N. J. NEUMANN P. LEHMANN Photodermatosen Ein Leitfaden zur Diagnostik J. NORBERT NEUMANN PERCY LEHMANN P odermatose 0 Ein Leitfaden zur Diagnostik Mit 28 farbigen Abbildungen und 13 Tabellen J. Dr. med. NORBERT NEUMANN Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Universitätshautklinik Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf Prof. Dr. med. PERCY LEHMANN Heinrich -Heine-Universität Düsseldorf Universitätshautklinik Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf ISBN 978-3-7985-1229-0 ISBN 978-3-662-12686-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-12686-8 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Ver vielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2000 Ursprünglich erschienen bei Steinkopff Verlag, Darmstadt 2000 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder mann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzel fall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herstellung: K. Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 10759813 105/7231-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf säurefreiem Papier Vorwort Die Photobiologie untersucht die komplexen Auswirkungen der Sonnenstrah lung auf biologische Systeme. Der Haut kommt in diesem Kontext als Grenz organ zu unserer Umwelt eine ganz besondere Rolle zu. So hat das Teilgebiet der Photodermatologie einerseits als Grundlagenwissenschaft, andererseits als klinische Spezialität in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Durch die Ermittlung von selektiven therapeutischen Aktionsspektren lassen sich heute mit geeigneten Strahlenquellen eine Reihe von Hauterkrankungen sehr gezielt und effektiv therapieren und unter Kontrolle halten. Anderseits vermag die Sonnenstrahlung eine große Anzahl von Dermatosen zu induzie ren - die Photodermatosen. Photodermatosen werden häufig diagnostiziert. Skandinavische und amerikanische Untersuchungen konnten zeigen, dass z. B. die polymorphe Lichtdermatose bei ca. 15% der jüngeren weißen Bevölke rung vorkommt. Da Patienten mit Photodermatosen sich häufig im erschei nungsfreien Intervall vorstellen und spezifische laborchemische Parameter bei den meisten Photodermatosen nicht zu erheben sind, kommt den Photopro vokationstestungen eine besondere Bedeutung zu. 1983 wurde an der Hautklinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein Labor für photodiagnostische Testverfahren eingerichtet, in dem in der Folgezeit alle Patienten mit Verdacht auf eine Photodermatose getestet wur den. Ziel dieser Testverfahren ist es, die Diagnose mittels Reproduktion in einem Testareal auf der Haut zu sichern und die auslösenden Strahlen, das sog. Aktionsspektrum, zu ermitteln. Für jede Photodermatose mußte dafür ein spezifisches Provokationsprotokoll aufgrund von Literaturangaben und Voruntersuchungen entwickelt werden, da akzeptierte Regeln hierfür nicht existieren. Mit dem vorliegenden Leitfaden haben wir versucht, unsere Erfahrungen der letzten 17 Jahre bei der systematischen Untersuchung von Photodermato sen mit diesen Testverfahren zusammenzufassen. Bewusst haben wir auf Rari täten verzichtet, wie z. B. seltene enzymbedingte Photodermatosen. Es wurden nur Krankheiten beschrieben, die in jeder dermatologischen Klinik aber auch bei den niedergelassenen Fachkollegen regelmäßig oder zumindest gelegent lich vorkommen. Möge dieser Leitfaden allen, die damit arbeiten, eine praktische Hilfe in der schwierigen Diagnostik einiger der interessantesten Erkrankungen unse res Fachgebiets sein. VI Vorwort Unser besonderer Dank gebührt Herrn Professor Dr. med. Gerd Plewig, Klinischer Direktor der Hautklinik der Ludwig-Maximilians-Universität Mün chen sowie Herrn Professor Dr. med. Erhard Hölzle, Leiter der Dermatologi schen Klinik der Städtischen Kliniken Oldenburg, für ihre Unterstützung und kritische Begleitung unserer Arbeit. Desweiteren möchten wir auch Herrn Wilfried Neuse danken für die ein drucksvollen Photographien der Photodermatosen sowie der Photoprovokati onsbefunde. Nicht zuletzt gilt unser Dank Frau Dr. med. Gertrud Volkert und ihrem Team vom Steinkopff Verlag Darmstadt für ihr kreatives und unermüdliches Engagement. Düsseldorf, im Juni 2000 NORBERT J.NEUMANN PERCY LEHMANN Inhaltsverzeichnis Einleitung ... .... ... .... ...... ..... ........... ... ..... .. ... ... . • Photodermatosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . . . . Polymorphe Lichtdermatose (PLD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Hydroa vacciniformia (HV) .............. ....... .... ... ....... . 8 Lichturtikaria (LU) .......... .... ................... ......... 10 Aktinische Prurigo (AP) ...................................... 12 Aktinische Dermatitis (AD) ......... .. ...... .. ........... .. .... 15 Akute aktinische Dermatitis (AAD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1 7 . . . . . . . Dermatitis solaris (DS) ................................... 17 Phototoxische Dermatitis (PTD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 8. . . . . . . Photoallergische Dermatitis (PA) ....... ....... ...... ........ 20 Chronische aktinische Dermatitis (CAD) ................ ......... 