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Bildung oder outcome?: Leitideen der standardisierten Schule im Diskurs PDF

208 Pages·2007·10.473 MB·German
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Johann J. Beichel / Konrad Fees (Hrsg.) Bildung oder outcome? Reihe Pädagogik Band 30 Johann J. Beichel / Konrad Fees (Hrsg.) Bildung oder outcome? Leitideen der standardisierten Schule im Diskurs Mit Beiträgen von Johann J. Beichel, Linda Clarke, Konrad Fees, GeoffHayward, Ulrich Herrmann, Walter Jungmann, Lutz Koch, Ludwig A. Pongratz, Jürgen Rekus, Christopher Winch Centaurus Verlag & Media UG 2007 Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek: Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar ISBN 978-3-8255-0667-4 ISBN 978-3-86226-308-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-86226-308-0 ISSN 0930-9462 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. © CENTAURUS Verlags-GmbH & Co. KG, Herbolzheim 2007 Satz: Vorlage der Herausgeber Umschlaggestaltung: Jasmin Morgenthaler Inhalt Vorwort der Herausgeber ........................................................... VII I. Bildungstheoretische Implikationen Ludwig A. Pongratz Vom Bildungsbürger zum Selbstvermarkter - Reflexionen zur Bildungsreform ...................................................... 3 Lutz Koch Bildungsevaluation, Bildungsstandards, Grundbildung und eine neue Lehrerbildung: Eine neue Bildungstheorie? ........................................................... 23 II. Institutionelle Fragen Ulrich Herrmann Die nationale Testservice-Agentur IQB: der Abgesang auf pädagogische Schulentwicklung ............................... 45 Jürgen Rekus Qualitätssicherung durch nationale Bildungsstandards Schulaufsicht vor neuen Aufgaben? ................................................. 53 111. Vergleichende Perspektive Linda Clarke/Christopher Winch Vocational Education: conceptual differences between Britain and Germany ............................ 75 Geoff Hayward Vocationalism and the decline of vocational learning in England .............. 91 vi IV. Lehrerbildung Walter Jungmann Interkulturelle Kompetenz als Anforderung an Schulqualität und Lehrerbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 KonradFees Qualitätssicherung in der Lehrerbildung Pädagogische Professionalität als das ungelöste Problem des Verhältnisses von Theorie und Praxis ....................................... 139 Johann J. Beichel Ästhetische Bildung als Fundament der Lehrerbildung Plädoyer für eine ÄSTHETISCHE WENDE .................................... 165 Autoren ................................................................................ 203 Vorwort der Herausgeber Wie Schulentwicklung generell stets von Trends begleitet und von den Beson derheiten des Zeitgeistes getragen wird, wird die aktuelle Schulentwicklung von bildungspolitischen Auffassungen und Ideen bestimmt, die bei aller Ver schiedenheit gleichwohl auch Parallelen zur schulpolitischen Situation um 1970 erkennen lassen. Schulentwicklung wurde in Deutschland nach 1970 im großen Entwurf betrieben in Gestalt eines kompletten Umbaus vor allem des sekundären Schulwesens - Schulentwicklung als Ausbau eines Systems auf der Makro ebene. Schulreform wurde damals verstanden als Denken in großen Einhei ten; Bildung lasse sich auch poietisch angehen und über operationalisierbare Lernziele hinsichtlich ihrer Resultate zugleich auch überprüfen. Dieses Den ken in großen Einheiten und zentralen Systementscheiden wich bis in die 1990er Jahre dem Gedanken, daß Bildungsreform nunmehr kleinräumig vor Ort anzusetzen habe in der jeweiligen Schule: Schulentwicklung als Ausge staltung der jeweiligen Einzelschule mit dem Erkunden ihrer jeweiligen Stär ken und besonderen Herausforderungen am jeweiligen Standort. In der Praxis wird die dezentrale Entwicklung von Einzelschulen weiter verfolgt. Im großen Stil hat sich seit etwa vier Jahren in der Schulpolitik der Länder, auf der Ebene der Kultusministerkonferenz und in den jeweiligen Schuladministrationen ähnlich wie in den frühen 1970er Jahren der Gedanke durchgesetzt, Bildung sei technisch "herstellbar" über Vereinheitlichung - Standardisierung - und überprüfbar über entsprechende Methoden der Leis tungsstandserhebung. Man kann diese neueste Entwicklung als den ,empiric turn' bezeichnen, als den Gedanken, analog vielen anderen Erzeugnissen des modernen Lebens auch Bildung herzustellen. Wenn nur die Bildungsziele zu vor- entsprechend etwa den von der Brüsseler EU-Verwaltung aufgestellten Normierungen von Landwirtschaftsprodukten - als Standards verbindlich aus gewiesen und der jeweilige outcome hinsichtlich seiner Normentsprechung auch regelmäßig überprüft wird, dann sei Bildung schon entstanden. Der ,empiric turn' findet seine Verlängerung in der Wissenschaftspolitik der Hochschulen bzw. der erziehungswissenschaftliehen Fakultäten. Die qualitativ-systematische Erziehungswissenschaft - allgemeine Schul- und viii Johann J. Beichel/Konrad Fees Unterrichtstheorie wie Erziehungs- und Bildungsreflexion im Grundlagen bereich, vor allem auch