DK 621.742 FORSCH U NGSB ER ICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.961 Prof.Dr.-lng. Wilhelm Patterson Dr.-Ing. Dietmar Boenisch Gießerei-Institut der Technischen Hochschule Aachen Eigenschaften und Eigenschaftsänderungen der Tonmineralien in Formsanden Als Manuskript gedruckt WESTDEUTSCHER VERLAG / KOLN UND OPLADEN 1961 ISBN 978-3-663-03581-7 ISBN 978-3-663-04770-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-04770-4 G 1 i e d e run g 1 • Darstellung der Einflußgrößen · · · · · · · · · · · s. 5 · s. 1 • 1 Ionenbelegung und Quellfähigkeit des Bindetones 6 1.2 Dispergierung, Orientierung und Aufrauhung . . . . . des Tones · · · · · · · · · · · · s. 7 s. 2. Die Formsandaufbereitung und ihre Gesetzmäßigkeiten 8 2. 1 Versuchs bedingungen · · · · · · · · s. 17 . . 2.2 Versuchsergebnisse · · · · · · · · · · · s. 18 2.21 Einfluß der Kollerzeit · s. 18 s. 2.22 Einfluß des Aufbereitungswassergehaltes 20 2.23 Einfluß des Einsatzgewichtes · · · · · · s. 22 2.24 Einfluß der Dispersität verschiedener . Tonminerale · · · · · · · · · · · · · · · · s. 24 s. 2.25 Glättung der aufgerauhten Binderhülle 26 . . 2.26 Zweistufenaufbereitung · · · · s. 28 s. 3. Praktische Folgerungen 29 . . . 4. Zusammenfassung · · · · · · s. 31 5· Literaturverzeichnis · · · · · · · · s. 32 Seite 3 Für die vorliegende Arbeit standen Mittel des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr des Lan des Nordrhein-Westfalen und des Wirtschaftsver bandes Gießereiindustrie (WGI) zur Verfügung, wo für an dieser Stelle herzlich gedankt wird. Seite 4 Die Kenntnis der Einflußgrößen und ihre Einwirkung auf die technologi schen Eigenschaften von Formsanden ist Voraussetzung für eine gute Formsandwirtschaft und gesunden Guß. Ein synthetischer Sand kann in sei nen Eigenschaften in weiteren Grenzen beeinflußt werden als ein natür licher. Dieser ist durch seine vorgegebenen Komponenten und durch sei nen natürlichen Aufbereitungszustand, der erfahrungsgemäß als gut anzu sehen ist, charakterisiert. Die Eigenschaften synthetischer Sande da gegen können durch willkürliche Auswahl von Art und Menge der Gattie rungselemente und durch eine Behandlung unter unterschiedlichen Aufbe reitungsbedingungen in weiten Grenzen variiert werden. Während der Ein fluß von Art und Menge der Aufbauelemente in der Vergangenheit häufiger untersucht worden ist, hat die Aufbereitungstechnik bis heute noch nicht die verdiente Beachtung gefunden. Diese Lücke zu schließen ist der Sinn dieser Arbeit. 1. Darstellung der Einflußgrößen Von der Seite des Bindetones her sind zwei Einflußgruppen zu unter scheiden. Zu der ersten Gruppe gehören alle Größen, durch deren Änderung der Praktiker bewußt oder unbewußt, zweckgerichtet oder zufällig die Einstellung bestimmter Sandeigenschaften vornimmt. Diese sind: 1. der Wassergehalt, 2. der Tonanteil im Formsand, 3. der Orientierungsgrad der Tonblättchen in der das Quarzkorn einbindenden Tonhülle, 4. die Größe der Klebekraft des Bindetones als Funktion seiner freien aktiven Oberfläche, d.h. seiner Dispersität, 5. die Aufrauhung (Texturänderung) der das Sandkorn umschließenden Ton schicht. Die zweite Gruppe umfaßt die vom Praktiker nicht zu beeinflussenden Eigenschaften des Tones, die er von Hause aus mitbringt. Das sind Mine ralbestand und Ionenbelegung. Letztere ist nur für den Bentonit tech nisch von Interesse, da die anderen Tonminerale keine die mechanischen Eigenschaften wesentlich beeinflussende Ionenumtauschkapazität besit zen. Jedoch ist auch die Ionenbelegung willkürlich zu ändern. Von die ser Möglichkeit machen hauptsächlich die Bentonitproduzenten Gebrauch, Seite 5 indem sie ihre Produkte "aktivieren", d.h. das Kalziumion durch eine Sodabehandlung gegen das Natriumion austauschen. 