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Literatur im Prozeß der Zivilisation: Entwurf einer theoretische Grundlegung der Literaturwissenschaft PDF

244 Pages·1982·24.391 MB·German
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Reiner Wild Literatur im Prozeß der Zivilisation Entwurf einer Theoretischen Grundlegung der Literaturwissenschaft Literaturim ProzeB der Zivilisation »Die Definitiondessen, wasKunst sei,istallemal von demvorgezeichnet,wassieeinmal war, legitimiertsich abernur andem, wozusiegewordenist,offen zudem, wassiewerdenwillund vielleichtwerdenkann.« Th.W. Adorno »Nurwenn dieWissenschaftendie permanenteErwei terung der technischen Verfiigungsgewalt gleichzeitig imHorizont der praktischenFolgen, angesichts deren wir handeln miissen,.und das heiBt auch:aus histori schenVoraussetzungenretlektierenlemen,werdensie die Kraft zur akademischen Bildung in einem sozial gewandeltenSinnzuriickgewinnen.« J.Habermas Reiner Wild Literatur im ProzeB der Zivilisation Entwurf einer theoretischen Grundlegung der Literaturwissenschaft Erschienen im dreihundertsten Jahr der J. B. Metzlerschen Verlagsbuchhandlung Stuttgart CIP-KurztitelaufnahmederDeutschenBibliothek Wild, Reiner: Literaturim ProzeB derZivilisation: Entwurf e. theoret. Grundlegungd. Literaturwiss. / ReinerWild. - Stuttgart: Metzler, 1982. ISBN978-3-476-00523-6 ISBN978-3-476-03170-9(eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03170-9 © 1982Springer-VerlagGmbHDeutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung undCarlErnstPoeschelVerlagGmbHinStuttgart1982 Fur Inge ohne dieesnicht ware was esist Inhalt Einleitung:Versuch einer Diagnose 1 Bemerkungen tiberdie Kriseder Wissenschaften 1 Bemerkungen tiber den Begriffder Asthetik ................. 5 Bemerkungen tiber den Begriffder Geschichte ............... 11 »Literatur imProzeBder Zivilisation« 19 ErsterTeil:Literaturwissenschaft und Geschichte Versuch einer Bestimmung ihresVerhaltnisses 1 Systemder Wissenschaften und Sinnkonstitution .............. 25 2 Literaturwissenschaft alshistorisch-hermeneutische Wissenschaft........................................... 31 3 Geistesgeschichtliche und sozialgeschichtlicheKonzeptionen .... 37 4 Literatur alsMimesis .................................... 43 5 Theorie der Geschichte .................................. 50 ZweiterTeil: LiteraturimProzeBder Zivilisation 1 Vorbemerkung ... ....... ....... .................. ...... 55 2 Die Theorie der Zivilisationvon Elias.Eine Skizze............ 57 3 Zwischenbemerkung zumBegriffder Funktion '" ............ 69 4 Der dokumentarische Charakter der Literatur ................ 73 5 Die didaktische Funktion der Literatur 75 6 Dominante, residuale und progredierende Verhaltensstandards; dominante, residuale und progredierende literarische Formen 79 7 Die geselligeund diesensibilisierendeFunktion der Literatur 90 8 Die entlastendeFunktion der Literatur 102 9 Die erfahrungserweiternde Funktionder Literatur 110 10 Die kritische Funktion der Literatur ........................ 118 11 Die utopische Oualitat unddie antizipierende Funktion der Literatur 127 12 Zusammenfassung der Funktionen 138 VIII Inhalt 13 Freude an der Literatur .................................. 141 14 Aisthesis oderdie Wahrnehmungsleistungder Literatur ........ 152 1Die Veranderungder Sichtweisen 152 2Eduard Morike:-September-Morgen. 161 3Schema und Korrektur ................................. 167 15 Erinnerung und Identitat, Konstitution von Sinn. ............. 180 Anmerkungen 191 Literaturverzeichnis .................................... 226 Register 236 Einleitung: Versuch einer Diagnose »Der Unwissende ist unfrei, denn ihm gegeniiber steht eine fremde Welt, ein Driiben und DrauBen, vonwelchemer abhangt, ohnedaBer diesefremde WeltfursichseIbergemachtharteunddadurchinihr alsindem Seinigenbeisichseiber ware.Der Trieb zurWiBbegierde,derDrangnachKenntniB,vonder untersten Stufe an biszur hochstenStaffelphiloso phischerEinsichthinauf,gehtnur ausdem Streben hervor,jenesVerhaltnisder Unfreiheit aufzuheben, undsichdieWeltinder VorstellungundimDenken zueigenzumachen.