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Orte der Gewalt: Herrschaft und Macht im Geschlechterverhältnis PDF

178 Pages·1987·4.641 MB·German
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lise Droge-Modelmog . Gottfried Mergner (Hrsg.) Orte der Gewalt Ilse Droge-Modelmog . Gottfried Mergner (Hrsg.) Orte der Gewalt Herrschaft und Macht im Geschlechterverhiiltnis Westdeulscher Verlag CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Orte der Gewalt: Herrschaft u. Macht im Geschlechterverhiiltnis / lise Droge-Modelmog; Gottfried Mergner (Hrsg.). - Opladen: Westdt. VerI., 1987. NE: Droge-Modelmog, lise [Hrsg.) Aile Rechte vorbehalten © 1987 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Softcover reprint of the hardcover 15t edition 1987 Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtIich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des VerJags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere flir Vervielfiiltigungen, Obersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Biirkle, Darmstadt Druck und buchbinderische Verarbeitung: Lengericher Handelsdruckerei, Lengerich ISBN-13: 978-3-531-11884-0 e-ISBN-13: 978-3-322-84184-1 DOl: 10.1007/978-3-322-84184-1 Inhalt Einleitung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. Auf der Suche nach Liebe in Gewaltverhaltnissen lIse Droge-Modelmog Was heiBt hier Liebe"? Gedanken zu einem sozialen Massenphanomen . . . . . . . . . . . . . . . 15 Got(ji-ied MeIxner Das unstillbare Verlangen. Ein Beitrag zur Geschichte der mannlichen Vorstellung von der Liebe als Montage von Dokumenten, Kommentaren und einem Gedicht . . . . . . . . . . . . . . 32 Bernd Nitzschke Nahe als Gewalt. Zum Beispiel: Das Leben und Werk des Morphinisten, Psychoanalytikers, Anarchisten und "Schizophrenen" Otto Gross (1877 - 1920) .. .. . ... . . .. .. .. . .. 51 II. Konstruktionsversuche zur Mannlichkeit Lore Puntigam Der Mythos vom Patriarchat.... . . .. .. . . .. . . .. .. .. .. . ... .. . 75 Gerhard Kraiker Frauen als Zweite GroBe. Zur Stellung der Frau in politischen Utopien und Theorien von der Renaissance bis zur Friihromantik ..................................... 99 Christoph AsendO/j' Die blauen Reiter oder der Kampf urn die Tugend der Moderne ................................................ 118 6 III. Kolonialismus: Sexismus und Rassismus Cornelia Mansfeld Sexisrnus und Rassisrnus - Ein Versuch tiber ihre Verbindungen .. ... .. .... .. . . .. . . .. ... . .. .. .. .. ... . .. ..... 133 lise Lenz Zur Frage weiblicher Handlungsriiurne undweiblichen Widerstands in der sozialen Entwicklung .................... 146 IV. Die Wirkung des Verdrangten Mario Erdheim Ethnopsychoanalytische Beitriige zurn Verstiindnis der Gewalt .............................................. 164 Thomas Kleim.pehn ... als ging's in den H6l1enraurn" - Uber verschlingende Frauen und Angste von Miinnern zu Beginn des 19. Jahrhunderts ............................. 168 Einleitung Frauen sind an der Reproduktion des industriellen Patriarchats nicht unbe teiligt, sie partizipieren an dem sozialen System durchaus machtvoll, Manner konnen nicht langer ohne Blessuren, Selbstdestruktion und den massiven Einspruch der Unterdrtickten Herrschaft tiber Frauen austiben. In diesem Dilemma, das beide Geschlechter zur Besinnung herausfordert, konstituieren sich Macht, Herrschaft und ihre offen en und subtilen Handlungsformen der Gewalt, also der ganze niedertrachtige, wie auch aufregende, spannungsgela dene, durchaus auch erotisierte Geschlechterkampf in der modernen Welt. Schon Foucault hat in seiner engagierten