Kostenbewusstes Konstruieren Jan O. Fischer Kostenbewusstes Konstruieren Praxisbewährte Methoden und Informationssysteme für den Konstruktionsprozess Mit Beiträgen von Uwe Götze 123 Dr.JanO.Fischer Franzstraße11 50931Köln fi[email protected] ISBN978-3-540-78312-1 e-ISBN978-3-540-78313-8 DOI10.1007/978-3-540-78313-8 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothek verzeichnet diesePublikation inderDeutschenNationalbibliografie; detailliertebibliografischeDatensindimInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. (cid:2)c 2008Springer-VerlagBerlinHeidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, desNachdrucks, desVortrags,derEntnahmevonAbbildungen undTabellen, derFunk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungs- pflichtig.ZuwiderhandlungenunterliegendenStrafbestimmungendesUrheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigtauchohnebesondereKennzeichnungnichtzuderAnnahme,dasssolcheNamenimSinneder Warenzeichen-undMarkenschutz-Gesetzgebungalsfreizubetrachtenwärenunddahervonjedermann benutztwerdendürften. Herstellung:le-texJelonek,Schmidt&VöcklerGbR,Leipzig Einbandgestaltung:WMXDesignGmbH,Heidelberg GedrucktaufsäurefreiemPapier 987654321 springer.de Vorwort Die methodischen Ansätze zum kostenbewussten Konstruieren bestehen teilweise schon seit Jahrzehnten. Nichtsdestoweniger werden diese Metho- den in der Praxis oft nur ansatzweise und mitunter gar nicht eingesetzt. Dies verwundert umso mehr, als ihre Einsatzmöglichkeit weder auf eine bestimmte Branche noch auf einen bestimmten Fertigungstyp beschränkt ist. Die Erfahrungen aus den Beratungs- und Verbundprojekten der ver- gangenen sieben Jahre seit Bestehen der Gesellschaft für kostenorientierte Produktentwicklung (GKP) haben vielmehr gezeigt, dass sich die Metho- den zum kostenbewussten Konstruieren – gegebenenfalls entsprechend modifiziert – in praktisch jedem Unternehmen mit eigener Konstruktion erfolgreich einsetzen lassen und so einen bedeutenden Beitrag zum Kos- tenmanagement und damit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit leisten können. Ein Grund für die geringe Anwendung der Methoden mag darin zu fin- den sein, dass ihre Darstellung in der Literatur häufig mit einem starken Schwerpunkt auf der Theorie erfolgt und nur wenige Hilfestellungen für den konkreten Einsatz in der Praxis gegeben werden. Ziel des vorliegenden Buches ist es daher, durch die realitätsnahe Darstellung des Methodenein- satzes einen Beitrag dazu zu leisten, dass die verfügbaren Instrumente zum kostenbewussten Konstruieren verstärkten Eingang in die Praxis finden und damit helfen, das enorme Potential auszuschöpfen, welches die kos- tenorientierte Produktentwicklung bietet. Vor diesem Hintergrund werden hier die theoretischen Grundlagen zur Konstruktionslehre und Kostenrechnung bewusst sehr knapp gehalten und beschränken sich auf das Notwendigste, das zum Verständnis der an- schließend dargestellten Methoden unerlässlich ist. Bei dieser Methoden- darstellung wurde besonderer Wert auf die Praxisnähe gelegt und an vielen Stellen mit einer Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte die konkrete Vorgehensweise zur Anwendung einer Methodik aufgezeigt. Außerdem wird für jeden der aufgenommenen Ansätze mindestens ein reales Fallbei- spiel beschrieben, um dem Leser Anregungen zu geben, wie die Umset- zung im eigenen Unternehmen erfolgen kann. Wir danken den Unternehmen, die in den hier beschriebenen Projekten mitgearbeitet haben, für die zahlreichen Anregungen, welche zum Projekt- VI Vorwort erfolg beigetragen haben, und für die Einwilligung, dass ihre Praxisbei- spiele – meist etwas verfremdet – veröffentlicht werden. Der Dank gilt den Unternehmen KARDEX Bellheimer Metallwerk GmbH, MAN Diesel SE, MAN Roland Druckmaschinen AG, SCHUMAG AG und SPICER Gelenk- wellenbau GmbH. Wir wünschen allen Lesern große Erkenntnisgewinne aus der Lektüre dieses Buches sowie viel Erfolg und freuen uns