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Andrea und Marie PDF

180 Pages·2001·1.69 MB·German
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Buch Ralf ist mit Marie verheiratet, und zwar schon lange. Sie ist eine erfolgreiche Architektin; er ist Buchhändler und liebt Bücher über alles – abgesehen von seiner Geliebten Andrea. Andrea weiß, dass Ralf verheiratet ist, doch ihr genügen die gemeinsamen Stunden am Nachmittag. Der Sommerurlaub naht, und Ralf möchte nicht während der ganzen Zeit von Andrea getrennt sein. So überredet er sie, ihnen nach Südfrankreich zu folgen, wo Marie und Ralf ein wunderschönes altes Haus besitzen. Andrea quartiert sich auf dem Campingplatz ein, doch so in der Nähe von Ralfs Frau fühlt sie sich nicht wirklich wohl. Ihr Unbehagen steigt, als sie vergebens auf Ralf an ihrem heimlichen Treffpunkt wartet. Was Andrea nicht wissen kann: Ralf hatte einen Unfall und liegt in Gips verpackt im Krankenhaus. Zufällig lernen sich Andrea und Marie kennen und werden gute Freundinnen, bis Ralf wieder auftaucht … Autor Thommie Bayer, 1953 in Esslingen geboren, studierte Malerei an der Kunstakademie in Stuttgart. Von 1978 bis 1988 trat er als Lie­ dermacher hervor. Seit 1985 veröffentlicht er Storys und Roma­ ne und wurde 1993 mit dem Thaddäus-Troll-Preis ausgezeichnet. Seine Romane »Spatz in der Hand« und »Andrea und Marie« wurden erfolgreich fürs Fernsehen verfilmt. THOMMIE BAYER Andrea und Marie Roman BLANVALET Blanvalet Taschenbücher erscheinen im Goldmann Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann. Originalausgabe Juni 2001 Copyright © 2001 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH Umschlaggestaltung: Design Team München Umschlagmotiv: Uli Gleis unter Verwendung von Fotografien von Ronald Siemoneit Verlagsnummer: 35479 Made in Germany ISBN 3-442-35479-X Für Heike W ie lang war das schon her? Zwei Monate? Ein Vier­ teljahr? Ihr letzter lauter Streit ging um die Zeitung: wie schon so oft, sah sie den ihr gnädig überlassenen Teil der Süddeutschen zerfleddert neben ihrem Teller liegen, als wäre dies der Platz für den Müll, und Marie explodierte: »Soll ich das jetzt anzünden, oder was?« Ralfs Gesicht lugte, ärgerlich erstaunt, hinter dem Feuilleton hervor. »Guten Morgen«, sagte sie leiser, aber noch immer zornig hinterher, was die Falten zwischen Ralfs Brauen zwar nicht zum Verschwinden brachte, aber dafür diesen wachsamen Ausdruck in seine Augen, den sie immer annahmen, wenn er sich zur Verteidigung aufraffte. »Kriegst du deine Tage jetzt schon alle zwei Wochen?«, raunzte er und duckte sich, als rechne er mit einem Wurf­ geschoss. Leider musste sie lachen, denn Frechheiten dieser Art war sie von Ralf nicht gewohnt, und so nahm die viel versprechende Auseinandersetzung ein allzu frühes Ende. Marie schaffte es gerade noch, ihm in halbwegs strengem 7 Ton zu erklären, dass eine Morgenzeitung frisch sein muss, und er ihr gefälligst einen ungelesenen Teil reservieren solle, oder es müssten zwei Zeitungen her. Oder zwei Badezimmer. Damit Chancengleichheit herrschte, und sie beide zur selben Zeit am Frühstückstisch und damit am Start für das Rennen ums Feuilleton wären. Am übernächsten Tag schon hatte ein zweites Exemplar der Süddeutschen dagelegen, und seither raschelten sie einander über den Tisch hinweg die Botschaft ihrer Exi­ stenz zu. Mit genau gleich frisch knisterndem Papier. Wie lange war das her? 1 R alf ist kein Mann zum Streiten, dachte Marie. Zum Glück. Ein Feuerkopf pro Ehe ist genug. So aufbrausend und vorlaut sie selbst oft sein konnte, war ein in sich ge­ kehrter, friedfertiger Mann wohl die beste Versicherung gegen das Risiko, eines schönen Tages wegen nichts ge­ radeaus durchs Dach zu fliegen. Und nie mehr auf dem Boden der Tatsachen zu landen. Sie fühlte sich müde. Und wusste, dass man ihr das nicht ansah, denn sie hatte jahrzehntelange Übung darin, sich mit präzisen Handgriffen, noch im Halbschlaf wie auch in größter Eile, in eine makellos geschminkte Kar­ rierefrau zu verwandeln. Gerade mal eine halbe Stunde brauchte diese Prozedur, während der sich die unbehol­ fene Raupe zum federleichten Schmetterling entpuppte. Eigentlich verpuppte sie sich, denn um das wahre Ich der Raupe wurde das falsche des Schmetterlings dra­ piert. Aber der war alles, was die Außenwelt sah und 9 deshalb auf seine eigene Art doch wieder wahr. Außer Ralf wusste niemand, wie die Raupe gähnte, im Schlaf auf einer Haarsträhne kaute oder sich prüfend in den Oberschenkel kniff. Dafür liebte sie Ralf. Dafür dass er sie liebte, obwohl er sie kannte. Als Raupe. »Wann schlafen wir eigentlich mal wieder miteinan­ der?«, fragte sie die Zeitung gegenüber, aber außer einem Rascheln und etwas, das vielleicht ein Räuspern gewe­ sen sein mochte, erhielt sie keine Antwort. Sie ließ sich extra Zeit damit, ihre eigene Zeitung zu senken, denn sie wusste, das fragende Unschuldsgesicht würde erst in einigen Sekunden hinter der Literaturseite auftauchen. Ja. Da war es. Verwirrt mit blauen, freundlichen Augen bat es mit seinem ganzen Ausdruck um Präzisierung dieser unverständlichen Frage. Aber Marie lächelte nur, hob ihre Zeitung wieder vors Gesicht und überließ den ratlosen Pegasus seinem Flug durch die erhabenen Gedanken irgendwelcher Rezen­ senten. Sie las nicht weiter. Der Artikel vor ihrer Nase ver­ schwamm zu einem grauen Brei, während sie dachte, wieso interessiert ihn das Gelaber irgendeines Kritikers mehr als meine Frage? Weil er ein Mann ist? Ein Buch­ händler? Ein Literaturfreak? Oder ist er einfach nur zu feige, sich einer klaren Frage zu stellen, weil er keine klare Antwort darauf weiß? Oder, noch schlimmer, er weiß die Antwort und will sie mir nicht zumuten? 10

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