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Nicht Wieder Gut Zu Machen: Die bundesdeutsche Entschädigung psychischer Folgeschäden von NS-Verfolgten PDF

282 Pages·2000·29.647 MB·German
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Studien und Materialien zum Rechtsextremismus herausgegeben von Prof. Dr. Eike Hennig Band 6 Nicht Wieder Gut ZuMachen Die bundesdeutsche Entschädigung psychischer Folgeschäden von NS-Verfolgten Anke Schmeling Centaurus Verlag & Media UG 2000 Die Autorin, Anke Schmeling, geb. 1959, absolvierte ein Lehramtsstudium der Gesellschafts wissenschaften und Germanistik, 1998 Promotion im Fachbereich Politikwissenschaften an der Universität Gesamthochschule Kassel. Sie ist tätig als freiberufliche Moderatorin und als Lehr beauftragte an der Universität Gesamthochschule Kassel. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schmeling, Anke: Nicht wieder gut zu machen: die bundesdeutsche Entschädigung psychischer Folgeschäden von NS-Verfolgten I Anke Schmeling. Herbolzheim: Centaurus Verl., 2000 (Studien und Materialien zum Rechtsextremismus; Bd. 6) Zugl.: Kassel, Univ., Diss., 1998 ISBN 978-3-8255-0267-6 ISBN 978-3-86226-439-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-86226-439-1 ISSN 0940-2977 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. © CENTAURUS Verlags-GmbH & Co. KG, Herbolzheim2000 Satz: Vorlage der Autorin Umschlaggestaltung: DTP-Studio, A. Walter, Lenzkirch Danksagung Zu danken habe ich vielen Menschen, die die Entstehung meiner Arbeit mit Inter esse und Anteilnahme begleiteten. Dankbar bin ich Prof. Dr. Jörg Kammler, dessen Forschungsarbeiten zur "Wieder gutmachung nationalsozialistischen Unrechts" mir eine wichtige Anleitung waren. Dem von ihm geleiteten Forschungsprojekt, das sich seit Ende der 80er Jahre mit der Entschädigungspraxis des Bundeslandes Hessen beschäftigte, verdanke ich viele wichtige Impulse; ihm verdanke ich aber auch das Fallmaterial, das Grundla ge meiner empirischen Auswertung war. Unterstützung fand ich auch bei Prof. Dr. Eike Hennig, der mir mit seiner fach lichen Beratung über viele Klippen hinweghalf und damit die Fertigstellung dieser Arbeit erst möglich machte. Wertvolle Hilfestellungen gab mir Prof. Dr. Reinhart Lempp, der mich großzü gig an seinen langjährigen Erfahrungen als Psychiater und Gutachter in Entschädi gungsverfahren teilhaben ließ. Danken möchte ich auch Robert Lohde-Reiff, der mir tatkräftig und sachkundig behilflich war, alle Hürden der EDV -Analyse zu überwinden. Meinem Mann, Benjamin Schäfer, danke ich für seine unerschöpfliche Geduld, seinen emotionalen Beistand und seine stete Diskussionsbereitschaft. Seine gleich bleibend solidarische Kritik war mir eine unersetzliche Hilfe. Diese Arbeit wurde vom Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Gesamthochschule Kassel 1998 als Dissertation angenommen. Inhaltsverzeichnis I. Einleitung I.l Zum Forschungsstand und zur Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit 11. Extrembelastungen der Verfolgung 13 II.l. Überleben in Lagern: Überlebende als "Displaced Persons" in der amerikanischen Besatzungszone 29 11.2 Psychische und somatische Folgeerkrankungen 39 11.3 W ahmehmungsprobleme: Die Diagnostik bundesdeutscher Psychiater 61 III. Das Entschädigungsrecht 71 III.l Voraussetzungen und Grundsatzentscheidungen des deutschen Entschädigungsrechts 71 111.2 "Schäden an Körper und Gesundheit" 88 111.3 Die Entschädigung psychischer Folgeschädigungen im Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Vorgaben und psychiatrischer Praxis 97 1II.4 Summarische Abschlußüberlegungen 107 IV. Ein verschobenes Abbild der Wirklichkeit "Wiedergutmachungsverfahren" in Entschädigungsakten 111 IV.l Diesseits der Entschädigungsakten Methodische Probleme 113 IV.2 Jenseits der Entschädigungsakten: Besondere Probleme der Entschädigungsverfahren 126 V. Zur Auswertung des Fallmaterials 131 V.I Zentrale Auswertungsergebnisse 136 VI. Die Überlebenden Zehn Verfolgungsschicksale - zehn Entschädigungsverfahren 167 Herr. 0.8.: "Die ... Erkrankungen setzten einige Tage nach meiner Entlassung ein. .. " 169 Frau S.R.: "Ich war vollkommen verwahrlost, verkommen, von Ekzemen bedeckt. .. " 176 Frau H.A.: "Seitdem haben die Angstzustände dauernd zugenommen und ich verliere sie nicht." 