Feldmann Naturanaloge Verfahren GABLER EDITION WISSENSCHAFT Schriften zur quantitativen Betriebswi rtschaftsleh re Herausgegeben von Professor Dr. Kurt Bohr, Universität Regensburg, Professor Dr. Wolfgang Bühler, Universität Mannheim, Professor Dr. Werner Dinkelbach, Universität Saarbrücken, Professor Dr. Günter Franke, Universität Konstanz, Professor Dr. Peter Hammann, Universität Bochum, Professor Dr. Klaus-Peter Kistner, Universität Bielefeld (schriftführend), Professor Dr. Helmut Laux, Universität Frankfurt (Main), Professor Dr. Otto Rosenberg, Universität GH Paderborn, Professor Dr. Bernd Rudolph, Universität München In der Schriftenreihe werden hervorragende Forschungsergebnisse aus der gesamten Betriebswirtschaftslehre veröffentlicht. Die einzel nen Beiträge sollen quantitativ ausgerichtet sein. Hierbei wird von einer weiten Interpretation des Begriffes ausgegangen. Es werden sowohl Arbeiten mit mathematischem Hintergrund und mathemati schen Anwendungen als auch empirisch orientierte Beiträge aufge nommen. Ebenso werden Arbeiten veröffentlicht, bei denen die betriebswirtschaftliche Interpretation formaler Ergebnisse im Vor dergrund stehen. Martin Feldmann Natu ra na loge Verfahren Metaheuristiken zur Reihenfolgeplanung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Klaus-Peter Kistner DeutscherUniversitäts Verlag Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Feldmann, Martin: Naturanaloge Verfahren: Metaheuristiken zur Reihenfolgeplanung /Martin Feldmann. Mit einem Geleilw. von Klaus-Peter Kistner. -Wiesbaden: Dt. Univ.-Verl. ; Wiesbaden: Gabler, 1999 (Gabler Edition Wissenschaft: Schriften zur quantitativen Betriebswirtschaftslehrel Zugl.: Bielefeld, Univ., Diss., 1998 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, und Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden, 1999 lektorat: Ute Wrasmann / Michael Gließner Der Gabler Verlag und der Deutsche Universitäts-Verlag sind Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation GmbH. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlag~~ unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson dere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. http://www.gabler-online.de http://www.duv.de Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Verbreitung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen. Dieses Buch ist deshalb auf säure freiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. ISBN 978-3-8244-6890-4 ISBN 978-3-322-95217-2 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95217-2 v Geleitwort Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es, naturanaloge Verfahren als Instrumente zur Lösung von Reihenfolgeproblemen vorzustellen und auf ein spezielles Reihenfol geproblem - das Open Shop Scheduling Problem - anzuwenden. Unter natur analogen Verfahren wird eine Klasse von Heuristiken zur Lösung komplexer Opti mierungsprobleme, insbesondere von kombinatorischen Aufgaben, verstanden, die biologischen und physikalischen Prinzipien nachempfunden sind. Zu ihnen zählen die genetischen Algorithmen, die Evolutionstrategien, das Evolutionary Programming sowie das Simulated Annealing und andere diesem Prinzip nachempfundene Verfah ren. Nicht behandelt werden die ebenfalls aus natürlichen Prinzipien hergeleiteten Ansätze der neuronalen Netze, da diese von anders gelagerten Problemstellungen ausgehen. Beim Studium naturanaloger Verfahren war man bislang entweder auf Einzelbeiträge in Zeitschriften oder Monographien angewiesen, die mehr oder weniger einzelne Verfahren zum Gegenstand haben, oder auf elementare Lehrbücher, die die Grund züge der naturanalogen Verfahren sehr vereinfacht darstellen. Mit der Arbeit FELDMANNS liegt nun eine Monographie vor, die die wesentlichen Ansätze geschlos sen darstellt und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich herausarbeitet. Die Verfahren werden detailliert beschrieben, der Ablauf durch einen Pseudo-Pascal Kode und durch kleine Zahlenbeispiele verdeutlicht. Allein diese Darstellung und Analyse der wichtigsten naturanalogen Verfahren hätte eine Veröffentlichung als Monographie gerechtfertigt. Die Darstellung der