« G.W.F.Hegel Bemerkungen iiberdie Kriseder Wissenschaften Weres unternimmt,Vorschlageftirdie theoretischeGrundlegungeinerWis senschaft vorzulegen, redet notwendig von einer Krise und handelt in ihr. Denndie theoretischeReflexionderGrundlageneinerWissenschaftist- an ders als die bestandiggeforderte methodologische Besinnung- dann gebo ten, wenn der normale Gang der wissenschaftlichen Arbeit die Ergebnisse nichtmehrgewahrleistetoderzugewahrleistenscheint,die erwartetwerden; theoretische Reflexion ist Paradigma-Diskussion. [1] Die Literaturwissen schaft kennt solche Grundlagendiskussion nunmehr- sieht man davon ab, daBdie standigeWiederkehrdieserDiskussion,ahnlichwieinderSoziologie, ein KennzeichenihrerGeschichteist- seitmehralszwolfJahreninverstark tern, sich in zahlreichen Veroffentlichungen dokumentierenden MaB, ohne daB es gelungen ware, die verschiedenen und disparaten Vorschlage so zu diskutieren undzu konfrontieren, daBaus derDiskussiondererneuteUber gang zur snorrnaleneWissenschaft bishermoglich geworden ware. Die Ver mutung liegt nahe, daB in der umfangreichen Diskussion noch immer die Grundlagenselbstzuweniginfragegestelltwurden.InunbefragterAnerken nungdereingespieltenwissenschaftlichenArbeitsteilungwirddemUnbeha genan dergangigenIiteraturwissenschaftlichenArbeit,das sich alsAusdruck derKrisenerfahrungallenthalbeneingestellthat,dadurchbegegnet,daBzum AnschluBan Konzeptionen aufgefordertwird, die inanderenWissenschafts bereichenerfolgreichzu seinscheinen.Dabeiwirdzuwenigbeachtetundbe dacht, daB die Krise, welchedie theoretische Reflexion herausfordert, nicht eine Krise lediglich der Literaturwissenschaft ist; die Berufung aufdie ver schiedenen wissenschaftstheoretischen Konzeptionen, die den Vorschlagen zur Losung der Krise zugrundeliegen, verstellt den Blick auf diese Einsicht oderdientzur BeruhigungvorihrenKonsequenzen,alssei die KrisederLi- 2 VersucheinerDiagnose teraturwissenschaftschon behoben,wenn nur erst aile,diesiebetreiben,sich den vorgeschlagenen wissenschaftstheoretischen Konzeptionen anschlossen, Die Konzentrationaufdie Frage, auf welcheWeise dieliteraturwissenschaft liche Arbeit an Konzeptionen angeglichen werden konne, die aus dem an scheinend erfolgreichen Vorgehen anderer Wissenschaften abgeleitet wer den, verkiirzt dietheoretischeDiskussionurneine entscheidendeDimension. Denn zur Grundlagendiskussion wird sieerst,wenn Sinn und Funktion der wissenschaftlichenBeschaftigungmit LiteraturiiberhauptinihrinFrage ste hen. Krisenhafte Entwicklungkennzeichnetjedochnicht nur mitder Literatur wissenschaft auch dieihrverwandtenphilologischenundhistorischenFacher; man wird vielmehr nicht umhin konnen, in der Notigung zur theoretischen Reflexionden AusdruckeinerKrisezusehen, die Wissenschaft und Wissen schaftlichkeitiiberhauptbetrifft- und nichtnurindenWissensbereichen,die gangigerweise alsGeisteswissenschaftenden Naturwissenschaftengegeniiber gestelltwerden.DeshalbmuBdietheoretischeReflexion inihremAusgangs punkt den historisch eingespielten Rahmen von Wissenschaft und Wissen schaftlichkeitiiberschreiten;denn die Krisebetrifftnichtallein dieOrganisa tion der Wissenschaft in ihren verschiedenen Teilbereichen und deren Me thoden und Instrumentarien,sondernweitaus umfassenderdie Beziehungen der Menschenindem wissenschaftlichenZeitalter, indem wirleben, unsere Verhaltensweisenund BewuBtseinsformen,vondenendiewissenschaftlichen nur ein Teil sind,allerdings einer, der unserVerhalten und BewuBtseinent scheidend bestimmt und dominiert. Die Symptomedieser Krisesindseit langerem bemerkbarund nichtaufdie Bereiche beschrankt, in denen sich die Folgen eines losgelassenen Betriebs der Wissenschaften und ihrer Verwertungen unmittelbar auswirken, wie in derzunehrnendenZerstorungder natiirlichenLebensbedingungen,inder zu nehmenden AusrichtungderArbeitsweltauf die von der Technikdiktierten Erfordemisse der Arbeitsprozesse, in der zunehmenden Sozialkontrolle durch die ausgreifenden, mit