FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr.1495 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt DK 669.017: 669.4 548.313.2 532.133 Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Patterson Dr.-Ing. Helmut Brand Dipl.-Ing. Heinrich TraßI Gießerei-Institut der Rhein.-Wesif. Techn. Hochschule Aachen Das Viskositätsverhalten flüssiger Bleilegierungen im Konzentrationsbereich der festen Löslichkeit Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ISBN 978-3-663-06025-3 ISBN 978-3-663-06938-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-06938-6 Verlags-Nr.011495 © 196 5 b y Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprunglich erschienen bei Westdeutscher Verlag 1965 Gesamtherstellung : Westdeutscher Verlag· Inhalt Schrifttums übersicht ............................................... 7 Versuchsdurchführung 9 Versuchsergebnisse ................................................ 11 Diskussion der Versuchsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 14 Zusammenfassung ................................................. 17 Literaturverzeichnis ................................................ 19 5 Sehrifttumsü bersieht Die Viskosität oder innere Reibung bezeichnet eine Kraft, die zwischen zwei Flüssigkeitsschichten auftritt, zwischen denen ein Geschwindigkeitsgefälle be steht. Diese Kraft ist dem Viskositätskoeffizienten 1), der Berührungsfläche Fund dem Geschwindigkeitsgefälle dv/dz direkt proportional, wenn z den Abstand der beiden Schichten bedeutet: K = 1) • F· dv/dz (1 ) Die Viskosität metallischer Schmelzen ist eng mit ihrer Struktur verbunden [1,2], daher können durch Messung dieser Größe Rückschlüsse auf die Struktur gezogen werden. Für die Abhängigkeit der Viskosität vom Zustands schaubild lassen sich Gesetz mäßigkeiten aufstellen [3]. Danach zeichnen sich reine Metalle und eutektische Legierungen im allgemeinen durch eine verhältnismäßig niedrige Viskosität aus, während intermetallische Verbindungen die höchste Viskosität aufweisen. Auch bei Legierungen, deren Konzentration der maximalen festen Löslichkeit entspricht, werden in einigen Fällen relative Maxima der Viskosität gefunden. In Systemen mit vollständiger Löslichkeit im festen und flüssigen Zustand folgt die Viskosität annähernd der Mischungsregel. Einige Eigenschaften des festen Zustandes, wie die Verbindungs- und Mischkristallbildung, scheinen im flüssigen Zustand noch wirksam zu sein. So konnte mit Hilfe von magnetischen Messungen nachgewiesen werden [4], daß eine Reihe intermetallischer Verbindungen noch bis weit in den flüssigen Zustand, wenn auch dissoziiert, besteht, und die Eigenschaften des flüssigen Zustandes beeinflußt; vgl. auch [14]. In Systemen mit begrenzter fester Löslichkeit zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Änderung der Viskosität mit zunehmendem Anteil der zweiten Komponente und dem Betrag der maxi malen festen Löslichkeit [5, 6]. Die Abb. 1 und 2 geben die Versuchsergebnisse von E. GEBHARDT und Mitarbeitern [5] sowie von W. R. D. JONES und W. L. BARTLETT [6] für einige Legierungen des Aluminiums wieder. Sie zeigen, daß der Viskositätsanstieg um so steiler ist, je geringer die maximale feste Löslichkeit ist. Die Kurven für