Cordula Koepcke Frauen verändern die Welt Cordula Koepcke Frauen verändem die Welt Herausgegeben vom Deutschen Frauenring Leske + Budrich, Opladen 1997 ISBN 978-3-322-95112-0 ISBN 978-3-322-95111-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-95111-3 ©© 11999977 LLeesskkee ++ BBuuddrriicchh,, OOppllaaddeenn DDaass WWeerrkk eeiinnsscchhlliieeBBlliicchh aalllleerr sseeiinneerr TTeeiillee iisstt uurrhheebbeerrrreecchhttlliicchh ggeesscchhüüttzztt.. lleeddee VVeerr wweerrttuunngg aauuBBeerrhhaallbb ddeerr eennggeenn GGrreennzzeenn ddeess UUrrhheebbeerrrreecchhttssggeesseettzzeess iisstt oohhnnee ZZuussttiirrnnmmuunngg ddeess VVeerrllaaggeess uunnzzuulläässssiigg uunndd ssttrraaffbbaarr.. DDaass ggiilltt iinnssbbeessoonnddeerree ffüürr VVeerrvviieellffáállttiigguunnggeenn,, ÜÜbbeerrsseettzzuunnggeenn,, MMiikkrroovveerrffiillmmuunnggeenn uunndd ddiiee EEiinnssppeeiicchheerruunngg uunndd VVeerraarrbbeeiittuunngg iinn eelleekk ttrroonniisscchheenn SSyysstteemmeenn.. Vorwort Der Geschäftsführende Bundesvorstand des Deutschen Frauen rings konnte für den Ihnen vorliegenden Band "Frauen verändern die Welt" als Fortsetzung von "Frauen zeigen Plagge" dankens werterweise wieder Frau Koepcke gewinnen, urn den Deutschen Frauenring in Kontinuität darzustellen. Seit dem Erscheinen von "Frauen zeigen Flagge" 1984 hat sich in der Frauenpolitik einiges bewegt. Die zeitgenössische Frauenbewegung bemüht sich mehr und mehr darum, eine weibli che Identität zu definieren, die die Frauen nicht mehr als behan deltes Objekt, sondern als selbständig Handeinde ausweist. Diese Entwicklung sehen wir sehr deutlich an den Lebensent würfen unserer Töchter, die geprägt sind von Empfängnisverhü tung, gefahrloser Mutterschaft und Erwerbstätigkeit. Die Diskussion und gesetzlichen Neuregelungen urn den § 218, die Diskussion urn Artikel 3 des Grundgesetzes sowie die durch die Wiedervereinigung entstandene Auseinandersetzung urn eine neue Verfassung haben die Situation der Frauen in unserer Ge sellschaft lebendig vor Augen geführt. Allein die Landesgleichstellungsgesetze, durch deren Umset zung immer mehr Frauenbeauftragte sich urn Chancengleichheit für Männer und Frauen bemühen, halten frauenpolitische Diskus sionen wach. Die Wiedervereinigung hat vor allem für die Frauen in den neuen Bundesländern zu einem Umsturz der bisherigen Lebenssi tuationen geführt, der schwer zu bewältigen ist. Durch den Ver lust der Erwerbsarbeit und den Wegfall der Kinderbetreuungsein richtungen wird dies en Frauen das Zurechtfinden in einem demo- kratischen Staats gebilde sehr erschwert. Der Deutsche Frauenring bernüht sich dort rnit groSern Erfolg urn eine Integration dieser Frauen. Insgesarnt ist das Bild der Frau kornplexer geworden und ver ändert sich ständig weiter. Stereotypen werden rnehr und rnehr durchbrochen. Schwerpunkt aktueller Frauenpolitik heiSt Frauenförderung irn weitesten Sinne, wobei die leistungsbezogene Quotierung wei ter urnstritten bleibt. Der Deutsche Frauenring hat die Aufgabe, sich vor Ort sowie auf Landes- und Bundesebene ganz irn Sinne seiner staatsbürger lichen Aufgabe urn Durchsetzung und Urnsetzung dieser Frauen förderung zu bernühen. Neben der oft einseitigen ferninistischen Bestrebung, die Be freiung der Frauen zu fordem, zeichnet sich neuerdings der Wunsch nach einer anderen Definition des Zusarnrnenhangs zwischen Weiblichkeit und Mütterlichkeit ab, hin zu einer öffentlichen An erkennung der Mutterschaft als soziale Funktion. Die Realisierung unserer Aufgabe wird aber weitgehend auch von der Bereitschaft der Frauen abhängen, sich zu solidarisieren. Insgesarnt ist die Frauenpolitik differenzierter, aber auch in teressanter geworden und bietet unserern Verband viele Möglich keiten, sich einzubringen. März 1997 Rosernarie Kelter - Präsidentin - 6 Inhalt Vorwort..................................................................................... 