naturanalogen Verfahren wird ergänzt durch ein von FELDMANN entwickeltes Meta-Modell, das A-R-O-Schema, das den Bezug zwischen den einzel nen Verfahren herstellt. Allen naturanalogen Verfahren ist ein dreistufiges Vorgehen gemeinsam, das iterativ durchlaufen wird: Bei der Auswahl werden die weiterzuver folgenden Lösungen aus einem Pool von Kandidaten ausgesucht. Sie erfolgt auf der phänotypischen Ebene, auf der Grundlage von Eigenschaften, die die Individuen und deren Fitness bzw. deren Zielerreichungsgrad charakterisieren. In der nächsten Stufe erfolgt die Repräsentation, d.h. die Eigenschaften der Individuen werden durch ei nen Kode als Genotyp verschlüsselt und in eine Form gebracht, die für die weitere Verarbeitung besser geeignet ist als der Phänotypus. Während in den ursprünglichen Arbeiten vielfach eine Binärkodierung erfolgt, haben sich für Reihenfolgeprobleme Permutationskodierungen bewährt, bei denen unmittelbar die eine Lösung kenn zeichnende Anordnung abgebildet wird. Operation bedeutet die Entstehung eines neuen Individuums, das seinen Genotyp teilweise aus den Genen von ein oder zwei bereits existierenden Individuen (Eltern) herleitet, indem es Teile ihres Kodes über nimmt bzw. zufällig verändert. Hierbei werden insbesondere zwei Operatoren eingesetzt: Bei der Mutation werden zufällige Änderungen eines Genotyps vorge nommen; bei einer Binärkodierung wird z.B. eine bestimmte Null im Kode durch VI eine Eins ausgetauscht oder umgekehrt, bei einer Pennutationskodierung werden beispielsweise die Positionen von zwei Elementen des Kodes vertauscht. Beim Cros sover werden Teilstrings miteinander getauscht. Diese Operationen betreffen zunächst den Genotyp, sie spiegeln sich jedoch auch im Phänotypus wieder und beeinflussen die Fitness des neu entstandenen Individuums. Bei der Wahl der Kodierung und der Operationen ist zu beachten, daß das "starke Kausalitätsgesetz" beachtet wird, d.h. kleine Änderungen auf der Ebene des Geno typs sollen nur zu kleinen Veränderungen des Genotyps fUhren. Hierdurch soll erreicht werden, daß sich positive Eigenschaften der Eltern auf die Kinder übertra gen und tendenziell eine steigende Fitness erreicht wird. Das A-R-O-Schema bietet einen geeigneten Ansatzpunkt zur Klassifikation der an Prinzipien der Evolution anknüpfenden Verfahren. Es bietet weiter Ansatzpunkte zur Entwicklung hybrider Verfahren, bei denen Elemente eines Ansatzes auf eine andere Methode übertragen werden. Der dritte beachtenswerte Aspekt der Arbeit ist die Anwendung der Ergebnisse des theoretischen Teils auf ein spezielles Reihenfolgeproblem, das Open-Job-Scheduling. FELDMANN entwickelt ein naturanaloges Verfahren zur Lösung dieses Problems auf der Grundlage einer multichromosomale Pennutationskodierung, bei der die Pennu tation nicht durch einen String, sondern durch eine Matrix kodiert wird. Daneben wird ein aktiver Scheduler zur Interpretation des Kodes entwickelt, der aus einem gegebenen Genotyp, repräsentiert durch eine multichromosomale Pennutationskodie rung einen aktiven Maschinenbelegungsplan generiert. Aus dieser Vorgehensweise ergibt sich, daß die Mutation als einziger Operator verwandt wird, weil beim Cros sover bei dieser Kodierung nicht sichergestellt werden kann, daß das starke Kausalitätsgesetz eingehalten wird. Als Operatoren werden der Paartausch und der Spitzentausch eingesetzt. Zur Steuerung werden der Dürre-Algorithmus - eine Vari ante des Sintflut-Algorithmus für Minimierungsprobleme - der Record-to-Record Travel, zwei Evolutionsstrategien, das Threshold Accepting und eine von FELDMANN entwickelte Modiftkation, das Threshold Accepting mit Rücksprung, implementiert und anband von 60 Testinstanzen überprüft. Ich wünsche der vorliegenden Monographie einen hohen Aufmerksarnkeitsgrad und eine weite Verbreitung. Prof. Dr. Klaus-Peter Kistner VII Vorwort Das vorliegende Buch bietet dem Leser einen fundierten und verfahrensklassenüber greifenden Einstieg in die zahlreichen Varianten naturanaloger Verfahren, wobei auf eine einheitliche und leicht verständliche Darstellung der Ansätze besonders geachtet wurde. Mit dem A-R-O Modell wird ein klassifIzierendes Schema angeboten, das einen sinnvollen Vergleich der Komponenten bestehender Verfahren ermöglicht. An Hand des Open-Shop-Scheduling Problems wird dann exemplarisch gezeigt, wie sich das A-R-O Modell als Entwicklungsumgebung für neue, hybride Ansätze bewährt, wenn die zwischen den Ansätzen bestehenden, aber bislang kaum genutzten Syner gie-Potentiale erschlossen werden. Durch die Betrachtung zahlreicher Test-Instanzen werden die Ansätze abschließend validiert und ihre hohe Leistungsfähigkeit belegt. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensforschung an der Universität Bielefeld und wurde in der vorliegenden Form im März 1998 als Dissertation von der dortigen Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. KLAUS-PETER KrSTNER. Ohne seinen fachlichen Rat, seine ständige Diskussionsbereitschaft und freundliche Unterstützung wäre dieses Vorhaben nicht zu bewältigen gewesen. Zu meinem tiefsten Bedauern ist mein Zweit-Gutachter, Herr Prof. Dr. Dr. h.c. WOLFGANG SCHÜLER kürzlich verstorben. Seine Hinweise und Kommentare, die mir stets weitergeholfen haben, werde ich sehr vermissen. Herrn Prof. Dr. HERRMANN JAHNKE und Herrn Prof. Dr. THORSTEN SPITTA möchte ich dafür danken, daß sie im Rahmen meines Rigorosums als Prüfer mitgewirkt ha ben. Ganz besonders ist dabei Herrn Prof. SPITTA zu danken, da er äußerst kurz fristig bereit war, sich in die umfassende Materie einzuarbeiten. Ohne die liebevolle Unterstützung meiner Familie hätte ich diese Arbeit nicht schrei ben können. Insbesondere hat mich meine Frau CHRISTIANE fortwährend unterstützt und motiviert, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Meine Eltern haben mir in so vielerlei Hinsicht geholfen, daß ich ihnen dieses Buch widme. Dr. Martin Feldmann IX Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ....................................................................... XIII Abkürzungs-und Symbolverzeichnis ..................................................... XVII Kapitel A Einführung I Einleitung ...................................................................................... 1 1.1 Motivation ........................................................................... 1 1.2 Ziele der Arbeit ................................................................... 10 1.3 Aufbau der Arbeit ................................................................ 11 2 Reihenfolgen und Lösungsverfahren ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13 2.1 Reihenfolgen als Spezialfall kombinatorischer Probleme .................. 13 2.2 Komplexität von Reihenfolgeproblemen ...................................... 22 2.3 Lösungsverfahren für Reihenfolgeprobleme ................................. 28 2.3.1 Verfahren mit Pfad-Struktur ......................................... 32 2.3.2 Verfahren mit Baum-Struktur ........................................ 33 2.3.3 Verfahren mit heuristischer Struktur ................................ 36 2.4 Ansätze des Local Search ....................................................... 38 2.4.1 Startlösung .............................................................. 41 2.4.2 Nachbarschaft ........................................................... 42 2.4.3 Selektionskriterium .................................................... 47 2.4.4 Abbruchkriterium ...................................................... 48 2.5 Erweiterungen des Local Search ............................................... 49 2.5 .1 Variable Depth Search ................................................ 49 2.5.2 Tabu Search ............................................................. 52 2.5.3 Naturanaloge Erweiterungen ......................................... 58 3 Biogenetische Grundlagen .................................................................. 59 3.1 Evolution ........................................................................... 59 3.2 Chromosomale Repräsentation ................................................. 63 3.3 Vererbung .......................................................................... 67 x Kapitel B Grundlagen 4 Naturanaloge Verfahren im Überblick ................................................... 