Christoph Bertsch· FABRlKARCHITEKTUR Die Herstellung dieser Publikation unterstutzten: V orarlberger Landesregierung Kammer der gewerblichen Wirtschaft fur V orarlberg Vereinigung dsterreichischer Industrieller Landeshauptstadt Bregenz Stadt Dornbirn Gemeinde Kennelbach Kammer fUr Arbeiter und Angestellte fUr Vorarlberg U niversitatsbund Innsbruck Julius Blum GmbH., Beschlagefabrik, Hochst Textilwerke Ganahl AG., Feldkirch V orarlberger Kraftwerke AG., Bregenz Textilwerke Josef Otten KG., Hohenems Christoph Bertsch FABRIKARCHITEKTUR Entwicklung und Bedeutung einer Bauaufgabe anhand Vorarlberger Beispiele des 19. und 20. Jahrhunderts Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Heinz Mackowitz Friedr. Vieweg & Sohn . Braunschweig/Wiesbaden CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bertsch, Christoph: Fabrikarchitektur: Entwicklung u. Bedeutung e. Bauaufgabe anhand Vorarlberger Beispiele d. 19. u. 20. Jh. / Christoph Bertsch. Mit e. Geleitw. von Heinz Mackowitz. - Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg, 1981. - VI, 134 S.: Ill. kart.: DM 42,00 [Erscheint: Juli 1981J. © Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbH, Braunschweig 1981 Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1981 Umschlagentwurf: Peter Neitzke, KOln Satz: Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig Aile Rechte an der deutschen Ausgabe vorbehalten. Die Vervielfaitigung und Obertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder, auch fUr Zwecke der Unterrichtsgestaltung, gestattet das Urheberrecht nur, wenn sie mit dem Verlag vorher vereinbart wurden. 1m Einzelfall muG tiber die Zahlung einer Gebtihr ftir die Nutzung fremden geistigen Eigentums entschieden werden. Das gilt fUr die Vervielfaltigung durch aile Verfahren einschlieGlich Speicherung und jede Obertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bander, Platten und andere Medien. ISBN-13: 978-3-528-08677-0 e-ISBN-13: 978-3-322-84320-3 DOl: 10.1007/978-3-322-84320-3 Inhalt Geleitwort ............................................... 1 Vorwort ................................................ 2 1 Einfiihrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2 Fabrikbauten - Kathedralen des Technischen Zeitalters? ...... 4 2.1 Das 19. Jahrhundert und die Bedeutung der untergeordneten Bauaufgaben ........................................ 5 2.2 Neue Bauaufgaben, neue Materialien - eine neue Asthetik? .... 8 3 Wirtschaftliche, soziale, gesellschaftspolitische Aspekte ....... 11 4 Fabrikarchitektur: Begriffsbestimmung, Vorliiufer ........... 17 5 F abrikarchitektur in Vorarlberg ......................... 20 5.1 Fabrikbauten 1800-1830 .............................. 20 Zusammenfassung .................................... 22 5.2 Fabrikbauten 1830-1865 .............................. 22 Zusammenfassung .................................... 26 5.3 Fabrikbauten 1865-1920 .............................. 26 5.3.1 Zweckbauten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 27 5.3.2 ,Industrieschlosser' ................................... 28 5.3.3 Jugendstilbauten ..................................... 31 Zusammenfassung .................................... 32 5.4 Fabrikbauten 1920-1945 .............................. 33 Zusammenfassung .................................... 35 5.5 Fabrikbauten nach 1945 ............................... 35 Zusammenfassung .................................... 36 6 Internationale Vergleichsbeispiele ........................ 37 6.1 England als Wegbereiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 37 6.2 Beginn des modern en Industriebaus: Behrens - Gropius - Poelzig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39 7 Fabrikbauten als Kulturdenkmiiler - Zeigen oder Verschweigen? 