über Kritik und Anregun- gen*! Köln und Chemnitz Jan O. Fischer im Januar 2008 Uwe Götze * Gerne per E-Mail: [email protected] Inhaltsverzeichnis 1 Kostenbewusstes Konstruieren – eine interdisziplinäre Herausforderung...................................................................................1 1.1 Grundlagen der Konstruktion...............................................................1 1.1.1 Einführung..................................................................................1 1.1.2 Vier-Phasen-Modell des Konstruktionsprozesses......................4 1.1.3 Konstruktionsarten......................................................................6 1.2 Grundlagen der Kostenrechnung..........................................................8 1.2.1 Einführung..................................................................................8 1.2.2 Bereiche und Methoden der Kostenrechnung...........................15 1.3 Kostenmanagement im Konstruktionsprozess ...................................34 1.3.1 Einführung................................................................................34 1.3.2 Management von Herstellkosten..............................................36 1.3.3 Management von Selbstkosten.................................................45 1.3.4 Management von Lebenszykluskosten.....................................51 2 Target Costing.....................................................................................59 2.1 Methodik des Target Costing..............................................................59 2.1.1 Einführung................................................................................59 2.1.2 Ablauf des Target Costing........................................................60 2.1.3 Stärken und Schwächen des Target Costing.............................68 2.2 Praxisbeispiel: Zielkostenanalyse eines dynamischen Lagersystems.......................................................................................72 2.2.1 Ausgangssituation: Entwicklung einer neuen Produktreihe.....72 2.2.2 Ermittlung der Standardkosten.................................................73 2.2.3 Spaltung der Zielkosten und Ergebnisinterpretation................76 VIII Inhaltsverzeichnis 3 Wertanalyse.........................................................................................85 3.1 Methodik der Wertanalyse..................................................................85 3.1.1 Wertanalyse zur Erzielung des wirtschaftlichen Optimums.....85 3.1.2 Ablauf der Wertanalyse............................................................87 3.1.3 Vorgehen bei der Funktionskostenberechnung.........................94 3.1.4 Stärken und Schwächen der Wertanalyse.................................96 3.2 Praxisbeispiel: Softwaregestütze Funktionskostenermittlung.............99 3.2.1 Ausgangssituation: Problembehaftete Ermittlung von Funktionskosten........................................................................99 3.2.2 Lösungsansatz: Paarvergleiche nach der AHP-Methodik......100 3.2.3 Softwaremodul zur praktischen Anwendung der AHP-Methodik.......................................................................102 3.2.4 Beurteilung des softwaregestützten AHP-Prozesses..............104 4 Relativkosten-Informationssysteme................................................107 4.1 Grundlagen von Relativkosten-Informationen..................................107 4.1.1 Einführung..............................................................................107 4.1.2 Erstellung von Relativkosten-Informationssystemen.............112 4.1.3 Beispiel zur Erstellung von Relativkosten-Informationen......118 4.1.4 Stärken und Schwächen von Relativkosten-Informationen....121 4.2 Praxisbeispiel: Das Relativkosten-Informationssystem ‚costfact’....122 4.2.1 Inhalte und Funktionen von costfact.......................................122 4.2.2 Kostenbasis für überbetrieblich