Magnesium und Silizium in Abb. 2 scheinen dieser Tendenz zu widersprechen. Die Abweichung der Magnesiumkurve dürfte jedoch auf Meßungenauigkeiten zurückzuführen sein, da sich Magnesium in Abb. 1 in die Reihenfolge einordnet. Die Abweichung des Halbmetalles Silizium ist möglicher weise auf andersgeartete atomare Bindungskräfte zurückzuführen. Diese Versuchsergebnisse lassen einen Zusammenhang zwischen dem Viskositäts verlauf und der maximalen festen Löslichkeit vermuten; die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Klärung dieser Frage liefern. 7 1,25~--------~-----------r----------~--------~ ® Ti (rn.x. feste Löslichkeit: 0,18 At-%) ® Fe (rn.x. feste Löslichkeit: 0,5 At-%) • Cu (rnax. feste Löslichkeit: 2,5 At-%) o Mg (rnax. feste Löslichkeit: 16,4 At-%) & Zn (rnax. feste Löslichkeit: 66,6 At-%) 1 1,20 Ti 1,100L--------'L...-----..J2-----!3------.J4 --At-%--+- o Mg (rn.x. feste Löslichkeit: 16,4 At-%) 6,5 0 Ni (rnax. feste Löslichkeit: 0,48 At-%) _____, --___. , I) Si (rnax. feste Löslichkeit: 1,55 At-%) • Cu (rnax. feste Löslichkeit: 2,5 At-%) es> Zn (rnax. feste Löslichkeit: 66,6 At-%) Zn 3,5LO-------L------~2~------3~------~4------~5 ___ At-%_ Abb.1 und 2 Anderung der Viskosität von Aluminium bei Zugabe verschiedener Legierungselemente 8 Versuchsdurchführung Zur Messung der Viskosität in den Bleisystemen wurde das Schwingungstiegel verfahren in der von T. P. YAO [1] angegebenen Apparatur angewandt. Die unter * suchten Legierungen sind in Tab. 1 zusammengestellt. Liquidustemperaturen und Schmelz diagramme wurden dem Metals Reference-Book [7], den Werken von W. HOFMANN [8] und M. HAKsEN [9], Dichtewerte den Physikalisch-Chemi schen Tabellen von LANDoLT-BöRNSTEIN [10] entnommen. Zwischenwerte wur den durch Inter- und Extrapolation erhalten. Die einzelnen Legierungen wurden aus reinen Metallen in einem Widerstands ofen erschmolzen, zu Rundproben vergossen und durch Abdrehen auf 32 mm Dmr. gebracht. Das Einsatzgewicht entsprach einem Probenvolumen von 44 cm3 am Schmelzpunkt. Die in den Versuchen verwendeten Tiegel bestanden aus Graphit, sie hatten einen Innendurchmesser von 36 mm und eine Höhe von 60 mm. Die Abkühlungsgeschwindigkeit betrug 0,5-1 ° Cfmin. Die Messungen wurden in Abständen von 5° C, in der Nähe der Erstarrungstemperatur von 1 ° C durchgeführt. Während der Versuche wurde zur Verhinderung der Oxydbildung Argon unter geringem Überdruck in die Versuchsapparatur eingeleitet. Die Schmelzen wurden bis jeweils 550-600°C aufgeheizt; gemessen wurde während der Abkühlung von etwa 560° C bis zur Erstarrung. Für jeden Meßpunkt wurden die Amplituden von zehn aufeinanderfolgenden Schwingungen abge lesen und der Mittelwert der logarithmischen Dekremente gebildet. Die Schwin gungsdauer des Schwingungssystems betrug bei Temperaturen weit über dem Schmelzpunkt etwa 2,3, bei Annäherung an die Erstarrungstemperatur stieg sie über 3 sjSchwingung. Aus den logarithmischen Dekrementen wurden die Viskositätswerte nach der von T. P. YAO [1,3] angegebenen Gleichung pt V1)· (ß - ßo) - = K· Pt·"' (2) pts berechnet. In der Formel bedeuten: ß das gemessene Dekrement der Amplituden, ßo das logarithmische Dekrement, das auf die Luftreibung des Tiegels und die innere Reibung der Torsionsdrähte zurückzuführen ist, Pt die Dichte der Schmelze bei Meßtemperatur, Pts die Dichte der Schmelze am Schmelzpunkt, * Die Tabellen befinden sich am Schluß der Arbeit. 