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Die Xenien: Studien zur Vorgeschichte der Weimarer Klassik PDF

394 Pages·1993·41.737 MB·German
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GERMANISTISCHE ABHANDLUNGEN Die Xenien PRANZSCHWARZBAUER Die Xenien Studien zur Vorgeschichte der Weimarer Klassik Verlag J .B .Metzler Stuttgart · Weimar GERMANISTISCHE ABHANDLUNGEN 72 Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Franz Schwarzbauer Die Xenien : Studien zur Vorgeschichte der Weimarer Klassik I Franz Schwarzbauer. - Stuttgart; Metzler, 1992 (Germanistische Abhandlungen; 72) Zugl.: Konstanz, Univ., Diss., 1991 ISBN 978-3-476-00859-6 NE:GT ISBN 978-3-476-00859-6 ISBN 978-3-476-03432-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03432-8 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver wertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim mung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigun gen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 1993 Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1993 ~ EIN VERLAG DER. SPEKTRUM FACHVERLAGE GMBH »[. .. ]Dann versteh ich erst recht den Marmor[. .. ]« (Goethe) Inhalt 1. »Die größte Bewegung und Erschütterung« ......................... 9 Goethes Rückblick, 9-Satire oder Pasquill? 13-Grenzver schiebungen, 22 - Das Ende der Gelehrtenrepublik, 35 Exkurs: Wegkreuzungen, Wegweiser ..................................................... 44 2. Schillers Pläne ................................................................................. 57 Die Ankündigung der HOREN, 57 - Additionen, Abstraktionen, 66-Idee und Praxis der »literarischen Societät«, 74-Die Ent zweiung mit Fichte, 82 - Manipulationsversuche, 90 - Das Ob jekt der Begierde, 99-Komplikationen, 106 3. Krise der Kritik ............................................................................. 115 Partikularisierung und Parteilichkeit, 115 -Verkleidungen, 122 - Schillers Idee der Kritik - und Freundschaft, 131 - Lesean weisungen, Selbstinterpretationen, 137 - Gesetzgebende oder genetische Kritik, 145 - »Unsern Herren Critikern«, 152-Ver sprochen! 162 4. Goethes Einfall .............................................................................. 169 Wolfs Angriff oder: Guter Rat ist teuer, 169-Wiederholte Dif ferenzen, 179 - Literarischer Sansculottismus, 182 - Von der Prosa zur Poesie, 191-Die Anfänge der XENIEN, 198 5. Literaturpolitische Kalkulationen .......................................... 205 Verborgene Strategien, 205 - Erfahrungen, Enttäuschungen, 212-Divide et impera, 218 6. Exemplarische Beziehungen ................................................... 230 Der Fall des Johann Heinrich Voß, 230- Eine Grenzziehung: Friedrich Schlegel, 240-»Ärger als die Jacobiner«, 256 7. »Scherzhafte Satire« ................................................................... 266 Variationen und Varianten, 266- Shakespears Schatten, 275- Zwischen Spott und Humor, 281 - Von der Hermeneutik des Witzes, 287 8. Epigrammatischer Karnevalszug .......................................... 298 Vielfalt der Redeformen, 298 - Gesellschaftsdichtung, 306 - Vorbild Martial, 312 - Römischer Karneval, 319 - »An die Freyer«, 332 9. Reaktionen und Konsequenzen .............................................. 340 Skandal, 340-Was tun? 344-»Die guten Wirkungen«, 354 Nachwort. ............................................................................................. 361 Literaturverzeichnis ......................................................................... 363 Register ................................................................................................. 