22 Aktinisches Retikuloid (AR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 2 . . . . . . . . Photosensitives Ekzem (PSE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2 3. . . . . . . . Photosensitive Dermatitis (PSD) ............................ 24 Persistierende Lichtreaktion (PLR) .......... ..... ... ....... .. 25 Photoaggravierte atopische Dermatitis (PAD) ................... 26 Lupus erythematodes (LE) ... ..... .. .. ... ..... .... ......... ... 27 Erythropoetische Protoporphyrie (EPP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.0 • Photodiagnostische Testverfahren ............................... 33 Die Lichttreppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3 5. . . . . . . . . . . . Einleitung .. .... ....................................... 35 UV-B-Lichttreppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 . . . . . . . . . . . UV-A-Lichttreppe .......................... ..... .. .. ..... 36 Diagnostischer Stellenwert der UV-B- und UV-A-Lichttreppe .......... 37 Die Photoprovokationstestungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 . . . . . . . . Einleitung ............................................. 38 Einmalphotoprovokation (EP) ... .. ......... ....... ..... ...... 39 Mehrfachphotoprovokation (MP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 0. . . . . . . VIII Inhaltsverzeichnis Der Photopatch-Test (PPT) .. .......... ........................ 42 Einleitung ........... .......... ............ ............. 42 Technik des Photopatch-Testes ....... .. ........ ... ........ ... 43 Interpretation der Testergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .4 4. . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Sachverzeichnis .......... .. ......... .. ... ............... ...... 54 Abkürzun sverzeichnis AAD: Akute aktinische Dermatitis AD: Aktinische Dermatitis AP: Aktinische Prurigo AR: Aktinisches Retikuloid CAD: Chronische aktinische Dermatitis CEP: Congenitale erythropoetische Porphyrie DAPT: Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft Photopatch-Test DD: Differentialdiagnose DS: Dermatitis solaris EP: Einmalphotoprovokation EPP: Erythropoetische Protoporphyrie HLA: Human leukocytic antigen HV: Hydroa vacciniformia IPD: Immediate pigment darkening LE: Lupus erythematodes LU: Lichturtikaria MED: Minimale Erythemdosis MP: Mehrfachphotoprovokation MTD: Minimal tanning dose MUD: Minimale Urtikariadosis PA: Photoallergische Dermatitis PAD: Photoaggravierte atopische Dermatitis PE: Probeexzision PLD: Polymorphe Lichtdermatose PLME: Polymorphie light eruption PLR: Persistierende Lichtreaktion PPT: Photopatch -Test PSD: Photosensitive Dermatitis PSE: Photosensitives Ekzem PTD: Phototoxische Dermatitis SPDRG: Scandinavian Photodermatology Research Group SPP: Systemische Photoprovokation VD: Verdachtsdiagnose Einleitun Unter Photodermatosen werden Hauterkran ligen diagnostischen Schritten für die Dia kungen verstanden, für die das Sonnenlicht gnose einer Entität relevant sein können. bzw. künstliche Strahlungsquellen der ent Diese Angaben müssen aber nicht in je scheidende ätiologische Faktor sind. Nach dem diagnostischen Zwischenschritt nachge folgend werden die polymorphe Lichtderma wiesen werden können. Nur selten stellt sich tose, die Hydroa vacciniformia, die Lichturti z. B. ein Patient mit den typischen Läsionen karia, die aktinische Prurigo und die aktini einer Photodermatose vor, die eine sofortige sche Dermatitis erläutert. Diagnosestellung erlauben würden. Die Ein Der Lupus erythematodes und die ery teilung in "obligatorische" und "fakultative" thropoetische Protoporphyrie gehören nicht Kenndaten versteht sich also nicht in dem in die Gruppe der Photodermatosen. Da sie Sinne, daß diese oder jene Angabe immer aber durch Licht aggraviert werden können vorhanden sein muß. Obligatorische Kenn und damit wichtige Differentialdiagnosen daten sind vielmehr Angaben, die, falls vor darstellen, werden sie am Schluß des Kapi handen, wesentlich für die Diagnose einer tels mit aufgeführt. Erkrankung sind. Dagegen können fakultati Jedes Krankheitsbild wird zunächst klar ve Angaben nicht nur bei einem Krankheits und übersichtlich gegliedert beschrieben bild, sondern auch bei einer oder mehreren (Definition, Häufigkeit, Ätiologie usw.). An anderen Erkrankungen auftreten. schließend werden die Kenndaten der Er Zur Übersicht ist die photodiagnostische krankung tabellarisch aufgelistet, d. h. die Vorgehensweise Schritt für Schritt schema potentiell möglichen Befunde und Sym tisch in einen Flußdiagramm (Abb. 1) zu ptome werden aufgeführt, die bei den jewei- sammengefaßt. 2 Einleitung Anamnese 1 Klinik 0+ Wenn Diagnose möglich 0+ Ende evtl. PE 1 Lichttreppe 0+ Wenn Diagnose möglich 0+ Ende evtl. PE 1 l Ohne Befund I MED UV-A und MED UV-B normal IEinmalprovokation UV-A I Einmalprovokation UV-B / 0+ Wenn Diagnose möglich 0+ Wenn Daignose möglich 0+ Ende 0+ Ende evtl. PE evtl. PE IO h""~.--- -,~Befu"d I _______ / Einmalprovokation UV-A oder UV-B 0+ Wenn Daignose möglich 0+ Wenn Diagnose möglich 0+ Ende 0+ Ende evtl. PE evtl. PE I Photoprick-Test? I ~ IOHNEBEFUNOI 0+ IPhotoscratch-Test?1 Abb. 1. Ablaufschema der photodermatologischen Diagnostik