5 Frauen machen Geschichte ...................................................... 9 Basis und Spitze - Immer am Bali............................................ 13 Technikbildung für Frauen ....................................................... 16 Neuer Start - Neue Wege - Spurwechsel ................................ 20 Neue Aufgaben - alte und neue Ziele ...................................... 25 Grundsatzdiskussion.............................................. ................... 31 "Sehr geehrter HeIT Bundeskanzler!"....................................... 38 ... zur Intensivierung seiner Arbeit Ausschüsse und Referate, Verbände und Verbindungen ......... 47 Foren und Folgen Die Weltfrauenkonferenzen von Nairobi und Peking .............. 69 Von Afrika bis Argentinien Internationale Arbeit im Deutschen Frauenring.... ................... 79 Die Goldene Regel................................................................... 80 Gleiche Rechte - Gleiche Verantwortung................................ 87 Konkrete Hilfe vor Ort ............................................................. 99 Kein Veilchen im Moose Öffentlichkeitsarbeit im Deutschen Frauenring .... ................... 111 Wir sind ein Volk ...................................................................... 119 7 Anhang ..................................................................................... 155 Stichwortregister ...................................................................... 186 Personenregister....................................................................... 190 8 Frauen machen Geschichte Es war urn die Mittagszeit des 4. Dezember 1989, als in Erfurt Mitglieder der Initiative "Frauen für Veränderung" die dortige Stasizentrale besetzten. Akten und Datenspeicher wurden von einem herbeizitierten Militärstaatsanwalt versiegeit, nachdem Bürgermeister und zivile Staatsanwaltschaft sich geweigert hat ten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht von den Vorgängen in Erfurt in der gesamten DDR. Hunderttausende bra chen in den folgenden Stunden und Tagen auf, dem Beispiel der Frauen zu folgen. In Suhl, Dresden, Leipzig wurden die Stasizen tralen noch am selben Tag besetzt und die Materialien gesichert. Das ist ein Ausschnitt aus einer Revolution, ein hochpoliti sches Geschehen: das klare Erkennen der Machtverhältnisse, das entschlossene Handeln und die dadurch erreichte radikale Verän derung der machtpolitischen Lage; schlie8lich das Überspringen des Funkens auf andere Orte, bis das ganze Land aufflammt. Erst danach war die sanfte Revolution vom Oktober 1989 wirklich ab gesichert und vollendet. Frauen als selbständig Handeinde in der Geschichte sind häu figer, als die übliche Geschichtsschreibung es vermerkt hat. Manch mal fielen sogar frauenpolitisches Engagement und revolutionärer Impetus zusammen. So, als mitten in der Französischen Revoluti on 1791 Olympe de Gouges gleiche Rechte auch für die Frauen forderte und 57 Jahre später, als Louise OUo-Peters in der Revo lution von 1848 ihre Vorstellung von Gleichberechtigung in die Worte fa8te: "Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen" und bis zu ihrem Lebensende daran arbeitete. 9 Der Anteil von Frauen an revolutionären Umwälzungen ist unterschiedlich, was Umfang, Bedeutung und Auswirkungen be trifft, aber er ist immer vorhanden. Das gilt noch viel mehr für historische Vorgänge allgemein. "Männer machen die Geschich te" - dieses geflügelte Wort beschreibt Geschichtsschreibung, aber nicht die Realität der geschichtlichen Prozesse; in ihnen sind Frauen genauso handeinde Personen wie Männer. DaB für einen Frauenverband, der sich der politischen, der staatsbürgerIichen Bildung von Frauen verschrieben hat und ihre Mitarbeit in Staat und Gesellschaft dadurch zu fördem bestrebt ist, die Entwicklungen ausgangs der achtziger Jahre