gültige Relativkosten- Informationen.........................................................................124 4.2.3 Vorteile dynamischer Relativkosten-Informationen...............127 5 Konstruktionsbegleitende Kalkulation...........................................131 5.1 Verfahren der konstruktionsbegleitenden Kalkulation.....................131 5.1.1 Einführung..............................................................................131 5.1.2 Verfahrensüberblick...............................................................136 5.1.3 Expertenschätzung..................................................................139 5.1.4 Ähnlichkeitskalkulation..........................................................140 5.1.5 Analytisch-funktionale Verfahren..........................................144 Inhaltsverzeichnis IX 5.1.6 Statistisch-funktionale Verfahren...........................................150 5.1.7 Detaillierte Kostenprognosen.................................................160 5.1.8 Stärken und Schwächen der Kalkulationsverfahren...............164 5.2 Praxisbeispiel: Softwaregestützte Regressionsanalyse.....................167 5.2.1 Ausgangssituation: Hoher Aufwand für Regressionsrechnungen..........................................................167 5.2.2 Softwaremodul ‚CostRegression’...........................................167 5.2.3 Ablauf der softwaregestützten Kostenprognose mit CostRegression.......................................................................168 5.2.4 Erfahrungen beim praktischen Einsatz von CostRegression..174 5.3 Praxisbeispiel: Angebotskalkulation in der Einzelfertigung.............175 5.3.1 Ausgangssituation: Problembehaftete manuelle Angebotskalkulation...............................................................175 5.3.2 Lösungsansatz: Angebotskalkulation mit Kostenfunktionen..177 5.3.3 Einbindung der Kostenfunktionen in ein Softwaresystem......181 5.3.4 Beurteilung des Systems zur Angebotskalkulation................182 6 Variantenmanagement.....................................................................187 6.1 Grundlagen des Variantenmanagements...........................................187 6.1.1 Ursachen und Folgen der Variantenvielfalt............................187 6.1.2 Management von Produktvarianten........................................191 6.1.3 Management von Teilevarianten............................................201 6.2 Praxisbeispiel: Erstellung eines Produktkonfigurators.....................210 6.2.1 Ausgangssituation: Hohe Variantenvielfalt im Anlagenbau...210 6.2.2 Lösungsansatz: Vorgabe zulässiger Anlagenkonfigurationen212 6.2.3 Realisierung des Produktkonfigurators...................................213 Literatur..................................................................................................221 Sachverzeichnis......................................................................................227 1 Kostenbewusstes Konstruieren – eine interdisziplinäre Herausforderung Globalisierung und der Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten üben einen starken Wettbewerbsdruck auf die Unternehmen der westlichen In- dustrienationen aus. Die steigende internationale Konkurrenz in Entwick- lung und Fertigung erfordert kostengünstige Produkte mit immer kürzeren Entwicklungs-, Produktions- und Produktlebenszyklen. Der wirtschaftliche Erfolg produzierender Unternehmen hängt damit maßgeblich von der Ent- wicklung und Konstruktion ab, da hier die wesentlichen technischen Ei- genschaften eines Erzeugnisses ebenso festgelegt werden wie – zum größ- ten Teil – dessen Kosten. Gleichzeitig sind hier die betriebswirtschaftli- chen Denkweisen und Controlling-Instrumente im Vergleich zu anderen Unternehmensbereichen nur relativ schwach entwickelt. Um die Kostensenkungspotentiale auszuschöpfen, die das Kostenmana- gement im Konstruktionsprozess bietet, sind sowohl technische als auch kaufmännische Kenntnisse erforderlich. Bevor hier die verschiedenen Me- thoden des kostenbewussten Konstruierens beschrieben werden und ge- zeigt wird, wie sich diese in der Praxis anwenden lassen, sollen daher nachfolgend zunächst die zum Verständnis notwendigen Grundlagen von Konstruktion und Kostenrechnung kompakt dargestellt sowie ein Über- blick zum Kostenmanagement im Konstruktionsprozess gegeben werden. 