385 1. »Die größte Bewegung und Erschütterung« Goethes Rückblick Goethe erinnerte an den Skandal, als er in den TAG- UND JAHRES-HEFrEN die literarischen Ereignisse des Jahres 1796 rekapitulierte. Nachdem er Schillers Bemühungen um das Weimarische Theater gewürdigt hatte, denen er auch die Wiederaufnahme des FAUST verdanke, nachdem er die HOREN erwähnt hatte, bei welcher Gelegenheit er Schillers Redaktionstätigkeit besonders rühmte, betonte er noch einmal ausdrücklich, wieviel er »selbst« damals Schillers »Aufmunterung« »schuldig« geworden sei, ehe er endlich auf die XENIEN zu sprechen kam. »Die Xenien, die aus unschuldigen, ja gleichgültigen Anfängen sich nach und nach zum Herbsten und Schärfsten hinaufsteigerten, unterhielten uns viele Monate und machten, als der Almanach erschien, noch in diesem Jahre die größte Bewe gung und Erschütterung in der deutschen Literatur.« (1) Der Eindruck ist schwerlich zu widerlegen, daß Goethe den Skandal im Rückblick herunterspielen und verharmlosen wollte; zumal die Formulierung von den »unschuldigen, ja gleichgültigen Anfängen« muß einen befremden, sobald man sie mit den brieflichen Äußerungen konfrontiert, die uns von Goethe und Schiller aus der Zeit der Entstehung der XENIEN überliefert sind. Nein, aus »unschuldigen« Anf"ängen sind die XENIEN nicht entstanden. Ihr Name tauchte zuerst am 23. Dezember 1795 auf, als Goethe Schiller den »Einfall« mitteilte, »auf alle Zeitschriften Epigramme, iedes in einem einzigen Disticho, zu machen, wie die Xenia des Martials sind« (2). Schiller griff den Gedanken sofort auf, erweiterte ihn aber dahin, daß »wir auch über einzelne Werke herfallen müssen« (3). Schiller faßte das geplante Werk von Anfang an als eines auf, das die Konventionen der Literaturgesellschaft ver letzen sollte. Am 18. Januar 1796 kündigte er Körner an: »Für das nächste Jahr sollst Du Dein blaues Wunder sehen. Göthe und ich arbeiten schon seit einigen Wochen an einem gemeinschaftlichen Opus für den neuen Almanach, welches eine wahre poetische Teufeley seyn wird, die noch kein Beyspiel (1) TAG- UND JAHRES-HEFTE ALS ERGÄNZUNG MEINER SONSTIGEN BEKENNTNISSE [1830]; WA I. 35 [Hg. von Wo1demar Freiherrn von Biedermann und Carl Redlich. Weimar 1892], S. 64. (2) NA 3611 [Hg. von Norbert Oellers. Weimar 1972], S. 63. (3) Am 29. Dezember 1795; NA 28 [Hg. von Norbert Oellers. Weimar 1969], S. 151. 10 »Die größte Bewegung und Erschütterung« hat.« (4) Wenig später erläuterte er ihm, wie er sich die »wahre poetische Teufeley« vorzustellen habe: >>Das meiste ist wilde gottlose Satyre, besonders auf Schriftsteller und Schriftstel lerische Produkte, untermischt mit einzelnen poetischen, auch philosophischen Gedankenblitzen.« (5) Schiller war davon überzeugt, daß die XENIEN mit den üblichen Literatur satiren nicht zu vergleichen wären. Durch die >>Grenzenlosigkeit« (5) der sa tirischen Ausfälle würden sie sich ebenso unterscheiden wie durch die origi nelle Beimischung poetischer Einfälle. Freilich sollte die Mischung stimmen, sollte sie die >satirische Herkunft< nicht verleugnen. Als die »philosophi schen« Gedankenblitze darin überhandzunehmen drohten, urteilte auch Goethe, am 9. Juli 1796: »Die Xenien erhalten Sie mit meinem Gutachten zurück; die ernsthaften und wohl meinenden sind gegenwärtig so mächtig, daß man denen Lumpenhunden, die an gegriffen sind, mißgönnt daß ihrer in so guter Gesellschaft erwähnt wird.