41 8 Einordnung der Fabrikarchitektur in die allgemeine Bauentwick- lung des 19. und 20. Jahrhunderts ........................ 47 9 Fabrik - ihre Darstellung in bildhaften und visuellen Medien ... 53 10 Abschlie~ende Betrachtungen ........................... 55 Anmerkungen ............................................ 58 Bildteil ................................................. 65 Literatur ................................................ 116 Katalog der Gebiiude in chronologischer Reihenfolge .............. 121 Abbildungs-, Plannachweis .................................. 131 Geleitwort Christoph Bertsch befaBt sich im vorliegenden Buch Richtigerweise geht er auch auf soziale, wirtschafts mit einem Gebiet der Architektur, das bisher in der historische und technische Belange ein. Dariiber Literatur kaum eine gtiltige und umfassende Be hinaus nimmt der Verfasser den von ihm behandel arbeitung erfahren hat. Bis vor kurzem hat sich die ten Bautyp zum AnlaB, allgemeine, die mod erne wissenschaftliche Forschungvorwiegend mit Sakral Architektur betreffende Dberlegungen anzustellen. bauten, mit profanen Reprasentationsbauten und So geht er etwa auf die Asthetik des Funktionellen mit historisch wichtigen Wohngebauden beschaftigt. ein, auf Probleme des Denkmalschutzes und auf die So wie Briicken, BahnhOfe, Warenhauser usw. ge Wechselwirkung zwischen Fabrikarchitektur und wann auch der Fabrikbau in der kunstwissenschaft anderen Baugattungen. Es wird also nicht nur die lichen Forschung immer mehr an Bedeutung, und historische Entwicklung der Fabrikarchitektur dar es war hier vor allem England, das die wissenschaft gestellt - was sicher das zentrale Anliegen des vor liche Aufarbeitung dieses bisher stiefmiitterlich liegenden Werkes ist -, das Thema wird vielmehr in behandelten Gebietes begonnen hat. Es ist be einen groBen historischen Zusammenhang einbe zeichnend, daB in England mehr als 200 Objekte zogen. Dies hat zur Folge, daB auch internationale der Industriearchitektur unter Denkmalschutz Beispiele zum Vergleich herangezogen werden, daB stehen. die Frage der Fabrik als Kulturdenkmal aufge Bertsch untersucht nun am Beispiel der Vorarlberger worfen wird und die Fabrikarchitektur in die allge Fabrikbauten die Entwicklung dieser Baugattung meine Bauentwicklung des 19. und 20. J ahrhunderts yom friihen 19. Jahrhundert bis heute. Gerade die gestellt wird. In einem eigenen Kapitel behandelt Entwicklung des Typs der Fabrikbauten kann in der Verfasser die Darstellungsweisen von Fabrik Vorarlberg gut verfolgt werden, da dieses Bundes bauten in Film, Fernsehen, in der Photographie, land eine besonders groBe Anzahl von Objekten, der Malerei und der Graphik, wobei er anhand aus vor allem aus dem Bereich der Textilindustrie, gewahlter Beispiele die verschiedenen Gesichts besitzt. Bertsch beschrankt sich aber nicht darauf, punkte der Betrachtungsweise vorfiihrt. auf das Baugeschehen der Fabrikarchitektur in Vorarlberg einzugehen; er stellt sein Forschungs Univ. Prof. Dr. Heinz Mackowitz gebiet in einen historischen Gesamtzusammenhang. Innsbruck 1 Vorwort Fabrikbauten als Thema einer kunstwissenschaft Von Herrn Kurt Matt, Bregenz, stammt der Grof5- lichen Dissertation? Auch heute, mehr als dreif5ig teil der Abbildungen. Daneben hat er durch die Jahre nach dem Erscheinen der ,Kunstwissenschaft Ausarbeitung und Anfertigung der Reproduktionen lichen Grundfragen' von Dagobert Frey, in denen wesentlich zu dieser Arbeit beigetragen, wofUr ich dieser bedeutende Kunstphilosoph erkennt, daf5 ihm aufrichtig danke. "eine Architekturgeschichte der modernen Kunst Daruber hinaus danke ich fUr ihr Entgegenkommen nicht ohne Einbeziehung der kunstlerischen Pro und ihre Hilfe: den Besitzern, Direktoren, Ge