1.1 Grundlagen der Konstruktion 1.1.1 Einführung Konstruieren stellt die Gesamtheit aller Tätigkeiten dar, mit denen ausge- hend von einer Aufgabenstellung die Informationen erarbeitet werden, die zur Herstellung und Nutzung eines technischen Produktes notwendig sind. Dabei sollen die Eigenschaften des Produktes so festgelegt werden, dass sie den Forderungen des Nutzers bzw. des Marktes entsprechen. Darüber hinaus sind auch die Ziele des Herstellers zu berücksichtigen. Diese liegen unter anderem darin, die für ihn anfallenden Kosten möglichst gering zu 2 Kostenbewusstes Konstruieren – eine interdisziplinäre Herausforderung halten. Hieraus wiederum ergeben sich Forderungen z.B. nach einer ferti- gungsgerechten Gestaltung des Produktes. Die Produktkosten verbinden die Anforderungen des Marktes mit denen des Herstellers, da zum einen das Unternehmen seine Produkte nicht dauerhaft zu Preisen verkaufen kann, die unterhalb der eigenen Kosten liegen, und zum anderen vom Markt nur Produkte nachgefragt werden, deren Verkaufspreise in einem adäquaten Verhältnis zu ihren Eigenschaften und damit dem erwarteten Nutzen stehen. Der Begriff „Konstruktion“ wird oft synonym zu „Entwicklung“ einge- setzt. Nichtsdestoweniger lässt sich die Konstruktion von der Entwicklung, sowohl im Sinne einer Unternehmensabteilung als auch einer Tätigkeit, dahingehend abgrenzen, dass die Entwicklung zusätzlich Abteilungen bzw. Tätigkeiten wie Versuch, Musterbau, Normung etc. umfassen kann. Damit stellt die Konstruktion eine Teilmenge der Entwicklung dar. Ein wesentliches Merkmal des Konstruierens ist die methodische Vor- gehensweise, mit der eine Aufgabe durch Analyse und Synthese gelöst wird. Bei der Analyse werden Informationen gewonnen, indem einzelne Elemente zerlegt, gegliedert und untersucht werden. Die Synthese hinge- gen stellt eine zusammenführende Informationsverarbeitung dar, mit der schließlich Ergebnisse entwickelt werden. Das generelle Vorgehen beim Konstruieren wird in der VDI-Richtlinie 2221 in sieben Arbeitsschritte unterteilt. Abb. 1-1 zeigt diese Schritte sowie die dabei jeweils erreichten Arbeitsergebnisse. Wie im linken Bereich der Abbildung skizziert, können einzelne Arbeitsschritte auch iterativ mehrfach durchlaufen werden. Ein Überspringen von Abschnitten ist ebenfalls möglich. So werden insbeson- dere bei der Anpassungs- und Variantenkonstruktion (vgl. Abschnitt 1.1.3) meist nicht alle Schritte durchlaufen. Zwischen den einzelnen Arbeits- schritten und den gestellten Anforderungen bestehen zudem Wechselwir- kungen, wie im rechten Teil der Abbildung angedeutet wird: Der fortlau- fende Erkenntnisgewinn während des Konstruierens kann dazu führen, dass die Anforderungen angepasst und ergänzt werden müssen. Die Suche nach Lösungen im Konstruktionsprozess kann sowohl intuitiv als auch diskursiv erfolgen. Bei der intuitiven Vorgehensweise werden Lösungen im Unterbewusstsein gefunden, ohne dass eine Reflexion der Gedankenfolge möglich ist. Eine verbreitet eingesetzte Methode, welche die intuitive Lösungssuche unterstützt, ist das so genannte Brainstorming. Bei dieser Kreativitätstechnik werden in einer interdisziplinär besetzten, von einem Moderator geleiteten Arbeitsgruppe Lösungsvorschläge gene- riert (zunächst ganz ohne diese zu bewerten), visualisiert und weiterentwi- ckelt. Werden Lösungen diskursiv gesucht, so erfolgt dies in einzelnen Schritten, die bewusst ablaufen und damit auch benannt werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Lösungssuche mit Hilfe von Konstruktionskata-