B. Kirchner . Dialektik und Ethik Baldur Kirchner Dialektik und Ethik Besser führen mit Fairneß und Vertrauen 2. Auflage GABlER CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kirchner, Baldur: Dialektik und Ethik : besser ilihren mit Faimess und Vertrauen / Baldur Kirchner. - 2. Aufl. - Wiesbaden : Gabler, 1992 ISBN 978-3-322-99169-0 ISBN 978-3-322-99168-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-99168-3 1. Auflage 1991 2. Auflage 1992 Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1992 Softcover reprint ofthe hardcover 2nd edition 1992 Lektorat: Ulrike M. Vetter Das Werk einschlie81ich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung au&rhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu Iăssig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielf3.ltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Hiichste inhaltliche und technische Qualităt unserer Produkte ist unser ZieI. Bei der Pro duktion und Verbreitung unserer Biicher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf săurefreiem und chlorarm gebleichtem Papier gedruckt. Die EinschweiBfolie besteht aus Polyăthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB sol che Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu be trachten wăren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Schrimpf und Partuer, Wiesbaden Satz: Satztechnik, Taunusstein Buchbinder: Osswald + Co., Neustadt/Weinstr. Dieses Buch widme ich meinem lanjährigen Gesprächspartner, Herrn Pater Rabanus Mayer OSB, in der Benediktinerabtei Neresheim. Er vollendete am 3. April 1991 sein 70. Lebensjahr. "Nicht die Mehrheit des Volkes bestimmt, was wahr und gültig ist, sondern der Heilige Geist." (P. Rabanus Mayer OSB) Vorwort 1. Dieses Buch in den Jahren 1990 und 1991 geschrieben zu haben, ist mir ein außer-ordentliches Anliegen. Die gesellschaftspoliti schen Veränderungen in den Ländern der marxistisch-lenini stischen Ideologie haben die Perversionen eines kranken Geistes zutage treten lassen. Das gedankliche Gebäude jener allzu hoch bewerteten "materialistischen Dialektik" ist zusammengestürzt. In der Bundesrepublik Deutschland sind die Signale einer Orien tierungs- und Sinnkrise inzwischen subtiler geworden. Der "praktische Materialismus" spinnt im Bewußtsein vieler Men schen schillernde Fäden. Im Glanze brillanter Bilanzen sieht man cher Führende das Licht seines Selbstwertes neu aufleuchten. Das eigene Ansehen in den Medien zu pflegen, scheint für viele Per sönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu einem elementaren Ge bot ihrer Psychohygiene geworden zu sein. Mit diesem Buch will ich all jenen ein Angebot zu selbstkritischer Reflexion unterbreiten, die den Weg in ihre Wesenstiefe suchen oder schon einige Zeit gehen. Ich spüre in den Begegnungen mit Seminarteilnehmern und Zuhörern, daß das Bedürfnis nach per sönlichkeitsbildenden Inhalten wächst. 2. Es geht mir in diesem Buch um Persänlichkeitsbildung. Nicht um Techniken bin ich bemüht. Auch in meinen Seminaren vermittle ich kaum Techniken. Ich lehne eine verhaltensnormierende Trai ningsarbeit ab, weil sie abhängig macht. Wer sich vorwiegend an Techniken orientiert, befreit sich kaum von der Angst vor sponta ner Kommunikation. • Kollektive Kommunikationsmuster schaffen Distanz. Die persönliche Originalität geht weitgehend verloren. 7 Deshalb betone ich in diesem Buch die wesentlich gewordene Per sönlichkeit. Zum eigenen Wesen vorgedrungen zu sein, bedeutet, die Ur-Sachen im Wesensinneren entdeckt zu haben. 3. Mit dieser Publikation löse ich auch ein Versprechen ein. Nicht immer war es mir nach persönlichkeitsbildenden Veranstaltungen möglich, ein Manuskript zu versenden. Viele Zuhörer haben mich gebeten, die Themen der Kolloquien und Vorträge in einem grö ßeren Publikationsrahmen zu veröffentlichen. So wird es nunmehr möglich sein, jene Inhalte in Ruhe nachzulesen, die bei früheren Begegnungen nur selektiv aufgenommen werden konnten. Viele der früher geäußerten Gedanken habe ich erweitert und in einen neuen Kontext eingereiht. 4. Schließlich ist dieses Buch auch ein Ausdruck meiner persönli chen Lebensreflexionen. Wer sich mit Persönlichkeitsbildung be schäftigt, tut dies ja nicht selten seiner eigenen Seele wegen. Die se berufliche Tätigkeit ermöglicht es mir, jene Spannungen und Konflikte aufzuarbeiten, mit denen ich selbst oft ringe. Ich laufe gelegentlich Gefahr, den dialektisch-ethischen Postulaten, die ich erhebe, auch in meinem Kommunikationsverhalten nur bedingt gerecht zu werden. Andererseits liegt mir die Verknüpfung von "Dialektik" und "Ethik" besonders am Herzen. Letztlich vermag nur eine sittlich verantwortete Kommunikation die zwischen menschlichen Beziehungen harmonisierend zu gestalten. Der Mensch der Gegenwart ist besonders gefährdet, seine Kommuni kationsfähigkeit manipulativ einzusetzen. Solchen Strömungen des Zeitgeistes möchte ich eine neue Wertschätzung kommunikativen Handelns entgegenbringen. 5. Ich habe das Buch in zwei Teile gegliedert. Im Teil A behandle ich die Voraussetzungen für eine ethisch orientierte Kommunika tionskultur. Im Teil B stelle ich eine Reihe von Prinzipien zusam men, von denen die ethisch orientierte Kommunikationskultur im privaten wie beruflichen Alltag getragen sein sollte. Baldur Kirchner 8 Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................... 7 Über ethische Kommunikationskultur .............................................. 