unseres Jahr hunderts Anspom zu höchster Aktivität bedeuteten, versteht sich fast schon von selbst. Ihre Auswirkungen betreffen bis heute und weiter darüber hinaus die politischen und gesellschaftlichen Ent wicklungen in unserem Kontinent. Bedenkt man, daB mit den re volutionären Vorgängen von 1989/90 der Ost-West-Konflikt und damit die Teilung der Welt beendet wurde, so ist es nicht zu hoch gegriffen, von einem Weltereignis zu sprechen. Erst von diesem Blickwinkel aus erweisen sich Vor- und Nachwendezeit auf 1989 als einen Drehpunkt bezogen. Der Deutsche Frauenring, der seit seiner Gründung 1949 sei nen Sitz in BerIin hat, der von Anfang an mit seinem AusschuB für Gesamtdeutsche Fragen (heute Gesamtdeutscher AusschuB) im besten Sinne nationale Belange vertrat und zugleich durch Bindung an die europäische Idee die Balance wahrte, hat darüber doch die Notlage vieler von ihren Familien getrennter oder völlig alleinstehender Menschen in der DDR nicht vergessen. Der Aus schuB "Persönliche Hilfe"! hat unter Wahrung höchster Diskreti on seit 1961 in vielen "Packkreisen" Tausende von Päckchen und Paketen im Namen des DFR, aber ohne ihn zu nennen, nach Ost deutschland geschickt. Unter gröBter Geheimhaltung steuerte das Bundesinnenministerium zu eigenen in hohem MaBe eingesetzten Mitteln der DFR-Mitglieder im Laufe von fast drei Jahrzehnten jährIich rund 125000 Mark zur Unterstützung dieser Paketaktion Die Erwähnung von Personen und Institutionen, Themen, Seminaren, Ta gungen, Projekten, Ausschüssen, Landesverbänden und Ortsringen erfolgt unter dem Gesichtspunkt, Beispiele für die Arbeit des Deutschen Frauen rings zu benennen. Dieses Buch ist keine Chronik und deshalb nicht auf Vollständigkeit ausgerichtet. D.Verf. 10 bei. Sowohl der staatliche ZuschuB als auch die Organisation durch einen westdeutschen Verband hätte bei Bekanntwerden das sofortige Verbot der Entgegennahme solcher Sendungen, ihren Einzug durch die DDR-Behörden und darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Konsequenzen rur die Empfänger zur Folge gehabt. Das Bemühen, ein möglichst objektives Bild der Verhältnisse in der DDR zu gewinnen, hat den Deutschen Frauenring veran laBt, immer wieder Reisen in das so naheliegende und doch fern gerückte andere Deutschland durchzuführen. Gleichzeitig wurde aber nie der globale Aspekt politischer Prozesse aus den Augen verloren. Die Sorge, ja Angst, die in den Reaktionen auf die in der ganzen Welt mit Spannung verfolgten Entwicklungen in Europa von 1989/90 zum Ausdruck kamen, führten zu der Frage, ob dort für lange Zeit die Not der Entwicklungsländer, der Dritten Welt in Vergessenheit geraten werde. Entsprechend dem Thema der Bonner Tagung 1991 des DFR Ausschusses für Internationale Arbeit "Handle lokal - denke glo bal" hat sich der Deutsche Frauenring beiden Aufgaben mit Ent schiedenheit zugewandt: der auBereuropäischen Welt seit seiner Gründung und seitdem ununterbrochen, und dem Osten, aber nicht nur dem des eigenen Landes. In den einzelnen Phasen von 1983/842 bis heute spiegein sich historische Veränderungen von epochalem Charakter in Europa und Entwicklungen, die zur sel ben Zeit in anderen Kontinenten abliefen - im Kampf gegen Elend, Hunger, Armut und für Alphabetisierung und BewuBt werdung. Alle diese Bemühungen, alle kompetenten Konzeptentwürfe und ihre Umsetzungen in Realität, bei uns und überall auf der Welt, sind geschichtliche Handlungen. Ihre Grundlage ist neben Ethik und Moral steigendes geschichtliches BewuBtsein und da mit die Erkenntnis, daB jedes einzelne Menschenleben in histori schen Bezügen existiert und geschichtlichen Rang hat. Das aber heiBt auch, daB es einzigartig ist und unwiederholbar. 2 Hier endete der zweite Teil der DFR-Verbandsgeschichte, der, verfaBt von Cordula Koepcke, 1984 unter dem Titel "Prauen zei gen Plagge" im Verlag Leske + Budrich, Opladen, erschien. 11