Analyse der Mikrophysik der Macht in der Industriegesellschaft den Nachweis erbracht, daB aile Men schen, gleich in welchen Positionen sie wirken oder welchem Geschlecht sie angehoren, machtkonstituierend wirken. Den Willen zur Macht entlarvt er, ganz in der Denktradition von de Sade und Nietzsche verankert, als univer selle, als anthropologische Leidenschaft. Wenn er dam it einen wichtigen Erkenntnisbeitrag zum Funktionieren von Macht, also ihrer Mechanismen, ihrer Strategien, geleistet hat, kommt er dennoch nicht zu einer differenzier ten Betrachtungsweise, die notwendig ist, urn das spezifische Gewaltverhalt nis zwischen Mann und Frau in der Gegenwart zu erfassen. Dazu ist es erforderlich, zwischen Macht und Herrschaft zu unterscheiden: Frauen tiben zwar Macht aus, aber Herrschaft ist patriarchal. Die heutigen Gewaltformen - als ein konkreter Ausdruck von Herrschaft und Macht -mtissen daher in ihren geschlechtsbezogenen, manifesten und latenten Formen analysiert werden. Daraus wachst ein ganzes Fragenbiischel, aus dem hier nur einige mar kante und dominante Probleme herausgegriffen werden konnen: Sind wir etwa Zeugen des Endes eines historischen Skandals, weil das industrielle Patriarchat mit seinem Geschlechterprogramm gescheitert ist? Oder gelingen ihm neue Herrschaftssicherungen? Wie sieht es mit den Machtgeliisten und Gewaltphantasien der Frauen aus? Konnen sie vielleicht, wie haufig speku liert wird, die A vantgarde neuer Gesellschaftsformen bilden? Die Forderung, daB die Gesellschaft weiblicher werden mtisse, kommt nicht allein von Frauen, sie wird inzwischen genauso von Mannern aufge stellt. In der Phantasie der Um- und Ausgestaltung der Gesellschaft durch neue Weiblichkeit verbindet sich der innige Wunsch, das soziale Leben miisse humaner werden, mit dem Bediirfnis nach individueller Entlastung von per sonaler Verantwortung fUr das ganze System. Der Patriarch hat zwar in der Moderne einen person lichen Prestigeverlust erfahren, aber er versucht, seine pejorative Stellung im Sozialwesen tiber Institutionen, die wesentlich von ihm gepragt wurden, zu tradieren und erneut zu konstituieren. Als Mittel dient 8 1/.\(' Oriigl'-Mot/clmog, (iol{fi"i('t/ Magna ihm die androgyne Verkleidung: ein neuer Pelz andert den Wolfnoch nicht. Gleichwohl sind gleichzeitig ernsthafte Veranderungswiinsche von Mannern zu registrieren. Anonymisierung von Herrschaft durch Organisationsformen, Immaterialisierung der Welt durch Apparate oder neue Technologien, alle samt reifizierte Formen maskulinen Denkens, ist die Chance des Patriarchen, sich diese neue Maske zuzulegen. Er will zum Mann mit undifferenzierten Eigenschaften werden. DaB der Patriarch heute immer noch uneingeschrankt iiber seine Frau herrschen kann, ist zwar unter Umstanden moglich, gleichwohl aber recht unwahrscheinlich und sicherlich nicht mehr typisch im sozialen Alltag. Das schlieBt freilich nicht aus, daB im ZerfallprozeB tradierter mannlicher Herr schaftsformen gerade eine Phase der partiell verscharften Verrohung eintritt. Der unsicher gewordene Held baumt sich noch einmal aufund seine Gewalt tritt dann besonders brutal und ungeschminkt zu Tage. Doch das Verhaltnis der Geschlechter, die Formen von Herrschaft, Macht und Gewalt, die zwi schen ihnen bestehen, wandeln sich unaufhaltsam. Das Bild des Mannes als absoluter, personlicher Herrscher, als Monarch der Kleinfamilie, ist haupt sachlich durch die historische Verdinglichung von Vernunft und die dadurch verursachten Rationalitatspannen, durch die sein Offentliches Image stark gelitten hat, auch privat arg ins Wan ken gekommen. Langst