71 5 Beschreibung der Verfahrensabläufe ..................................................... 79 5.1 Genetische Algorithmen .......................................................... 79 5.1.1 Kanonischer Genetischer Algorithmus .............................. 80 5.1.2 Pennutationskodierter Genetischer Algorithmus ................... 83 5.1.3 Anwendungsbeispiel .................................................... 86 5.2 Evolutionsstrategien ............................................................... 91 5 .2.1 (~/p,I.,)-Evolutionsstrategie ............................................ 97 5.2.2 Combinatorial Evolution Strategy ................................... 100 5.2.3 Anwendungsbeispiel ................................................... 103 5.3 Evolutionary Programming .................................................... 110 5.3.1 Fogeis Evolutionary Programming ................................. 113 5.3.2 Combinatorial Evolutionary Programming ....................... 117 5.3.3 Anwendungsbeispiel .................................................. 120 5.4 Simulated Annealing und Varianten ......................................... 124 5.4.1 Simulated Annealing................................................. 130 5.4.2 Threshold Accepting ................................................. 139 5.4.3 Anwendungsbeispiel ................................................. 150 5.4.4 Sintflut-Algorithmus ................................................. 154 5.4.5 Record-to-Record-Travel ........................................... 157 6 Komponenten naturanaloger Verfahren ................................................ 159 6.1 Repräsentation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 160 6.1.1 Eigenschaften einer guten Repräsentation ........................ 176 6.1.2 Goldbergs Gestaltungshinweise .................................... 181 6.1.3 Davis Gestaltungshinweise ......................................... 187 6.1. 4 Repräsentation im Spannungsfeld ................................. 190 6.2 Auswahl .......................................................................... 191 6.2.1 Initialisierung und Größe der Population.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 194 6.2.2 Populationskonzepte und Selektion zum Überleben ............ 196 6.2.3 Behandlung von Doubletten ........................................ 202 6.2.4 Selektion zur Fortpflanzung ........................................ 204 6.3 Operation ......................................................................... 210 6.3.1 Crossover .............................................................. 211 6.3.2 Mutation ............................................................... 228 6.3.3 Schemata Theorem ................................................... 243 6.4 Gemeinsamkeiten der Verfahren ............................................. 259 6.4.1 Konvergenzeigenschaften ........................................... 259 6.4.2 Die Verfahren im A-R-O Modell .................................. 275 XI Kapitel C Anwendung 7 Naturanaloge Verfahren zur Lösung des Open Shop Problems .................... 281 7.1 Problemstellung der Maschinenbelegung .................................. , 281 7.2 Beurteilung und Darstellung von Maschinenbelegungsplänen ........... 284 7.3 Das Open-Shop-Scheduling Problem ........................................ 290 7.4 Relevanz des Open-Shop-Scheduling Problems ........................... 292 7.5 Einsatz des A-R-O Modells ................................................... 297 7.5 .1 Wahl der geeigneten Repräsentation .............................. 297 7.5.2 Wahl der Operatoren ................................................ 306 7.5.3 Wahl der Steuerung .................................................. 307 7.6 Wahl der Parameter ............................................................ 312 7.7 Ergebnisse ........................................................................ 315 8 Zusammenfassung und Ausblick ........................................................ 323 Literaturverzeichnis .......................................................................... 329