11 Teil A - Voraussetzungen für eine ethisch orientierte Kommunikationskultur I. Von der Theozentrik zur Anthropozentrik - Die Wende im Bewußtsein ........................................................ 17 1. Glaubensfähigkeit .................................................................. 20 2. Akzeptanz der Heiligen Schrift ............................................. 24 3. Akzeptanz der institutionellen Kirche ................................... 29 11. Die Kompetenzen des Führenden - Merkmale seines Persönlichkeitsprofils .................................... 50 1. Über das Führen ..................................................................... 52 2. Fachliche Kompetenz ............................................................ 62 3. Soziale Kompetenz ................................................................ 74 4. Sittliche Kompetenz .............................................................. 92 111. Dialektik und Dialektikfähigkeit ............................................... 99 1. Überlegungen zum Begriff "Dialektik" ................................. 99 2. Voraussetzungen für DialektikfähigkeiL ............................ 104 IV. Ethik und Überzeugungsfähigkeit ........................................... 112 1. Überlegungen zum Begriff "Ethik" ..................................... 112 2. Merkmale der Überzeugungsfähigkeit ................................ 116 9 Teil B - Prinzipien einer ethisch orientierten Kommunikationskultur I. Ethische Prinzipien für Ehe und Partnerschaft ........................ 142 11. Ethische Prinzipien für die erzieherische Begleitung .............. 164 III. Ethische Prinzipien für die dialektische Dialogkultur ............. 184 IV. Ethische Prinzipien für Führende in Hierarchien .................... 205 Anmerkungen .................................................................................. 221 Stichwortverzeichnis ....................................................................... 225 10 Über ethische Kommunikationskultur Die kommunikative Qualität des Zwischenmenschlichen wird danach beurteilt, in welcher Weise sie es vermag, die Persönlichkeit des Kommunizierenden zu würdigen. Alles Verletzende, Entpersönli chende, Entwertende ist ein Ausdruck gestörter Harmonie zwischen den Gesprächspartnern. Im gegenwärtigen gesellschaftlichen Leben ist die öffentliche Verunglimpfung der Kommunikationspartner zu ei nem kollektiven sadistischen und zynischen Spektakel geworden. Der heuchlerische politische Wahlkampf, die Affären von Managern, die profane Rivalität bei der Besetzung von Bischofsstühlen - all dies sind Zeichen eines neurotisierten Zeitgeistes, dessen Glaubwürdigkeit längst abgeblättert ist. Die Feindaggressivität und die Vernichtungsaggressivität üben ihre kommunikative Herrschaft über das gesellschaftliche Bewußtsein aus. Die Kampfdialektik ist die große Siegerin über die Überzeu gungsdialektik. Als Erfolgreicher thront vielerorts der intellektuell Führende, der als analytischer Ratgeber die Wirtschaftsprozesse steu ert. Der Narzißmus vieler Führender läßt sie von Weihrauch zu Weih rauch schreiten. Was sie an Leiden in den Geführten erzeugen, be merken sie nicht, weil ihre Selbstverliebtheit ihnen den Zugang zum anderen verstellt. Für viele dieser Personen ist Persönlichkeitsent wicklung die Bestätigung ihrer selbstgeHilligen Haltung. Dabei spü ren sie nicht, daß sie sich selbst zu einem Instrument krankhaften Er folgsverständnisses degradiert haben. • Die Lebenslügen der Führenden produzieren private und berufliche Krisen. Wo das Handeln eines Menschen, besonders des Führenden, nicht mehr offen ist für das Erkennen von Lebenslügen, hat es sich weit von der Lebensrealität entfernt. 11 In seiner Kommunikationskultur aber zeigt der Mensch, in welcher Beziehung er zur Lebensrealität steht. Was meine ich hier mit "Kommunikationskultur"? • "Kommunikationskultur" ist ein Ergebnis der Persön lichkeitsentwicklung eines Menschen. Sie meint die Art und Weise des Umganges mit Bewußtseinsinhalten, die sich im Lebensstil und im Verhalten gegenüber dem Be stehenden manifestiert. Das Bestehende ist das menschliche Leben und seine Bindung an das Außermenschliche - das Metaphysische. Es ist, mit den Worten Bal thasar Staehelins gesprochen, "die erste und die zweite Wirklichkeit" eines Menschen. Das Ziel der hier angesprochenen Kommunikations kultur ist das geistige und seelische Wachstum der menschlichen Per sönlichkeit. Das aber gelingt nur dann, wenn Persönlichkeitsentwick lung den Blick in die eigene Wesenstiefe gestattet. Wenn es das Ziel von Kultur ist, den Menschen in immer höherem Maße zur Selbster kenntnis zu führen, so beabsichtigt Kommunikationskultur, die Inter aktionswege zur Selbsterkenntnis zu ebnen. - Selbsterkenntnis beginnt mit dem Begreifen der eigenen Lebens realität. - Die Ablösung von der Lebensrealität dagegen kennzeichnet eine neurotische Eigenbeziehung. Ich nenne nun jene Form der Kommunikationskultur, die die Ent wicklung eines Wertbewußtseins in der menschlichen Persönlichkeit zum Inhalt hat, "ethische Kommunikationskultur" . • "Ethische Kommunikationskultur" ist eine Form der Kommunikationskultur, die den sittlichen Zustand des einzelnen spürbar werden läßt. Das erworbene und ent wickelte Maß an Sittlichkeit ist die Vorbedingung für Wertschätzung und Würde in der Kommunikation. 12
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