9 Keine Apparaturkonstante, die durch Eichung mit Metallen bekannter Viskosität und Dichte bestimmt wird, 7) den Viskositätskoeffizienten und die Schwingungsdauer. T In der vorliegenden Arbeit wurden Eichmessungen mit Zinn und Blei durchge führt, deren Viskositäts- und Dichteverlauf hinreichend bekannt sind. Die Vis kositätswerte wurden der Arbeit von T. P. YAO [1] entnommen. Dabei ergab sich bei Verwendung eines Graphit-Innentiegels eine Apparaturkonstante von 0,06456, für einen Tonerdetiegel eine solche von 0,05159. 10 Versuchsergebnisse Die Anderung des logarithmischen Dekrements und der Viskosität mit der Tem peratur zeigen bei allen Legierungen die gleiche Tendenz. Mit sinkender Tempe ratur steigen beide gleichmäßig an. In Tab. 2 sind die Versuchsergebnisse aller untersuchten Schmelzen zusammengefaßt. Die Abb. 3 zeigt die Abhängigkeit 3,5;-----r-----.----,------r-----, .J.-----I--.('l~ Sn 2,o0 ':---2 --7--4- --'--6- --~--8- ~---~10 --At-%_ Abb. 3 Anstieg der Viskosität von Blei bei Zugabe verschiedener Legierungselemente der Viskosität von der Zusammensetzung für die Legierungen. Die Viskosität Temperatur-Kurven zeigen einen mehr oder weniger steilen Anstieg der Vis kosität des Bleis bei Zugabe eines Legierungselementes. Um den Einfluß der verschiedenen Legierungselemente auf die Anderung der Viskosität vergleichen zu können, wurde die Steigung der bei Reinblei an die 1l/T-Kurve gelegten Tan gente ermittelt. Dadurch ist ein zahlenmäßiger Vergleich möglich. Die Steigung der Tangente d1J/dc wurde mit D bezeichnet. In Tab. 3 sind die D-Werte der ein zelnen Systeme mit dem Betrag der maximalen festen Löslichkeit zusammen gestellt. Die Abb. 4 zeigt die graphische Darstellung der D-Werte in Abhängigkeit von der maximalen festen Löslichkeit. Aus der Abbildung geht hervor, daß mit sin kendem Betrag der maximalen Löslichkeit die D-Werte schwach ansteigen. Unter halb einer Löslichkeit von 5 At.-% wird der Kurvenverlauf merklich steiler. Die gestrichelten Kurven verbinden Elemente, die der gleichen Gruppe im periodi schen System angehören. 11 Eine ähnliche Tendenz ist aus den entsprechenden Darstellungen der Ergebnisse aus dem Schrifttum [5, 6] in Abb. 5 zu erkennen. Hier findet der Steilanstieg unterhalb etwa 3 At.-% statt. Nach E. N. DA C. ANDRADE [11] folgt die Tempe raturabhängigkeit dem Exponentialgesetz .~ = A . exp. E/RT (3) In der Gleichung bedeuten: 1) den Viskositäts koeffizienten, A eine Konstante, E die Aktivierungsenergie, R die allgemeine Gaskonstante und T die absolute Temperatur. 4 ~\zn \ 3 \\ ~\ (As) \ -\ \ \~\ \ \ Mg~d- - .. (Hg) Bi S0 n Sb\~F -+ -0 o 6 12 18 24 30 Maximale Löslichkeit in At-% Abb.4 Zusammenhang zwischen der maximalen festen Löslichkeit und dem Anstieg der Viskosität in Bleisystemen 0,8 oMg Ni o nach W. R. D. JONES und W. L. BARTLETT [6] • nach E. GEBHARDT und Mitarbeitern [5] Cu • Tl Zn °Si 0,2 Fe ~i.u- .- •M g Zn o 15 30 45 60 75 Maximale Löslichkeit in At-% Abb. 5 Zusammenhang zwischen der maximalen festen Löslichkeit und dem Anstieg der Viskosität in Aluminiumsystemen 12