« (6) In der Schlußredaktion wurden die >ernsthafteren< und >wohlmeinenderen< Distichen dann ausgesondert und im Almanach unter dem Titel TABULAE VonvA E als eigener Gedichtzyklus veröffentlicht. Den zitierten Äußerungen nach sollten die XENIEN also eine >>Satyre« von ganz beispielloser Art wer den. >>Eine angenehme und zum Theil genialische lmpudenz und Gottlosig keit, eine nichts verschonende Satyre« (7), reklamierte Schiller einmal sogar, in einem Brief an Wilhelm von Humboldt, für die XENIEN und suchte damit erneut ihren innovativen Charakter und die spezifische »Muthwilligkeit« (5) ihrer Satire auszudrücken. Daß es indessen in der Produktion, in der >Ver fertigung< der XENIEN manche Entwicklungen und Veränderungen gab vom ersten »Einfall« bis zur endlichen Publikation, darauf legte Goethe anschei nend im Rückblick der TAG- UND JAHRESHEFTE größeren Wert. Als Schiller seinem Verleger Cotta erstmals von dem geplanten Werk berichtete, versprach er ihm, am 13. März 1796, daß es >>Sensation erregen« (8) werde. Damit reflektierte Schiller sowohl das literaturpolitische Aufse hen, das die XENIEN machen würden, als auch ihren ökonomischen Erfolg. >>Man wird schrecklich darauf schimpfen, aber man wird sehr gierig darnach greifen« (9), spekulierte er bereits am 4. Januar 1796. Im allgemeinen Aufse hen, im Skandal der XENIEN, mit dem er rechnete, registrierte Schiller den (4) NA 28, S. 166. (5) Am I. Februar 1796; NA 28, S. 178. (6) NA 36/1, S. 261. (7) Am I. Februar 1796; NA 28, S. 181. (8) NA 28, S. 201. (9) An Wilhelm von Humboldt; NA 28, S. 156. Goethes Rückblick 11 Verkauf; der Skandal werde den Absatz des Werks nicht beeinträchtigen, im Gegenteil: befördern. Diese »Sensation« besorgte Schiller noch, da er den neuen Almanach, den MUSEN-ALMANACH FÜR DAS JAHR 1797, im INTELLI GENZBLATI der ALLGEMEINEN LITERATUR-ZEITUNG vom 21. September 1796 anzeigte: »Ausser etwa 200 Seiten Gedichte von mehreren berühmten Verfassern, die schon an dem M. Almanach des vergangenen Jahrs den größten Antheil gehabt haben, enthält derselbe noch einen Anhang von mehr als 400 Epigrammen, die sich auf den neuesten Zustand der deutschen Litteratur beziehen, und eine in ihrer Art ganz neue Erscheinung sind.« (10) Schiller lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums auf die XENIEN, auf die »mehr als 400«, genau: 414 Epigramme, indem er an dessen Neugierde ap pellierte. Ob er die XENIEN weiterhin für eine »wilde gottlose Satyre« hielt, verschwieg er in der Anzeige lieber; privat gab er zu, daß der öffentliche Spott, dem die XENIEN viele »Schriftsteller und Schriftstellerische Produkte« preisgaben, die Schadenfreude einer großen Leserschaft befriedigen werde. )>Die Xenien«, schrieb er Cotta am 17. September 1796, ))laufen biß auf 415. Sie werden sie etwas stark gesalzen finden, aber das Volk hat auch eine scharfe Lauge verdient, und das Publicum wird sich nur um so beßer dabey befinden.« (11) Schiller kannte die Mechanismen des Markts; binnen eines halben Jahres waren drei Auflagen des Almanachs vergriffen, die XENIEN waren das Tagesgespräch der Literaturgesellschaft. Goethe hingegen suggerierte im Rückblick der TAG- UND JAHRESHEFTE, daß er vom publizistischen Aufsehen der XENIEN eher überrascht worden sei; als ob ein Mißverhältnis zwischen der ursprünglichen Absicht und den späte ren Folgen bestanden habe: ))Die Wirkung aber bleibt unberechenbar.« (12) Bevor er ihre )) Wirkung« so hypostasierte, streifte er wenigstens das damali ge Aufsehen, den Skandal, den die XENIEN ausgelöst hatten: )>Sie wurden, als höchster Mißbrauch der Preßfreiheit, von dem Publicum ver dammt.« (12) Nun forderte damals niemand, wie sehr man sich auch immer über die XENI EN empört haben mochte, daß die Zensur einschreiten sollte. Zwar oblag es im 18. Jahrhundert der Zensur, sämtliche Druckerzeugnisse zu kontrollieren, ))damit nichts der Religion und dem Staat nachtheiliges darinne« (13) ver öffentlicht wurde, aber die Effektivität der einzelnen Zensurbehörden war (10) Zit. nach: NA 28, S. 620. (11) NA 28, S. 293. - Schiller zählte 415 Xenien, weil er, vermute ich, das Motto mitzählte. (12) WA I. 35, S. 64. (13) ZEDLERS UNIVERSAL-LEXICON 5 [1733], Sp. 1817.

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