existiert das bekannte Schlagwort von der "vaterlosen Gesellschaft", aus Amerika in die Bundesrepublik transportiert, als dezentes Anzeichen dafUr, daB mannliches VerantwortungbewuBtsein fUr die Geschichte sich gewandelt hat. Der Patriarch steht nicht mehr unkritisch den Folgen seiner Hand-und Verstandes streiche gegeniiber. Dennoch leben wir nach wie vor in einer ausgepragten Herrenkultur, in der Frauen nur recht und schlecht reiissieren, in der Manner sich immer noch als Privilegiensammler lustvoll betatigen konnen - sei es, wenn es urn die besseren Arbeitsplatze, sei es, wenn es urn die Befriedigung sexueller Begier den und Liiste geht. Die Umstrukturierungen der sozialen Lebenswelt, etwa bedingt durch neue Organisationformen der Arbeit oder durch Arbeitslosig keit, tragen in der Regel wieder den Frauen Benachteiligungen und Ausgren zungen ein. Sie zahlen vor allem die Kosten der gesellschaftlichen Umbriiche -weltweit, in den Landern der Dritten Welt ebenso wie im Okzident. Denn sie haben ihre Bereitschaft zum Leiden noch nicht iiberwunden. Aufgrund veranderter Lebensbedingungen modifizieren sich jedoch die Beziehungen von Frau und Mann, persona Ie Mannerschaft scheint nicht mehr gesichert, denn tradierte Legitimationshilfen wie: Arbeitsteilung, Er kenntnismonopol oder Autoritatsanspriiche sind durch technische Neuerun gen, durch soziale Veriinderungen oder durch Zunahme weiblichen Selbstbe wuBtseins briichig geworden und verlieren ihre Wirkungskraft. Ausfalle personlicher Gewalt wie Vergewaltigungen, Schlagen, Bevormundung sind zwar ein rezentes Phanomen, sie sind indessen nicht Ausdruck "moderner Zeiten". Gewaltformen haben sich - entsprechend der Umstrukturierung Eillicilllllg 9 gesamtgesellschaftlicher, vom Staat reprasentierter Gewalt - zudem subtil technisch "psychologisiert". Die neuen Formen von Herrschaft, mit den en sich wiederum auch Gewalt konstituiert, fiihrt nun zu dem erkennbaren Wunsch des Mannes nach Femi nisierung. Auf dem Hintergrund der gesellschaftlichen Krisen- und Umbruchsituation zeichnet sich ein frisches Mannerbild schemenhaft ab, das durch das Zulassen und die Aneigung von traditionell weiblichen Qualitaten als dem von instrumenteller Vernunft rigide ausgegrenzten "Nicht Identischen" (Adorno) oder anders gesprochen: als dem Zulassen eigener, verdrangter Eigenschaften, charakterisiert ist. Die Frage, die sich damit stellt, ist, ob diese Aneignungen als patriarchales Kalkiil zu einer neuen Enteignung von Frauen fiihren wird, oder ob sich dam it ein anderes Geschlechterverhalt nis entfalten kann. Die der Vergangenheit angehorenden Drohgebarden des Mannes, seine Omnipotenzphantasien, erweckt und gedampft von gezahmter oder auf muckender Weiblichkeit, verlieren in dem MaGe ihre Wirkung, wie Frauen sich eigener Macht in zweierlei Hinsicht bewuGt werden: ihrer Bedeutung im Rahmen bestehender Verhaltnisse und ihrer Widerstandsmoglichkeiten. Da bei muG gesehen werden, daG dieser Widerstand eng mit der Aufgabe des personellen Charakters des Patriarchats zusammenhangt. Das Patriarchat hat sich selbst durch schein bar geschlechtsneutrale Apparate, durch Sach zwangserstarrung als despotische Person verdoppelt. Seine Lebendigkeit ist in gleichgtiltige Materie iibergegangen. Frauen sind, obgleich sie nicht oder keineswegs signifikant an Herrschaft partizipiert haben, gegentiber psychisch schwachen, an dem vorurteilsbeladenen Bild der "bosen Mutter" orientierten oder an der zum Ideal stilisierten, unersetzbaren "guten Mutter" beharrenden Mannern durchaus machtig gewesen. Sie unterliegen auch heute, angesichts entleerten mannlichen Imponiergehabens selbst der Verfiihrung zu Macht und Gewalt, lassen sich mit beeindruckenden Inszenierungen auf Herr schaftsgesten ihrerseits ein. Offentliche Positionen verleiten sie nicht selten dazu, patriarchalen Habitus und Formen einfach zu tibernehmen. Soweit sie zur "Kultur des Schweigens" (Freire) gehoren, haben sie gerade in der Gegen wart eine reelle Chance, ihr Schweigen zu durchbrechen, Herrschaft zu demontieren. 