in einem nachweisbaren Bezug zu schulischem Han deln - wird augenblicklich weitgehend zugunsten einer quantitativ-empi rischen Unterrichts- und Bildungsforschung abgebaut. Der bildungspolitische Paradigmenwechsel findet somit sein Pendant in der an den Hochschulen in stitutionalisierten Erziehungswissenschaft, die offenbar gerne bereit ist, den bildungspolitischen ,empiric turn' auch wissenschaftsmethodisch zu flankie ren. Vergleichbar dem Diskurs um operationalisierbare Lernzielen der 1970er Jahre konzentriert sich die aktuelle Schulpolitik auf die Ausarbeitung entspre chender Lehrpläne. Seit den 1970er Jahren waren letztere in mehreren Stufen "entrümpelt" worden mit der Folge, dass die Angaben darüber, was die Schüler zu lernen hätten, hinsichtlich ihrer inhaltlichen Konkretion immer un bestimmter geworden sind. Die aktuelle Lehrplan-Generation ist in mehreren Beschlüssen 2003 von der Kultusministerkonferenz auf den Weg gebracht worden und folgt dem Konstruktionsprinzip der "Bildungsstandards". Damit ist gemeint, daß nicht mehr Inhalte bzw. Unterrichtsgegenstände bestimmt werden, mit denen sich die Schüler zu befassen haben, sondern nur noch allgemeine formale Könnensziele bzw. "Kompetenzen" ausgewiesen werden, welche die Schüler erreichen sollen. Es wird also nicht mehr vorgegeben, welche Texte im Literaturunterricht zu lesen sind, sondern beispielsweise nur noch, daß die Schüler überhaupt Gedichte verschiedener Provenienz verste hen sollen. Sie sollen etwa in der Lage sein, Gedichte in Prosa umzuwandeln und umgekehrt; welche Gedichte hierbei als "Material" dienen, spielt keine Rolle. Die Umstellung der Lehrpläne auf die sogenannten Bildungsstandards ist bekanntlich eine Reaktion der Kultuspolitik auf die Resultate der verschiede nen vergleichenden Schülerleistungserhebungen - TIMSS, PISA, IGLU -, denen zufolge die gemessenen bundesdeutschen Schülerleistungen im interna tionalen Vergleich nur nachrangige Plätze erbringen. "Standardisierung" hat also den Zweck, eine Überprüfbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit und auch Ver gleichbarkeit von Leistungsniveaus zu ermöglichen. Insofern war die Einfiih rung der Standards nur der erste Schritt. Der zweite Schritt besteht darin, die tatsächlich erreichten Niveaus auch regelmäßig zu erfassen. Der Umstieg der bundesdeutschen Schule auf derartige Verfahren ist zur Zeit im vollen Gange. Implementiert werden etwa regelmäßige Leistungserhebungen in Form Vorwort der Herausgeber ix zentraler, standardisierter Diagnosearbeiten etwa in den Klassen 6 und 8 in den Kernfächern. Die Einspeisung der erreichten Schülerleistungen in zentra le Datenerfassungssysteme dient dem Vergleich und soll den Wettbewerb unter den Schulen erhöhen. Des weiteren werden die Schulen künftig dazu aufgefordert, regelmäßige Evaluationen über sich ergehen zu lassen. Dies ge schieht auf der ersten Stufe auf dem Wege einer internen Evaluation; dem wird als zweiter Schritt die externe Evaluation folgen, d.h. alle Schulen wer den regelmäßig durch externe Kontrollteams aufgesucht und einer standardi sierten Bewertung unterworfen. In der Praxis geht dies mit einer Begrifflich keit einher, die der Consulting-Praxis der Wirtschaft entlehnt ist: Controlling, Benchmarking, Qualitäts-Audits, Empowerment, Zielvereinbarungen etc. Der Standardisierungs- und Evaluierungsidee liegt die Annahme voraus, Bildung und Erziehung ließen sich gleichsam industriell erzeugen und ent sprechend in ihren Prozessen und Resultaten numerisch bzw. quantitativ erfassen. Die Ausbringung von Standards ist de facto eine Festlegung von Normen; Bildungsstandards sind dem Begriffe nach Bildungsnormen bzw. normierte Bildungseinheiten, die sich auf einer Skala von "Null" bis "Exzel lenz" numerisch erfassen lassen. Die Entlehnung von Begriffen aus dem Bereich des betriebswirtschaftliehen Controlling und Consulting verrät zum einen das ökonomische Interesse, das sich hinter diesen Maßnahmen verbirgt. Bildung wird hier wesentlich als Voraussetzung ökonomischer Wettbewerbs fähigkeit im globalen Verteilungskampf um Märkte und Ressourcen verstan den. Bildung wird damit zur betriebwirtschaftlichen Größe, wie zum anderen Bildung auch als ein technisch-ökonomischer Herstellungsprozeß begriffen wird, der sich mit Kategorien wie Effizienz, Effektivität, Produktivität und Rentabilität bewältigen läßt. Die gegenwärtige Schulentwicklung wird damit von Leitideen getragen, die in ihren Wirkungen zwar sichtbar sind, die als solche aber weder benannt noch aufgeklärt werden. Standardisierung, Evaluation und Controlling setzen Kriterien voraus, die diesen Maßnahmen voraus liegen. Wer bewertet, mißt an denjenigen Qualitätsmerkmalen, die zuvor bereits festgelegt wurden. Läßt sich Bildung freilich mit solchen Maßnahmen und Kategorien erfassen? Wer den auf diese Weise nicht nur die Probleme verschoben, werden von den beteiligten Akteuren möglicherweise nicht sogar wieder Ressourcen fehlgelei tet oder verbraucht, die das eigentliche Anliegen unter Umständen sogar kon terkarieren?

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