Nikolaus Werz (Hrsg.) Populisten, Revolution(cid:228)re, Staatsm(cid:228)nner. Politiker in Lateinamerika B I B L I O T H E C A I B E R O - A M E R I C A N A Ver(cid:246)ffentlichungen des Ibero-Amerikanischen Instituts Preu(cid:223)ischer Kulturbesitz Band 129 B I B L I O T H E C A I B E R O - A M E R I C A N A Nikolaus Werz (Hrsg.) Populisten, Revolution(cid:228)re, Staatsm(cid:228)nner Politiker in Lateinamerika Vervuert Verlag • Frankfurt am Main 2010 ' Vervuert Verlag 2010 Elisabethenstr. 3-9 D-60594 Frankfurt am Main [email protected] www.ibero-americana.net ISSN 0067-8015 ISBN 978-3-86527-513-4 Umschlaggestaltung: Michael Ackermann Umschlagabbildung: Martin Koschkar, B.A.: Fotomontage auf der Grundlage von Abbildungen aus Wikimedia Commons ' Ibero-Amerikanisches Institut, PK, Berlin Satz: Anneliese Seibt, Ibero-Amerikanisches Institut PK Gedruckt auf s(cid:228)ure- und chlorfreiem, alterungsbest(cid:228)ndigem Papier gem(cid:228)(cid:223) ISO-Norm 9706 Gedruckt in Spanien Inhalt Nikolaus Werz Einleitung: Politische Gesichter Lateinamerikas ................................ 9 Befreier eines Kontinents Horst Pietschmann JosØ de San Mart(cid:237)n ............................................................................ 50 Walther L. Bernecker Sim(cid:243)n Bol(cid:237)var ................................................................................... 80 Auf dem Weg ins 20. Jahrhundert Hans-Joachim K(cid:246)nig Francisco de Paula Santander y Omaæa .......................................... 104 Marianne Braig Benito JuÆrez................................................................................... 126 Christian Hau(cid:223)er Kaiser Pedro II................................................................................. 142 Populisten Nikolaus Werz Juan D. Per(cid:243)n................................................................................... 172 Sandra Carreras Evita................................................................................................. 196 Jens R. Hentschke Getœlio Vargas ................................................................................ 216 6 Inhalt G(cid:252)nther Maihold LÆzaro CÆrdenas.............................................................................. 238 Revolution(cid:228)re und Sozialisten Martina Kaller-Dietrich Emiliano Zapata .............................................................................. 262 Volker W(cid:252)nderich Augusto CØsar Sandino ................................................................... 278 Michael Zeuske unter Mitarbeit von Thomas Neuner Fidel Castro ..................................................................................... 298 Frank Niess Ernesto Che Guevara....................................................................... 320 Dieter Nohlen Salvador Allende ............................................................................ 342 Reformer Nikolaus Werz Victor RÆul Haya de la Torre........................................................... 368 Nikolaus Werz R(cid:243)mulo Betancourt ......................................................................... 384 Mario FernÆndez Baeza Eduardo Frei Montalva.................................................................... 400 Peter Birle Victor Paz Estenssoro ..................................................................... 418 Nikolaus Werz JosØ Figueres Ferrer ........................................................................ 434 Inhalt 7 Milit(cid:228)rdiktatoren Nikolaus Werz Rafael Le(cid:243)nidas Trujillo ................................................................. 450 Carlos Huneeus Augusto Pinochet Ugarte ................................................................ 474 Politiker und Politikerinnen der Gegenwart Eva Karnofsky Carlos Saœl Menem ........................................................................ 492 Wilhelm Hofmeister Fernando Henrique Cardoso ........................................................... 518 Friedrich Welsch Hugo Rafael ChÆvez Fr(cid:237)as .............................................................. 546 Juliana Str(cid:246)bele-Gregor Evo Morales Ayma ......................................................................... 572 Barbara Potthast Frauen in der lateinamerikanischen Politik .................................... 589 Autorinnen und Autoren ................................................................. 