1.1 Ionenbelegung und Quellfähigkeit des Bindetones Die Bedeutung des am Ton sorptiv gebundenen Ions für den Formsand ist bis heute nur sehr unbestimmt beschrieben worden. Natriumbentonite sind allgemein als praxisgünstig bekannt. Sie vermindern die Gefahr des Auf tretens von Sandausdehnungsfehlern, sind thermisch beständiger als Kal ziumbentonite und verleihen dem Sand gute Bildsamkeit. Die Bedeutung der hohen Quellfähigkeit des Na-Bentonits für bestimmte Formsandeigen schaften wird oft überschätzt. Eine überzeugende Beziehung zur Wasser empfindlichkeit konnte von D. BOENISCH, W. PATTERSON und H.E. SCHWIETE [1J gefunden werden. Eine ausführliche Darstellung der Zusammenhänge ist in der angegebenen Literatur zu finden. do2r~~ m~, -_~ Co fur NrrBenl __ _" ~ ___ - formgerechfer Zustand W~{ __ .4----------------------+----~.--------=~~ F, -•. ..---------------. Fe A b b i 1 dun g 1 Schematische Darstellung der Wasserempfindlichkeit synthe tischer Formsande als Funktion der Ionenbelegung des Ben tonits. (Nach D. BOENISCH, W. PATTERSON und H.E. SCHWIETE) Abbildung 1 zeigt schematisch diesen Zusammenhang. Dargestellt sind zwei Gründruckfestigkeitskurven gleichartiger synthetischer Sande, die mit dem gleichen Bentonit, aber von unterschiedlicher Ionenbelegung, abgebunden sind. Unter Wasserempfindlichkeit ist die Abnahme der Grün druckfestigkeit zwischen zwei höheren Wassergehalten zu verstehen, z.B. Seite 6 % % % bei 5 Bentonit von 4 bis 6 Wasser. Mit steigender Na-Belegung und damit zunehmender Quellfähigkeit des Bentonits nimmt die Wasser empfindlichkeit des Formsandes ab, dieser bekommt dadurch ein größeres Arbeitsgebiet, da er innerhalb eines größeren Feuchtigkeitsbereiches hochplastisch und gut verarbeitbar bleibt. Allerdings ist oft beobach tet worden, daß mit steigender Na-Belegung die maximale Gründruckfestig keit sinkt. Dafür verschiebt sich wiederum in gleicher Richtung der formgerechte Zustand zu etwas geringeren Feuchtigkeiten hin [2J. Dieser formgerechte Wassergehalt ist bis heute nicht mit exakten Methoden zu erfassen, sondern wird subjektiv durch die Handprobe ermittelt. Eine Einteilungsmöglichkeit der Bentonite ist auf Grund ihrer Ionen belegung und Quellfähigkeit gegeben [1J. Letztere kann durch Viskosi tätsmessung an Bentonitschlickern einfach und hinreichend genau bestimmt werden. Die höchste Quellfähigkeit besitzen natürliche Na-Bentonite, die niedrigste reine Ca-Bentonite. Künstliche, d.h. aktivierte Na-Ben tonite, nehmen stets, je nach Aktivierungsgrad, Zwischenstellungen ein. Es ist nicht beobachtet worden, daß sie die hohen Quellfähigkeiten und damit geringen Wasserempfindlichkeiten von natürlichem Na-Bentoniten erreichen. Ein künstlicher Aktivierungsprozeß bleibt einem natürlichen somit unterlegen. 1.2 Dispergierung, Orientierung und Aufrauhung des Tones Drei weitere Einflußmöglichkeiten werden aus den Versuchsergebnissen dieser Arbeit abgeleitet. Es sind: 1. Die Dispergierung des Bindetones 2. die Orientierung der Tonteilchen 3. die Aufrauhung der das Sandkorn einbindenden Tonhülle. Alle drei Größen werden durch die Aufbereitung beeinflußt und wirken sich gemeinsam auf die Eigenschaften des Formsandes aus. Die Aufberei tung wurde unter unterschiedlichen Bedingungen systematisch untersucht. Die gefundenen grundsätzlichen Zusammenhänge lassen sich wieder mit Hilfe neuer Begriffe, wie sie sich aus dem unterschiedlichen Aufberei tungsverhalten des Formsandes zwangsläufig ableiten, zueinander in Be ziehung bringen. 