184 Herr M.C.: "Ich bin nervoes und lebe in staendiger Vorstellung, dass man mich ermorden will." 190 Herr L.K.: " ... mußte eine der schrecklichsten Arbeiten leisten, die ein pervertiertes Menschenhim einem Mitmenschen auferlegen konnte." 198 Frau E.M.: "Durch die großen seelischen und körperlichen Belastungen ... habe ich dauernde Schädigungen davongetragen" 207 Herr. J.L.: "Als ich. .. in Erfahrung brachte, dass meine Eltern und Geschwister in Polen von Nazis umgebracht wurden, stellten sich bereits Anfaelle von heftigen Kopfschmerzen ein ... " 214 Frau S.E.: "Schmerzen im Körper infolge Misshandlungen. .. " 224 Herr. I.Z.: "Ich kann mich an meinen Aufenthalt im Ghetto noch gut erinnern, obwohl ich damals noch ein Kind war." 232 Herr W. Ke.: "Angst, sich im Leben nicht zurechtzufmden" 240 VII. Resümee 247 Literatur-und Quellenverzeichnis 253 I. Einleitung 1.1. Zum Forschungsstand und zur Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit Die "Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts", d.h. die Entschädigung jener Menschen, die den gezielten Verfolgungs- und Vernichtungsterror des natio nalsozialistischen Regimes und seiner Anhänger überlebt hatten, sollte nach Willen der Westalliierten und deutscher Politiker konstitutiver Bestandteil des demokrati schen Neuaufbaus in den westlichen Besatzungszonen und der Bundesrepublik Deutschland werden. Mit der "Wiedergutmachung'" sollten und wollten die demo kratischen Kräfte Deutschlands nach Kriegsende deutlich machen, daß das politi sche System dieses Landes mit nationalsozialistischer Ideologie und Politik gebro chen hatte. Sie wollten aber auch den ehemals Verfolgten signalisieren, daß ihre Leiden und Verluste in einem demokratischen Deutschland anerkannt und gewür digt würden. In der Realität wurde jedoch schnell deutlich, daß die "Wiedergutmachung" eine nur geringe Bedeutung im politischen Alltag der westdeutschen Besatzungszonen und der späteren Bundesrepublik hatte und vor allem bei der Bevölkerung auf Desinteresse bzw. auf Abwehr stieß.' Delegiert an eigens errichtete Entschädi gungsverwaltungen und -gerichte blieb sie Angelegenheit von Experten, deren Ar beit jede öffentliche Anteilnahme und Wertschätzung verwehrt blieb. Walter Schwarz, einer der bedeutendsten "Wiedergutmachungsexperten", resümierte denn auch 1989: "Die Wiedergutmachung war niemals populär ... Die Wiedergutma chung hat sich nahezu vier Jahrzehnte in einem politischen und publizistischen Ab seits befunden."3 Der Begriff "Wiedergutmachung" ist ein inzwischen eingefUhrter Fachtenninus, um die ver schiedenen entschädigungsrechtlichen Vorgaben der Bundesrepublik sununarisch zu be zeichnen. Da dieser Terminus aber im Wortsinne äußerst schwierig ist - konnten die Verlet zungen und Verluste der Betroffenen doch niemals "wieder gut", d.h. ungeschehen gemacht werden - werde ich ihn in meiner Arbeit durchgängig in Anfllhrung setzen. 2 In einer Befragung des Allensbacher Institutes 1949 befanden 54% der Befragten, Deutschland habe eine "Wiedergutmachungsverpflichtung" gegenüber den noch lebenden deutschen Juden, 31 % lehnten dies ab und 15% äußerten sich unentschieden. 