615 Nikolaus Werz Einleitung: Politische Gesichter Lateinamerikas1 Das Bild Lateinamerikas wird von Gegens(cid:228)tzen bestimmt: Armut, Unterentwicklung und Gewalt stellen die eine Seite dar, Lebensfreude, Wunsch nach Befreiung und Reichtum die andere. Schlechte Nach- richten scheinen f(cid:252)r Politik und Wirtschaft reserviert, gute Botschaf- ten gehen von der Kultur aus. W(cid:228)hrend sowohl in der (cid:246)ffentlichen als auch in Teilen der sozialwissenschaftlichen Perzeption Probleme wie Abh(cid:228)ngigkeit, Ungleichheit und Korruption (cid:252)berwiegen, konzentriert sich das pers(cid:246)nliche Interesse auf den Einzelnen und interessante Be- gegnungen. Vereinfacht ausgedr(cid:252)ckt: W(cid:228)hrend der Gesamteindruck des amerikanischen Subkontinents durchwachsen bleibt, sind die Ge- sichter seiner Menschen, Schriftsteller, K(cid:252)nstler und Sportler heiter und farbenfroh. Auch f(cid:252)r einige Politiker scheint diese Doppelrolle zu gelten. Politiker sind nicht popul(cid:228)r (cid:150) besonders in Lateinamerika, m(cid:246)chte man hinzuf(cid:252)gen. Manche werden sich noch an den argentinischen Sommer 2001 erinnern, als innerhalb weniger Tage f(cid:252)nf Pr(cid:228)sidenten amtierten und Demonstranten auf den Strassen skandierten: (cid:147)Que se vayan todos (cid:150) Sie sollen alle verschwinden.(cid:148) Doch dieses Bild entspricht nur partiell der Realit(cid:228)t. Im Zuge einer gewissen wirtschaftlichen Erholung sind zwischen 2003 und 2009 in mehreren L(cid:228)ndern Pr(cid:228)sidenten (cid:150) Lula in Brasilien, Alvaro Uribe in Kolumbien, Hugo ChÆvez in Venezuela und Rafael Correa in Ecuador (cid:150) oder Parteien bzw. Parteienb(cid:252)ndnisse (cid:150) die Partido Acci(cid:243)n Nacional (PAN) in Mexiko, die Concertaci(cid:243)n in Chile (cid:150) wiedergew(cid:228)hlt worden. In Argentinien wurde nach Nestor Kirchner zum Jahreswechsel 2007/08 seine Frau Christina FernÆndez de Kirchner Pr(cid:228)sidentin. Die Vorstellung von einer generellen Ablehnung der Politiker greift aber 1 Erste Versionen wurden im M(cid:228)rz 2008 beim Instituto Cervantes in Hamburg sowie im Fr(cid:252)hjahr 2009 bei Veranstaltungen des Thomas-Morus-Bildungswerkes in Mecklenburg-Vorpommern vorgetragen. 10 Nikolaus Werz auch deshalb zu kurz, weil Lateinamerika derzeit die l(cid:228)ngste demokra- tische Phase seiner Geschichte durchl(cid:228)uft, d.h. seit fast 30 Jahren fin- den au(cid:223)er in Kuba und Haiti in der Regel freie Wahlen statt. Zwar pr(cid:228)gen in der Berichterstattung nicht selten b(cid:228)rtige Guerilleros und selbsternannte Revolution(cid:228)re das Bild des Subkontinentes, Anfang des 21. Jahrhunderts hat jedoch die gro(cid:223)e Mehrheit der Pr(cid:228)sidenten das Amt als Ergebnis freier und weitgehend fairer Wahlen (cid:252)bernommen. Erstaunlich bleibt indessen, dass auch unter den Bedingungen von Wahldemokratien einzelne Personen und Mythen offenbar eine Kons- tante bilden und sogar an Bedeutung gewinnen. Die Politiker und ihre F(cid:228)higkeiten sind aber noch aus einem an- deren Grund wichtig. Sie k(cid:246)nnen im lateinamerikanischen Pr(cid:228)siden- tialismus zumindest auf den ersten Blick mehr Macht entfalten als Regierungschefs in Westeuropa. Aus dem Pr(cid:228)sidentenamt resultieren M(cid:246)glichkeiten zur Finanzierung und zum Aufbau klientelistischer Strukturen. (cid:147)Warum m(cid:246)chten Sie an die Pr(cid:228)sidentschaft gelangen? Weil dort das Geld ist(cid:148), lautet ein in Lateinamerika h(cid:228)ufig zitierter Satz. (cid:220)brigens gelingt dies l(cid:228)ngst nicht mehr so gefahrlos wie in der Vergangenheit (cid:150) einige Ex-Pr(cid:228)sidenten wurden nach Korruptionsvor- w(cid:252)rfen vor(cid:252)bergehend in Untersuchungshaft oder Hausarrest genom- men, z.B. in Costa Rica und Venezuela. Einzelne wurden verurteilt, zuletzt Alberto Fujimori, der von 1990 bis 2000 Pr(cid:228)sident in Peru war. Da auch links-nationalistisch auftretende Regierungen vom Export (oder von ausl(cid:228)ndischer Unterst(cid:252)tzung) abh(cid:228)ngen, beruht die Popula- rit(cid:228)t und internationale Pr(cid:228)senz zum Beispiel der neuen Populisten und anderer Amtsinhaber nicht zuletzt auf den Preisen f(cid:252)r die Aus- fuhrprodukte ihrer L(cid:228)nder. Entgegen den nicht nur in Lateinamerika vorhandenen antipoliti- schen Einstellungen sind einzelne Politiker erstaunlich popul(cid:228)r. Lea- ders und populistisch auftretende Pr(cid:228)sidenten geh(cid:246)ren in Nord- und S(cid:252)damerika zum politischen Leben. Hier sei an den Ecuadorianer JosØ Mar(cid:237)a Velasco Ibarra (1893-1979) erinnert, dem der Satz (cid:147)Gebt mir einen Balkon und das Pr(cid:228)sidentenamt ist mein(cid:148) zugeschrieben wird. Er gewann eigentlich jede Wahl, zu der er antrat. Die dazwischen anfallende Zeit im Exil nutzte er u.a. f(cid:252)r Forschung und Lehre. Politi- ker wie der Venezolaner R(cid:243)mulo Betancourt und der Chilene Eduardo Frei (siehe die Aufs(cid:228)tze in diesem Band) verfassten Texte, die f(cid:252)r die Geschichte ihrer L(cid:228)nder wichtig wurden. Einige sind also, wenn wir