7 Seite 2. Die Formsandaufbereitung und ihre Gesetzmäßigkeiten Unter der Formsandaufbereitung ist jede Behandlung des Formstoffes zu verstehen, die diesem zweckentsprechende Eigenschaften verleiht. Sie beginnt für den synthetischen Sand mit dem Einbinden des Quarzkornes mittels eines tonigen Binders. Natursande sind bereits von Hause aus eingebunden. Die technologischen Eigenschaften erreichen nach diesem Prozeß jedoch keineswegs konstante Werte, sondern sind in weiten Gren zen veränderlich. Die Formsandaufbereitung ist mehreren Einflüssen un terworfen,und man kann mit keinem definierten Endzustand des Sandes rechnen. Da es mit heutigen Mitteln nicht möglich ist, einen Normal zustand zu erhalten, ist die Schlüssigkeit wissenschaftlicher Erkennt nisse nicht in allen Fällen gegeben. Für die Praxis ist die Kenntnis des Aufbereitungsverhaltens deshalb wichtig, weil jeder Gebrauchssand im Turnus seines Umlaufes einer Vielzahl von Aufbereitungen unterworfen wird. Jeder Augenblickszustand des Sandes setzt sich je nach Gegeben heiten während den einzelnen Aufbereitungen als Summenwert der Einzel prozesse und aus seinem Verschleißverhalten zusammen. Natur- und syn thetische Sande unterliegen den gleichen Gesetzmäßigkeiten, deren Ein flußnahme jedoch sehr unterschiedlich sein kann. Hierbei spielen das Sandkorn nach Größe, Verteilung und Beschaffenheit, die Art und Menge des Tones, Formstoffzusätze, die thermische Beanspruchung des Sandes und die konstruktiven Merkmale des Aufbereitungsaggregates eine wesent liche Rolle. Innerhalb der vorliegenden Arbeit wurden die grundlegenden Gesetzmäßig keiten in umfangreichen Untersuchungen an dem reinen System Quarzsand Bindeton-Wasser erarbeitet. Der konstruktiven Gestaltung des Aufberei tungsaggregates wurde keine besondere Beachtung geschenkt. Zu diesem Thema wird auf eine andere Veröffentlichung verwiesen [3J. Die Verfas ser waren lediglich an dem Verhalten des Formsandes bei knetender und mischender Aufbereitung interessiert. Hierzu wurden ein Laborkollergang der Firma Georg Fischer, Schaffhausen, und ein Labormischer der Firma Vogel und Schemmann, Hagen, eingesetzt. Untersucht wurden Festigkeit, Durchlässigkeit und Raumgewicht von grünen Sanden. Jeder Formsand bekommt durch eine bestimmte Aufbereitung charakteri stische Eigenschaften aufgezwungen, die er bis zu einer weiteren Auf bereitung beibehält. Die Untersuchung dieses Aufbereitungszustandes an Hand der technologischen Eigenschaften des Sandes kann daher nur er folgen, wenn dieser im Verlaufe der Sandaustrocknung nicht mehr gestört Seite 8 wird. Es hat sich gezeigt, daß schon eine Verdichtung des Formstoffes zu einer Veränderung des Aufbereitungszustandes führt, so daß ein ein mal verdichteter und geprüfter Sand nicht mehr für weitere Untersuchun gen verwendet werden sollte. Jede Änderung des Wassergehaltes nach der Aufbereitung ändert zwar die technologischen Eigenschaften in weiten Grenzen, doch sind diese Änderungen systematisch und übersichtlich. Festigkeit, Durchlässigkeit und Raumgewicht sind vom Wassergehalt direkt abhängig, so daß jede Änderung des letzteren eine gleichzeitige syste matische Änderung aller drei Eigenschaften zur Folge hat. Man kann daher den Wassergehalt für derartige Untersuchungen unberücksichtigt lassen und die Eigenschaften jedes beliebigen Sandzustandes direkt gegenein ander diskutieren. Erst die Beobachtung einer gleichzeitigen Änderung mehrerer Eigenschaften als Funktion der Aufbereitungsbedingungen führt zu den Überlegungen, die nachfolgend dargestellt werden. Um das Ver ständnis zu erleichtern, werden die Gesamtauswertung der Untersuchungen und die Schlußfolgerungen der Verfasser