1952 befragt, ob Deutschland drei Milliarden Mark Entschädigungsleistungen an Israel bezahlen solle, befanden 44% der Befragten, dies sei überflüssig, 24% befanden die Sunune als zu hoch, 11% äußerten sich zustimmend und 21% unentschieden. Vgl. dazu: Jahrbuch der öffentli chen Meinung 1947 - 1955; hrsg. Von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann, Allens bach 1955. 3 Zit. nach: ders.: Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundes republik Deutschland. Ein Überblick, in: LudolfHerbst / Constantin Goschler (Hrsg.): Wie- Die Gleichgültigkeit der bundesdeutschen Gesellschaft spiegelte sich lange Zeit auch in der historischen und zeitgeschichtlichen Forschungslandschaft wider. Zur Kenntnis genommen und diskutiert wurde die "Wiedergutmachung" lediglich von jenen Juristen, die sich ad personam aufgerufen fühlten, gesetzliche Regelungen zur Entschädigung ehemals Verfolgter zu konzipieren. Dies bedeutete, rechtliches Neuland zu betreten, kannte die Geschichte doch kein Vorbild, wie solche Verfol gungs- und Vernichtungsexzesse, solch vielfaltige Schädigungen von Terroropfem zu entschädigen seien. Um die Entschädigung ganz unterschiedlicher Verluste und Schäden strukturieren zu können, entschieden sich Politiker und Juristen, verschie dene Einzelgesetze zu entwerfen, mit denen die unterschiedlichen Schadensformen kompensiert werden sollten' - wobei die Vielschichtigkeit der Materie eine mehr fache Überarbeitung gerade der gesetzlichen Regelungen zur Individualentschädi gung notwendig machte. ' Will man sich heute diese sehr komplexe juristische Materie entschlüsseln, so sind die einschlägigen Gesetzeskommentare grundlegend. Ebenso grundlegend 6 sind aber auch die Publikationen prominenter "Wiedergutmachungsexperten", die sich über Jahre dezidiert und kritisch mit den Intentionen, dem Charakter und den Mängeln der gesetzlichen Grundsatzbestimmungen auseinandersetzten. 7 Als fachinternes Informationsforum diente die Zeitschrift "Rechtsprechung zum Wie dergutmachungsrecht", in der jeweils aktuelle Urteile zur "Wiedergutmachung" veröffentlicht und diskutiert wurden - eine Quelle, die auch heute noch für das Verständnis juristischer Wiedergutmachungsprobleme zentral ist.· dergutmachung in der Bundesrepublik Deutschland. Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (Sonderband), München 1989, S. 53. 4 Die bundesdeutsche "Wiedergutmachung" umfaßt die sogenannte Rückerstattung, mit der vermögensrechtliche Schädigungen kompensiert wurden; die "Individualentschädigung" , mit der materielle wie immaterielle Schädigungen von Einzelpersonen entschädigt wurden, aber auch gesetzliche Regelungen für den Bereich des Familien-, Arbeits- und Beamten rechts, der Sozialversicherungen, des Versorgungs-und Strafrechts. 5 Gemeint sind hier das US-Entschädigungsgesetz von 1948, das von dem Bundesergän zungsgesetz 1953 abgelöst wurde. Überarbeitet wurde dieses mit dem Bundesentschädi gungsgesetz 1956, das wiederum - nun aber abschließend - vom Bundesentschädigungs schlußgesetz 1965 abgelöst wurde. 6 Die für den Kontext der vorliegenden Arbeit wichtigsten Kommentare stammen von Georg Blessin / Hans Wilden: Bundesentschädigungsgesetze - Kommentar, München - Berlin 1957 sowie von H. G. van Dam / Heinz Loos: Bundesentschädigungsgesetz, Berlin - Frank furt a.M. 1957. 7 So z.B. die Veröffentlichungen von Otto Küster: Erfahrungen in der deutschen Wiedergut machung, Tübingen 1967 sowie von Franz Böhm: Die politische und soziale Bedeutung der Wiedergutmachung, in: Franz Böhm: Reden und Schriften. Über die Ordnung der freien Gesellschaft, einer freien Wirtschaft und über die Wiedergutmachung, hrsg. von E. J. Mestmäcker, Karlsruhe 1960. 8 Die Zeitschrift "Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht" erschien zwischen 1949 und 1981 als Beilage zur "Neuen Juristischen Wochenschrift". 2

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