1m gleichen MaGe, da mannlicher Gewalteros verfallt, kann sich die untiberwindbare Angst vor dem Vater zur Kritik der von Mannern beschworenen Sachzwange wandeln. Die Saulen traditioneller btirgerlichen Gewalt des Patriarchen waren die Arbeit. die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern schaffte, die Monetari sierung des Lebens, durch weIche die interaktionistischen Beziehungsge flechte entscheidend geformt sind, das Recht. durch das Manner erhebliche Vorurteile verbuchen konnten, die Wissenschaft. mit der sie sich das Monopol des Denkens sichern wollten. Mit ihnen waren phallische Zeichen gesetzt: der Mann als Philosoph, Dichter, Organisator, der Mann als zahlende Instanz, als Geldautoritat, von \0 I/.\£' Orijg£,-Moddll/og. (jollti'icd Magill'/' Gesetzen geschiitzt, der Mann als Ordnungs-und Systemfanatiker. Die Ant wort der Frauen entsprach der Gewalt, die daraus als personliches Abhangig keitsverhaltnis resultierte. Sie war leiblich: die Hysterie als Anklage der erlittenen Schmach und Demiitigungen, indessen auch langst als latente Starke der Frauen dechiffriert, als die Botschaft: Widerstand im Kern ihrer schwachen Personlichkeit zu leisten. Eben als Frau. denn "hysteron" ist die Gebarmutter. Inzwischen ist dem Patriarchen der Boden seiner gigantischen Inszenie rungen rissig geworden. Das liegt insbesondere in dem Dilemma, daB defi ziente Rationalitat als Fundament des industriellen Patriarchats an ihre Grenzen gestoBen ist. Diese Aporie hat ihren Ausdruck sogar schon in jiingster Theoriediskussion urn "Posthistorie" und "Postmoderne" gefunden. Einer ihrer signifikanten Vertreter, der Franzose lean-Franl;ois Lyotard, hat diesen Krisenzustand plastisch als "Phase der Erschlaffung" markiert. Dieser Ermiidungszustand hangt mit einem anthropologischen Para digma zusammen, das sich selbst iiberholt hat, mit dem aber mannlicher Dominanzanspruch gegeniiber Frauen gesichert werden konnte. Es handelt sich urn das Bild des Menschen als Mann, dessen Sonderstellung inzwischen durch drei Aspekte gefahrdet scheint, so daB sich dieser Topos nicht langer verteidigen laBt: 1. Die Trennung von Korper und Geist kann nicht als ein hierarchisches Geschlechterprinzip langer aufrechterhalten werden, weil der Geist in seiner geronnenen Form, in Maschinen, sich soweit verselbstandigt hat, daB er einer Abwertung ausgesetzt ist. Die Subsumtion des Geistes unter das Kapitalver haltnis hat ihm seine Grandiositat auch fUr das "sex-gender-System" genommen. 2. Das Mann und Frau trennende "cogito ergo sum", der cartesianische Diskurs - Frauen in das Gebiet der "res extensa" abdrangend, Manner in die Garten der Erkenntnis einladend -hat sich im Verlauf der Geschichte fUr die virile Personlichkeit als zu einengend erwiesen. Das belegen beispielsweise gegenwartige Diskussionen urn die Bedeutung von Korperlichkeit oder von eindimensionalem Denken. 3. Technische Rationalitat als Universalisierungsprinzip der Gesellschaft laBt sich am Rande von Sozial- und Naturkatastrophen nicht langer aufrechter halten. Neue Synthesisstrategien miissen gefunden werden, die fUr ein anderes Verhaltnis zwischen Frau und Mann Geltung haben, die den unerbittlichen Geschlechterkampf in eine produktive Geschlechterauseinandersetzung umwandeln konnten. 