blematik des Fabrikbaus geschrieben werden schaftsfuhrern und Technischen Leitern der einzel kann"l, scheint dieses Fragezeichen des Einlei nen Unternehmen; Herrn DDr. Karlheinz Bur tungssatzes, nicht zuletzt fUr manche Kunsthisto meister, Landesarchiv Bregenz; Frau Dr. Christl riker, noch zu recht zu bestehen. Eldib-Welzenbacher, Innsbruck; Herrn Dkfm. Feu Daf5 dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, Herr erstein, Vereinigung bsterreichischer Industrieller, Univ. Prof. Dr. Heinz Mackowitz die Betreuung Feldkirch; Herrn Dr. Wolfgang Ilg, Vorarlberger Han dieser Arbeit ubernahm und ihrem Entstehen delskammer, Feldkirch; meinen Freunden und Kol grof5es Interesse entgegenbrachte, dafUr fuhle ich legen fUr ihr kritisches Interesse, insbesondere Frau mich ihm zu besonderem Dank verpflichtet. Beate Ermacora, Frau Edda Kathan, Herrn Ulrich Ebenso herzlich danke ich Herrn Univ. Prof. Dr. Knapp und Frau Christa Stockhammer. Otto Lutterotti fur das wohlwollende Interesse, mit Vor allem aber danke ich meinen Eltern, die durch dem er mein Studium und das Zustandekommen ihr Verstandnis und ihre Hilfe mein Studium und dieser Arbeit begleitet hat. Auch Frau Dr. Verena diese Arbeit erst ermoglicht haben. Grabmayr, die mir jederzeit mit Rat und Tat behilflich war, gilt mein ganz besonderer Dank. Christoph Bertsch 2 1 Einfiihrung "Mit der Industrialisierung im 19. J ahrhundert eine groBe Herausforderung. Ais Dokument un wurde ein bis dahin nicht vorhandener Gebaude serer technischen, wirtschaftlichen und sozialen typ geboren: die Fabrik. Vergangenheit ist dieser Bautyp wie kein zweiter "2 Die wissenschaftliche Forschung, vor allem was gefahrdet. den deutschen Sprachraum betrifft, hat sich bis "Wir haben die Tatsache vor Augen, daB sich die vor wenigen J ahren beinahe ausschlieGlich mit Landschaft durch technologische und wirtschaft Schlossern, Palasten, Kirchen und Burgerhausern liche, im Siedlungs- und Stadtebau zusatzlich beschaftigt, soweit sie nicht die rein biographische durch soziale Entwicklungen, mit einer Schnellig Betrachtungsweise vorzog. Erst die Aufnahme des keit wie nie zuvor verandert. Eine Katastrophe Begriffs "Fabrikbau" in das Reallexikon zur Deut kann vorausgesagt werden: noch nicht einmal schen Kunstgeschichte3 brachte hier ein Umden ansatzweise dokumentiert, verschwinden rund ken, das in England bereits Mitte der funfziger zweihundert Jahre Geschichte ( ... ). Wenn wir nicht Jahre eingesetzt hatte. England, Ende des 18. sofort handeln, dann wissen wir uber das hohe J ahrhunderts fuhrend in der Industrialisierung und Mittelalter bald mehr als uber das 19. J ahrhundert, damit zusammenhangend der Wegbereiter auf dem dessen technischen Entwicklung wir die ungemein Gebiet der Fabrikarchitektur, nimmt auch in der gesteigerten Lebensmoglichkeiten unserer Zeit wissenschaftlichen Aufarbeitung diesen Bautyps verdanken. "s eine fuhrende Stellung ein. Heute stehen in Eng Die Voraussetzungen fur eine kunstwissenschaft land uber 200 Objekte der Industriearchitektur liche Erfassung von Fabrikbauten sind denkbar unter Denkmalschutz.4 ungiinstig. Viele Betriebe haben mehrmals den Diese Tendenz des Umdenkens wird durch eine Besitzer gewechselt, Plane sind verloren gegan allgemeine Neubewertung und Aufwertung des gen, An- und Umbauten haben die Objekte immer 19. J ahrhunderts in allen Bereichen der Kunst wieder verandert, immer mehr entstellt. Zudem geschichte noch verstarkt. befinden sich manche Bauten in katastrophalem Die untergeordneten Bauaufgaben des 19. J ahr Zustand: Bauten der Industrie werden eben nicht hunderts - Fabriken, Briicken, der gesamte Ver gehutet und gepflegt wie Kirchen oder Schlosser. kehrsbau, BahnhOfe, Arbeiterwohnhauser, Aus Der Forschungsstand der