effizienterElektronik ausgestatteten Biirokra tien oderinden wissenschaftlich ausgefeiltenStrategieneinerinden moder nen Medien wirksamen Manipulationsmaschinerie.Die Zunahmepsychoso matischer Erkrankungen und neurotischer Storungen signalisiert, daB der ZwangzurAnpassung, urndiezugewiesenenFunktioneninder bestehenden Gesellschaft erfiillen zu konnen, vom Einzelnen immer schwerer ertragen werden kann; und die Sezession groBerTeile der nachwachsenden Genera tion inVersuchealternativerLebensmoglichkeitenzeigt,daBiiberkommene Verhaltensweisen und BewuBtseinsformennicht mehrakzeptiertwerden.In solchen Symptomen wird sichtbar, daBdie Krise der Wissenschaft und der Wissenschaftlichkeit nur ein Teil eines umfassenden sozialen Zusammen hangs ist;dennochkommt ihrinnerhalbdieserErscheinungeine zentraleBe deutungzu.Nicht allein istdie Gefahrdungder Lebensbedingungen,die un- Krise derWissenschaften 3 ser aller Leben bedroht (und zwar nicht metaphorisch, sondern buchstab lichl), eine Folge der mithilfe von Wissenschaft und Technik entfesselten Produktivkrafte, die nicht mehr kontrolliert werden konnen, wobei dieser Mangel an Kontrolleoffenbar nichtlediglicheine Folgeder Produktionsver haltnisse ist,wiesichinden GesellschaftendesrealexistierendenSozialismus zeigt, denensichahnliche Probleme stellen wieden westlich-kapitalistischen Gesellschaften. Dariiberhinaus wird in den lebensgefahrdenden Folgen der Wissenschaft eine Erwartungenttauscht und als Irrtum offengelegt, welche die modernenWissenschaften seitihrerAusbildunginderfriihenNeuzeit be gleitete, ihre Entwicklung wesentlich bestimmte und vorantrieb und, durch die Erfolge der Wissenschaften standig verstarkt, zumzentralen Bestandteil europaisch-neuzeitlichen BewuBtseinswurde und damit der sozialen Identi tat der europaisch-neuzeitlichen Gesellschaften. Denn die Ausbildung und die Entwicklungder modernenWissenschaften vollzogsichunterder Erwar tung, daBErkenntnis und Zunahme an Wissen das menschliche Leben ver bessernundzu Freiheit und Gliickfiihren werden.Dieser inder Antikeent wickelte Anspruch wurde auch in der Neuformulierung der theoretischen Neugierde am Beginn der europaischen Neuzeit beibehalten [2]; mit der Identifikation von menschlicher Erkenntnis mit begrifflich-systematischer Erkenntniswurde daraus die Erwartung,diemenschlichenBeziehungen lie Bensichnachdem Modell der begrifflichenErkenntnisorganisieren,und sie wiirden zu freien Beziehungen freier Menschen, wenn sie erst einmal nach diesem Modell funktionierten. 1m Erkenntnisanspruch der neo-positivisti schen Theorien des kritischen Rationalismus ist diese Erwartung ebenso wirksames Motivder denkerischen Anstrengungwieinder Traditiondes auf Karl MarxzuriickgehendenwissenschaftlichenSozialismus;darin sindbeide, scheinbarentgegengesetzteKonzeptionendesmenschlichen Wissensgenuine Produkteder europaischenNeuzeitund ihres,inbeiden Konzeptionenunbe fragt bleibendenGlaubensandieWissenschaften, wiedieseEpochesieher vorbrachte, und ihresaufBegriftlichkeit reduzierten KonzeptsvonErkennt nis.Die imalltaglichen Lebenauch heutenochwirksameWissenschaftsglau bigkeit, die wohl zu Recht schon ofter alsdie Religion unserer Epoche be zeichnet wurde, ist mit den Verhaltensweisen und BewuBtseinsformen, die sie produziert hat, nichts anderes als die populare, von den wissenschaftli chen Erfolgen abgesegnete Variante solcher theoretischer Konzeptionen. In den lebensgefahrdenden Folgen der Wissenschaft und ihrer Verwertungen erweist sich diese Erwartung als VorurteiI. Deshalb ist auch die Krise der Wissenschaftsglaubigkeit,diesichausden alltaglichenErfahrungendes Prei ses nahrt, der fiirdie wissenschaftlichen Erfolge und Verwertungen bezahlt werden muBund der nicht Hingermit dem Hinweis, daBErfolge ihren Preis hatten,hingenommen werden kann, mehr alsderAusdruck eines nur ober flachlichen MiBbehagens an wissenschaftlichen Konzeptionen und ihren so zialen Auswirkungen, sondern sie ist - in einem tiefen Verstande - Glau-

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