vorgezogen und erst dann die Versuchsergebnisse unter Bezugnahme auf diese Grundgedanken diskutiert. Wesentlich für die Eigenschaftsänderung von Formsanden, wie sie als Funktion der Aufbereitungsbedingungen auftreten, ist die "Härte" der Aufbereitung. Sie wurde als wichtigste Größe erkannt. Es sind zwei Grundtypen einer Aufbereitung zu unterscheiden, die mischen de und die knetende Behandlung des Formsandes. Beide Arten sind nicht streng voneinander zu trennen, da auch eine mischende Aufbereitung im Schaufelmischer unter dem Eigengewicht des Sandes bereits eine Knet wirkung ergibt, die im Vergleich zu der einer knetenden Aufbereitung allerdings geringer ist. Letztere wird bewußt durch den Einsatz von Knetwalzen vorgenommen. Während man bei einer mischenden Behandlung des Sandes also nicht von einer Härte der Aufbereitung spricht, kann sich diese bei der knetenden Aufbereitung in sehr weiten Grenzen ändern und entsprechend Einfluß nehmen. Die Härte einer knetenden Aufbereitung hängt ab 1. von den konstruktiven Gegebenheiten des Aufbereitungsaggregates, hier in erster Linie von der Knetwirkung der Walzen und dem Einsatz gewicht des Formsandes im Kollergang. Mit abnehmender Menge Sand im gleichen Aggregat wird der spezifische Walzendruck pro Sandeinheit größer und die Aufbereitung härter. 9 Seite 2. von den Eigenarten des Formsandes selbst. Hier sind von Bedeutung: a) das Quarzkorn nach Form, Größe, Verteilung und Oberflächen beschaffenheit, b) die Plastizität der Mischung als Funktion von Art und Menge des Bindetones und des Aufbereitungswassergehaltes. Hierunter ist der Feuchtigkeitsanteil im Sand w&hrend der Aufbereitung zu ver stehen. Die Härte der Aufbereitung steigt mit abnehmender Plasti zität des Sandes, also mit sinkendem Aufbereitungswassergehalt. Neben der Härte ist die Dauer der Aufbereitung, im folgenden als Koller zeit bezeichnet, eine wichtige Einflußgröße. Verständlicherweise ist die Kollerzeit ein relativer Begriff, da es schnell- und langsamlaufen de Aggregate gibt. Alle Untersuchungen zu dieser Arbeit wurden aber mit den gleichen Maschinen durchgeführt und sind somit vergleichbar. Mit entsprechender zeitlicher Verschiebung dürften die Ergebnisse auf ande re Verhältnisse übertragbar sein. Die Arbeit befaßt sich also mit den Änderungen der Grüneigenschaften von Formsanden als Folge einer Änderung der Härte der Aufbereitung und als Funktion der Aufbereitungszeit. Abbildung 2 zeigt schematisch den grundlegenden Verlauf von Festig keit, Durchlässigkeit und Raumgewicht in Abhängigkeit von diesen beiden Größen. Die Eigenschaftskurven verbinden die Maximalwerte von Festig keit und Durchlässigkeit und die Minimalwerte des Raumgewichtes von vielen gleichartigen Sandmischungen, die unter den auf der Abszisse an gegebenen Bedingungen aufbereitet wurden. Nahe dem Minimum des Raumge wichtes besitzt die Durchlässigkeit eines Sandes ihren Höchstwert. Zur Aufstellung jeder Eigenschaftskurve ist also eine Vielzahl von soge nannten Austrocknungskurven erforderlich, denen jeweils der Maximal bzw. Minimalwert entnommen wird. Eine derartige Austrocknungskurve stellt die Änderung zweier Sandeigenschaften dar, wenn sich der Feuch tigkeitsanteil, ausgehend von dem Aufbereitungswassergehalt, durch vor sichtiges Austrocknen des Sandes an ruhender Raumluft unter ständiger leichter Durchmischung vermindert. Jede dieser Sandmischungen, an denen die Eigenschaften bestimmt wurden, ist ihrer Zusammensetzung nach gleich und unter genau definierten Bedingungen aufbereitet worden. Der da durch erreichte Aufbereitungszustand wurde im Verlaufe der Austrock nung nicht mehr gestört. Seite 10