1m Verhaltnis der Geschlechter haben Manner durch das Sichtbarwerden und Scheitern der Basis des Patriarchats ihre phallische Exponiertheit einge biiBt. Es herrscht Ungleichheit zwischen dem Mann als Statustrager und als Geschlechtstriiger. Geschlechtlich betrachtet sind Manner funktionsschwa cher, zumindest unsicher geworden, ihre Herrschaft ist an Grenzen gestoBen. Ihr Sexismuskonzept - bewuBt oder unbewuBt - , dem eigenen Geschlecht /:'illlcilllllg II dominierende Qualitaten und damit auch Privilegien zuzuschanzen, ist hinHillig. Manner haben ihre Herrschaftanspruche allmahlich verloren, wahrend in einer reziproken Erscheinung die intellektuelle und sexuelle UnHihigkeit von Frauen als historische Unterdruckungsltige entlarvt werden konnte. Daher war das Zulassen des Verdrangten moglich: Intellektualitat und Sexualitat sind wichtige, wenn auch nicht die einzigen Ansatzpunkte des neuen Selbstbe wuBtseins von Frauen. Doch offenbart der Verfall des maskulinen Eros' eine Schwierigkeit, vor der Manner und Frauen heute verscharft stehen. Herrschaft, Macht, Gewalt als miteinander verknupfte Geschlechter-Arrangements produzieren nicht allein Schrecken und Leiden, sondern auch Faszination, Eros, Leidenschaf ten. Beide Geschlechter sind in der Industriegesellschaft lustvoll darauf einge spielt, leben zwischen GenuB und Abscheu, Liebe und HaB, Bevormundung und Akzeptanz, Rausch und Demutigung. Gewalt soli deshalb als ein histori sches Produkt von objektiven und individuellen Herrschafts-und Machtkon stellationen und als ein sich stets aufs neue konstituierendes Handlungssystem subjektiver Bedurfnisse verstanden werden. Wahrend im ersten Fall vor allem korperliche und psychische Gewaltformen zwischen Frau und Mann ange sprochen sind, geht es im zweiten Aspekt urn ein Abhangigkeitsverhaltnis, das bewuBt oder unbewuBt zustande kommt. Beide Facetten werden im Folgenden ausgearbeitet. Durch die zunehmende Integration von Frauen in das Offentliche Leben, kann eine Ausfaltung und Anerkennung ihrer Fahigkeiten erreicht werden, mithin ein soziales Terrain geschaffen werden, in dem sich auch die SUbjekti vitat beider Geschlechter anders entwickeln konnte. Voraussetzung ware, daB Frauen und Manner Geschlechterspannungen erleben konnen, die nicht traditionell patriarchalisch gepragt -aber auch nicht technisch instrumental vergleichgiiltigt sind. Den folgenden Beitragen liegt die Vorstellung zugrunde, daB beide Geschlechter zur Veranderung ihrer gewaltsamen Herrschafts-und Machtbe ziehungen in einen ProzeB kritischer (Selbst-)-Reflexion und Auseinanderset zung urn neue Positionen und Arrangements des Alltags treten mussen. Deshalb werden "Orte der Gewalt" aufgespurt, urn sie evident und bewuBt zu machen, urn zu zeigen, daB Denken, Fuhlen, Korperlichkeit ebenso yom Geschlechterkampf geformt sind, wie er sich, verbunden mit Leiden und Lust, durch den ganzen Alltag ziehl. Diese Erkenntnis gewinnen wir aus Einzel schicksalen und aus Kollektivverhalten, aus Geschichte und Gegenwart, indessen auch aus gesellschaftlichen Analysen. Die Aufsatze bringen das Geschlechterverhaltnis in doppelter Hinsicht zum Ausdruck: es ist von Angst gepragt, laBt aber zudem Sehnsucht ahnen. Fur das daraus resultierende Problem von Nahe und Distanz scheinen bislang weder adaquate Lebensformen noch befriedigende Verhaltensweisen gefun den zu sein. Da die Begegnung von Frau und Mann tiber Herrschaft vermit-

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