Architekturgeschichte stellungshallen, Warenhauser - gewinnen nicht des 19. und 20. Jahrhunderts in Vorarlberg ist zuletzt in der kunstwissenschaftlichen Forschung au Berst schlecht. Eine uberblicksartige Abhand immer mehr an Bedeutung, sind doch gerade sie es, lung, wie sie etwa uber die Malerei und Plastik welche wegweisend fur die Architektur unseres dieser Zeitspanne vorliegt6, fehlt auf dem Ge J ahrhunderts geworden sind. biet der Architektur. Dies hat zur Folge, daB die Der Fabrikbau, immer in Gefahr selbst Opfer des vorliegende Arbeit weitestgehend Neuland be wirtschaftlichen und technischen Fortschrittes tritt. Lediglich Achleitner und Weingartner ha zu werden, jenes Fortschrittes, fUr den er im 19. ben sich in kurzen Abhandlungen mit der Archi Jahrhundert geradezu als Symbol steht, bedeutet tektur Vorarlbergs befaBt. Friedrich Achleitner heute fur Kunstwissenschaft und Denkmalpflege gibt mit seinem Aufsatz "Bauen in Vorarlberg"7 3 emen kurzen Oberblick uber das 20. J ahrhun schaftliche und technische Aspekte zumindest dert, wobei er den Schwerpunkt auf die Zeit ansatzweise darzulegen, mit dem Ziel, die Be nach 1945 legt. Josef Weingartner versucht mit deutung und Funktion architektonischer For seiner "Baukunst in V orarlberg"B eine kurze men im Fabrikbau besser aufzeigen zu konnen; Einfuhrung zu geben, mit seiner Abhandlung denn gerade die Industriearchitektur spiegelt die uber den Architekten Willy Braun9 hebt er zum entscheidenden Veranderungen im okonomischen, ersten Mal dessen gro~e Bedeutung fur das Bauen bautechnischen und sozialen Bereich wie kaum ein in Vorarlberg in der ersten Halfte unseres J ahrhun anderer Bautyp wider. derts hervor. Eine wichtige Dissertation uber die Weitere Schwerpunkte bilden die Frage nach "Jugendstilarchitektur in Vorarlberg"10 ist am einer Asthetik des Funktionalen, Probleme und Kunsthistorischen Institut der Universitat Innsbruck Praktiken des Denkmalschutzes, die Wechselwir kurz vor der Fertigstellung. Ebenfalls bemerkens kung der Fabrikarchitektur mit anderen Bau wert ist die Aufnahme von vier Fabrikbauten in gattungen sowie die Darstellung von Fabrikbau den Katalog der Ausstellung "Kunst in Vorarlberg ten in bildhaften und visuellen Medien wie Ma 1900 - 1950" 11, wo bei allerdings die Auswahl lerei, Film oder Fotografie. eher dem Zufall uberlassen wurde. Die vorliegende Arbeit versteht sich als ein Bei In der vorliegenden Arbeit wird am Beispiel der trag zur Erforschung der Architektur Vorarl Vorarlberger Fabrikbauten die Entwicklung die bergs im 19. und 20. Jahrhundert und will da ses Bautyps vom fruhen 19. Jahrhundert bis in ruber hinaus Kunstwissenschaft und Denkmal unsere heutige Zeit untersucht und dargelegt. pflege anregen, ihr F orschungs- und Tatigkeits Gerade das Bundesland Vorarlberg besitzt die fur feld zu erweitern, sich mit neuen Aufgaben eine solche Arbeit notwendige Anzahl von Ob stellungen auseinandersetzen - nicht zuletzt mit jekten, insbesondere aus dem Bereich der Tex dem Ziel, auch fur die herkommlichen Themen tilindustrie. Es wird der Versuch unternommen, bereiche der Kunstwissenschaft wertvolle neue die Fabrikarchitektur in einem historischen Ge Erkenntnisse zu gewinnen. samtzusammenhang zu zelgen, soziale, wirt- 2 Fabrikbauten - Kathedralen des Technischen Zeitalters? "Wenn man die alten Kathedralen weniger als den Kathedralen der Romanik und der Gotik etwa Sonntagskirchen denn als Verwirklichung von und jener ,Kathedrale' in Amberg (Rosenthal Raumen ansieht, wie sie als die eigentliche Welt, in Porzellan - Fabrik, Entwurf W. Gropius), in der der sich leben la~t, von Menschen ertraumt wur eine neue Auffassung von Arbeit zelebriert wird, den, dann ist auch der direkte Vergleich zwischen nicht mehr gar so abwegig."12, 13 4