CP bewegt werden. (Eine ähnliche Situation hinsichtlich Verbbewegung liegt im Jiddischen vor, vgl. Diesing 1990). Zur Beantwortung der ersten Frage ist vielfach die Annahme gemacht worden, daß in V/2- Sprachen Verbbewegung in die C°-Position durch ein Tempus- bzw. Infl-Element oder durch einen Tense-Operator, der in C basisgeneriert ist und lexikalisiert werden muß, ausgelöst wird (vgl. hierzu u. a. den Besten 1977/83; de Haan 1984; van Kemenade 1984; Haider 1986b; Scherpenisse 1986:70f.; Raposo 1987a; Bennis und Hoekstra 1988a, 1988b, 1989b; Hoekstra, J. und Marácz 1989; Platzack und Holmberg 1988, 1989; Holmberg 1990; Platzack 1990; Rizzi 1990; Tomaselli 1990 und Kosmeijer 1991). Die Analysen unterscheiden sich natürlich im Detail. Rizzi (1990) nimmt z. B. an, daß durch ein [+I°]-Merkmal in C° Verbbewegung ausgelöst wird. Die Tempus-Spezifikation eines Satzes wird in I° basisgeneriert und muß alle anderen [+I°]-Kategorien c-kommandieren. Damit Tempus die [+I°]-Kategorie in C° c-kommandieren kann, muß ein Verb in I° weiter nach C° bewegt werden. Alternative Erklärungsvorschläge des V/2-Phänomens machen u. a. Kayne (1982), Holmberg (1986) und Grewendorf (1988, Kap. 11). Grewendorf geht z. B. davon aus, daß es Fälle gibt, in denen C° ohne Merkmale generiert wird (vgl. hierzu auch die Diskussion in Stechow und Sternefeld 1988: 388ff.). Weil der C-Kopf im Deutschen nicht leer sein darf, erfolgt in diesen Fällen V-nach-C°. Ein wesentliches Charakteristikum dieser Analysen ist, daß für alle V/2-Strukturen die gleiche uniforme Derivation vorgeschlagen wird. Unabhängig davon, ob ein Subjekt (3c) oder ein Objekt (3d) in satzinitialer Position erscheint, sind diese Elemente stets in die Spec CP-Position bewegt worden. Hierin unterscheiden sich diese Arbeiten von den Analysen, die in Travis (1984 (Kapitel 3), 1991) und Reis (1985a) vorgeschlagen werden. Für Travis (1984) können V/2-Sätzen zwei unterschiedliche Derivationen zugrundeliegen. Infl steht in ihrer Analyse links von VP und die SVO- Stellung wird dadurch erzeugt, daß sich das Verb aus der satzfinalen Position nach I° bewegt. Wenn allerdings OVS-Stellung vorliegt, erfolgt XP-Bewegung nach Spec CP und V-nach-C°. Ein weiterer Unterschied zwischen ihrer Analyse und den oben genannten besteht darin, daß V/2-Bewegung durch die Erfordernisse des ECP ausgelöst wird (zu Problemen, die sich aus dieser Analyse ergeben, vgl. Schwartz und Vikner 1989). Zusammenfassende Darstellungen von verschiedenen Erklärungen des V/2-Phänomens findet man in Platzack (1985), Holmberg (1986, Kap. 5), Grewendorf (1988, Kap. 11), Weerman (1989) und Vikner (1990).

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